Читать книгу Time of Lust | Band 2 | Absolute Hingabe | Roman - Megan Parker - Страница 10

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Bete mich an!

Eines Abends kam David nach Hause und ich merkte sofort, dass ihn etwas bedrückte. Nachdenklich sah er durch eine der Terrassentüren hinaus auf den Central-Park, während Hayle noch in der Küche beschäftigt war. Meistens, wenn er nicht reden wollte, mochte er trotzdem eine innige Umarmung. Vorsichtig legte ich meine Hand auf seine Schulter und sein verträumter Blick schien kurz zu erwachen. Er umarmte mich liebevoll, drückte mich ganz fest und seufzte schwer. Ich fühlte sein Herz klopfen, ungewohnt laut und aufgeregt. David war nervös. Und das machte mir Angst. Was war passiert?

Hayle servierte das Abendessen und die gedrückte Stimmung nahm kein Ende. Ich konnte fast nichts essen. Meine größte Sorge war, David zu verlieren. Vielleicht hatte er jemanden kennengelernt. Ich malte mir Horrorszenarien aus, kam sogar auf die wahnwitzige Idee, dass eine andere Frau, die nicht mit meinem Handikap zu kämpfen hatte, sein Herz erobert haben könnte.

»Ich muss mit euch reden, mit euch beiden«, begann er schließlich, als Hayle und ich den Tisch abgeräumt hatten.

Wir setzten uns und David brach das Schweigen. »Jude hat mich heute angerufen ... Er hat Santiago verlassen.«

Ungläubig schüttelte ich den Kopf, ein stimmloses »Nein« kam über meine Lippen.

Aber David nickte. »Es gab einen Vorfall auf Ivory ... irgendetwas ist passiert ... Er will es mir nicht erzählen.«

Mein Mund blieb offen stehen, sofort begann ich schwerer zu atmen. »Woher hat er deine Nummer?«

»Damian hat sie ihm bei der Überfahrt nach Miami gegeben. Jude wird uns morgen besuchen kommen. Er möchte nach Los Angeles gehen. Und er hat Victoria bei sich.«

»Victoria? Ist sie verletzt?«

»Nein, Santiago hat sie beide gehen lassen. Victoria durfte nur ihre Schuhe nicht behalten. Das ist aber bei Judes Vermögen kein wirkliches Problem.«

Jude ... Victoria ... ich musste nachdenken.

»Wieso kommt er uns besuchen?«, fragte Hayle.

David nahm seine Hand. »Um genau zu sein, will er mich besuchen. Ich werde euch beide bitten, mich mit ihm allein zu lassen.«

Hayle stand betroffen auf und ging in sein Zimmer, woraufhin David sich an mich wandte: »Ist das für dich auch ein Problem?«

Ich schüttelte den Kopf. David kam mir näher und küsste mich auf die Wange. Ich legte meine Arme um seinen Hals und fühlte mich dann doch etwas eigenartig. Der Gedanke, David teilen zu müssen, schmerzte.

»Jude kommt morgen Nachmittag«, erklärte er.

»Kann ich ihn auch sehen?«

»Ja, kurz. Ich möchte, dass du danach mit Hayle irgendwohin gehst ... shoppen, essen, Kino, egal ... drei Stunden. Bitte, tu das für mich.«

Ich schluckte schwer und nickte.

David küsste mich noch einmal. Kurz darauf erhob er sich und holte Hayle zu sich ins Zimmer.

***

Am nächsten Morgen war ich weit nervöser als David. Ich wollte mich hübsch machen für Jude und benötigte dafür gute zwei Stunden im Bad. David und Hayle schliefen sehr lange, sie ließen das Frühstück aus und gingen gemeinsam auswärts Mittagessen. Die Stunden wollten nicht vergehen und meine Nervosität steigerte sich noch, als mir die Idee kam, dass eigentlich Jude die Lösung für mein größtes Problem wäre ... wenn doch nur ich diejenige sein könnte, die mit ihm ein paar Stunden verbringen durfte. Vielleicht sollte ich meine Gedanken mit David teilen, es wäre doch auch in seinem Interesse. Andererseits hätte er selbst daran denken können und die Tatsache, dass er es nicht tat, ließ mich vermuten, dass er es nicht erlauben würde. Ich musste eigene Pläne schmieden. Fünf Minuten ... mit Jude ... nur fünf Minuten. Irgendwie musste sich das doch einrichten lassen.

Ich versuchte, mit meinem Outfit seinen Geschmack zu treffen. Also wählte ich eine nachtblaue hautenge Hüfthose, die seidig glänzend schimmerte – Jude mochte enge Hosen bei Mädchen – und dazu eine himmelblaue Korsage, schulterfrei, im Rücken geschnürt.

Gegen sechzehn Uhr klingelte es an der Gegensprechanlage und vor Schreck blieb mir fast das Herz stehen. Hayle und ich warteten im Wohnzimmer. David öffnete die Tür. An den zwei Säulen im Eingangsbereich vorbei konnte ich Jude sehen, wie er mit Victoria unsere Wohnung betrat. David half ihm aus dem Mantel und begann ihn danach innig zu küssen. Vicky sank neben Jude auf die Knie – ich hatte die Rituale von Ivory schon fast vergessen, aber so schrieb es die Etikette vor, wenn zwei Männer im Beisein eines Mädchens intim wurden. Auch ich drehte mich schließlich um. Hayle saß auf der auf der Couch und befasste sich vorgeblich mit einer Zeitung.

Als ich wieder hinsah, waren alle drei bereits auf dem Weg ins Wohnzimmer. Jude warf mir einen kurzen Blick zu, reichte dann aber zuerst zu Hayle die Hand. Ich stand am Fenster und beobachtete, wie David nun Victoria küsste. Sie war plötzlich völlig aufgelöst, gierte mit ihren Händen nach ihm, durchkämmte seine Haare, hielt sich an seinen Schultern fest und machte ihm schluchzend Vorwürfe: »Du warst einfach weg ... ohne dich zu verabschieden ... wir wussten gar nichts.«

David nickte stumm und küsste sie weiter, als könnte seine Leidenschaft sie trösten. Es machte mich fertig, dass ich nicht wusste, was er auf Ivory mit Victoria erlebt hatte ... ob er jemals mit ihr geschlafen hatte.

Jude lächelte mich an, als er sah, wie ich die beiden mit offenem Mund beobachtete – aber sofort war meine Aufmerksamkeit bei ihm. Erst jetzt wurde mir wieder bewusst, wie attraktiv er war. Seine Schönheit blendete in meinen Augen. Er kam auf mich zu und legte eine Hand an meine Taille. Doch ich wandte mein Gesicht von ihm ab.

»Willst du mich nicht küssen?«, hauchte er lasziv.

Das wollte ich durchaus. Aber nicht vor David! Es brach mir das Herz, mit ansehen zu müssen, wie er Victoria küsste und umarmte. Ich wollte David nicht gleichermaßen verletzen. Doch Judes strenger Blick fesselte mich und ich traute mich nicht, ihm zu widersprechen. Nur zögerlich schüttelte ich meinen Kopf, denn ich fürchtete mich vor seiner Reaktion. Aber Jude zeigte edle Toleranz, er nickte und trat von mir zurück. Plötzlich erhob sich Hayle, um ihm leise etwas anzuvertrauen: »Schlag sie, wenn du ein richtiger Mann bist!«

Leicht perplex sah Jude ihn an. »Was hat dich geritten?«

»Sie steht auf so was, glaub mir«, flüsterte Hayle.

Ich war fassungslos. Wie konnte er so etwas nur tun? Als ob man das Jude zweimal sagen müsste.

»Du hast doch keinen blassen Schimmer davon, was sie für mich empfindet«, konterte Jude selbstsicher. »Soll ich dir erklären, warum sie mich nicht küssen will?« Er wandte sich nun an mich und sprach so langsam, als wollte er mich mit einem Fluch belegen: »Es würde alles vorweg nehmen ... Sie ist noch nicht bereit dafür, meine plötzliche Nähe zu ertragen. Viel lieber würde sie vor mir auf die Knie fallen, sich auf dem Boden vor mir ausstrecken, um mit ihren Lippen meine Schuhe zu berühren.«

Hayle lachte. Ungläubig setzte er sich wieder auf die Couch. Jude hingegen kam zu mir und sah mir fest in die Augen. Zärtlich legte er eine Hand an meine Wange, dann hauchte er in mein anderes Ohr: »Sieh zu mir auf ... bete mich an ... hebe mich in deinen Himmel!«

Stechende Gänsehaut lief über meinen Körper. Sofort spürte ich pochende Erregung in meinem Unterleib. Sehnsüchtig wich alle Luft aus meinen Lungen und formte sich zwischen meinen Stimmbändern zu einem leisen Stöhnen, das ihm ein hingebungsvolles »Ja« bedeuten wollte. Mit seinen perfekt gewählten Worten saugte er alle Energie aus meinem Körper, er machte mich willenlos und ihm ergeben. Ich vergaß alles um mich herum, und als er daraufhin wieder zwei Schritte von mir zurücktrat, sank ich auf meine Knie ... Ich legte mich flach ausgestreckt vor ihm auf den Boden und küsste, erfüllt von tiefer Hingabe, seine Schuhspitzen.

»Jude, lass das!«, vernahm ich schmerzhaft Davids Stimme und im nächsten Moment packte er mich am Oberarm und zwang mich aufzustehen. Böse sah er mich an – so, wie man ein kleines Mädchen ansieht, das sich unartig benommen hatte – aber ich musste erst wieder zu mir kommen. David setzte mich neben Hayle auf die Couch und ich hielt mir beide Hände vors Gesicht. Ich wollte heute nicht mehr sprechen. Zu schön war dieses prickelnde Gefühl in meinem Bauch. Jude hatte genau meinen wunden Punkt getroffen. »Sieh zu mir auf ... bete mich an ... hebe mich in deinen Himmel ...« Seine Worte wiederholten sich unentwegt in meinem Kopf. Wie eine Droge breiteten sie sich in meiner Blutbahn aus. Ich konnte kaum noch klar sehen ... sogar Jude, der mir jetzt gegenüber saß, verschwamm in meinem Blickfeld. Aber es fühlte sich herrlich an, im selben Raum mit einem Mann zu sein, den ich hemmungslos anbeten durfte.

David und Victoria setzten sich zu uns. Sie berührte mich beiläufig mit ihrer Hand zur Begrüßung. Das war so üblich. Santiago wollte keinen intimen Kontakt zwischen Mädchen. Wir küssten einander nie auf die Wange und schon gar nicht auf den Mund. Er verabscheute lesbische Liebe und jedes Anzeichen, das darauf schließen ließ. Ich versuchte tief durchzuatmen, um mehr Sauerstoff in mein Gehirn zu bekommen, damit ich der Unterhaltung zwischen David und Jude folgen konnte.

»Wie geht es Santiago?«, fragte David.

»Er ist angeschlagen. Aber er wird auch das wegstecken«, entgegnete Jude. »Ich kann dir wirklich nicht mehr erzählen, David. Du weißt, die Schweigepflicht.«

David wandte sich an Victoria: »Sagst du es uns?«

Doch sie schüttelte den Kopf und Jude lächelte sie mitfühlend an. »Du darfst ihr das nicht übel nehmen, sie hat kein Geld bekommen, sie schützt ihn aus anderen Motiven. Genau wie Zahira.«

David verdrehte die Augen. »Darf ich den Zeitpunkt wissen, wann es war?«

»Vor einer Woche.«

»Damian hat mich nicht angerufen. Ich bin mir sicher, wenn ihr einen Arzt gebraucht hättet ...«

»David ... Santiago hat dich schon lange ersetzt! Er hat wieder einen Arzt an seiner Seite, einen Psycho-Doktor.«

David nickte und biss sich dabei auf die Lippen. Dann wechselte er das Thema: »Denkst du, er sucht uns?«

»Schwer zu sagen, anfangs ist er durchgedreht wegen dir, David. Er hat dich in Miami vermutet und gesucht. Er war wirklich getroffen, hat sogar professionelle Hilfe angenommen, in einer Klinik in Atlanta, zwei Wochen stationär ... Das musst du dir vorstellen! Dort hat er auch ihn kennengelernt. Dann ist er jedes Wochenende zu ihm geflogen und seit einer Woche, seit dem Unfall, wohnt er dauerhaft bei uns. Aber keine Ahnung, wie lange das halten wird. Der Typ ist ziemlich dominant.«

»Hast du mit ihm geschlafen?«, fragte David.

»Nein, ich hab ihn auch erst vor einer Woche zum ersten Mal gesehen, und wir hatten wirklich andere Sorgen.«

David seufzte. »Sucht er Zahira?«

»Er hat eine Zeit lang ihre Wohnung hier in Manhattan beobachten lassen. Aber ohne Erfolg.«

»Wir haben dich auf der Fashion Week gesehen«, sagte Vicky zu mir.

»Ja, im Fernsehen«, nahm ihr Jude das Wort aus dem Mund, »letzten Sonntag.«

»Hat Santiago es auch gesehen?«, fragte ich.

»Ja, ich kann dir aber nicht sagen, wie er es fand. Seine Gedanken sind sehr schwer zu durchschauen ... kurz darauf ist dann auch der Unfall passiert.«

»Ich bin schuld?«, fragte ich entsetzt.

»Nein, so weit würde ich nicht gehen ... Ich glaube, da überschätzt du dich«, beruhigte mich Jude. Dann blickte er kurz auf seine Uhr und sah zu Victoria. »Dein Wagen wartet unten!«

Sie nickte traurig und fiel noch einmal David um den Hals.

»Victoria bleibt nicht hier?«, fragte ich Jude.

»Nein, sie fährt ins Hotel.«

»Warum nehmt ihr euch ein Hotel, ihr hättet doch bei uns bleiben können?«, bot ich an, aber sofort unterbrach mich David. Er beendete die Unterhaltung, griff Hayle aufs Knie und deutete damit unmissverständlich an, dass auch wir gehen sollten. Victoria küsste Judes Hand, David flüsterte mir zum Abschied »Danke« zu, während Jude lässig auf der Couch sitzen blieb und mich von oben bis unten taxierte. Ich kniete vor ihm nieder, küsste ebenfalls seine Hand und erntete dafür ein süßes Kompliment von ihm. »Hab ich dir gesagt, dass du hinreißend aussiehst?«

Ich schüttelte verlegen den Kopf und lächelte danach glücklich. Dann machten wir uns zu dritt auf den Weg. Victoria stieg vor dem Haus in ein Taxi. Ich blickte auf die Uhr, um die Drei-Stunden-Grenze nicht zu verpassen, ich wollte unbedingt zurück sein, bevor Jude womöglich wieder gegangen war.

»Was machen wir?«, fragte ich Hayle. Im nächsten Moment merkte ich, dass er mit den Tränen kämpfte. Er drehte sich ständig von mir weg und fuhr sich hektisch durch die Haare. »Willst du lieber allein sein?«, fragte ich ihn. Er zuckte mit den Schultern. Es war kalt und windig. Mich fror beim Herumstehen. Ich hatte David versprochen, mich um Hayle zu kümmern. »Gehen wir doch ins Kino, bei der Kälte fällt mir nichts Besseres ein!«, schlug ich vor und hielt ein Taxi an. »Komm schon, steig ein!«

Widerwillig folgte er mir. Keine Ahnung, welchen Film wir uns ansahen, vermutlich waren wir beide mit unseren Gedanken wo anders. Ich bei Jude. Und Hayle bei David. Ich überlegte, wie ich Jude unauffällig in mein Geheimnis einweihen konnte. Ich musste einen guten Grund finden, kurz mit ihm allein zu sein. Bestenfalls schliefe David, wenn wir nach Hause kämen. Wenn nicht, könnte ich vielleicht vorgeben, Jude mein Zimmer zeigen zu wollen. Ich könnte ihn auch hinunter zum Taxi begleiten ...

Der Film war zu Ende, bevor ich einen richtigen Plan geschmiedet hatte. Gute zwei Stunden waren vergangen und wir konnten uns bereits auf den Rückweg machen. Zehn Minuten zu früh kamen wir zu Hause an, doch als ich die Tür aufschloss, merkte ich schon, dass mir jemand von innen öffnete. David empfing uns, frisch geduscht. Jude war weg.

Mein Herz klopfte aufgeregt. »Warum ist er schon gegangen? Ich dachte, ich sehe ihn noch mal«, klagte ich enttäuscht.

David nahm Hayle in seine Arme. »Wozu hättest du ihn sehen wollen? Du hattest dich bereits von ihm verabschiedet!«

Ich warf meine Jacke in die Ecke und ging in mein Zimmer. Ohne meine Stimme zu gebrauchen, fluchte ich ein paar unanständige Worte. Fassungslos raufte ich mir die Haare. Das durfte nicht wahr sein, ich hatte Jude verpasst! Wie konnte das passieren? Ich hatte meine Chance vergeben. Meine einzige Chance! Ich hatte niemanden außer Jude! Ich schluchzte verzweifelt und wusste, ich war jetzt endgültig bereit ... ... für die weißen Kugeln!

Schnell waren neue Pläne geschmiedet. Doch ich musste warten, bis David und Hayle schliefen. Wenn ich Glück hatte, bewahrten sie die Dinger in Hayles Zimmer auf. Mühevoll öffnete ich meine Korsage vor dem Spiegel, streifte meine enge Hose ab und schlüpfte in ein Nachthemd. Im Badezimmer erschrak ich vor meiner Frisur – ich hatte mich komplett zerzaust. Doch als ich mir die Hände waschen wollte, stieß ich auf ein kleines Kärtchen im Waschbecken, auf dem geschrieben stand:

»Carlton Hotel NY – Zi. 227 – Komm zu mir!«

Hitze stieg in mir auf. Mit offenem Mund betrachtete ich die Karte eine Minute lang, bevor ich glauben konnte, was ich gelesen hatte. Dann benötigte ich den gesamten Auslauf meines Zimmers, damit ich meine Nervosität wieder loswerden und richtig denken konnte. Jude hatte mich »gewählt« – wie man auf Ivory so schön sagte – und dazu sollte ich mich heute Nacht heimlich aus der Wohnung schleichen. Aber nachdem ich jetzt ein freies Leben führte, musste ich mir erst einmal darüber klar werden, ob ich das überhaupt wollte. Die Frage war schnell beantwortet: Ja, ich wollte. Und bei David war ich mir bis dahin ziemlich sicher, dass er mir fast alles verzeihen würde. Also war mein einziges Problem – ähnlich wie kurz zuvor – wann die beiden sich endlich zurückziehen würden.

Zwei Stunden später war es soweit. In einem hübschen kurzen Kleid, getarnt mit einem Wintermantel, und sündhaft teuren High Heels verließ ich klammheimlich die Wohnung. Ich nahm ein Taxi und stellte fest, dass das Hotel ganz in der Nähe lag. In der Eingangshalle begab ich mich ohne Anmeldung zu den Liften und hoffte, nicht aufgehalten zu werden. Ich wollte nicht erklären müssen, ob ich hier ein Zimmer hatte oder nicht. Vor der Tür mit der Nummer 227 angekommen, warf ich einen Blick auf meine Uhr, es war halb eins, mein Herz klopfte laut und mein Atem wollte sich nicht beruhigen. Ich zögerte anzuklopfen, überlegte kurz, wie ich mich verhalten sollte ... niederknien oder nicht? Was, wenn Vicky öffnete? Vielleicht hatte er mich früher erwartet und schlief jetzt schon. So viele Fragen, doch schließlich klopfte ich. Zuerst blieb es lange still, dann hörte ich Schritte ... Jude öffnete die Tür.

Er war noch elegant gekleidet, trug eine sandfarbige Anzugshose und ein weißes Hemd. Aber er war barfuß. Er sah mich an und lächelte nicht. Stattdessen legte er seine Hand um meine Taille und zog mich an sich. Hinter mir schloss er die Tür. Er machte keine Anstalten, mich küssen zu wollen, hielt mich nur still schweigend an sich gedrückt. Ich war glücklich. So sehr hatte ich mir gewünscht, mit ihm allein zu sein. Gleichzeitig spürte ich Angst in mir aufsteigen, wundervolle Angst, sie erregte mich. Jude war unberechenbar und gnadenlos, das wusste ich nur zu gut. Und heute Nacht würde ich ihm gehören. Ich wollte vor ihm niederknien, aber er hielt mich davon ab. »Nicht«, flüsterte er. »Wir gehen ins Schlafzimmer.«

Er half mir aus dem Mantel und ich schlüpfte aus meinen Schuhen.

»Wo ist Vicky?«, fragte ich leise.

»Nebenan ... ich hab ihr ein Schlafpulver gegeben.«

»Wozu?«

»Ich wollte, dass du dich auf mich konzentrieren kannst und dir keine Gedanken machst. Mir wäre es egal gewesen ...«

»Warst du dir sicher, dass ich komme?«

Er belächelte meine Frage. »Absolut! Ich hab sogar eine Überraschung für dich.«

Ich machte neugierige Augen. Doch er entschied: »Später!«

Ich hasste Überraschungen. Da fiel mir wieder ein, dass ich auch etwas mitgebracht hatte. »Jude, ich muss dir was sagen. Um genau zu sein, ich hab auch eine Überraschung für dich.«

Gespannt sah er mich an.

»Ich ... ich ... bin Jungfrau!«

Jude verzog keine Miene, legte nur seine Hand an meine Stirn, um zu fühlen, ob ich Fieber hatte.

»Nein, lass das!«, wehrte ich mich. »Ich hab mir in einer Beauty-Klinik mein Jungfernhäutchen wieder herstellen lassen!«

»Für mich?«, fragte er überrascht.

Ich musste lachen. »Nein ... oder ... jetzt eigentlich doch. Das kannst du sehen, wie du willst. Es war schon vor einem Monat.«

»Hast du mit David denn keinen Sex?«

»Doch! ... Aber anders ...«

Jude nickte verstehend. »Was zahlt man für so eine OP?«

»Ich weiß es nicht ... Es war ein Freund von David.«

Doch nun beharrte er auf seiner Frage: »Für wen hast du es dann machen lassen?«

»Es ... war ... nicht ganz freiwillig. Und ich möchte eigentlich nicht darüber reden!«

»Nicht freiwillig? Dann will ich es erst recht wissen!«

Ich seufzte schwer, aber er drängte mich noch weiter ... und schließlich erzählte ihm meine Tortur in groben Zügen.

Jude schluckte und musste gestehen: »Da bekomme sogar ich Herzklopfen!« Etwas betroffen nahm er mich an der Hand und führte mich ins Schlafzimmer.

Auf seinem großen Doppelbett sank ich in viele weiche Kissen, während Jude die Jalousien zudrehte. Dann setzte er sich zu mir und legte eine Hand auf meinen Bauch. Gefühlvoll begann er über meinen Körper zu streicheln und mein Atem verstärkte sich unter seinen Händen.

»Ich hätte Arzt werden sollen«, schmachtete er.

Ich lächelte ... Doch ich wollte nicht mehr sprechen, so schön waren seine Berührungen. Ergeben legte ich meine Arme über den Kopf und schloss meine Augen, um mich auf seine Hände konzentrieren zu können. Ich fühlte prickelnde Erregung in mir aufsteigen ... mir wurde warm zwischen meinen Beinen ... und meine Lippen öffneten sich für einen noch tieferen Atem.

Nach einer Weile half er mir aus meinem Kleid und als ich mit weichen Knien und erfüllt von Begierde nackt vor ihm auf dem Bett saß, kam er hinter mich. Er zog mich zwischen seinen Beinen dicht an seinen Körper. Ich fühlte sein Hemd an meinem Rücken, und seine Körperwärme. Ein Arm schlang sich um meine Taille und seine andere Hand legte er an meine Kehle. Ich fühlte mich fast vollständig von seinem Körper aufgenommen. Er drückte mich fest und ich liebte ihn für die Kraft seiner Arme, die mir fast den Atem raubte. Ich wollte in ansehen, wandte ihm mein Gesicht zu und unweigerlich musste ich sehnsüchtig seufzen. »Ich will dich, bitte, ich will dich! Bitte ... schlaf mit mir!«, flehte ich ihn an.

Jude lächelte. »Ein bisschen Geduld musst du schon haben.« Langsam ließ er meinen Hals los, seine Finger strichen über meine Wangen und erreichten meinen Mund. Sie öffneten meine Lippen und drei seiner Finger drangen in mich ein. Sofort empfing ich sie freudig mit meiner Zunge und saugte daran. Doch sie glitten schnell tiefer, bis sein Daumen und sein kleiner Finger von außen gegen meine Wangen stießen. In meinem Körper fühlte es sich an, als wäre er intim in mich eingedrungen. Mein Geschlecht begann zu pulsieren und ich sah dankbar in seine Augen, während seine Hand nun eine vorsichtige Bewegung aufnahm. Ich betrachtete es als anspruchsvolle Herausforderung, es wehrlos zuzulassen. Jude beraubte mich aller Worte, doch ich atmete erregt. Zwischendurch berührte er ganz empfindliche Punkte in meiner Kehle. Tränen liefen aus meinen Augen. Seine andere Hand hielt sich an meinem Oberbauch fest, sodass er es jedes Mal fühlen konnte, wenn mein Magen unfreiwillig kontrahierte. Jude besorgte es mir mit seinen Fingern. Meine Hände lagen ruhig neben mir, nie wäre ich auf die Idee gekommen, mich ihm zu widersetzen. Doch allmählich verminderte er den Druck seiner Finger und als ich merkte, dass er sie mir entziehen wollte, begann ich sofort wieder daran zu saugen. Aber so sehr ich mich auch bemühte, er gewann ... Schwer atmend legte ich mein Gesicht an seinen Hals und betete, dass diese Nacht nie enden würde.

Jude stand kurz auf, um sich ebenfalls auszuziehen. Dann kam er wieder zu mir, unsere nackten Körper schmiegten sich aneinander, und ich merkte, dass ich ziemlichen Respekt davor hatte, ihn anzufassen. Gleichzeitig liebte ich es, wenn er es tat. Als seine Hand mich im Nacken fasste, fragte ich ihn neugierig: »Hattest du schon mal eine Jungfrau?«

Er lächelte amüsiert und kam mit seinem Mund dicht an mein Ohr. Doch ich bekam keine Antwort. Er küsste mich zärtlich und an seinem Atem merkte ich, dass er sehr erregt war. An meinen Lenden bestätigte sich kurz darauf mein Verdacht. Er rieb sich mit seinem schönsten Muskel an meinem Venushügel. Ich seufzte begierig. Seine Hand fasste zwischen meine Beine und das Überangebot an Feuchtigkeit versicherte ihm, dass er keine Hände benötigen würde, um in mich einzudringen. »Halt dich an mir fest«, flüsterte er.

Ich schlang meine Arme um seine breiten Schultern. Dann fühlte ich seine Erektion gegen mich stoßen und sofort begann mein Herz noch etwas lauter zu schlagen. Ich sah in seine schönen grauen Augen und stellte willig meine Beine für ihn auf. Zweimal rutschte er von mir ab, so sehr erregt hatte mich unser Vorspiel. Ich überlegte, ob ich mich dafür entschuldigen sollte, doch dann fand sein stolzer Liebesmuskel meinen Eingang und hielt daran fest. Langsam drückte er sich in mich und gleich zu Beginn traf er dabei auf einen Widerstand, den ich von mir selbst noch nicht kannte. Bei Santiago fühlte sich mein Erstes Mal ganz anders an ... Er wurde nicht aufgehalten, es war eher die Erweiterung des Spielfeldes, die etwas schmerzte, aber jetzt gab es einen eindeutigen Widerstand. Wer wusste schon, was Lacourt an mir verbrochen hatte? Plötzlich wurde mir ganz anders. Drei oder vier Mal stieß er mit leichtem Druck gegen meine Blockade. Jude sah die Panik in meinen Augen. Ich hatte Angst, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte und wollte gerade etwas sagen, als er mir plötzlich den Mund zuhielt. Sein Oberkörper hob sich ein Stück von mir ab und eine heftige Bewegung seiner Hüfte versetzte mir einen so brutalen Stoß, dass mir für einen Moment schwarz vor Augen wurde. Er durchbrach das gespannte Netz meiner Jungfräulichkeit, ich schrie kurz in seine Hand und keuchte danach aufgeregt ... Ich war ziemlich erschrocken, doch die nachfolgenden Schmerzen hielten sich in Grenzen. Trotzdem fühlte ich neues Nass zwischen meinen Beinen. Jude nahm seine Finger wieder von meinem Mund. Er küsste mich am Hals und fing an, sich in mir zu bewegen. Langsam beruhigte sich mein nervöser Atem, ich hatte Schmerzen, erträgliche Schmerzen, und ich ließ mich bereitwillig von seiner Begierde verzaubern.

Ich blickte an die Decke und dachte an meine erste Liebesszene mit Santiago. Wie hingerissen ich war ... von seiner Schönheit, seiner Ausstrahlung, seinem Glanz ... und wie maßlos ich ihn begehrt hatte. Ich dachte an meine unwissenden Hände, die ihn immer wieder versucht hatten zu berühren, und an das unbeschreibliche Verlangen, das eben dieses Verbot in mir ausgelöst hatte ...

Jude riss mich aus meinen Träumen. Er bewegte sich heftiger, begann, mit seiner Hüfte beschwingt zu kreisen und provozierte damit neuen Schmerz. Ich konnte mein Stöhnen nicht unterdrücken und hielt mich verkrampft an seinen Schultern fest. Er selbst hauchte mir weiter leise ins Ohr. Da begriff ich ... diese kunstvollen Bewegungen waren nur für mich gedacht. Meine Erregung war weit größer als seine eigene. Jude wollte zuerst mich ins Paradies führen, bevor er mir folgen würde. Kurz darauf konnte ich nicht mehr denken, fühlte nur noch seine kräftigen Stöße. Ich hatte es schon immer gewusst ... obwohl er aussah wie ein englischer Lord, er hatte das Temperament und die Geschmeidigkeit eines Brasilianers in den Hüften. Seine Bewegungen waren geschickt und außergewöhnlich, verfolgten aber dennoch eine gewisse Regelmäßigkeit, der ich mich hingeben konnte. Mein ganzer Körper schien sich unter ihm aufzulösen und dann sah ich nur noch Sterne ... mein Tänzer drehte seine letzten Pirouetten ... und plötzlich begannen meine intimsten Muskeln im Orgasmus zu flattern. Ein Lustschrei entsprang meiner Kehle. Meine Nägel bohrten sich in seinen Rücken, ich schrie und keuchte und wusste, dass Jude es fühlen konnte, mein heftiges inneres Zucken an seinem Schwanz. Bis ich langsam in mich zusammensackte.

Doch Jude gönnte mir keine Pause. Er drehte sich mit mir auf den Rücken, sodass ich nun über ihm war. Ich stütze mich auf meine Arme. Er hielt meinen Kopf fest ... wollte mich ansehen. Meine langen Haare legten sich wie ein finsterer Schleier über uns, aber es schien ihn nicht zu stören. Gefühlvoll begann er mich zu küssen. Ich hielt mein Gewicht auf Knien und Unterarmen, sodass ich seinen Körper nur leicht berührte. Dann zog er mein Gesicht an seine Schulter und hielt mein Becken fest. Wieder entlockte er mir einen Lustschrei, als er in mich eindrang. Seine Bewegungen waren jetzt geradlinig und schneller ... ich fühlte ihn fest und tief in mir. Jeder einzelne Stoß erschütterte meinen Körper. Jude war kaum noch zu halten, er konnte sich unter mir frei bewegen und tat dies mit fast unerträglicher Geschwindigkeit. All meine Muskeln waren hart gespannt, ich schrie und keuchte ... Plötzlich presste er sein Becken fest gegen mich ... ich fühlte das zärtliche Spritzen in meinem Unterleib und konnte vor Erregung gar nicht mehr aufhören zu schreien. Zu schön war die Vorstellung, ihn befriedigt zu haben und sein Sperma nun in mir zu tragen. Liebevoll streichelte er über meinen schweißnassen Rücken und war selbst kaum außer Atem. Ich aber war glücklich und erschöpft.

Ein kurzer prüfender Blick in meinen Schritt sagte mir, dass ich das Badezimmer aufsuchen musste. Auch die weißen Laken waren befleckt. Jude half mir aus dem Bett und führte mich ins Bad. Schnell hüpfte ich unter die Dusche, ich sah, dass meine Wimperntusche leicht verlaufen war, meine Haare zerzaust, doch ich hatte keine Zeit, das alles zu richten, denn ich wollte wieder zu ihm. Kaum war ich trocken, kehrte ich mit einem weißen Badetuch umwickelt zurück in den Wohnbereich.

Jude stand im Durchgang zum Schlafzimmer und streckte eine Hand nach mir aus. »Zieh das an und setz dich!« Er gab mir meine Dessous und zeigte auf den wuchtigen Ledersessel, der unmittelbar neben dem Bett stand. Das klang nach einem Spiel, so gut kannte ich ihn mittlerweile schon. Ich schlüpfte in meine knappe Spitzenunterwäsche und setzte mich.

»Leg deine Arme auf die Lehnen und stell deine Beine weiter auseinander.«

Ich befolgte seine Anweisungen und fand es richtig spannend, so aufreizend breitbeinig vor ihm zu sitzen. Jude zündete sich eine Zigarette an. Wohl eine neue Angewohnheit. Plötzlich klopfte es an der Eingangstür. Mit der Zigarette zeigte er kurz aber bestimmend auf mich und ging danach zur Tür. Ich sollte also sitzen bleiben. Er kam mit zwei Damen mittleren Alters zurück und deutete auf das Bett. Sie trugen Arbeitskleidung, hellblaue Blusen, schwarze knielange Röcke und waren offensichtlich vom Reinigungspersonal des Hotels. Ihre Blicke verliefen nahezu synchron und fast filmreif: Zuerst sahen sie mich – ungewöhnlich aufreizend im Sessel lehnen – danach das Blut auf den Laken vor ihnen, der dritte Blick landete sofort wieder auf mir und dann tauschten sie untereinander noch ein paar Mimiken aus, die ich vermutlich nicht bemerken sollte. Nur Jude wagten sie nicht anzusehen. Er stand in der Zimmertür, beobachtete das Geschehen und lächelte mich verschmitzt an. Ich konzentrierte mich darauf, ruhig zu atmen, und dachte, so könnte ich vielleicht verhindern, dass ich im Gesicht rot anlief. Aber ganz schnell spürte ich eine unvermeidbare Hitze in mir aufsteigen. Meine Wangen glühten. Und die beiden Frauen genierten sich offensichtlich nicht minder. Eilig bespannten sie das Bett mit frischen Bezügen und tauschten die Kissen gegen neue. Jede Bewegung schien einstudiert und es dauerte kaum fünf Minuten bis sie fertig waren. Danach flüchteten sie hastig aus dem Zimmer. Jude gab ihnen, während er seine Zigarette mit den Lippen festhielt, Trinkgeld und verschloss hinter ihnen die Tür.

Als er wieder zurückkam, hatte er ausgeraucht. Er sah mich belustigt grinsend an. Ich musste auch lächeln und überschlug nun endlich meine Beine. Er setzte sich mir gegenüber auf die Bettkante und stützte seine Unterarme auf seine Knie, als wollte er etwas mit mir besprechen. Wehmütig überlegte ich, ob er mich jetzt auffordern würde zu gehen. Doch ihn interessierte ganz etwas anderes ...

»Wirst du es David erzählen?«

»Was?«, fragte ich.

»Dass ich mit dir geschlafen habe. Dass du jetzt nicht mehr Jungfrau bist.«

Ich lächelte verlegen. »Er wird es merken.«

Jude blickte mich skeptisch an. »Wie denn, wenn er so nicht mit dir schläft?«

»Ach so, nein, generell möchte er schon, er wollte nur nicht ...« Plötzlich konnte ich nicht mehr weitersprechen.

»Was wollte er nicht?«

»Nichts«, antwortete ich kleinlaut.

»Dich entjungfern?«

Ich schüttelte hastig den Kopf.

Jude griff nach meinen beiden Handgelenken und riss mich vom Stuhl, sodass ich vor ihm auf die Knie fiel. »Sicher! Das ist David. Er kann niemandem wehtun. Jetzt verstehe ich erst. Du hast mich benutzt ... Du hast mich eiskalt benutzt!«

Ich atmete panisch. »Jude, das stimmt nicht! Wie kannst du so etwas sagen?«

Erbost fauchte er in mein Gesicht: »Wärst du sonst heute Nacht zu mir gekommen?«

Die Tatsache, dass ich darüber kurz nachdenken musste, reichte aus ... für die erste Ohrfeige. Vermutlich lag er damit gar nicht so falsch, ich wäre nicht gekommen. Es war die Hoffnung, mein intimes Problem loszuwerden, die mir Mut machte, David zu hintergehen. Aber das durfte ich Jude nicht spüren lassen. »Ich wollte dich!«, himmelte ich ihn an, »und keinen anderen!«

»Warum glaube ich dir nicht?« Er warf mir einen verächtlichen Blick zu, ließ mich los und stand auf. Beim Verlassen des Zimmers drehte er sich nach mir um. »Falls du wieder vorhast, eine Panikattacke zu kriegen, wäre jetzt die Gelegenheit dafür!«

Ich schluckte. Dann stand ich auf und lief ihm ins Wohnzimmer nach. »Jude, es war doch auch für dich ...«

Er schlug mich mit seiner rechten Hand ins Gesicht und ich fiel schmerzhaft zu Boden. Ich hatte mir die Schulter am Couchtisch gestoßen. Mein Blick war auf den Hotelteppich gerichtet, als ich mich auf meine Unterarme stütze und zu weinen begann. Ich wusste, ich durfte jetzt nicht mehr sprechen, er wollte keine Erklärung. Und mein Körper gehörte ihm. Wenn ich mir vorstellte, dass mein Körper ihm gehörte, brauchte ich nicht so viel Angst haben, denn dann lag es in seiner Verantwortung, was er mit mir anstellen würde, und ich konnte mich ihm ruhigen Gewissens hingeben. Er riss mich an den Haaren zu sich hoch, blickte in meine Augen und suchte nach der Panik darin, aber es gab keine. Ich war kurz davor, ihn zu umarmen, ihn zu küssen. Barfuß war ich fast einen Kopf kleiner als er und meine Blicke begehrten ihn.

Seine Hand streichelte über mein Gesicht. »Geh wieder ins Bett!«, verlangte er ruhig.

Eigentlich wäre es so langsam Zeit gewesen, Jude zu verlassen, ich wollte wieder zu Hause sein, bevor David aufwachen würde. Aber Jude drängte mich ins Schlafzimmer. Ich legte mich auf die frische Decke. Er riss zwei lange Zier-Kordeln von den Vorhängen und begann mich zu fesseln. Als er fertig war, legte er eine Hand auf meinen Bauch und seine Blicke waren leer. Plötzlich versagte meine Theorie, mich ihm ruhigen Gewissens hinzugeben, und ich bekam Angst. Er überlegte doch nicht ernsthaft, mir jetzt Mund und Nase zuzuhalten? Mein Atem wurde immer schneller. Dann sah er mir in die Augen und legte seine Hand mit weit gespreizten Fingern auf mein Gesicht. Das war das Ritual. Er wollte es tatsächlich tun. Ich schüttelte heftig meinen Kopf und wollte mich aufsetzen. Woraufhin er seine Hand wegnahm und mich an den Schultern nach unten drückte.

»Nein«, flehte ich ihn an, »ich bin dabei fast gestorben ... Das kannst du nicht machen!«

»Hast du eine Ahnung ...«

»Jude, ich hatte Herzstillstand! Bitte ...«

»Ja, weil ER seinen Verstand verloren hat. Bei MIR ist noch alles in Ordnung!«

»Ich kann nicht ... Jude ... bitte!«, flehte ich weiter und versuchte gegen die Kraft seiner Hände anzukämpfen.

»Hör auf, dich zu wehren ...«

Ich keuchte und hielt kurz still. Er nahm langsam seine Hände von mir und streichelte über meine Wange. »Lass es mich tun, damit ich dich wieder lieben kann.«

Tränen quollen aus meinen Augen. »Wozu brauchst du meine Erlaubnis? Ich bin gefesselt!«, schluchzte ich.

»Du sollst ausatmen ... Ich möchte, dass du es freiwillig tust. Für mich!« Wieder legte er seine Hand auf mein Gesicht.

Ich keuchte kurzatmig. Jude war bei diesem Spiel grausam, das wusste ich aus Erfahrung. Ein letztes Mal seufzte ich schwer, dann schloss ich meine Augen und versuchte, mich zu beruhigen und zu entspannen.

»Atme tief aus!«, flüsterte er.

Ich gehorchte ihm – ohne lange nachzudenken – in der Hoffnung, ihn dadurch zu besänftigen. Der letzte Hauch meines wertvollen Sauerstoffs strömte an seinen Fingern vorbei in Nichts. Eine Hand legte sich an meinen Hinterkopf und gleichzeitig verschloss die andere Mund und Nase. Ich sah ihn an. Ob er jetzt wohl glücklich war? Nein, er wirkte verletzt und traurig. Ich hatte ihm wehgetan und jetzt lag mein Leben in seinen Händen. Meine Augenbrauen zogen sich besorgt zusammen. David ...

Meine vergeblichen Versuche, Luft zu holen, schmerzten in meiner Brust. Ich begann, mich zu winden, mit meinen gefesselten Beinen um mich zu schlagen, bekam schrecklichen Druck in den Ohren und konnte meine Augen nicht mehr offen halten. Noch ein paar Sekunden hielt er mich fest, dann gab er mich frei. Ich kreischte nach Luft, drehte mich von ihm weg und keuchte. Er streichelte über meinen Rücken und ich fing an zu weinen, dankbar, dass ich überlebt hatte.

Jude legte sich hinter mich und umschlang mich liebevoll mit beiden Armen. Noch immer war ich übertrieben aufwändig gefesselt. »Ich will nicht, dass du weg gehst«, schluchzte ich.

Er küsste meine Haare und sagte nichts.

Jude hatte mir Ivory zurückgebracht. Es fühlte sich so gut an, bei ihm zu sein. Der Gedanke, mich von ihm verabschieden zu müssen, bereitete mir Kummer. Meine Sehnsucht, die ich mit Sicherheit in den nächsten Wochen für ihn empfinden würde, schmerzte schon jetzt. Wie sollte ich es bloß anstellen, dass er hier blieb ... in New York ... bei mir ... Wie gern hätte ich ihm gestanden, dass ich ihn liebte, aber das entsprach nicht der Wahrheit. Ich liebte ihn nicht. Ich betete ihn an. Das war ein Unterschied. Meine Liebe für David kam von Herzen. Die Gefühle, die ich für Jude empfand, waren wie eine Sucht. Ich liebte ihn nicht. Aber ich liebte es, ihn anzubeten.

»Jude, ich bete dich an!«, schmeichelte ich ihm.

Jude drehte mich zu sich. Er strich meine Haare aus dem Gesicht und wollte in meine Augen sehen.

»Ich bete dich an ... ich sehe zu dir auf ... und ich hebe dich in meinen Himmel.« Voller Überzeugung legte ich meine Worte auf seine angeschlagene Seele.

Er begann mich zu küssen, hielt meinen Kopf fest in seinen Händen und schenkte mir minutenlang seine Leidenschaft. Als er sich wieder von mir löste, waren seine Augen erfüllt von Bewunderung für mich.

»Bleib in New York, bitte, geh nicht weg!«, flehte ich ihn an.

»Ich kann nicht«, flüsterte er und streichelte wehmütig über mein Gesicht. »Aber ich hab dir etwas mitgebracht, das dich glücklich machen wird. Auch wenn ich nicht bei dir bin.«

»Die Überraschung?«, fragte ich neugierig.

Er nickte.

»Wie soll mich ein Ding glücklich machen?«

»Habe ich dich heute Nacht glücklich gemacht?«

»Ja.« Mit treu ergebenen Blicken sah ich ihn an.

»Dann mache ich mir da gar keine Sorgen«, versprach er mir.

Jude löste meine Fesseln und holte aus dem Wohnzimmer einen kleinen weinroten Geschenkkarton mit edler Schleife, sein Handy und einen Schal. Er setzte sich zu mir aufs Bett und verband mit dem Schal meine Augen. »Du sollst blind erraten, was es ist«, erklärte er. »Öffne es!«

Ich war mir nicht ganz sicher, ob ich mich wirklich freuen konnte, bei dem, was Jude für mich ausgesucht hatte. Aber die Art, wie er es mir präsentierte, bezauberte mich. Ich tastete nach der Schachtel, zog langsam an der Schleife und öffnete den Karton. Vorsichtig griffen meine Finger hinein und fühlten einen samtigen Stoff. Es war ein Beutel, den ich herausnehmen konnte. Ich lockerte das Bändchen und als ich kurz darauf ein längliches rundes Ding in der Hand hielt, das einem Vibrator glich, war ich enttäuscht. Ich wollte es mir nicht selbst machen ... mit einem Vibrator.

Jude fasste an mein Kinn. »Was ist los?«

»Es ist ein Vibrator«, antwortete ich.

»Ja, aber ein ganz besonderer! Fühl mal.«

Ich seufzte und erkundete ihn genauer, ließ ihn durch meine Hände gleiten und stellte fest, dass er zwar unregelmäßig, aber durchgehend sehr dick war. Es gab nirgendwo einen Schalter, um ihn zu aktivieren. Anscheinend hatte er keine Funktion. Das obere Ende war eine glatte Kugel. Den Abschluss bildete eine gerade Platte, die etwas über den Durchmesser hervorragte, vielleicht damit er nicht in mir verschwinden konnte. Plötzlich ... »AHHH!« Ich schrie und ließ ihn fallen.

Jude lachte.

»Er hat mich elektrisiert!«, klagte ich.

Jude nahm meine Augenbinde ab und zeigte mir das bösartige Ding. Es war aus protzig glänzendem Gelbgold. »Das ist kein normaler Vibrator. Er wird ferngesteuert, über mein Handy. Du gehörst mir, wenn du ihn trägst!«

Sprachlos fasziniert sah ich ihn an.

»Willst du ihn ausprobieren?«

»Jude, er hat mich gerade elektrisiert!«

»Ich weiß, das fühlt sich aber anders an, wenn er in dir ist, vertrau mir! Leg dich hin!«

Wir rutschten in die Mitte des Bettes und ich legte mich flach auf den Rücken. Jude schob den goldenen Stab vorsichtig zwischen meine Schenkel. Er war hart, kühl und brauchte extrem viel Platz. Ich spürte einen markanten Ring, der zirka fünf Zentimeter vor dem Ende kam. Zum Schluss schmiegte sich die runde Platte von außen an meine zarte Haut. Den untersten Bereich fühlte ich am stärksten. Er dehnte meine intimen Muskeln aufdringlich, wie ein Penis mit einem zu breiten Schaft.

»Wir nennen ihn ›Angel‹ wie ›Engel‹.« Jude grinste. »Er wird meinem kleinen Engel den Himmel zeigen.« Dann tippte er in sein Handy und ich fühlte etwas in mir aufspringen. »Das ist eine Klammer, die sich schirmartig in dir öffnet, sobald ich Angel aktiviere. Du kannst ihn dann allein nicht mehr entfernen.«

Sofort griff ich mit einer Hand an die Platte und zog daran. Es rührte sich nichts, doch ich spürte deutlich den Druck gegen meine inneren Muskeln. »Und wie krieg ich ihn wieder raus?«, fragte ich ängstlich.

»Wenn ich mit dir fertig bin, werde ich dich freigeben.«

Jude schaltete eine andere Funktion ein. Drehbewegungen. ein pulsierendes Pochen. Meine Angst mischte sich mit Erregung – eigentlich genau das, wonach ich mich gesehnt hatte. Jude legte seine Hand auf meinen Unterbauch und Angel begann, mich zu stoßen. Er hielt sich dabei an dem Ring fest, der sich am unteren Ende in mir verspreizt hatte. Gemeinsam mit der Platte bot er einen geeigneten Widerstand für beherzte Stöße. Ich keuchte und blickte voller Verlangen in Judes Augen. Ja, ich mochte Angel. Er war wundervoll.

»Dreh dich auf die Seite«, verlangte Jude.

»Nein«, keuchte ich, »bitte ... es ist so schön.«

Er lachte. »Ja, trotzdem. Komm, dreh dich!«

Ich tat ihm den Gefallen, und er legte sich hinter mich. Jude gab mir ein Kissen in die Hände und hielt mit seinem Arm meine Taille fest umschlungen. In der anderen Hand befand sich vermutlich sein Handy. Der glatte breite Ring, der meine intimen Muskeln leicht spannte, begann sanft zu vibrieren.

»Ich zeige dir jetzt nur, was ich mit dir machen kann. Aber du wirst nicht kommen!«

Als hätte ich es nicht gehört, stöhnte ich weiter erregt in seinen Armen. Ich hielt mich an meinem Kissen fest und plötzlich gesellte sich zu den leichten Vibrationen ein stechendes Knistern ... wie Blitze traf es meine Intimzone. Ich begann zu schreien, halb vor Schmerz, halb vor Lust, und hielt mir dabei selbst das Kissen vors Gesicht. Der Ring sandte elektrische Impulse aus, die immer stärker wurden und sich bald wie ein sprühender Funkenflug anfühlten. Ich riss mich von ihm los, drehte mich auf den Bauch und versuchte meine Schreie zu ersticken. Es kribbelte überall. Meine Fingernägel krallten sich in die Matratze, meine Beine schlugen abwehrend um sich ... Es hörte nicht auf! Ich schrie ... doch bald versagte meine Stimme. Und ich erschrak fast, als Jude das Gerät ausschaltete und es plötzlich still war.

Erschöpft lag ich auf dem Bauch, alles von mir gestreckt, und rang nach Luft. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und sah ihn neben mir sitzen. Jude nahm meine Hand in seine und wartete, bis ich mich erholt hatte. Dann griff er vorsichtig zwischen meine Beine und nahm mir Angel weg.

Kurze Zeit später kam er damit aus dem Bad, ich hatte mich im Bett bereits aufgesetzt. Jude legte Angel vor mich hin, gemeinsam mit der Samthülle. »Ich möchte, dass du mir jedes Mal eine SMS schickst, nachdem du ihn dir eingeführt hast. Du sollst mich darin bitten! Schreib mir vielleicht auch, ob du allein bist, damit ich weiß, wie weit ich gehen kann. Wir werden Angel vor David geheim halten – ich nehme an, das ist auch in deinem Interesse – ich werde dich nicht schreien lassen, wenn er zu Hause ist. Und beachte bitte die Zeitverschiebung. Wenn bei dir Vormittag ist, schlafe ich«, erklärte er mir und küsste mich zärtlich auf den Mund. »Zahira, wenn du ihn trägst, gehörst du mir. Eine Stunde lang. Du darfst dir vorstellen, ich würde dich lieben.«

Ich nickte. »Hat Angel eine Batterie?«, fragte ich und merkte dabei, dass meine Worte nahezu stimmlos krächzend aus meinem Mund kamen.

»Bist du heiser?«, fragte er.

Ich hustete. »Ja, ich glaube.« Es klang kaum besser als zuvor.

Jude lachte. Es amüsierte ihn königlich. »Entschuldige, ich stelle mir gerade vor, wie du das David erklärst.«

David! »Wie spät ist es?«, fragte ich erschrocken.

Jude sah auf die Uhr. »Halb acht. Ich denke, du solltest aufbrechen.«

»HALB ACHT? Ich wollte zu Hause sein, bevor er aufwacht!«, krächzte ich wieder tonlos.

»Warte, wegen der Batterie – lass mich zu Ende erklären – sie hält extrem lang, aber falls du sie wirklich mal austauschen musst, die untere Platte lässt sich abschrauben.« Er führte es mir kurz vor. »Und noch etwas: Angel hat eine Sicherheitsfunktion, er schaltet sich automatisch ab, wenn ich ihn zehn Minuten lang nicht bediene, falls ich vergesse. Bei den pulsierenden Elektroschocks gibt es eine Zeitgrenze von einer Minute.«

»Okay«, hauchte ich.

»Komm jetzt!« Er stand auf ... und ich suchte nach meiner Kleidung. Währenddessen erreichte mich die bittere Gewissheit, dass ich Jude jetzt endgültig verlassen würde. Und das schmerzte. Ich hasste es, in mein Kleid schlüpfen zu müssen. Jude ließ mich nicht aus den Augen, während er sich ebenfalls anzog. Er sah, dass ich meine Tränen unterdrückte, und nachdem ich Angel in meine Handtasche gepackt hatte, flüsterte er: »Ich begleite dich nach unten.«

Wir verließen das Hotelzimmer. Im Lift speicherte er seine Nummer in mein Handy. Auf dem langen Weg durch die Lobby legte er seinen Arm um meine Taille und ich merkte, dass es mich zwischen all den Menschen hier genauso stolz machte wie damals in Miami, als ich auf der Beach Promenade zum ersten Mal neben ihm gegangen war ... und wir uns vor bewundernden Blicken gar nicht hatten retten können. Wir waren tatsächlich ein schönes Paar.

Vor dem Hotel – nachdem er ein Taxi angehalten hatte – umarmte er mich noch einmal innig. Ich schmiegte mein Gesicht an seinen Hals und weinte. Es tat so weh, ihn verlassen zu müssen. Meine Lippen wanderten an sein Ohr und flüsterten ergeben: »Ich bete dich an ... ich sehe zu dir auf ... und du bist schon längst ... in meinem Himmel.«

Jude brauchte darauf nicht zu antworten, und er tat es auch nicht. Er lächelte fast unmerklich. Dann senkten sich seine Lippen gefühlvoll auf meinen Mund ... für einen letzten Kuss ... und weiterhin schweigend ließ er mich gehen.

Time of Lust | Band 2 | Absolute Hingabe | Roman

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