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Kapitel 8

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Das mit dem Gläschen Schumm war natürlich nur ein Scherz gewesen, obwohl Hesperias Magen so konstruiert war, dass er ziemlich jede Substanz, die in den Weiten des Weltalls vorkam, problemlos verdauen konnte, vom gewöhnlichen Arsen bis zu den ätzenden, im Volksmund Piranha-Pastillen genannten Bonbons, mit denen die Bewohner des Piratenplaneten Caribus zufällig vorbeifliegende Touristen zu bewirten pflegten und die einen Terraner innerhalb einer Zehntelsekunde von innen her auffraßen. Hesperia war praktisch unvergiftbar. Trotzdem war sie, was Getränke betraf, äußerst wählerisch, und Schumm gehörte gewiss nicht zu ihren bevorzugten Drinks. Mir dagegen reichte die Ration des vorangegangenen Abends vermutlich noch mindestens für die nächsten zehn Jahre. Außerdem war vorerst ohnehin nicht an eine gemütliche Gesprächsrunde zu denken. Kaum im Hotel angekommen, fanden wir uns bereits in diverse, des längeren vermisste sexuelle Ausschweifungen verwickelt. Nicht unbedingt vernünftig angesichts der prekären Umstände, aber für gewisse Dinge musste eben einfach Zeit sein.

Später beim Verzehr des abendlichen Touristenmenüs, das mir plötzlich außerordentlich schmackhaft vorkam, was wohl an der drastisch veränderten Besetzung meines Tisches lag, hatten wir endlich Gelegenheit, uns wechselseitig über unsere Erlebnisse der letzten Wochen und Monate in Kenntnis zu setzen. Als ich damals aus Tübingen zurückgekommen war, hatten wir beschlossen, unverzüglich aufzubrechen - und zwar in verschiedene Richtungen. Hesperia sollte nach Kryptis reisen und etwas über das ominöse Raumschiff herausfinden, das Theo Wurzinger mit Katzenfutter beladen hatte. Ich flog nach Alpha Centauri, um der mysteriösen Galinda auf den Zahn zu fühlen. Von den Medusenhaaren und den Kobra-Augen hatte ich meiner Lebensgefährtin lieber nichts erzählt.

Der unselige Wurzinger hatte nicht zu viel versprochen: Galinda war atemberaubend. Als ich auf Alpha Centauri gelandet war, hielt ich mich nicht lange mit Winkelzügen auf, sondern ging schnurstracks zu der Adresse, die mir Theo in seiner vertrauensseligen Art genannt hatte. Es war ein ziemlich üppiges Anwesen in einem eleganten Park, das von einer hohen Mauer umgeben wurde. Auf mein dreistes Klingeln hin erschien ein Pförtner, um mich nach meinem Anliegen zu fragen.

„Mein Name ist Raimund Häberle. Ich möchte Madame Galinda besuchen. Könnten Sie ihr bitten ausrichten, dass ich ein Freund ihres Bekannten Wurzinger aus Tübingen, Terra, bin“.

Der Türhüter musterte mich prüfend, und es war deutlich zu erkennen, dass er nicht sonderlich begeistert vom Ergebnis war. Meine äußere Erscheinung entsprach offenbar nicht den centaurischen Normen der Eleganz, obwohl ich mich am Raumflughafen von Cape Canaveral extra in einer sündhaften teuren Boutique eingekleidet hatte, deren Eigenwerbung behauptete, „die neuesten Modetrends von hunderttausend Welten“ zu kennen und auf Lager zu haben. Nicht die von Alpha Centauri, wie es schien. Aber vielleicht war es auch gar nicht die Schale, sondern der in ihr steckende menschliche Kern, der das Missfallen des Pförtners erregte. Wie dem auch sei: Trotz seiner offenkundigen Aversion nickte er und sagte knapp:

„Warten Sie hier.“

Es dauerte nicht lange, da kam er wieder und verkündete formvollendet:

„Madame lässt bitten. Folgen Sie mir.“

Kaum zu glauben, dass wir uns auf Alpha Centauri befanden. Viel eher fühlte ich mich in eines jener terrestrischen Märchen versetzt, die von alten britischen Adelshäusern handelten.

Als ich den Raum betrat, in dem mich Galinda zu empfangen geruhte, wandelte sich der Eindruck leicht ins Orientalische. Galinda thronte, gewandet in üppige, größtenteils durchsichtige Gewänder, auf einer Art Diwan, und sah so mondän aus, dass man schon die arglose Naivität eines Wurzinger besitzen musste, um auf den Gedanken zu kommen, als gewöhnlicher Erdensterblicher jemals bei ihr landen zu können. Bei mir stellte sich diese Naivität auf der Stelle ein, schließlich war auch ich aus Tübingen. Ich ignorierte das beharrliche warnende Hesperia-Gemurmel irgendwo in meinem Hinterkopf und setzte das strahlendste Lächeln auf, das mir zur Verfügung stand. Gleichzeitig hörte ich mich zu meiner großen Überraschung sagen:

„Guten Tag, Madame Galinda. Mein Name ist Simon Broderbund. Ich bin intergalaktischer Detektiv und untersuche den Diebstahl von Key West. Es besteht begründeter Verdacht, dass Sie in diese Sache verwickelt sind und ich würde Ihnen daher gern einige indiskrete Fragen stellen.“

Bis zu diesem Augenblick war ich fest entschlossen gewesen, meine Tarnung als Raimund Häberle solange wie möglich aufrechtzuerhalten, und mir war vollkommen unklar, warum ich diesen Plan plötzlich umgeworfen hatte. Aber manchmal hatte ich solche intuitiven Anfälle, und meistens stellten sie sich im Nachhinein als durchaus genial heraus. So auch diesmal.

„Na toll“, sagte Galinda, und zog an einer Kordel, die von der Decke herabhing.

Sekunden später stand ein wandelndes Muskelgebirge von der Größe eines überfressenen Mondkalbes im Raum, das wahrscheinlich zu allem Überfluss auch noch vollständig aus Stahl bestand.

„Der Kerl ist ein Schnüffler, Jason“, sagte Galinda. „Schmeiß ihn ins Verlies, ich benachrichtige gleich die Organisation. Wenn sie einverstanden sind, gebe ich dir grünes Licht.“

Ehe ich mich versah, lag ich über den Schultern des niedlichen Jason, auf denen gut noch drei oder vier Exemplare meiner Sorte Platz gehabt hätten, wurde zügig aus dem Raum expediert, durch mehrere Flure geschleppt und schließlich eine gewundene Treppe hinuntergetragen. Es war höchste Zeit zu handeln. War ich einmal im „Verlies“ angekommen, hätte ich wohl kaum noch eine Chance davonzukommen, denn wofür der gute Jason grünes Licht bekommen sollte, war nicht schwer zu erraten. Ich zweifelte kaum daran, dass „die Organisation“, wenig Skrupel hätte, ihm seinen Spaß zu gönnen, sofern ein Destruktionsroboter überhaupt Spaß daran haben kann, wildfremde Personen in ihre Einzelteile zu zerlegen, bis nichts als undefinierbarer Matsch zurückbleibt.

Mein Vorteil war, dass Jason mich für völlig harmlos hielt und keinerlei Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte. Er hatte es nicht einmal für nötig befunden, mich zu durchsuchen. Mit physischer Gewalt und allen Arten von Waffen, die jemand bei sich tragen konnte, war ihm nicht beizukommen, also fühlte er sich vollkommen sicher. Wie hätte er auch ahnen können, dass ich mir mit Hesperia gerade über die Ausschaltung von feindlichen Androiden ausgiebig Gedanken gemacht hatte. Und die krambambulianischen Techniker waren ausgewiesene Experten auf diesem Gebiet. Da derartige Roboter in der Regel völlig unzerstörbar waren, konnte man ihnen nur über die Programmierung beikommen. Die Krambambulianer hatten ein winziges Gerät entwickelt, mit dem man durch Zugriff auf ihre Festplatte die Kontrolle über die lästigen Burschen gewinnen konnte. Die Schwierigkeit dabei war, dass man in der Regel keine Zeit hatte, ihre Daten in Ruhe zu analysieren und die diversen Sicherheitscodes zu knacken, die den Zugang zu ihrem elektronischen Hirn versperrten. Meistens war es, wenn man sie antraf, fast schon zu spät, wie auch in diesem Fall.

Bisher war es jedenfalls noch nicht gelungen, den erforderlichen Hochgeschwindigkeitsdetektor zu entwickeln. Dafür befand ich mich jedoch im Besitz eines eher primitiven Gerätes, das sozusagen als Abfallprodukt der Forschungen entstanden war. Es war nur anzuwenden, wenn man dem außer Gefecht zu setzenden Objekt sehr nahe war, und die Krambambulianer, die es aus diesem Grunde für nutzlos erachteten, wollten es eigentlich wegwerfen. Zufällig kam ich gerade vorbei, und da ich äußerst ungern etwas wegwerfe, nahm ich es unter großem Gelächter der Konstrukteure mit.

„Bestell deinem Monster einen schönen Gruß von uns, wenn du auf seinem Buckel hockst und ihm das Ding aufsetzt“, riefen sie mir fröhlich hinterher, ohne zu ahnen, dass ich nicht allzu lange danach tatsächlich auf dem Buckel eines solchen Monsters sitzen würde.

„Das Ding“ war im Rahmen einer Versuchsreihe entstanden, die Wege der Desorientierung künstlicher Lebewesen entwickeln sollte. Die Augen waren ein Schwachpunkt der Androiden, da sie, um räumliches Sehen zu ermöglichen, stets in einer bestimmten Weise konstruiert sein mussten und daher schwer zu sichern waren. Die Idee unserer Techniker bestand darin, dem visuellen System des Roboters falsche Bilder unterzujubeln und ihn dadurch funktionsunfähig zu machen. Ihre Fortschritte waren bisher allerdings, um es gelinde auszudrücken, nicht sehr berauschend gewesen. Das einzige, was sie zustande gebracht hatten, war jene Brille, die ich jetzt vorsichtig aus der Tasche zog. Versuchsweise hatte sie ganz gut funktioniert, sogar bei Hesperia, wie sie aber in freier Wildbahn wirkte, war ziemlich ungewiss. Nun, ich würde es gleich erfahren. Behutsam faltete ich sie auseinander und hoffte inständig, dass das Gestell dem Ungetüm, welches gerade auf eine massive Tür zustapfte, passen würde.

„Schöne Grüße aus Krambambuli“, murmelte ich und setzte Jason die Brille auf.

Abrupt blieb er stehen und rührte sich nicht mehr. Ich hatte keine Ahnung, was er sah, aber die Wirkung gefiel mir. Schlaff ließ Jason die Arme sinken, ich rutschte von seiner Schulter, schlich vorsichtig von ihm weg und beobachtete ihn neugierig, Ich hatte mich keine Sekunde zu früh davongemacht. Plötzlich stieß Jason ein wüstes Gebrüll aus, holte weit mit der rechten Faust aus, schlug sich selbst mit voller Wucht aufs Haupt und zersprang in tausend Stücke. Hätte ich mich noch auf seiner Schulter befunden, wäre jetzt nichts mehr von mir übrig gewesen. Was immer Jason mittels der Brille, die nun leider auch dahin war, gesehen hatte, es hatte einen tiefen Hang zur Selbstzerstörung in ihm ausgelöst. Die Techniker auf Krambambuli würden begeistert sein.

Viel Zeit hatte ich nicht, die Wirkung meiner fürchterlichen Wunderwaffe zu bestaunen. Es galt, der ebenso schönen wie kurz entschlossenen Galinda zu Leibe zu rücken, bevor sie ihre übrigen Schergen alarmieren konnte. Schließlich musste ich meinen idiotischen Fehler, der Dame reinen Wein einzuschenken, wiedergutmachen. Irgendwie hatte ich geglaubt, dass sie meine Offenheit imponierend finden, mir unverzüglich in die Arme sinken und alles erzählen würde. Ich hatte mich getäuscht. Also musste ich andere Saiten aufziehen.

Vorsichtig schlich ich den Weg zurück und hoffte, dass ich mich nicht in den Gängen dieser gigantischen Villa verirren würde. Aber mein Orientierungssinn ließ mich nicht im Stich. Gar nicht lange, und ich stand vor der Tür zu Galindas orientalischen Gemächern. Von drinnen drang ein gedämpftes Murmeln an mein Ohr, leider war jedoch kein Wort zu verstehen. Aber auch darauf war ich vorbereitet. Ich zog eine Miniwanze aus der technischen Abteilung meiner Jacke, stopfte den Kopfhörer in meinen Gehörgang und hielt das Gerät an die Wand. Sofort wandelte sich das Gemurmel zu einem deutlichen Sprechen, verstehen konnte ich jedoch immer noch nichts. Galinda, deren Stimme zweifelsfrei zu erkennen war, sprach in einem mir unbekannten Idiom, vielleicht einer Geheimsprache. Vermutlich stand sie in fernmündlichem Kontakt mit ihren Komplizen, ein Verdacht, der sich erhärtete, als mein Name fiel. Das einzige andere Wort, das ich kannte, war der Name einer Galaxis, in der ich mal vor langer Zeit gewesen war: Fassudula. Dort lebte eine Art Freund von mir. Er nannte sich Schmurg, möglicherweise sogar sein richtiger Name. Ich bezweifelte dies allerdings, denn da Schmurg sonst niemals in irgendeiner Angelegenheit die Wahrheit sagte, warum sollte er ausgerechnet, was seinen Namen betraf, ehrlich sein. Schmurg war eine Nervensäge der gehobenen Art und zudem reichlich teuer. Wenn er dich zu einem feudalen Essen einlud, konntest du sicher sein, dass er kurz bevor die Rechnung kam, spurlos verschwunden war. Wenn du zu einer Verabredung mit ihm deine Freundin mitnahmst, zog er wenig später mit ihr ab und du konntest sehen, wie du den Abend allein rumbrachtest. Wenn er dir etwas verkaufte, konntest du gewiss sein, dass es gestohlen war, nichts taugte und du das Zehnfache des Wertes berappt hattest. Wenn er dir eine streng vertrauliche Information mitteilte, warst du wahrscheinlich der Allerletzte, der sie erfuhr. Und warst du zufällig gerade eine wenig flüssig, ließ er dich nicht weg, bis er dir auf die eine oder andere Art den letzten Yolk aus der Tasche gezogen hatte. Hattest du dich allerdings im Suff mit drei schwergewichtigen Unholden von Hermoris angelegt, wo schon die Neugeborenen über einen Zentner wiegen, und standest in einer einsamen Sackgasse mit dem Rücken zur Wand, war es Schmurg, der plötzlich auftauchte, die Angreifer mit einigen heimtückischen Griffen und Hieben aus dem Weg räumte und dich auf den Schrecken zu einem Drink einlud, den du dann bezahlen durftest. Wenn du alle Fakten zur Lösung eines Falles recherchiert hattest, aber partout nicht darauf kamst, wie sie zusammen passten, und Schmurg von deiner Misere erzähltest, dachte er konzentriert nach, schnippte irgendwann mit dem Finger, stellte eine Frage und es fiel dir wie Schuppen von den Augen. Oder wenn dir alles danebengegangen war und du völlig am Boden zerstört in Deiner Bude hocktest, kam er, von untrüglichem Instinkt geleitet, mit einer Flasche Hochprozentigem vorbei, und erzählte solange skurrile Geschichten aus seinem bewegten Leben, bis du dich vor Lachen kaum noch halten konntest und sich auch der schwerste Kummer im Handumdrehen verflüchtigte. Kurz gesagt: bei Schmurg handelte es sich um einen wahren Freund, auf den man sich bedingungslos verlassen konnte, solange man nicht den Fehler machte, ihm auch nur bis zur Nasenspitze zu trauen.

Ich wusste natürlich nicht, ob Galinda tatsächlich von jener Galaxis sprach, oder ob Fassudula bei ihr etwas ganz anderes bedeutete, aber ich beschloss, der Sache nachzugehen. Zunächst einmal hatte ich jedoch einer anderen Sache nachzugehen. Als das Gespräch beendet war, schnappte ich die Wanze, zog meinen Laserdolch aus der Tasche, riss die Tür auf und hatte Galinda, ehe ihre Kobra-Augen mich überhaupt entdeckten, schon um die Hüften gepackt und den Dolch an ihre Kehle gesetzt.

„Keinen Laut“, raunte ich, aber das war unnötig. Galinda verfügte über eine sehr kurze Schrecksekunde und hatte sich längst wieder gefangen.

„Okay, okay“, sagte sie mit schmeichelnder Stimme und streckte leicht ihren Oberkörper, so dass er mit dem meinen in Kontakt trat und dort einen leisen Schauer auslöste. „Wir können über alles reden. Setzen wir uns doch. Und steck‘ bitte dieses stachlige Ding weg.“

Diesen Gefallen tat ich ihr nicht. Der Dolch blieb an ihrem Hals. Aber es war nicht leicht, in ihrer Gegenwart klaren Kopf zu bewahren. Den schlangengleichen Körper an mich gepresst, zog sie mich zum Diwan und sank, meine schwache Wenigkeit mitziehend, malerisch danieder. Wenigstens schaffte ich es, darauf zu achten, dass sie außer Reichweite der Kordel zur Herbeirufung dienstbarer Mörder blieb. Das allerdings war so ziemlich alles an Vernunft, was ich zustande brachte.

„Mach‘ es Dir bequem“, hauchte sie und ich gehorchte folgsam, wobei die größte Bequemlichkeit ziemlich nahe an ihrem Astralleib zu finden war. Mit einer Hand wischte sie die Medusenhaare aus dem wirklich wunderhübschen Gesicht, mit der anderen öffnete sie ihr Gewand und förderte ein Paar Brüste zutage, für die Theo Wurzinger vermutlich sein gesamtes Hab und Gut gegeben hätte. Ein letztes Mal mahnte mein Verstand den Rest der Broderbund’schen Persönlichkeit zur Vernunft, aber die negative Antwort kam prompt. Der Dolch entglitt meiner Hand, diese glitt dafür in Gegenden, die sich erheblich angenehmer und aufregender anfühlten als das schnöde Mordwerkzeug. Voller Bewunderung nahm ich zur Kenntnis, dass Galinda eine bemerkenswerte Fähigkeit besaß, sich vollständig ihrer Bekleidung zu entledigen, ohne dabei auch nur einen Moment die Beschäftigung mit meinem Körper und seiner Umhüllung zu vernachlässigen. Verzweifelt versuchte ich mich daran zu erinnern, dass ich eigentlich vorgehabt hatte, mir mit Galinda als Geisel den Weg zum Ausgang freizukämpfen und dabei möglichst noch einige Information aus ihr herauszukitzeln. Jetzt kitzelte jemand anders und mein letzter innerer Widerstand brach zusammen wie ein Kartenhaus, das von einer Supernova getroffen wird. Ich brauchte ohnehin meine gesamte Konzentration für das Liebesspiel mit der Centaurierin, die sich als so heißblütig erwies wie sie aussah, lässt man einmal außer Acht, dass Centaurierinnen, wie jeder weiß, kein Blut in den Adern haben, sondern eine grüne breiige Flüssigkeit, die etwas an Guacamole erinnert. Dafür haben sie auch keine Adern, sondern eher eine Art Pipelinesystem. Im Übrigen besitzen sie kein Geschlechtsorgan, was sich zu terrestrischen Formen der Sexualität eignen würde. Das hatte ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, was Galinda königlich amüsierte. Der Intensität unserer gegenseitigen Lustbezeugungen tat diese Entdeckung allerdings wenig Abbruch.

Stunden später, so schien es mir wenigstens, erwachte mein Hirn langsam wieder zum Leben. Ich zog das Haupt behutsam unter den Medusenlocken hervor, schaute in die Kobra-Pupillen und fragte:

„Was nun?“

„Weiter“, grinste sie unnachsichtig, und für die nächste Zeit war die Frage damit beantwortet.

Als ich sie das nächste Mal stellte, musste es bereits Abend sein. Diesmal fiel die Antwort anders aus.

„Wenn du willst, kannst du gehen“, sagte Galinda.

„Wie? Ihr lasst mich gehen? Ganz ohne Schießerei?“

Ich lasse dich gehen“, betonte sie, „niemand wird dich aufhalten.“

„Gut und schön. Trotzdem wäre es mir lieber, wenn du mich auf die Straße begleiten könntest.“

„Kein Problem. Es wird mir ein Vergnügen sein.“

„Über Key West möchtest du mir nicht zufällig etwas erzählen?“, unternahm ich doch noch einen lahmen Versuch, meiner Mission gerecht zu werden.

„Das“, sagte Galinda, „musst du schon selbst herausfinden. Ich an deiner Stelle würde allerdings die Finger davonlassen.“

„Von einem Detektiv wäre das ein bisschen viel verlangt.“

„Diese Antwort habe ich erwartet. Dann pass’ wenigstens auf dich auf. Es täte mit leid um dich.“

Und ich Trottel glaubte ihr auch noch. Seit dem Zusammentreffen mit dem angeblichen Handelsreisenden auf Murgos ist mir sonnenklar, was ihr Verhalten so drastisch verändert hatte. Ihre Auftraggeber hatten schlicht angeordnet, mich laufen zu lassen, damit ich ein bisschen weiter im Dunkeln herumtappen konnte. Sie sollte mich nur noch bis zum Abend aufhalten, damit ich erst am nächsten Tag weiterkonnte und mein Schatten Gelegenheit hatte, sich an meine Fersen zu heften. Diese Aufgabe hatte sie ziemlich elegant gelöst.

Tatsächlich gelangten wir, ohne jemandem zu begegnen, nach draußen, und Galinda verabschiedete sich so herzlich, wie es unseren Beziehungen der letzten Stunden gemäß war.

„Grüß Theo Wurzinger, wenn du ihn siehst“, rief sie mir schließlich noch zu. Ich halte ihr zugute, dass sie vermutlich zu diesem Zeitpunkt tatsächlich nicht wusste, was ihm widerfahren war.

Die Katzen von Key West

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