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3.1 Die Entfremdungsdepression

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Der Mainzer Psychiater Nikolaus Petrilowitsch (1924–1970) beschrieb zuletzt die sogenannte Entfremdungsdepression als eine Sonderform einer Depression. Bei der Entfremdungsdepression klagen die Betroffenen gleichzeitig über depressive Beschwerden und ausgeprägte Depersonalisation. Neben der depressiven Niedergeschlagenheit leiden die Betroffenen vor allem unter dem »Gefühl der Gefühllosigkeit«. Diese Gefühllosigkeit spüren die Patienten als eine Art von Hemmung oder Blockade im Bereich der Stirn oder des Magens; es sei so, als ob nichts mehr richtig zu ihnen hindurch dringe (Petrilowitsch 1956). Das entscheidende Kennzeichen der Entfremdungsdepression ist der von außen beobachtbare Widerspruch zwischen den Klagen der Betroffenen über ihre Niedergeschlagenheit, Leblosigkeit, Konzentrationsstörungen und Verzweiflung einerseits, sowie ihr auf den Arzt und das Umfeld nahezu normal wirkendes Erscheinungsbild andererseits (Petrilowitsch 1956). Die Patienten bewegen sich nicht verlangsamt, ihre Mimik und Gestik sind lebendig und spiegeln lebhafte Gefühle wider. Im Gespräch mit Ihnen fallen keine Denkhemmungen auf. Typische Klagen der Betroffenen sind außerdem ein verändertes Körperempfinden wie z. B. über eine »schwebende Leichtigkeit des Körpers« oder das Gefühl, der Kopf schwebe über dem Körper so, als ob der Kopf die Verbindung zum Körper verloren hätte (vgl. Petrilowitsch 1956, S. 266). Dies führt bei den Patienten dann oft zu Ängsten, sie könnten an einer schweren körperlichen Erkrankung, zum Beispiel einen Hirntumor leiden. Sehr häufig sind auch Klagen darüber, dass der Kopf wie leer sei, dass alles wie mechanisch ablaufe und Betroffene sich erleben, als ob sie nur noch wie ein Automat funktionierten. Außerdem finden sich fast immer Klagen über einen Einbruch des geistigen und körperlichen Leistungsvermögens, Konzentrationseinbußen und rasche Erschöpfbarkeit. Das Gefühl der Gefühllosigkeit wird besonders quälend gegenüber nahestehenden Angehörigen empfunden. Petrilowitsch zitiert hier einen Kranken, der am Tiefpunkt seiner Verzweiflung erklärte: »Ich kann den Menschen nicht mehr lieben, den ich liebe« (Petrilowitsch 1956, S. 273).

Depersonalisation und Derealisation

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