Читать книгу Somber Side of Love - Teil 3 Ägypten - M.B. Bolder - Страница 3

Kapitel 1

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Pünktlich um elf Uhr fünfundvierzig p.m. Ortszeit, nach etwa elf Stunden Flugzeit und einem kurzem Aufenthalt in Budapest landen wir am JFK-International-Airport in New York.

Jacob Haussman, Lázlós Hausverwalter, steht wie versprochen am Gate um Chitam in Empfang zu nehmen. Er und seine Frau Abigail werden sich in der nächsten Zeit um ihn kümmern.

Wir verabschieden uns tränenreich von Chitam, welcher uns inzwischen beiden sehr ans Herz gewachsen ist, wobei bei Chitam natürlich die meisten Tränen fließen.

Mit angstvoller Mine und gekräuselter Stirn drückt er seine Angst um Tristan und mich aus und ich klopfe ihm aufmunternd auf die Schulter.

„Es wird schon alles gut gehen Chitam! Mach’ dir nicht so viele Sorgen!“ flüstere ich ihm zu und er nickt nur mit geknicktem Gesichtsausdruck und schluckt schwer.

Nach einer kurzen Unterhaltung mit Jacob begeben Saundra und ich uns zu einem Flugschalter der American Airways um nach Philadelphia weiter zu fliegen.

Während des Fluges von Europa in die USA haben wir beschlossen nicht gleich in New York in eine Klinik zu fahren, sondern erst in Philadelphia das Albert Einstein Medical Center aufzusuchen in dem Saundra nach ihrem Unfall lange Wochen gelegen hat.

Auf ein paar Stunden hin oder her wird jetzt wohl auch nicht mehr ankommen.

Dr. James Spector betrachten wir unterdessen ohnehin fast wie einen Freund und wir haben uns gedacht, dass ich bei ihm vielleicht am besten aufgehoben wäre und nachdem Saundra sowieso den Psychologen Dr. Perez aufsuchen wollte, können wir beides viel besser miteinander verbinden.

Da sich auch meine Wohnung und unser neues Haus ebenfalls in Philadelphia befinden, wären wir quasi schon Zuhause, falls mich die Klinik doch nicht gleich behalten will und sich die Diagnose aus Ungarn eventuell als falscher Alarm herausstellen sollte.

Sehr viel mehr haben wir in den langen Stunden des Heimfluges gar nicht gesprochen, denn Saundra stand immer noch unter einem gewissen Schock den das ungewöhnliche Geständnis ihres Vaters bei ihr ausgelöst hat.

Sie hat mich mehr oder weniger sanft auf einen Liegesitz der ersten Klasse gebettet, mich mit einer Decke zugedeckt und mir sorgenvoll geraten mich auszuschlafen.

Sie selbst hat sich neben mich gesetzt, meinen Kopf auf ihren Schoß gezogen und ihren Arm auf meine Brust gelegt, wobei sie mit mürrischem Gesicht grübelte.

Chitam hat sich währenddessen mit dem Bildschirm der Airline beschäftigt, welcher Filme, Musik und Live-Ansichten des Fluges bot.

Zugegeben … sehr viel habe ich von dem langem Flug und den beiden tatsächlich nicht mitbekommen, weil mich wieder diese zermürbende bleierne Müdigkeit übermannt hat.

Nach weiteren zwei Stunden Flugzeit von New York nach Philadelphia und diversen Flughafenkontrollen sitzen wir endlich in einem Taxi Richtung Klinik, obwohl der Zeiger der Uhr schon lange nach Mitternacht anzeigt.

„Saundra, vielleicht hätten wir doch besser zuerst nach Hause und erst morgen früh in die Klinik fahren sollen.“ stelle ich stirnrunzelnd fest.

„Dort ist doch jetzt sowieso niemand, der uns weiter helfen kann und Dr. Spector hat mit ziemlicher Sicherheit keinen Dienst mehr.

Auf ein paar Stunden wird es doch jetzt auch nicht mehr ankommen? Ohne diesen Bluttest in Sárvár wüssten wir bis heute nichts von dem Verdacht auf Leukämie!

Lass‘ uns heimfahren und morgen früh in die Klinik gehen. Bitte!“

„Nach Hause? Kommt gar nicht in Frage! Dad wollte, dass du dich sofort in eine Klinik begibst und das haben wir schon von New York nach Philadelphia verschoben.

Ich will, dass du sofort untersucht wirst und dass damit möglichst schnell etwas unternommen werden kann. Ich mache mir Sorgen um dich, weil ich dich liebe. Verstehst du das nicht?“ fragt sie bestimmt und spricht ohne Pause weiter.

„Außerdem wollte Dad, dass wir in Sicherheit sind und wo können wir das besser sein als in einer Klinik?

Denn zu einem Polizeischutz hat es Dad offenbar noch nicht geschafft, sonst hätten die in New York schon längst auf uns gewartet.

Wer weiß welche Feinde er sich da in Ungarn zugezogen hat und wie weit deren Arm reicht?

Ich will einfach kein unnötiges Risiko eingehen, wenn es um dich geht.

Deshalb fahren wir jetzt zu Dr. Spector, egal ob er da ist oder nicht und ich lasse gleich morgen früh von einem Sicherheitsdienst zuerst deine Wohnung und unser neues Domizil inspizieren und bewachen, damit uns wenigstens dort keine Gefahr mehr droht.

Und ich hoffe, dass Dad sich ausreichend um sein eigenes Grundstück und Chitam gekümmert hat, aber das kann ich auch morgen bei Jacob nachfragen. Das ist überhaupt kein Problem.“

Sie spricht schnell und überlegend woran ich merke, dass sie sich tatsächlich Sorgen um unsere Sicherheit macht und ich fühle fast körperlich ihre Angst um unser Leben … vor allem um mein Leben!

„Vielleicht hast du Recht, aber ich bin neugierig ob uns die Leute im Krankenhaus wirklich mitten in der Nacht einfach so aufnehmen.“ stelle ich entkräftet fest und in Saundras Gesicht erscheint ein leichtes Grinsen.

„Wozu gibt es Platinum-Kreditkarten Matt?“ fragt sie feststellend, indem sie die Augenbrauen nach oben zieht und mich mit ihren wunderbaren grünen Augen anblitzt.

Das ist wieder einmal ein Punkt, wo ich ihren Argumenten nichts mehr entgegenzusetzen habe und gebe stillschweigend wie immer wieder einmal nach.

„Hat sich dein Dad irgendwie schon gemeldet? Per SMS oder so und hat er eventuell mitgeteilt wie es Tristan geht?“ frage ich immer noch besorgt darüber ob es Tristan wohl schaffen wird.

Denn seine Schusswunde sah nicht sehr vielversprechend aus und die beiden Wiederbelebungsversuche vor der Einlieferung in die Klinik machen die Hoffnung auf ein Überleben auch nicht sehr viel größer.

Zudem habe ich den Mann irgendwie lieb gewonnen, trotz oder gerade wegen der kleinen Neckereien zwischen uns und ich betrachte ihn inzwischen als Freund.

Prüfend blickt Saundra auf ihr iPhone und schüttelt kaum merklich den Kopf.

„Nein, bis jetzt noch nicht! Vielleicht traut er sich noch nicht weil er ja nicht genau weiß, wie lange wir in der Luft sind und Dad achtet immer streng darauf den Luftverkehr nicht zu gefährden.“ antwortet sie nachdenklich und senkt deprimiert den Kopf.

„Ich hoffe nur, dass nicht doch noch etwas mit Tristan passiert ist und er sich deswegen nicht meldet!

Ich habe übrigens während des Fluges, als du geschlafen hast, lange nachgedacht…“ flüstert sie und stoppt plötzlich mitten im Satz als das Taxi abrupt vor dem Haupteingang des Albert Einstein Medical Center anhält und der Taxifahrer verhalten lächelnd sein Honorar einfordert.

Müde strecke ich mich im Sitzen und reibe mir mit beiden Händen die Augen, während Saundra ihre Kreditkarte zückt und durch das Lesegerät zieht mit dem heutzutage fast alle Taxis in den USA ausgestattet sind.

Nach dem Aussteigen wuchtet der Taxifahrer schnaufend unsere Koffer aus dem Kofferraum und lässt uns zunächst ziemlich verloren vor dem Eingang des Albert Einstein Medical Centers einfach stehen.

„Ich gehe erst einmal hinein und checke die Lage!“ sagt Saundra stirnrunzelnd und sieht mir besorgt in die Augen.

„Du bleibst am besten erst einmal bei den Koffern, aber schlafe bitte nicht darauf ein.“ lächelt sie nun zögernd als ich mich auf einem von ihnen sitzend niederlasse und meinen Kopf in die linke Hand fallen lasse.

Doch kaum hat sie sich umgedreht kommt auch schon Dr. Spector in Zivilkleidung aus dem Haupteingang direkt auf sie zu.

„Nanu? Miss Dunaway? Ich dachte sie wären in Europa? Was machen Sie denn mitten in der Nacht mit drei Koffern hier vor dem Medical Center?

Ist irgendetwas nicht in Ordnung mit Ihnen?“ stellt er ziemlich viele Fragen auf einmal.

„Nein, nein! Dr. Spector! Mit mir ist alles bestens!“ antwortet sie leise und schluckt ziemlich hart, was ein Zeichen dafür ist, dass sie verzweifelt die Tränen unterdrückt welche nun in ihre Augen drängen, wie ich in dem matten Licht der Laternen schwach schimmernd erkennen kann.

„Wir kommen gerade aus Sárvár … äh, Ungarn meine ich, aber…“ sie stockt abermals und schluckt erneut Tränen hinunter, die sie jetzt kaum mehr aufhalten kann und berichtet weinerlich weiter.

„… diesmal geht es um Matt!“

„Um Himmels Willen, Miss Dunaway! Was ist denn passiert? Aber Matt ist doch hier!“ stellt er verständnislos fest und deutet mich dem Kopf auf mich, während er seinen Arm um ihre Schultern schlingt und sie tröstend an sich zieht.

„Sie verstehen nicht!“ sagt sie, reißt ihre Augen weit auf und sieht zunächst seufzend nach oben in den rabenschwarzen Himmel.

In dieser unheilvollen Nacht herrscht gerade aufsteigender Neumond und es ist stockdunkel, nur die Straßenlaternen spenden ihr schwaches Licht in dem man sich gegenseitig gerade so erkennen kann.

Saundra schließt kurz darauf wieder ihre Augen, woraufhin zwei dicke Tränen ihre Wangen hinunterkullern.

Sie bettet ihren Kopf an die Schulter von Dr. Spector, schlägt die Hände vor das Gesicht und beginnt hemmungslos zu schluchzen.

„In Ungarn hat man bei einem Bluttest festgestellt, dass Matt vielleicht Leukämie haben könnte und ich habe solche Angst Dr. Spector! Ich will … ich darf ihn nicht verlieren, ich brauche ihn doch, weil ich ihn so sehr liebe!“

Saundra weint nun bitterlich an der Schulter des Arztes und ich erhebe mich träge um ihr von hinten ebenfalls meinen Arm um die Schultern zu legen.

Erst jetzt wird mir bewusst wie stark sie die ganze Zeit mir gegenüber war, während des Rückfluges und der Fahrt zur Klinik und wie viel Angst sie tatsächlich um mich hat.

„Nicht doch Baby! So schlimm wird es schon nicht sein.“ raune ich ihr beschwichtigend ins Ohr und drücke zärtlich meine Wange an die ihre.

So bleiben wir etwa eine halbe Minute stehen bis Dr. Spector sich von uns beiden langsam löst und Saundras Kinn in eine Hand nimmt.

Er zwingt sie damit ihn anzusehen und schlägt leise aber bestimmt vor „Okay! Ich hätte jetzt zwar eigentlich Feierabend vom Notdienst, aber um sie beide kümmere ich mich gerne noch persönlich.

Ich besorge Ihnen jetzt noch ein Privatzimmer, lasse ihre Koffer hinein bringen und dann schlafen Sie erst einmal den langen Flug von Europa bis hierher aus und morgen früh sehen wir weiter.“

Er dreht sich langsam um, gibt uns einen Wink mit dem Kopf und strebt schnellen Schrittes dem Haupteingang entgegen, woraufhin wir ihm zunächst unsicher folgen.

Doch seine Anweisungen an der Rezeption zeigen sofort Wirkung und zwei Pfleger laufen nach draußen um unsere Koffer herein zu tragen.

Dr. Spector geleitet uns schnellen Schrittes zu einem Aufzug der uns in den gut bekannten siebten Stock bringt.

„Kommen Sie!“ sagt er freundlich und eilt einen langen Gang entlang.

Er öffnet die Tür zu einem exklusiven Krankenzimmer mit zwei Räumen, Klimaanlage, Fernseher, Internetanschluss, einem geräumigen Bad und zwei Betten die nebeneinander stehen.

„So!“ sagt er verhalten scherzend.

„Ihr exklusives Hotelzimmer!“

Damit wird er jedoch wieder sehr ernst.

„Jetzt schlafen sie sich beide erst einmal richtig aus und morgen früh sprechen wir dann über das, was die Ärzte in Ungarn festgestellt haben wollen.“

„Aber Dad wollte, dass sich Matt sofort in ärztliche Behandlung begibt, sobald wir in den USA sind.“ wirft Saundra aufgeregt ein.

„Miss Dunaway!“ beschwichtigt sie Dr. Spector.

„Erstens ist es jetzt mitten in der Nacht und Zweitens arbeitet kein Labor mehr so spät für ausführliche Bluttests wenn es kein absoluter Notfall ist.

Bitte beruhigen Sie sich! Falls es wirklich so sein sollte wie Sie sagen, dann kommt es auf ein paar Stunden nicht an und Sie sollten sich und Ihrem Körper die nötige Ruhe gönnen, indem Sie ein wenig schlafen. Sie sehen beide ziemlich übernächtigt aus.“

„Aber Dr. Spector…“ unterbricht sie ihn erneut, doch er legt ihr seinen Zeigefinger auf die Lippen und sieht ihr beschwörend in die Augen.

„Glauben Sie mir Miss Dunaway! Ihr Lebensgefährte wird heute Nacht bestimmt nicht sterben. Ich bin morgen früh um zehn Uhr a.m. wieder da und dann bereden wir alles, beziehungsweise machen wir alle Tests die notwendig sind und dann kann ich auch den Bericht aus Ungarn anfordern, sofern er notwendig sein sollte.

Schlafen Sie jetzt ein paar Stunden, denn ich glaube dass Sie das beide im Augenblick sehr nötig haben.“ endet er mit einem kurzem sorgenvollen Seitenblick auf mich, verabschiedet sich freundlich und lässt uns allein zurück.

Mit dem Fuß schiebe ich die Koffer in eine Ecke des Krankenzimmers, hänge meinen Mantel über einen Stuhl und lasse mich erschöpft auf eines der beiden Betten fallen.

Müde lege ich meinen rechten Unterarm über beide Augen und flüstere ermattet.

„Das hätten wir auch zu Hause haben können und da wäre es bestimmt schöner gewesen.“

„Ach Matt!“ flüstert Saundra zurück und setzt sich neben mich auf die Bettkante.

„Tut mir leid Darling! Aber ich dachte, wir wären hier besser aufgehoben, weil Dad meinte du solltest dich sofort in eine Klinik begeben.“

Sie beugt sich zu mir herunter und schiebt meinen Arm von den Augen, wobei sie ihr Gesicht ganz nah an das meine hält und mich zärtlich auf den Mund küsst.

„Ich habe einfach nur ganz furchtbare Angst um dich und würde alles tun… nur um dich nicht wieder zu verlieren.“

Vorsichtig umrahmt sie mein Gesicht mit ihren Händen und streichelt meine Wangen leicht mit den Daumen.

Auf ihrer Stirn erscheinen zwei steile Falten zwischen den Augenbrauen und ihre Augen füllen sich erneut mit heißen Tränen.

„Bitte Darling! Das darf doch alles nicht wahr sein!“ raunt sie kopfschüttelnd.

„Ich will das nicht! Ich will mit dir für den Rest meines Lebens glücklich sein, mehr nicht! Ist das etwa vom Leben zu viel verlangt, nach all‘ der Scheiße, die ich schon durchgemacht habe?“

Betrübt lässt sie ihren Kopf auf meine Schulter sinken und beginnt leise zu weinen, während sie ihre Hände um meinen Nacken legt.

Langsam und vorsichtig umschlinge ich sie zunächst mit meinen Armen, küsse sie auf die duftenden Haare und zwinge sie mich wieder anzusehen, indem ich ebenfalls ihr Gesicht in beide Hände nehme und ihren Kopf etwas nach oben schiebe.

„Bitte Darling! Du darfst jetzt nicht weinen! Wer weiß… vielleicht stellt sich alles als falscher Alarm heraus oder als irgendetwas anderes.

Wir sollten wirklich erst abwarten, was Dr. Spector herausfindet und nicht auf die Blutwerte aus Ungarn vertrauen.

Warten wir doch einfach ab, vielleicht ist alles ganz harmlos und es war am Ende doch nur der Jetlag!“ versuche ich Saundra zu beruhigen, doch ihre Tränen fließen unablässig weiter.

Somit muss ich also versuchen sie von dem Thema abzulenken und komme auf unser Gespräch im Taxi zurück.

„Was hast du vorhin im Taxi damit gemeint, dass du lange nachgedacht hast als wir über deinen Dad und Tristan gesprochen haben?“ frage ich behutsam.

„Ach naja…!“ antwortet sie schniefend und setzt sich auf, woraufhin ihr Tränenbach fast zu versiegen scheint.

„… ich habe über die Geschichte mit Dad und Tristan nachgedacht und dass Dad mir so lange verschwiegen hat, dass er … auf Männer steht.“ schluckt sie schwer.

Sie macht eine erneute Pause um tief durchzuatmen und erzählt kopfschüttelnd weiter.

„Ich hatte mein ganzes Leben lang keine Ahnung davon und auch nie etwas davon gemerkt. Ich war einfach nur dankbar, dass er immer für mich da war, wenn ich ihn brauchte.

Über sein Liebesleben habe ich mir nie wirklich Gedanken gemacht. Ich war stets der Meinung, dass er immer noch meiner Mutter hinterhertrauert…“ sagt sie entschuldigend, macht eine Denkpause und lässt ihren Kopf sinken.

„… aber da habe ich mich offenbar grundlegend getäuscht. Er hat es scheinbar gut verstanden seine Neigung vor mir zu verstecken und nur deshalb war es erst einmal ein Schock für mich als er Tristan plötzlich an sich zog, ihn auf die Wange küsste und sagte dass er das Beste wäre was ihm in den letzten Jahrzehnten passiert ist…“

Saundra atmet erneut tief durch und spricht jetzt etwas erregt aber immer noch leise weiter.

„Ich dachte zunächst, dass ich mich im falschen Film befinde und dass das alles nicht wahr ist.

Wie kann das denn sein, dass ein Mann der eine Frau hatte, welche ihm zwar davongelaufen ist … er mit ihr aber sogar eine Tochter hat, plötzlich schwul sein soll?“

Abermals schüttelt sie leicht mit dem Kopf und ihre Stirnfalte entspannt sich wieder, als sich plötzlich ihr iPhone lautstark zu Wort meldet und sie es umständlich aus ihrer Handtasche kramt, welche am Fußende des Bettes liegt.

„Wer ist das? Vielleicht Lázló?“ frage ich aufgeschreckt und sie schaut verwirrt auf das Display ihres iPhones.

„Ja!“ antwortet sie hart schluckend.

„Aber ich kann jetzt nicht mit ihm sprechen.“

Kopfschüttelnd drückt sie den Anruf weg, wobei ich noch versuche sie aufzuhalten.

„Nein Saundra, warte! Dann gib‘ ihn mir! Ich will wissen wie es Tristan geht!“ rufe ich noch, doch sie zuckt schon mit den Schultern.

„Zu spät! Er ist schon weg! Dann soll er eben eine SMS schreiben, wenn es ihm so wichtig ist.“ zuckt sie abermals mit den Schultern und wirft das iPhone auf den Nachttisch neben uns.

„Ach Saundra! Was machst du denn?“ frage ich vorwurfsvoll.

„Warum hast du ihn denn nicht mir gegeben? Ich hätte gern mit ihm gesprochen und vor allem wüsste ich auch gerne, wie es Tristan geht und ob er überhaupt überlebt hat.“ sage ich leicht kopfschüttelnd und drehe meinen Kopf zur Seite.

Damit versuche ich meine nun feucht werdenden Augen bei dem Gedanken zu verbergen, dass es Tristan vielleicht doch nicht geschafft hat.

Tristan hat mich zwar immer gerne geneckt, aber ich habe den ‚Arizona-Man’ dadurch irgendwie lieb gewonnen.

Am Ende der Reise nach Ungarn sind wir schließlich doch noch Freunde geworden, obwohl ich kurzfristig auf ihn eifersüchtig war weil ich dachte, dass er sich Saundra verliebt hat.

Dabei ging es ihm die ganze Zeit nur um Lázló und Saundra interessierte ihn als Frau nicht die Bohne.

Der Gedanke an Tristan, seine schwere Schussverletzung und seine Liebe zu Lázló machen mir außerdem zunehmend Sorgen, weil ich immer noch nicht weiß was in Saundras schönem Kopf deswegen vor sich geht.

„Ach, der meldet sich schon wieder! Manchmal kann er fast so penetrant sein wie deine Mutter.“ meint sie mit einem leichten Lächeln und küsst mich auf den Mund.

Lange dauert der leidenschaftliche Kuss jedoch nicht, weil sich unterdessen nun mein Mobile Phone meldet und ich haste erst einmal umständlich aus dem Bett um es aus der Jackentasche zu ziehen, welche über dem Stuhl hängt.

Auf den ersten Blick sehe ich Lázlós Nummer und nehme den Anruf aufgeregt entgegen.

„Lázló? Wie geht es Tristan? Hallo? Hallo? ...“

Die Verbindung scheint jedoch unterbrochen worden zu sein, denn ich höre nur noch ein leises Rauschen in der ansonsten toten Leitung.

Verdutzt lege ich wieder auf und versuche unzählige Male ihn zurückzurufen, bringe aber keine stabile Verbindung mehr zustande und sehe schulterzuckend zu Saundra.

Sie presst bedauernd die Lippen zusammen als ihr iPhone brummend eine eingehende SMS ankündigt.

„Von Lázló?“ frage ich schnell und Saundra nickt mit dem Kopf, während sie auf das Display schaut und die SMS öffnet.

„Was schreibt er?“ frage ich und setze mich neben sie um die SMS mitzulesen.

>Ich hoffe ihr seid gut Zuhause angekommen? Leider kann ich euch telefonisch nicht erreichen, denn das Mobilfunknetz hier in Ungarn ist leider sehr schlecht!

Tristan hat die Nacht zwar überstanden, er ist aber immer noch nicht ganz außer Lebensgefahr und befindet sich vorübergehend im künstlichen Koma!

Bitte melde dich Saundra wenn du weißt was mit Matts Blutwerten ist. Ich mache mir auch um ihn ziemlich schwerwiegende Sorgen und werde fast verrückt hier allein!<

Saundra drückt die SMS weg und legt das iPhone zur Seite.

„Willst du ihm nicht antworten?“ frage ich deshalb betreten.

„Bitte Saundra. Er wartet doch auf Nachricht von uns.“

„Was soll ich ihm denn schreiben?“ tut sie unschuldig und verdreht dabei die Augen.

„Wir wissen doch noch gar nichts von deinen Blutwerten.“

„Saundra!“ sage ich eindringlich.

„Dein Vater sitzt ganz allein in einer Klinik in Ungarn. Er macht sich entsetzliche Sorgen um seinen Lebensgefährten der immer noch in Lebensgefahr schwebt und er weiß noch nicht einmal ob seine Tochter gesund in den USA angekommen ist.

Kannst du dir denn nicht annähernd vorstellen, wie es jetzt in ihm aussehen mag?“

Seufzend nimmt sie wieder das iPhone zur Hand und beginnt zu tippen.

>Wir sind gut angekommen und von New York aus gleich nach Philadelphia weiter geflogen. Wir befinden uns jetzt im Albert Einstein Medical Center, aber weil es jetzt mitten in der Nacht ist macht Dr. Spector die Untersuchung bei Matt erst morgen.

Ich melde mich wieder, sobald wir ein Ergebnis haben.<

„Schreib‘ noch dazu, dass er sich auch melden soll, wenn es Tristan besser geht.“ sage ich noch schnell bevor sie die SMS absendet.

Sie tippt noch schnell einen Satz dazu und sendet die SMS ab.

Wir sehen uns zunächst wortlos an bis mir unser Gespräch wieder einfällt das wir vor dem Klingeln des iPhones geführt haben.

„Du wolltest mir vorhin noch etwas sagen über deinen Dad und seine Beziehung zu Tristan. Das Telefon hat dich leider unterbrochen.“ bohre ich nach.

„Ja, naja.“ überlegt sie was sie zuletzt gesagt hat.

„Wie gesagt, es wollte zuerst nicht in meinen Kopf wie ein ehemaliger Familienvater plötzlich schwul sein soll.

Ich fühlte mich im ersten Moment als hätte er mich mein ganzes Leben lang hintergangen, belogen und betrogen. Ich war einfach nur tief enttäuscht, aber auf dem langen Heimflug ist mir klar geworden, dass mich sein Liebesleben bisher nie interessiert hat und eigentlich auch gar nichts angeht.

Er mischt sich in mein Liebesleben ja im Großen und Ganzen auch nicht ein, außer es handelt sich um seine heißgeliebten Archäologen.“ sie grinst mir dabei ins Gesicht und leckt sich die Lippen.

„Aber mit dem Letzten ist ja alles gut ausgegangen und er ist ihm geblieben und nicht wieder auf Nimmerwiedersehen abgehauen.

Aber was ich eigentlich meine ist, dass es sein Leben ist und er es endlich so leben soll wie er es möchte.

Er hat die letzten einunddreißig Jahre seines Lebens für mich geopfert, damit muss es auch einmal gut sein und er kann ja nichts für seine Neigung. Das soll angeboren sein habe ich einmal gelesen.

Ich weiß zwar nicht, ob ich mir Tristan als ‚Stiefmutter‘ wirklich vorstellen kann, aber er ist in erster Linie ja auch ein Freund und das kann ich auf jeden Fall akzeptieren.

Was die beiden dann nachts unter der Bettdecke treiben muss ich ja nicht wissen und ich will es mir auch gar nicht ausmalen.“

Bei dem Wort ‚Stiefmutter’ gluckst sie lächelnd auf, doch in ihrem Blick sehe ich, dass es ihr absolut ernst ist mit dem was sie sagt.

„Nanu?“ frage ich erstaunt.

„Dass du so schnell zu solch‘ einer Erkenntnis kommst hätte ich nicht geglaubt. Ich dachte, dass da jetzt sehr viel Überzeugungsarbeit auf mich zukommt.“

„Ach weißt du, mir ging immer wieder dieser Satz im Kopf herum den Dad gesagt hat bevor ich an die frische Luft gestürmt bin.

‚Bitte, gönne mir dieses kleine Glück mit Tristan. Ich liebe ihn, so wie du deinen Matt liebst, wenn er überhaupt überlebt.‘

Ich habe mir vorgestellt wie es wäre, wenn ich auf dich verzichten müsste nur weil unsere Gesellschaft plötzlich die Liebe zwischen Mann und Frau nicht mehr akzeptieren würde…“ sie macht eine kurze Pause und schluckt hart.

„… oder dich auf andere Weise verlieren könnte…“

Abermals macht sie eine Pause und hält sich die Hand vor den Mund, wobei zwei dicke Tränen ihre Wangen hinabrollen und sie hörbar tief ein- und ausatmet.

„Der Gedanke hat mir gar nicht gefallen und plötzlich wurde mir bewusst, wie viel Dad wirklich für Tristan empfindet und wie sehr er ihn lieben muss.

Wohl genauso sehr wie ich dich liebe. Das hat er ja gesagt, aber jetzt verstehe ich erst was es bedeutet, wenn der am meisten geliebte Mensch in Lebensgefahr schwebt.

Sicherlich war dieses Outing noch nicht von ihm geplant und das Schicksal hat den Zeitpunkt dafür gewählt. Aber vielleicht war es auch gut so und er hatte absolut Recht mit dem was er sagte, nämlich dass er trotzdem immer für mich da war und deswegen kein schlechterer Vater ist.

Meinetwegen sollen die beiden glücklich miteinander werden und ob es seinem Job und seiner Firma gut tut muss er selbst entscheiden.

Am Ende ist das doch eigentlich auch egal, er braucht die Firma ohnehin nicht mehr um den Rest seines Lebens im Luxus zu leben.“ sagt sie mit sanfter und versöhnlicher Stimme.

Wie nebenbei schaut sie dabei auf die Uhr, deren Zeiger bereits auf vier Uhr a.m. vorgerutscht sind und flüstert lächelnd weiter.

„Jetzt sollten wir aber ein wenig schlafen, sonst muss uns Dr. Spector am Ende sogar noch wecken.“

„Ja da hast du allerdings Recht, mir fallen ohnehin schon wieder die Augen zu.“ gebe ich gähnend zu und beginne mich auszuziehen in der Hoffnung, dass Saundra heute auf ihre Spielchen verzichtet angesichts der vorgerückten Stunde.

Und ich habe Glück, denn sie scheint selbst müde zu sein und kuschelt sich an meinen Rücken, während sie mich mit den Armen und Beinen umschlingt wie eine Liane und mir ein „Gute Nacht, Darling!“ ins Ohr haucht.

Somber Side of Love - Teil 3 Ägypten

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