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Kapitel 3

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Langsam lasse ich mich umfallen, komme auf dem Rücken zu liegen und ziehe Saundra mit mir, so dass ihr Kopf unvermittelt auf meiner Brust ruht.

Tröstend streichle ich über ihr seidenweiches Haar und wir liegen eine ganze Weile schweigend beisammen bis ich ihr sanft zuflüstere.

„Ich liebe dich Saundra für immer und ewig.“

„Ich liebe dich auch Matt und ich will dich nicht verlieren. Nicht jetzt und nicht so früh!

Wie geht es denn jetzt weiter?“ fragt sie fast apathisch.

„Ich weiß es nicht Darling, Dr. Spector wird uns morgen schon aufklären.“ sage ich leise und atme tief durch als es an der Tür klopft und Schwester Megan auf einem Tablett ein Frühstück für mich bringt, obwohl es schon fast Mittag ist.

„Tut mir leid...“ sagt sie schulterzuckend.

„… dass es etwas gedauert hat, aber der Koch wollte es unbedingt persönlich zubereiten als er hörte, dass es für Sie ist Sir.“

„Ist schon in Ordnung Schwester Megan. Mein Appetit ist heute ohnehin nicht allzu groß.“ antworte ich verhalten.

„Nun schauen Sie doch erst einmal nach was er Ihnen gemacht hat, vielleicht kommt der Appetit ja beim Essen.“ lächelt sie und verlässt das Zimmer wieder.

In mir steigt ein vager Verdacht auf, deshalb schiebe ich Saundra vorsichtig von mir herunter und küsse ihre Haare.

„Sorry Baby! Aber ich sollte vielleicht doch so langsam etwas essen, denn mir ist schon ganz schwindelig und ich sollte womöglich meinen Zuckerhaushalt schnellstens wieder in Ordnung bringen.“ entschuldige ich mich bei Saundra und steige aus dem Bett.

„Hmm! Kein Problem! Mach’ das und wenn es dir gut tut freut mich das doppelt.“ antwortet sie leise und rollt sich gleichzeitig in die Zudecke des Bettes ein.

Als ich mich jedoch an den Tisch setze rieche ich einen sehr bekannten Geruch, der mir augenblicklich das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt.

Der Koch hat mir eine Madre Tierra gemacht, was meine Stimmung um ein Minimum anhebt und ich entferne die Abdeckhaube.

Doch kaum fange ich zu essen an, klopft es erneut an der Tür und meine Eltern betreten nacheinander das Zimmer, wobei Mum sogleich auf mich zugestürmt kommt und weinend ihre Arme um mich schlingt, so dass ich kaum aufstehen kann.

„Mein armer Matt. Das kann doch alles nicht wahr sein.“ sagt sie weinend und erdrückt mich fast.

Dad kommt hinzu und nimmt uns wortlos wiederum beide in seine Arme.

„Mum, nicht weinen bitte.“ sage ich fest.

„Das Ergebnis steht doch noch gar nicht hundertprozentig fest. Dr. Spector hat mir heute Morgen Blut abgenommen und mich durch den Kernspin geschickt, weil er den Ergebnissen aus Ungarn scheinbar nicht ganz traut.

Aber wir sollten trotzdem auf den Ernstfall vorbereitet sein, deshalb seine Frage nach einer Liste für mögliche Stammzellspender.

Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass vielleicht etwas ganz anderes dahinter steckt. Ihr solltet euch jetzt noch nicht verrückt machen, aber du hast vorhin einfach aufgelegt … du hast mich gar nicht richtig ausreden lassen.“ versuche ich meine Mum zu trösten.

Langsam lösen wir uns jetzt wieder voneinander und sie sieht mir sorgenvoll ins Gesicht.

„Du siehst blass aus, mein Junge.“ sagt sie sorgenvoll.

„Ich habe ja auch noch nichts gegessen heute. Ich wollte gerade anfangen, als ihr gekommen seid.“ entgegne ich ihr und setzte mich wieder an den Tisch, denn plötzlich verspüre ich einen ziemlich großen Hunger und sehr viel Appetit auf die Madre Tierra.

Dad begrüßt unterdessen Saundra, welche sich auf dem Bett wieder aufgesetzt hat, nimmt sie liebevoll in den Arm und wiegt sie tröstend hin und her, während sie ihren Kopf auf seine Schulter sinken lässt.

Nur ganz leise höre ich wie sie ihm tränenerstickt zuflüstert.

„Ich liebe ihn so sehr Thomas … so sehr dass es fast weh tut und ich will ihn auf keinen Fall verlieren. Matt darf nicht sterben … das darf einfach alles nicht wahr sein...“ berichtet sie abgehackt und weinerlich, wobei bereits die ersten heißen Tränen ihre Wangen benetzen.

„Aber das wirst du nicht mein Mädchen! Du wirst sehen … Matt ist zäh und er wird das schon irgendwie meistern!

Ich kenne doch meinen Sohn und ich weiß, dass er dich auch sehr liebt und dich niemals allein zurück lassen würde.“ raunt er ihr zu, doch das weitere Gespräch halten beide so leise, dass ich nichts mehr verstehen kann.

Insgeheim finde ich es so schön, dass Dad Saundra ‚mein Mädchen‘ nennt, denn dadurch weiß ich dass er sie akzeptiert und sehr gern hat.

Mum entledigt sich unterdessen ihres Mantels und setzt sich mir sehr aufmerksam gegenüber.

„Was ist denn das für ein Frühstück?“ fragt sie verwundert.

„Das? Ach das ist Madre Tierra. Von dem ich dir doch erzählt hatte, dass Miguel es in Mexiko immer für mich gemacht hat.

Als Saundra hier in der Klinik nach ihrem Unfall in Behandlung war, hat Lázló Miguel das Rezept aus den Rippen geleiert und den Koch hier bestochen damit er es eigens für mich macht.

Scheinbar hat es sich bei den Angestellten hier im Albert Einstein Medical Center schon herum gesprochen, dass wir wieder da sind und es diesmal um mich geht.

Schwester Megan meinte, der Koch hätte es sich nicht nehmen lassen es extra für mich zuzubereiten.

Schließlich waren wir ja nach Saundras Unfall lange genug hier, so dass uns jeder der Angestellten kennt und Lázló hat am Ende das ‚Verwöhnprogramm’ natürlich mit einer großzügigen Spende bedacht.“ erkläre ich ihr freimütig.

„Ach so! Aber eigentlich ist es ja auch schon reichlich spät für ein Frühstück. Hast du heute Morgen nichts bekommen?“ fragt sie und zieht die Augenbrauen dabei nach oben.

„Mum!“ sage ich zurechtweisend.

„Muss ich dir jetzt die Welt erklären oder was? Du weißt doch selbst, dass man für Blutuntersuchungen nüchtern sein sollte und das MRT hat anschließend eineinhalb Stunden gedauert.“

„So lang?“ sagt sie abermals erstaunt.

„Wovon haben die denn das MRT gemacht und wozu?“

„Es war ein Ganzkörper-MRT um Entzündungen, Tumore oder Parasiten auszuschließen.“ erkläre ich weiter.

„Parasiten?“ fragt sie stutzend.

„Ja! Dr. Spector meinte ich könnte mir vielleicht in Mexiko auch Parasiten zugezogen haben, die sich erst jetzt bemerkbar machen.

Aber das ist doch jetzt egal wie wir es drehen und wenden und darüber spekulieren. Das Ergebnis von dem was ich wirklich habe bekommen wir erst morgen und bis dahin müssen wir eben ausharren.“

sage ich etwas genervt und löffle die Auflaufschale doch bis auf den Boden leer.

„Aber wozu dann die Liste mit den möglichen Spendern?“ fragt sie neugierig weiter.

„Mum! Die ist vorerst nur zur Vorsorge. Falls es doch Leukämie ist hat man sie gleich griffbereit und kann sich mit den Leuten in Verbindung setzen.“ antworte ich wieder etwas sanfter.

„Also deine Schwester habe ich schon angerufen und die macht sich gleich heute Abend auf den Weg hierher.“ sagt sie leise.

„Ach Mum!“ sage ich seufzend, schiebe die Auflaufschale von mir und nehme ihre Hände in die meinen.

„Das war vielleicht zu früh, am Ende brauchen wir sie vielleicht gar nicht. Wir sollten wirklich erst abwarten zu welchen Ergebnissen Dr. Spector kommt. Hast du die Liste schon gemacht?“ frage ich und versuche ein kleines Lächeln zustande zu bringen.

„Nein! Wir sind ja sofort hierher gefahren, aber ich habe mir noch einen Block und einen Stift eingesteckt.“ sagt sie aufgeregt, kramt dabei in ihrer geräumigen Handtasche und zieht beides daraus hervor.

Erneut geht die Tür auf und Schwester Megan holt das Tablett mit dem Geschirr wieder ab.

„Na also! Sehen Sie! Ich wusste doch, dass Ihnen das schmeckt.“ sagt sie erfreut und trollt sich wieder ohne eine Antwort abzuwarten.

Mum breitet ihren Block auf dem Tisch aus und fängt an zu schreiben, während sich Dad und Saundra nun ebenfalls zu uns setzen.

„Also als erstes kommen natürlich ich und Thomas in Frage, dann deine Schwester und dein Onkel Robert.

Danach sein Sohn Timothy und dessen Sohn Michael.“

„Aber der ist doch noch viel zu klein.“ werfe ich ein.

„Michael ist doch jetzt gerade einmal fünf Jahre alt.“

„Ja und?“ schaut mich Mum verständnislos an.

„Deswegen kann er doch Stammzellen spenden, wenn seine Eltern einverstanden sind. Das ist doch heutzutage völlig ungefährlich für den Spender. Also weiter jetzt … meine Schwester Louise und ihre Töchter Taylor und Kacey und deren Kinder Keith, Brad und Sara.

Dabei fällt mir auf, dass meine Schwester und der Bruder von deinem Dad längst schon Großeltern sind und wir immer noch warten müssen. Bei deiner Schwester tut sich ja in Richtung Freund, Mann oder ähnlichem überhaupt nichts und…“

Bedrückt sehe ich wie Saundra mich erschrocken mit großen Augen ansieht und unterbreche Mum schnell.

„Mum, bitte! Ich glaube das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt über Kinder und Enkelkinder nachzudenken.“

Mum scheint selbst erschrocken zu sein über ihre eigene Aussage und entschuldigt sich schnell.

„Ja natürlich! Entschuldige! Tut mir leid! Aber das ist mir gerade so aufgefallen. Also wen haben wir dann noch…“ überlegend kaut sie auf dem Ende des Stiftes herum.

„Deine Großeltern sind ja zu unserem Bedauern leider nicht mehr da und mir fällt spontan auch keiner mehr ein. Fällt dir noch jemand ein Thomas?“ stellt sie die Frage an meinen Vater, welcher ebenfalls überlegt.

„Höchstens noch die Geschwister meiner Eltern und ihre Familien, aber ich weiß nicht ob das nicht zu weit geht und ich weiß auch nicht ob mir ihre Namen alle einfallen, denn zu meinen Cousins und Cousinen hatte ich nicht so viel Kontakt.

Ich denke einmal darüber nach und schreibe sie auf wenn sie mir einfallen.“ sagt er und runzelt die Stirn.

„Und was ist mit deiner Seite Laura? Vielleicht die Verwandten in Deutschland?“ wirft Saundra überraschend ein.

„Du weißt davon?“ fragt Mum verblüfft.

„Ich habe ihr von Grandma erzählt als es um das Rezept für den Apfelstrudel ging.“ antworte ich an Saundras Stelle.

„Hmm, mein Dad hatte keine Geschwister und meine Mum wurde ja von ihrer Familie verstoßen und nachdem sie nie ein Gespräch darüber zugelassen hat, müsste ich sogar selbst erst auf dem Totenschein nach ihrem Geburtsnamen sehen.

Aber in Deutschland gibt es sicher viele Familien mit ihrem Namen, das wird schwierig werden.“ sagt sie nachdenkend.

„Machst du das bitte Mum? Vielleicht finden wir ihre Familie ja, wenn wir auch ihren damaligen Wohnort kennen. Möglicherweise denken die jetzigen Nachkommen anders darüber und freuen sich vielleicht sogar über Verwandtschaft aus Amerika.“ sage ich bittend und versuche erneut ein Lächeln hinzubekommen.

„Natürlich, mein Junge!“ sagt Mum sanft und schaut mir dabei liebevoll in die Augen.

„Für dich tue ich alles, das weißt du doch und ich hoffe so sehr, dass meine Zellen gleich passen und wir nicht ewig warten und suchen müssen. Schließlich bin ich deine Mutter.“

Tränen treten nun wieder in ihre Augen und sie starrt wortlos auf den Block mit den Namen unserer wenigen Verwandten.

„Wir werden sehen Mum und wie gesagt, bis jetzt kann es auch noch etwas anderes sein. Schreibst du heute Abend vielleicht trotzdem die Adressen dazu soweit du sie weißt?“ sage ich beruhigend und merke dabei, dass ich irgendwie immer noch neben mir stehe und reagiere wie jemand der gar nicht ich bin, sondern ein Unbeteiligter.

„Ja, das mache ich selbstverständlich.“ antwortet sie schniefend, umfasst erneut meine Hände und drückt sie fest.

„Warum das alles? Warum muss ausgerechnet dir das passieren? Warum ausgerechnet meinem geliebten Sohn? Ich fasse das nicht!“ raunt sie verzweifelt und sieht mit tränenüberfluteten Augen zuerst an die Decke, um daraufhin meine Hände an ihren Mund zu führen und sie mit Küssen zu überschütten.

„Mum bitte! Lass‘ das doch! Morgen wissen wir mehr, also lass‘ uns nicht heute schon verzweifeln.“ bitte ich sie und versuche ihr meine Hände zu entziehen, was mir nur schwer gelingt.

Anschließend erzählen wir meinen Eltern unsere Erlebnisse in Ungarn und von Saundras und Lázlós Geständnissen, was Mum und Dad natürlich auf das Tiefste schockiert.

Saundra fällt es nicht leicht mit ihnen darüber zu sprechen, aber ich halte es für besser wenn meine Eltern davon wissen. Dann müssen wir wenigstens nicht unser ganzes Leben lang so viel vor ihnen verbergen, es reicht ja schon unser Sexleben von dem Mum nie erfahren darf.

Zudem gehen wir nicht allzu sehr ins Detail. Es reicht wenn sie wissen, dass Saundra von zwei Männern vergewaltigt wurde und sie mit fünfzehn ein Kind zur Welt bringen musste.

Wir sagen ihnen aber auch, dass Saundra keine Kinder mehr bekommen kann … nur so viel zum Thema Enkelkinder.

Saundra nimmt dann am Nachmittag ihren Termin bei Dr. Perez wahr, der etwa zwei Stunden in Anspruch nimmt und gesellt sich anschließend wieder zu uns.

Die paar Tage in Ungarn haben unser Leben ganz schön auf den Kopf gestellt und ich frage mich ob es auch so gekommen wäre, wenn wir nicht dorthin gefahren wären.

Diese verdammte Leukämie oder was auch immer hätte ich sicher auch ohne Ungarn bekommen, aber wüsste ich dann von Saundras Vergewaltigung oder hätte Lázló sich geoutet?

Sicherlich nicht! Aber ich denke es ist jetzt besser so, dass ich weiß was Saundras Problem ist und dass Lázló und Tristan sich nicht mehr verstecken müssen, zumindest nicht mehr vor uns.

Meine Eltern verabschieden sich tief betroffen erst, als es draußen schon längst dunkel ist und Schwester Loredana mit dem Dinner erscheint.

Dad nimmt Saundra noch einmal fest in den Arm und streichelt sanft über ihre Wange.

„Es wird alles wieder gut werden, mein Mädchen!“ sagt er sanft und ringt Saundra damit sogar ein Lächeln ab.

Dad ist ganz vernarrt in ‚sein Mädchen‘, seit er sie zum ersten Mal gesehen hat und wenn ich nicht wüsste wie sehr er Mum liebt, könnte ich fast eifersüchtig werden.

Mum drückt natürlich mich so fest, dass ich fast keine Luft mehr bekomme und sie hat schon wieder Tränen in den Augen.

„Mum bitte! Es wird schon alles wieder gut werden. Du weißt doch … ich bin eine Kämpfernatur.“ sage ich sanft zu ihr und sie nickt nur noch zustimmend mit dem Kopf, bevor sie mit Dad unser Zimmer verlässt.

„Ich finde es war gut so Ihnen die Wahrheit zu sagen.“ sagt Saundra leise, umarmt mich liebevoll und küsst mich auf den Mund.

„Ja, das finde ich auch.“ antworte ich leise, nachdem sie den Kuss beendet.

„Es würde mir nicht gefallen, sie mein Leben lang belügen oder ihnen gerade solche wichtigen Dinge verheimlichen zu müssen, auch wenn es sie ziemlich geschockt hat … aber sie werden es überleben.“

„Ja, das denke ich auch, aber viel wichtiger ist jetzt, dass du lebst. Denn ich wüsste wirklich nicht, was ich ohne dich machen sollte. Ich liebe dich über alles Matt und ich brauche dich wie die Luft zum Atmen.

Ich kann mir ein Leben ohne dich einfach nicht mehr vorstellen.“ raunt sie verzweifelt und ich drücke sanft ihren Kopf an meine Brust.

„Es wird alles gut werden Baby, ganz bestimmt! Ich habe da so ein Gefühl, dass das noch nicht alles gewesen sein kann.“ flüstere ich ihr zu, ziehe erneut ihren Kopf zu mir herauf und küsse sie kurz auf die sinnlichen Lippen.

„So und jetzt lass‘ uns zu Abend essen. Ich habe nämlich Hunger, denn irgendwie haben uns die Schwestern heute Mittag mit dem Lunch vergessen nachdem ich die Madre Tierra so spät bekommen habe und vor allem DU hast seit dem Frühstück auch nichts mehr gegessen.“

„Hmm! Du hast Recht, die haben uns einfach vergessen. Aber das ist mir gar nicht aufgefallen, weil ich vor lauter Sorge ohnehin keinen Appetit habe.“ sagt sie traurig.

„Nichts da, meine Liebe! Du setzt dich jetzt auf den Stuhl und isst anständig, damit du mir nicht auch noch vom Fleisch fällst.“ versuche ich krampfhaft zu scherzen, schiebe sie Richtung Stuhl und drücke sie vorsichtig auf den Schultern nieder.

Seufzend öffnet sie den Deckel der auf dem Teller liegt und es verbreitet sich sogleich ein wunderbarer Duft nach ungarischem Pörkölt!

„Oh, Mann! Was machen die denn hier mit mir, sind die alle verrückt geworden? Weiß etwa schon die ganze Klinik darüber Bescheid, dass wir direkt aus Ungarn wieder hier sind?“ fragt sie kopfschüttelnd.

„So wie es aussieht ist es wohl so.“ antworte ich lächelnd.

„Und die letzte Spende deines Vaters ist mit Sicherheit nicht ganz unschuldig daran, dass man sich an uns erinnert. Also komm‘ jetzt und iss‘ endlich deinen Teller leer, vielleicht brauchst du deine Kraft noch.“

Entmutigt lässt sie jedoch ihre Gabel auf den Teller fallen und senkt traurig den Kopf.

„Ich kann nicht Matt! So gut es der Koch auch gemeint hat, aber es geht nicht.“ raunt sie und ihre Augen füllen sich wieder mit heißen Tränen.

„Saundra bitte!“ flehe ich sie an und schiebe mir den ersten Bissen in den Mund, welcher mir aber selbst, angesichts der angespannten Situation, im Halse stecken bleibt.

„Ich will einfach nur ganz nah bei dir sein, mehr nicht!“ flüstert sie, erhebt sich und schlüpft auf das Krankenbett wo sie die Beine anzieht und mit ihren Armen umschlingt.

Ernüchtert lasse ich ebenso mein Essbesteck fallen, lege mich nah zu ihr und umarme sie von hinten.

Seltsam, dass sie es einfach so geschehen lässt, denn normalerweise ist sie es die mich von hinten umarmt wie ein Schraubstock.

„Matt?“ fragt Saundra leise.

„Ja, Darling!“ antworte ich ebenso flüsternd.

„Wie fühlst du dich eigentlich bei der ganzen Scheiße? Bis jetzt habe ich meistens nur an mich selbst gedacht und wie es wäre, wenn du sterben müsstest und daran, dass ich dann ganz allein wäre in meiner Welt!

Was fühlst du? Hast du auch Angst? Bis jetzt wirkst du immer noch so gefestigt.“ fragt sie angstvoll.

Nachdenkend atme ich tief durch, denn das ist eine Frage die ich nicht gern beantworte, aber ich beschließe vor allem ihretwegen stark zu bleiben.

„Ich bin mir dessen noch nicht sicher, Darling!“ seufze ich tief.

„Sicherlich habe ich auch Angst davor, schon bald sterben zu müssen, aber ich habe beschlossen um mein Leben zu kämpfen. Vor allem für dich, weil ich dich sehr liebe!“ flüstere ich ihr zu und sie drückt sich ganz eng an mich.

„Für mich?“ fragt sie ungläubig und ich antworte flüsternd.

„Natürlich für dich! Für wen denn sonst? Es gibt sonst Niemanden in meinem Leben, der mir so viel bedeutet wie du. Außerdem würde ich dich auch lieben, wenn du eine arme Kirchenmaus wärst, Saundra!

Ich werde kämpfen … um mein eigenes Leben und vor allem für dich und ich werde dich auf keinen Fall allein zurücklassen. Es wird sich sicher eine Lösung finden, egal wie! Aber wir sollten abwarten was Dr. Spector morgen für neue Nachrichten bringt.“ flüstere ich.

Erschöpft vom vielen Reden und Erzählen an diesem Nachmittag und angesichts der Sorgen schläft Saundra in meinen Armen zusammengerollt ein.

Doch ich liege heute ausnahmsweise noch lange wach, grüble über die Zukunft nach und frage mich immer wieder wie lange sie wohl noch dauern mag.

Als ich am Morgen erwache höre ich dass sich Saundra, wie gestern auch schon, im Bad fertig macht und das Frühstück steht bereits auf dem Tisch.

Dem verführerischen Geruch nach, gibt es wohl wieder eine Madre Tierra für mich und ich frage mich, warum mir der Klinik-Koch plötzlich so wohlgesonnen ist?

Eigentlich haben wir uns nie persönlich kennengelernt und ich vermute, dass Lázló hier wieder die Finger im Spiel hat.

Langsam quäle ich mich aus dem Bett und strecke mich in alle Richtungen, was mich aber auch nicht wacher macht.

Im Gegenteil, mir tun jetzt nur sämtliche Knochen und Glieder weh, so als hätte ich gestern irgendeinen Extremsport betrieben.

Am liebsten würde ich mich wieder im Bett verkriechen und nie mehr aufstehen.

Aber ich habe Saundra versprochen, dass ich vor allem ihretwegen um mein Leben kämpfen werde, also muss ich da jetzt durch und öffne die Tür zum Bad.

„Darling!“ lächelt sie verhalten, als sie vor dem Spiegel ihre wunderschönen, langen schwarzen Haare zu einem Zopf zusammenbindet.

„Du bist ja schon wach!“ sagt sie sanft und küsst mich zart auf die Lippen.

„Schon wach?“ frage ich und ziehe dabei die Augenbrauen nach oben.

„Wenn sogar das Frühstück schon auf dem Tisch steht und ich nicht einmal mitbekommen habe wie es dahin gekommen ist?

Sorry, aber ich glaube ich brauche erst einmal eine kalte Dusche, um einigermaßen wach zu werden.“

„Ach Matt! Es ist doch egal, wie lange zu schläfst! Wir sind hier in der Klinik und bei Dr. Spector bist du bestimmt in guten Händen.“ sagt sie, während sich eine senkrechte steile Falte auf ihrer Stirn bildet.

„Ja, genau! Dr. Spector will ja heute Morgen vorbei kommen und uns die Ergebnisse der Untersuchungen von gestern mitteilen. Weißt du etwa, wann der hier auftaucht?

Ich weiß es jedenfalls nicht und vorher will ich vielleicht doch noch etwas essen. Wer weiß, am Ende vergeht uns der Appetit danach möglicherweise völlig…“ sage ich nachdenkend und ohne eine Antwort abzuwarten verdrücke ich mich unter die Dusche und mache die Glasschiebetür zu.

Das eiskalte Wasser rinnt über meinen müden Körper, doch ich spüre die Kälte kaum und sie macht mich auch nicht munterer.

Viel zu viel Gedanken huschen gespenstisch durch mein Gehirn. Vor allem was sein wird, wenn es Gewissheit werden sollte, dass ich doch Leukämie habe.

Unglücklich warte ich bis Saundra das Bad verlässt und gehe in die Hocke wo ich meinen Kopf auf die Knie niedersinken lasse und meine Beine mit den Armen umschlinge.

Am liebsten würde ich jetzt losheulen wie ein Schlosshund.

So eine verdammte Scheiße!

Warum ausgerechnet ich und warum gerade jetzt?

Warum dürfen wir nicht zusammen einfach nur glücklich werden?

Tief atmend erhebe ich mich wieder und drehe das Wasser etwas wärmer.

Jetzt darf ich nicht schwach werden und meinen augenblicklichen Gefühlen nachgeben. Ich muss stark bleiben für Saundra, denn sie hat es im Moment ohnehin nicht leicht durch ihr eigenes Geständnis, mit dem was ihr vor Jahren in Ungarn passiert ist.

Vor allem aber Lázlós Beichte macht ihr sicherlich noch mehr zu schaffen als sie zugeben will und so tut als hätte sie seine sexuelle Neigung und seine Entscheidung für Tristan akzeptiert.

Ich denke sie knabbert noch eine ganze Weile daran oder fängt erst richtig damit an, wenn Lázló und Tristan wieder in den USA sind und sich als Paar präsentieren.

Zermürbt beende ich die Dusche, indem ich mein Haar kurz mit Shampoo aufschäume und meinen Körper mit demselben Schaum einreibe.

Zum Abwaschen drehe ich die Dusche noch einmal kurz auf eiskalt, aber ich fühle mich immer noch wie gerädert oder eher so als wäre ein Panzer über mich hinweggerollt.

Kopfschüttelnd verlasse ich die Dusche, trockne mich ab und frottiere meine braunen welligen Haare nur gut durch.

Wahrscheinlich werde ich diese ohnehin verlieren, zumindest vorläufig wenn es zu einer Chemotherapie kommt und ich versuche mich im Spiegelbild mit einer Glatze vorzustellen.

Noch einmal tief durchatmend indem ich mit der linken Hand meine Nasenwurzel festhalte, spreche ich mir in Gedanken selbst Mut zu und gehe in das Zimmer zurück.

Saundra hat mit dem Frühstück bereits angefangen und ich schlüpfe zunächst in frische Shorts und ein T-Shirt, welches sie auf mein Bett gelegt hat und widme mich anschließend schweigend meiner Madre Tierra.

Sie mustert mich ebenso schweigend mit einer tiefen Stirnfalte die mir verrät, dass sie gern etwas sagen möchte … sich aber offenbar nicht traut, weil sie sich anscheinend meiner Verfassung nicht sicher ist.

„Was ist los, Saundra? Du möchtest doch irgendetwas sagen?“ frage ich daher sanft zwischen zwei Bissen und merke, dass mir plötzlich aus unerfindlichen Gründen der Schweiß ausbricht.

„Ach, nein! Ich weiß nicht!“ stottert sie verlegen und senkt die Augen.

„Ist nicht weiter wichtig!“

Mit dem Handrücken wische ich mir den kalten Schweiß von der Stirn und mache beim Weiteressen eine kurze Pause, denn es strengt mich heute unwahrscheinlich an auch nur diese kleine Schale auszulöffeln.

„Es gibt nichts was Unwichtig ist.“ sage ich daher eindringlich.

„Sag‘ mir doch einfach was dir auf dem Herzen liegt. Bitte!“

„Nein! Lassen wir es einfach, es ist besser so!“ schüttelt sie mit dem Kopf als es auch schon an der Tür klopft und Dr. Spector mit sehr ernstem Gesicht und einer Krankenakte unter dem Arm den Raum betritt.

„Ach Sie sind noch beim Frühstück!?“ sagt er halb feststellend und halb fragend.

„Dabei wollte ich natürlich nicht stören, aber ich dachte Sie sind schon längst fertig!“

Er wendet sich wieder dem Ausgang zu, doch ich halte ihn instinktiv zurück.

„Nein! Sie stören nicht Dr. Spector, ich war ohnehin schon so gut wie fertig. Das Essen strengt mich heute unheimlich an und ich schaffe ohnehin nicht alles. Mein Magen scheint in den letzten vierundzwanzig Stunden um die Hälfte geschrumpft zu sein.“ gebe ich meine momentanen Gefühle preis.

Dass Saundra auch noch nicht mit ihrem Frühstück fertig ist übersehe ich heute geflissentlich, denn ich will endlich wissen was der Doktor herausgefunden hat.

Zudem habe ich das Gefühl, wenn ich noch länger auf die Ergebnisse der Untersuchungen und eine eventuelle Gewissheit warten muss, noch verrückt zu werden.

„Nun ja, wie Sie meinen Mr. Bolder.“ sagt er ernst, setzt sich auf den Stuhl neben mich und dreht ihn zu mir herum, dabei schlägt er ein Bein über das andere und sieht stirnrunzelnd zu Saundra.

„Ich kann aber auch gerne noch warten bis Miss Dunaway fertig gefrühstückt hat.“

Im Augenwinkel bemerke ich wie ihr der letzte Bissen im Hals stecken bleibt und sie damit kämpft ihn hinunter zu schlucken.

„Nein! Dr. Spector! Es ist in Ordnung, ich war eigentlich auch schon fertig!“ sagt sie tief einatmend, schaut mir dabei besorgt ins Gesicht und schiebt das Tablett von sich.

Dr. Spector legt die Akte zugeklappt auf den Tisch und verschränkt umständlich die Hände auf die er zunächst seinen Blick senkt und selbst tief durchatmet.

„Nun ja!“ fängt er vorsichtig an zu sprechen, sieht danach verlegen an die Decke bevor er meinen Blick einfängt und mir nun fest in die Augen schaut.

„Wie soll ich es erklären?“ spricht er ruhig weiter und atmet abermals tief durch.

„Das ist für mich auch jedes Mal wie ein Gang auf das Schafott und gerade bei Ihnen empfinde ich es leider ganz besonders stark, weil wir uns doch schon eine Weile kennen. Aber meine schlimmsten Befürchtungen haben sich leider bewahrheitet.“ sagt er leise aber fest und er macht eine kurze Pause in der er erneut tief Luft holt und hart schluckt.

„Sie leiden unter einer besonders aggressiven Form von Leukämie, welche ziemlich schnell voranschreitet. Deshalb fühlen Sie sich wohl von Tag zu Tag schlechter.

Ich vermute einmal, dass Sie inzwischen Gliederschmerzen haben, von der ständigen Müdigkeit ganz zu schweigen und Ihre jetzige offensichtliche Appetitlosigkeit ist ein weiteres Zeichen für das was mir die Blutuntersuchung gezeigt hat.“

„Ja!“ raune ich, während ich emotional noch an seinen Lippen hänge.

In Saundras Augen schwimmen die ersten Tränen und sie springt augenblicklich wortlos von ihrem Stuhl auf, stellt sich vor das große Fenster und sieht mit verschränkten Armen auf das immer noch winterliche Philadelphia, während sie uns den Rücken zukehrt.

Dr. Spector atmet erneut tief durch und ergreift meine rechte Hand die auf dem Tisch liegt.

„Mr. Bolder bitte! Sie dürfen jetzt auf keinen Fall aufgeben. Es gibt viele Möglichkeiten Ihnen zu helfen und ich würde am besten noch heute Nachmittag mit der Chemotherapie anfangen damit wir nichts verpassen.

Noch besser wäre natürlich eine Stammzellenspende und ich hoffe Sie haben bereits eine Liste ihrer nahen Verwandten gemacht?“ führt er besorgt aus.

Geschockt schlucke ich zunächst diese Nachricht hinunter und suche mit den Augen auf dem Tisch herum, auf dem wir gestern Nachmittag mit Mum diese Liste zusammen geschrieben haben.

„Saundra?“ frage ich daher benommen.

„Wo ist diese verdammte Liste von meinen Verwandten, die wir gestern mit Mum erstellt haben?“

Saundra atmet tief ein ohne sich umzudrehen und antwortet tränenerstickt.

„Die hat Laura eingesteckt, als sie gestern gegangen sind. Sie wollte doch noch nach dem Geburtsnamen deiner Großmutter schauen und damit nach euren verschollenen deutschen Verwandten.“

„Kein Problem, Mr. Bolder! Wenn Sie möchten, dann setze ich mich selbst mit Ihrer Mutter in Verbindung, vielleicht ist das auch besser so als wenn Sie das selbst tun müssen.

Auch um Ihre anderen Verwandten wird sich die Klinik kümmern. Sie müssen mir nur eine Vollmacht unterschreiben wo Sie uns erlauben, dass wir preisgeben dürfen um wen es sich handelt und wir Ihren Namen nennen dürfen.

Denn die Betroffenen werden sicherlich nachfragen wem sie so plötzlich Stammzellen spenden sollen.“ wirft Dr. Spector schnell ein und ich überlege kurz ob ich meine Mum lieber doch selbst anrufen soll, verwerfe diesen Gedanken aber schnell wieder, denn ich fühle mich nicht wirklich in Verfassung dazu.

Tief ein- und ausatmend fahre ich mit der linken Hand über mein Gesicht und schließe kurz die Augen.

„Ja, das wäre mir Recht, wenn sich die Klinik darum kümmern würde, denn ich denke nicht dass ich im Moment dazu fähig wäre, so ein Gespräch hinter mich zu bringen.“ gebe ich leise zu.

Dr. Spector öffnet die Akte und legt mir ein Papier vor das ich mit dem Stift, der von gestern noch auf dem Tisch liegt, mit meinem Namen unterschreibe.

Aus den Augenwinkeln sehe ich wie Saundra noch immer am Fenster steht und uns den Rücken zudreht.

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