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aa) Demokratieprinzip

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Das Demokratieprinzip ist verfassungsrechtlich in Art. 20 I, II GG verankert und auf Grund der Ewigkeitsgarantie des Art. 79 III GG einer Änderung entzogen. Über die Homogenitätsklausel des Art. 28 I 1 GG sind auch die einzelnen Bundesländer der demokratischen Grundordnung verpflichtet. Eine normative Konkretisierung erfährt das Demokratieprinzip in Art. 20 II GG.

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Exkurs

Der Begriff der Demokratie bedeutet Volksherrschaft, also Souveränität des Volkes.[36] Daraus folgt jedoch nicht, dass das Volk alle Entscheidungen selbst basisdemokratisch treffen kann. Vielmehr handelt es durch besondere Organe der drei Gewalten (Legislative, Exekutive, Judikative) und nimmt mittels Abstimmungen und Wahlen auf die Entscheidungsprozesse Einfluss (repräsentative Demokratie).[37]

Darauf basiert die demokratische Legitimation, wonach jegliche Ausübung staatlicher Gewalt durch die Staatsorgane ihren Ursprung, ihre Rechtfertigung und Begründung beim Volk[38] hat („vom Volke ausgeht“, Art. 20 II GG), nicht etwa von transzendenten oder selbstinstallierten Mächten. Das entscheidende Element demokratischer Legitimation ist die Zurückführung der Herrschaftsmacht auf das Volk. Gleichzeitig sichert sie den Einfluss des Volkes gegenüber den handelnden Staatsorganen bei der Ausübung der Staatsgewalt.[39] Dies geschieht durch Wahlen. Zu differenzieren ist dabei zwischen der unmittelbaren und der mittelbaren Legitimation. Der Bundestag wird unmittelbar durch Wahlen nach Art. 39 I 1 GG legitimiert, während die anderen Bundesorgane des Art. 20 II 2 GG nur mittelbar (über den Bundestag) legitimiert werden. Es entsteht eine Legitimationskette, die ihren Ursprung beim Bundestag und somit wiederum beim Volk hat. Die demokratische Legitimation im staatsrechtlichen Sinne besteht aus zwei Komponenten – der Legitimationskette und der demokratischen Verantwortlichkeit (Rückbindung).[40] Erstere steht für den lückenlosen Zurechnungszusammenhang zwischen Volk und staatlicher Herrschaft.[41] Dies erfolgt im Bereich der Exekutive durch die Wahl des Parlaments, den Erlass von Gesetzen und die Bestellung von Amtsträgern.[42] Die zweite Komponente ist die Rückbindung an das Volk durch die grundsätzliche Weisungsgebundenheit der Verwaltung gegenüber der Regierung, die Verantwortlichkeit der Regierung vor dem Parlament und letztlich die Verantwortlichkeit des Parlaments vor dem Volk im nächsten Wahlakt.[43] Die Legitimationskette gilt nicht nur auf Bundesebene, sondern über die Homogenitätsklausel des Art. 28 I GG auch auf Landesebene.

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Nach dem Wortlaut des Art. 20 II GG ist allein das Volk Träger demokratischer Legitimation. Die Wahl des Schulleiters würde dem Gesetz zufolge durch die Schulversammlung erfolgen. Ob dieses Gremium eine ausreichende Legitimation bietet, ist eine Frage der Definition des Begriffes „Volk“ in Art. 20 II 1 GG.

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Das Staatsvolk umfasst die Gesamtheit aller deutschen Staatsangehörigen (Art. 116 GG),[44] die einen Verband dauerhaft miteinander und mit dem Staat verbundener Personen darstellen.[45] Dieses Gesamtvolk ist unteilbarer Träger der demokratischen Legitimation.[46] Eine Legitimation, die von einer Mehrzahl von Menschen, einer bestimmten Gruppe von Menschen („Teilvölkern“ bzw. Volksteilen) oder von Verbänden ausgeht, ist nicht ausreichend.[47] Eine Demokratie (nur) der Betroffenen oder Unterworfenen gibt es nicht.[48] Größere Gruppen können zwar eine „Stimmmacht“ haben, sind aber dennoch nicht durch die Gesamtheit der Bürger legitimiert. Dies gilt prinzipiell auch im Bereich der Gemeinden, auch deren Organe werden durch die Gesamtheit der Gemeindebürger legitimiert. Auf diese Ebene projiziert, bilden die Gemeindebürger das Gesamtvolk, das gem. Art. 28 I 2 GG eine kommunale Vertretung wählt; auf Bundesebene sind sie daher auch als „Volksteil“ zur Legitimation berechtigt. Insoweit trifft Art. 28 I 2 GG eine nicht auf kleinere Gruppen von Staatsbürgern übertragbare Sonderregelung, die dem „Volk“ auf Gemeinde- oder Kreisebene eine eigene Legitimation verleiht.[49] Nach Art. 28 I 3 GG sind auch Unionsbürger auf Gemeindeebene wahlberechtigt und wählbar, gehören mithin zum Gemeindevolk. Diese Bestimmung geht auf Art. 22 I AEUV i.V.m. der Richtlinie 94/80/EG des Rates vom 19.12.1994 zurück. Danach steht jedem Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht zu. Die „Staatsgewalt“ ist der ureigene Gegenstand der demokratischen Legitimation. Sie ist neben Staatsgebiet und Staatsvolk ein Bestandteil der „Drei-Elemente-Lehre“ nach Jellinek. Inhaltlich umfasst die Staatsgewalt alle dem Staat zuzurechnenden Handlungen, die verbindlichen Entscheidungscharakter haben.[50]

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Die Schulversammlung ist der Zusammenschluss einer kleineren Gesamtheit von Staatsbürgern. Demokratische Legitimation kann jedoch nur durch das gesamte Staatsvolk erfolgen. Mit einem „Teilvolk“, das ausnahmslos alle Personen in einem definierten Gebiet erfasst, wie es auf Gemeinde- oder Kreisebene besteht, ist die Schulversammlung nicht vergleichbar.[51] Die Schulversammlung ist ein Verbund, der aus Eltern- und Schülervertretern besteht und seine Legitimation nur von diesen bestimmten Gruppen erhält. Eine derartige „Teilvolk-Legitimation“ ist jedoch nicht ausreichend.[52] Amtsträger – darunter fallen auch Schulleiter – erfahren ihre demokratische Legitimation ebenfalls durch das Volk oder durch demokratisch legitimierte Staatsorgane.[53] Der Zurechnungszusammenhang i.R.d. Legitimationskette kann nur über das Gesamtvolk im Bereich des Bundeslandes X (Art. 28 I 2, Art. 20 II GG) hergestellt werden. Einem Teilvolk, das nur durch einen örtlichen oder sonstigen speziellen Bezug gesetzlich verbunden ist, kann diese Legitimationskraft nicht zugestanden werden. Die Größe der Schulversammlung ist nicht maßgeblich, soweit sie nicht die Gesamtheit des Bundeslandes X ausmacht. Auch eine reine Betroffenenpartizipation reicht für die demokratische Legitimation nicht aus.[54] Damit ist festzuhalten, dass die Schulversammlung keine ausreichende demokratische Legitimation aufweist. Folglich verstößt § 3 gegen das Demokratieprinzip (Art. 20 I, II, 28 I 2 GG).

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