Читать книгу Prophezeiung - Melanie Baumann - Страница 5
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>> Sweetheart, endlich. Ich habe so lange auf dich warten müssen. << Preston steht vor mir und streckt seine Hände nach mir aus. Erleichtert gehe ich ihm entgegen. Wenn ich bei ihm bin, weiß ich, dass es den anderen gut geht.
>> Ich wollte schon früher kommen, tut mir leid. <<
>> Du musst dich nicht bei mir entschuldigen, du bleibst ab jetzt für immer. <<
Ach ja? Wahrscheinlich hat er recht. Wahrscheinlich ist es das Beste für alle, wenn ich wirklich bei ihm bleibe. So schlimm ist er eigentlich auch gar nicht, oder?
>> Wenn du bei mir bist, brauchst du dir keine Sorgen machen. Ich werde auf dich aufpassen, dir wird nichts geschehen und auch sonst niemandem. <<
Ist es nicht das, was ich wollte?
Das Bild ändert sich.
Wir befinden uns auf einem Feldweg und hinter mir sind meine Freunde, die mich mit hasserfüllten Augen ansehen. Warum? Was habe ich getan?
Vor mir tritt Preston einen Schritt zur Seite und hinter ihm kommt jemand zum Vorschein, den ich irgendwoher kenne, doch noch ist sein Gesicht nicht richtig zu erkennen.
>> Wenn du bei mir bist, kannst du deine Schuld wieder begleichen, ich lasse ihn gehen. Er wird dir verzeihen, genauso wie deine Freunde. <<
Meine Schuld? Was habe ich denn getan? Fragend wende ich mich der Gruppe hinter mir zu und erschaudere beim Anblick ihrer Gesichter.
>> Geh endlich, damit wir in Frieden leben können. <<
>> Seitdem du bei uns bist, hast du Leid verursacht. <<
>> Wenn du endlich verschwindest, kann ich wieder gesund werden.<<
Ihre Stimmen sind ein einziges durcheinander, doch ich höre jeden Vorwurf, den sie mir entgegenbringen und zucke zusammen, wie unter einem Peitschenhieb.
>> Ich wollte das nie. Es tut mir leid, bitte glaubt mir. << flehe ich, doch meine Stimme ist so leise, dass ich sie selbst kaum hören kann.
>> Du hast es nie gewollt. Dennoch ist alles nur wegen dir geschehen. << stichelt Preston und ich drehe meinen Kopf wieder in seine Richtung. Anscheinend ist er der Einzige, der mich gehört hat.
>> Aber ich wusste doch nicht… Ich konnte doch nicht ahnen das...<<
>> Es ist wegen dir geschehen. Du hast all dieses Leid über deine Freunde gebracht. Sieh sie dir genau an. << raunt er weiter.
Wieder wende ich mich um, statt das sie weiter versuchen mich nieder zu starren, sehe ich Tamara zusammengesunken, vor einem Körper knieen und höre wie sie jämmerlich weint. Der Körper vor ihr ist ganz weiß und Blut breitet sich um ihn aus. Mir wird schlecht.
Die anderen hinken, wie Zombies in meine Richtung. Sie haben tiefe Wunden und scheinen sich noch gerade so aufrecht zu halten. Sie wirken, wie aus einem Kriegsfilm. Auf einmal weiß ich, dass sie wegen mir so aussehen. Der Kopf des Jungen, der vor Tamara liegt, dreht sich zu mir und ich erkenne Maxwell. Sein Gesicht ist zu einer Grimasse verzerrt und auch aus seinem Mund tropft nun Blut.
>> Wenn du nicht wärst, würde es uns allen besser gehen. Du bist schuld an all dem hier. Du bist schuld, nur du! <<
Wieder verschwimmt das Bild vor mir und wir stehen in einem kargen Zimmer, mit Blick aufs Meer. Preston steht hinter mir und hat seine Arme um mich gelegt. Vorsichtig lehne ich mich an ihn und halte den Blick weiter geradeaus gerichtet.
>> Dein Verhalten ist in letzter Zeit genau das was ich von dir erwartet habe. Ich denke, wir können heute zusammen nach draußen gehen. <<
Nach draußen? Wie lange war ich schon nicht mehr draußen? Was meint er damit, mein Verhalten? Mein Bildnis spiegelt sich in der Fensterscheibe und ich erschaudere.
Ich sehe dünner aus. Meine Wangen wirken eingefallen und meine Augen liegen tief in meinen Höhlen. Darunter sind tiefe Schatten, die einen kränkelnden Eindruck hinterlassen und meine Haut ist übersät mit blauen Flecken.
Mein Gott, was ist nur mit mir passiert? Ich will nicht so aussehen. Ich will nicht bei ihm sein. Ich will das alles nicht!
Schweißgebadet schrecke ich aus einem wirren Traum auf und ringe um Atem. Mein Herz schlägt so heftig gegen meinen Brustkorb, dass es beinahe schmerzt. Neben mir bewegt sich etwas und ich springe entsetzt aus dem Bett, bis ich Lennox verschlafene Stimme neben mir höre.
>> Prinzessin? Alles klar? Hast du schlecht geschlafen? Du siehst ja schrecklich aus. Was ist denn passiert? <<
Ich sehe schrecklich aus? Oh nein, war das kein Traum? Aber wo ist dann Akira? Warum liegt Lennox neben mir im Bett? Was zur Hölle hat das alles zu bedeuten?
Panisch hechte ich ins Badezimmer bis ich schlitternd vor dem Spiegel zum Stehen komme.
Gott sei Dank. Ich sehe normal aus. Etwas blass vielleicht und noch immer prangen die Verfärbungen, der letzten Tage auf meiner Haut, doch das ist nichts im Vergleich zudem, was ich gerade gesehen habe.
>> Es war nur ein Traum, nur ein Traum, nur ein Traum.<<
>> Prinzessin? Was ist denn nur los mit dir? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen. Los komm, es ist mitten in der Nacht, lass uns wieder hinlegen. <<
Mitten in der Nacht?
>> Ich, ich habe nur schlecht geträumt. Wirklich schlecht geträumt. Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken. <<
Er kommt auf mich zu, drückt mich kurz an sich und schiebt mich vor sich her, bis wir wieder vor dem Bett stehen.
>> Ich kann mich gar nicht richtig erinnern, wann wir schlafen gegangen sind. << flüstere ich und runzle die Stirn, während ich in meinem Gedächtnis nach den entsprechenden Erinnerungen krame.
>> Du standst den ganzen Tag irgendwie neben dir. Es wundert mich nicht, dass du dich nicht daran erinnern kannst. <<
>> Willst du mir dann vielleicht erklären, wie es so weit gekommen ist? << frage ich auf das Bett deutend.
>> Ich dachte, es wäre dir lieber nicht allein zu sein. Du hast nicht besonders viele Reaktionen gezeigt. Aber wenn du willst, dass ich verschwinde dann… <<
>> Nein, nein bitte nicht. Bitte bleib bei mir, ich will nicht allein sein. << flehe ich ihn an und drehe mich sofort zu ihm um, um mich an ihn festzuklammern.
>> Schon gut, schon gut. Ich bleibe ja bei dir. Dieser Traum hatte es in sich, was? Willst du darüber reden? <<
Stumm schüttle ich den Kopf, ich bin noch nicht dazu in der Lage.
>> Du musst nicht. Lass uns hinlegen und noch etwas schlafen. <<
>> Ich weiß nicht, ob ich schon wieder einschlafen kann. << gestehe ich und schiebe mich unter die Decke. Lennox rutscht nach und legt die Arme um mich. Würde uns ein Fremder sehen, würde man wahrscheinlich denken, dass wir ein Pärchen sind. Akira würde ausflippen, wenn er uns so sehen könnte. Doch das kann er nicht, weil er von Preston festgehalten wird und wer weiß, welche Qualen er durchleiden muss. Das alles nur wegen mir, verdammt.
Keine Ahnung was schlimmer ist, die ständigen Selbstvorwürfe, die meine Nerven strapazieren oder der Albtraum von vorhin.
>> Quäl dich nicht so. Es wird alles gut, das habe ich dir doch versprochen. Colin, Jamie und Ian haben übrigens eine ihrer Nerdnummern abgezogen und den Standort von Preston ermitteln können. Leider sind wir uns ziemlich sicher, dass sich dort niemand mehr befindet. <<
Kaum, dass er die Worte ausgesprochen hat, richte ich mich auf und sehe ihn mit aufgerissenen Augen an.
>> Ihr wisst, wo er ist? Warum hast du mir das nicht gleich gesagt? Wir müssen dort hin, wir…<<
>> Nichts müssen wir. Bleib ruhig, ich habe doch gerade gesagt, dass wir uns sicher sind, dass sie nicht mehr dort sind.<<
>> Aber woher wollt ihr das denn wissen? Wir müssen dort hin. <<
>> Gavin hat eine Drohne hin geschickt, um genau das herauszubekommen und kein Lebenszeichen entdeckt. Dort ist niemand. <<
>> Na toll und jetzt? <<
Entmutigt lasse ich mich zurück sinke und stöhne frustriert auf.
>> Wir haben einen Plan. Noch sind wir nicht ganz fertig, aber solange sich dieses Stück Scheiße nicht gemeldet hat, haben wir noch etwas Zeit. Heute Nacht wird er das aber nicht tun, wir sollten jetzt wirklich schlafen. Ich bin Hundemüde und du kannst ebenso noch ein paar Stunden vertragen. <<
Obwohl ich nicht einschlafen will, fallen mir dank Lennox‘s abstruser schottischer Gute Nachtgeschichte, die er mir erzählt, bald die Augen zu. Als ich sie das nächste Mal öffne, graut gerade der Tag und das Bett neben mir ist leer. Müde reibe ich mir übers Gesicht. Insgeheim danke ich ihm dafür, dass er mich gezwungen hat, mich noch einmal hinzulegen.
Als ich in den Gastraum trete, fühle ich mich, wie in einer geheimen Einsatzzentrale. Die Gruppe ist vollzählig versammelt und während ein paar von ihnen noch dabei sind zu frühstücken, sitzen andere über einen Computer gebeugt und diskutieren, während wieder andere verschiedene Landkarten studieren. Henderson erblickt mich als erstes und zieht mich ungefragt mit sich.
>> Alles klar bei dir? Wie geht’s dir? <<
Was? Was ist denn mit ihm los?
>> Alles in Ordnung. Bei dir auch? <<
Er mustert mich eindringlich, klopft mir dann jedoch unbeholfen auf die Schulter und macht den Weg frei, sodass ich wieder zu den anderen gehen kann. Wenn das gerade nicht komisch war, dann weiß ich auch nicht. Es sah aus als würde er nach etwas suchen. Aber wonach? >> Guten Morgen. << richte ich mich an Lennox, der in kleiner Runde mit den Nerds zusammensteht. Als er mich sieht, grinst er über beide Wangen.
>> Habe mir schon gedacht, dass du es nicht lange ohne mich aushältst. <<
>> Idiot. <<
>> Am besten du nimmst dir erst einmal einen großen Kaffee und beißt in eines dieser wirklich vorzüglichen Sandwiches, Sonnenschein. << meint er und nickt den anderen zu, die sich wieder ihrem Gespräch widmen. Ich rühre mich nicht von der Stelle und sehe ihn auffordernd an. Er zieht mich an einen Tisch und bugsiert mich auf einen der freien Stühle. Als ich den Haufen Sandwiches erblicke, grummelt mein Magen ,der vollkommen beleidigt ist von dem Zwangsfasten und mir läuft das Wasser im Mund zusammen.
Lennox sieht mich mit großen Augen an und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er lädt drei Stück auf einen Teller, den er mir zuschiebt. Dann füllt eine große Tasse mit herrlich schwarzen Kaffee und sieht mich auffordernd an, als ich nicht zugreife.
>> Ich kann nicht. Ich will erst hören, was ihr ausgeheckt habt. << quengle ich, wie ein Kleinkind.
>> Ich sage dir erst was los ist, wenn du das Erste dieser Dinger verdrückt hast und wenn du nicht gleich loslegst, warte ich bis es zwei sind. Du hast gestern nichts weiter als dieses popelige Brot am Morgen gegessen und wir haben bereits darüber gesprochen, dass das wichtig ist. << sein Ton ist so streng, dass ich meine Finger nach dem Ersten ausstrecke und es widerwillig betrachte.
>> Ich esse und du redest. Deal? << versuche ich es und er lässt eines seine supersexy Grübchen sehen.
>> Na von mir aus, aber wenn du aufhörst, mache ich das auch. << droht er und ich glaube ihm. Sollte ich auch nur in Erwägung ziehen nach einem aufzuhören, verstummt er. Vier Sandwiches und drei Tassen Kaffee später, schwirrt mir der Kopf von all den Infos und ich habe das Gefühl, ich müsste zu Preston rollen. Laufen kann ich auf keinen Fall mehr.
>> Und ihr seid euch sicher, dass das klappt? << frage ich an Ian gewandt, der in der Hälfte, der Sandwichorgie zu uns gekommen ist.
>> Ja, noch einmal passiert so etwas nicht, versprochen.<<
>> Und denke daran, wenn Preston sich meldet...<<
>> Ja schon gut. Ich habe alles verstanden, nicht nötig, dass du dich wiederholst. <<
Um ehrlich zu sein habe ich die Hälfte seines Vortrags schon wieder vergessen, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass ich spontan viel besser reagieren kann.
>> Sollten wir nicht doch die Polizei einschalten? Er hat schließlich nichts dergleichen gesagt. <<
>> Sophie, wir sind hier nicht in einem Actionfilm. So etwas muss er nicht extra sagen. Außerdem hat uns die Polizei beim letzten Mal schon nicht geglaubt, wieso sollten sie es diesmal tun? << meint Henderson, der unsere kleine Runde gerade vergrößert hat.
>> Was machen wir, wenn er sich mit dem Flugzeug absetzen will? << frage ich an Ian gewandt.
>> Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, die Sender funktionieren auch dann. Außerdem haben wir dich schneller wieder bei uns, als du dir das vorstellen kannst. << sagt er zuversichtlich. Ich teile seinen Optimismus allerdings nicht so stark. Natürlich wäre es schön, wenn alles so klappt, wie wir das planen, aber man muss immer mit dem Unvorhersehbaren rechnen.
>> Mach dir nicht so sehr den Kopf darum, wenn wir Akira wiederhaben, holen wir dich sofort da raus. Wir lassen dich nicht allein, wir sind jede Sekunde an dir dran, versprochen.<< versucht mich Lennox noch einmal zu beruhigen und mir Mut zuzusprechen.
Mittlerweile ist es Neun Uhr durch. Preston hat sich noch immer nicht gemeldet und meine Nerven liegen schon jetzt blank. Diese vermaledeite Warterei macht mich fertig, dabei hat der eigentliche Teil meiner Arbeit noch gar nicht begonnen. Gerade als ich dabei bin, mir den nächsten Kaffee einzuschenken, regt sich mein Handy und ich blicke, wie jeder andere im Raum gebannt darauf. Es ist kein Anruf, sondern eine Nachricht. Eine Gott verdammte Nachricht. Mit wackeligen Beinen und angehaltenem Atem gehe ich darauf zu und rufe die Nachricht auf. Mom. Verdammt die Nachricht ist von meiner Mom. Mit geschlossenen Augen stoße ich die angehaltene Luft aus und lege das Gerät wieder auf den Tisch zurück, ohne ihr zu antworten und gebe Entwarnung.
Wie lange geht das noch so weiter? Ich muss hier raus, ich brauche frische Luft, und zwar schleunigst. Hier drinnen kann ich nicht klar denken. Lennox begreift, was ich vorhabe und signalisiert mir, dass ich nicht zulange draußen bleiben soll.
Kaum habe ich die Tür hinter mir geschlossen, sauge ich die Luft in meine Lungen und erst jetzt fällt mir auf, dass ich das Handy noch in der Hand halte. Ach was soll’s, wenn Preston tatsächlich jetzt anrufen will, kann ich immer noch schnell nach drinnen rennen. Auf der kleinen Bank hebe ich mein Gesicht in die Sonne, um die Wärme in mich aufzunehmen. Es ist angenehm, die Sonnenstrahlen auf meiner Haut zu spüren und ich richte mich noch etwas weiter auf. Prompt beginnt das vermaledeite Ding in meiner Hand zu vibrieren und zu klingen. Unterdrückte Nummer, Preston.
Verdammt, verdammt, verdammt.
Das kann doch nicht wahr sein.
Panisch renne ich auf die Tür zu, doch bevor ich sie erreiche, verstummt der Ton und es liegt wieder still in meiner Hand.
>> Was zur.…? << verwirrt sehe ich auf das Gerät und gehe langsam wieder zurück zur Bank.
Ja es wäre sinnvoll gewesen erst Bescheid zugeben, aber ich bin auch nur ein Mensch und wenn ich irgendetwas aus meinen Fehlern gelernt habe, dann das ich meine Freunde nicht weiter mit in die Sache hineinziehen darf. Langsam gehe ich zurück und setze mich wieder auf die Bank. Wie auf Kommando beginnt das gleiche Spiel und ich hetze zur Tür.
Schwupp, es verstummt.
Was soll das?
In meinem Nacken spüre ich ein unheilvolles Kribbeln und mir richten sich die Haare zu Berge. Werde ich beobachtet?Langsam kehre ich zurück, setze mich zum wiederholten Mal und prompt setzt das Klingeln wieder ein. Ich sehe mich um, doch ich kann niemanden entdecken also tue ich, was unvermeidbar scheint und schiebe den grünen Hörer zur Seite.
>> Ahh, Sweetheart, ich bin ein wenig enttäuscht von dir. Es hat gerade begonnen Spaß zu machen, aber ich weiß ja, dass du nicht auf den Kopf gefallen bist. <<
Fuck.
>> Wo bist du? <<
Ich werde also doch beobachtet, wie sonst…?
>> Meinst du, nur ihr könnt dieses Spiel spielen? Auch ich kann mit dem, was die Technik alles zu bieten hat, umgehen. Ich wusste nur nicht, ob du direkt dran bist. Ich habe wohl einfach nur Glück gehabt, nicht wahr? <<
Damit hat sich meine Frage erübrigt.
>> Ich will Akira sprechen. << verlange ich so ruhig, wie möglich und kralle mich an der Bank fest, um Halt zu finden.
>> Na, Na, Na. Wer wird denn da so ungeduldig sein? Aber was soll’s, du wirst mir bald einige Gefallen erweisen, dann kann ich dir diesen einen auch gönnen.<< höre ich ihn sagen und eine Gänsehaut ergreift mich. Allein seine Worte führen dazu, das sich die vier Sandwiches bemerkbar machen. Ich höre, wie Preston ein paar Worte mit jemanden tauscht, bevor er sich wieder an mich wendet.
>> Ich gebe dir eine Minute. <<
>> Sophie? <<
Er ist es, oh mein Gott, er ist es wirklich.
>> Akira? Sag mir, wo wir das erste Mal allein waren. << stelle ich sofort die erste Frage, sowie Lennox es mir eingebläut hat, um sicher zu gehen, dass er es auch wirklich ist. Anscheinend hat sich seine Predigt doch irgendwie in meinem Hirn manifestiert.
>> Am See. Sophie du darfst dich nicht, darfst dich nicht auf Preston einlassen, er... <<
>> Akira? Akira? Hallo? <<
Ich höre einige Geräusche, kann sie jedoch nicht einordnen.
>> Hallo? << versuche ich es, doch wieder ist keine Stimme zu hören.
Jetzt oder nie.
Im Turbogang lasse ich das Handy auf dem Holz liegen, renne zur Tür, reiße sie auf und schreie nach Lennox. Danach renne ich wieder zurück und drücke mir das Gerät wieder ans Ohr.
Scheiße, die Verbindung ist weg.
Nein, nein, nein, nein.
Hat Preston aufgelegt nachdem ich nicht mehr reagiert habe?
Hat er gehört, wie ich nach Lennox gerufen habe?
Oder wurde die Verbindung einfach so unterbrochen? Vielleicht bin ich auch auf den Hörer gekommen, ohne es zu bemerken.
Verdammt, verdammt, verdammt.
Lennox kommt gerade aus der Tür geschossen, als es in meiner Hand wieder beginnt zu klingeln und zu vibrieren.
>> Bleib ruhig Prinzessin, wir haben es mitbekommen. Die Jungs sind schon an der Ortung dran. << erklärt er, während ich den grünen Hörer bereits zur Seite schiebe.
>> Sweetheart, es tut mir leid, dass wir unterbrochen wurden. Ich musste erst etwas mit deinem Herzblatt klären. Er ist jetzt etwas unpässlich, somit ist eure Gesprächszeit vorbei. <<
>> Was hast du mit ihm gemacht? Ich will ihn sprechen. << herrsche ich ihn an.
>> Nicht doch. Wie gesagt, geht’s gerade nicht, aber ich werde ihm deine Grüße ausrichten, versprochen. Wir sollten erstmal zum geschäftlichen Teil übergehen, meinst du nicht?
Ihr wart gestern recht schnell bei meiner letzten Bleibe, daher musste ich warten, bis das Handy sich bewegt und ich dich möglichst allein antreffe. Der Zufall wollte es wohl so, oder sollte ich Karma sagen?<<
>> Labberst du eigentlich immer soviel? Ich habe dich irgendwie schweigsamer in Erinnerung. <<
>> Ich freue mich schon darauf, dir solche Worte auszutreiben. Du wirst schon noch darum betteln, dass ich rede, statt zu handeln. <<
>> Um betteln zu können, muss ich erst einmal bei dir sein, doch du bist ja nicht bereit dazu mir zu verraten, wo ich hinsoll. <<
Woher kommt plötzlich dieser aufmüpfige Mut?
Gerade eben hatte ich noch einen Knoten im Magen, der dafür gesorgt hat, dass ich kurz davor bin mich zu übergeben und nun provoziere ich ihn derart.
>> Dazu komme ich gleich, erst wollte ich noch… <<
>> Nein, du brauchst gar nicht weiterreden. Ich habe einige Forderungen, die du zu erfüllen hast, sonst bleibt es bei deiner Vorfreude. <<
>> Natürlich hast du die, ich bin gespannt darauf zu hören, was du und deine kleinen Freunde sich ausgedacht haben. Eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass du mit deiner Freundin am Bett dieses Losers sitzen würdest, um sie zu trösten. Das alles ist nur geschehen, weil du nicht den Mumm hattest, zu mir zu kommen. Vielleicht irre ich mich ja und ihr seid gar nicht so eng befreundet. <<
>> Es war deine Schuld Preston, nicht meine. Du hast die Waffe gehabt, du hast geschossen, nicht ich. <<
Meine Stimme ist noch immer ganz ruhig, doch innerlich schäume ich vor Wut. Wieder hat er es geschafft mir Schuldgefühle einzureden. Ich könnte mich dafür Ohrfeigen, dass ich immer wieder auf ihn hereinfalle. >> Schätzchen, du solltest zu dem stehen, was du getan hast oder besser nicht getan hast? Ich habe den Abzug betätigt ja, aber aus welchem Grund? Du hast dich versteckt. Du hast dich nicht um deine Freunde gekümmert und du hast zugelassen, dass sie sich für dich opfern. <<
Mir bleiben die Worte im Hals stecken und ich schnappe nach Luft. Hat er Recht? Bin ich doch an allem schuld? Sollte ich die anderen außen vorlassen?
>> Ich würde mir ja überlegen, was ich als Nächstes mache. Ich meine, willst du wirklich noch mehr deiner Freunde auf dem Gewissen haben? Ich handle nur, wenn ich gezwungen werde, weißt du? Ich mache das gar nicht, weil es mir Spaß macht, sondern nur weil ich muss und ich muss, wenn du nicht auf mich hörst. <<
Wie krank ist er eigentlich?
Lennox deutet mir an, dass ich weitersprechen soll und ich sehe unwillkürlich in seine Augen, wobei mir der Gedanke kommt, dass Preston auch auf ihn schießen könnte.
>> Ich habe Forderungen. << wiederhole ich mit erstickter Stimme und ich weiß, dass ich nicht im Entferntesten so sicher rüberkomme, wie gerade eben noch.
>> Na dann leg mal los Sweetheart. Ich bin ganz Ohr. <<
>> Erstens verlange ich von dir, dass Akira mit mir ausgetauscht wird. Zweitens will ich mit ihm reden, bevor ich zu dir komme und Drittens gibt es keine Waffen beim Austausch. Archie bleibt im Wagen und die Türen, wie auch die Fenster bleiben geschlossen. << ende ich so überzeugend, wie es mir möglich ist.
Seine Antwort ist ein Lachen. Ein Lachen. Unsicher schaue ich aufs Display. Ist das sein Ernst?
>> Und wenn ich die Forderungen ablehne? Was willst du tun? Deinen Freund bei mir lassen? Das glaubst du doch selbst nicht, aber von mir aus. Ich akzeptiere. Allerdings habe ich auch zwei Forderungen an dich. Du lässt dein Handy zuhause und du wirst nur von einer Person begleitet. <<
>> Nein, zwei. Ich werde von zwei Leuten begleitet, für einen ist es zu schwer Akira zu versorgen und ein Fahrzeug zufahren. Im Gegensatz zu ihm, bin ich schließlich in der Lage mich eigenständig zu bewegen. <<
>> Ja, noch. Von mir aus zwei, aber mehr nicht. Wenn ich in der Nähe auch nur eine weitere Person aus deinem Dunstkreis erblicke, breche ich deinem Freund eigenhändig das Genick.<<
Wieder rumort es in meinen Eingeweiden und wieder habe ich vor Augen, wie ich in meinem Traum ausgesehen habe. Ob es tatsächlich ein Traum war? Vielleicht war es ja auch eine Vorhersehung.
>> Du musst mir nicht drohen. <<
>> Ich drohe nicht Sweetheart, ich verspreche. <<
Mit diesen Worten legt er auf und ich fühle mich wackelig auf den Beinen. Um mich herum dreht sich alles. Sofort stürzt Lennox zu mir, um mich zu stützen und ich bin froh nicht allein zu sein. Er schiebt mich bis zu der kleinen Bank, damit ich mich setzen kann. Wirklich besser geht es mir dadurch jedoch nicht.
Scheiße, ich glaube nicht, dass unser Plan für dieses kranke Hirn ausreicht.
>> Wir schaffen das Prinzessin, denke immer daran. Du bist nicht allein, wir sind alle bei dir. <<
Genau das ist es, was meine Ängste nur noch weiter befeuert. Ist es nicht das, was auch Preston mir prophezeit hat?