Читать книгу Von Flammen & Verrat - Melanie Lane - Страница 14
ОглавлениеKAPITEL 9
Ich schlüpfte aus dem Raum und folgte der anderen Frau in den Korridor hinaus. Sie führte mich ein paar Türen weiter in einen ebenso renovierungsbedürftigen Raum, wie den, in dem die anderen auf mich warteten. Wahrscheinlich ein Gästezimmer, dachte ich, und inspizierte meine neue Umgebung beiläufig. Dann drehte ich mich zu der Dienstmagd um. Jetzt wurde es interessant. Scio hatte mir Hilfe versprochen, allerdings war er in seiner Ausführung äußerst vage geblieben. Da ich jedoch nicht hier rumlaufen und aktiv nach Hilfe suchen konnte – was sollte ich auch sagen? Hallo, hat einer von euch Lust euren König zu verraten? – musste ich es so probieren.
»Wie lautet dein Name?«
»Maeve, Hoheit.«
»Maeve«, wiederholte ich ihren Namen. Hübsch. »Bist du loyal gegenüber Narcos?«, kam ich direkt zum Punkt.
»Wa-as?« Schockiert sah sie mich an. Die hellgrauen Augen dabei ein starker Kontrast zu ihren blauen Haaren. »Ich verstehe nicht, Hoheit …«
Während die Najade sichtlich um Fassung rang, erinnerte ich mich an Scios Worte, die Olli mir mit auf den Weg gegeben hatte. Da die Gelehrten einen Hang dazu hatten, sich äußerst dramatisch auszudrücken, hatte ich mir nur die wichtigsten Details abgespeichert: Najade. Palast. Kreisförmige Narbe. Grimmoire. Abhauen.
Die ersten zwei Punkte konnte ich bereits abhaken.
»Hast du irgendwelche Narben am Körper?« Auch diese Frage schien sie zu überraschen.
»Ich verstehe nicht ganz …«
»Narben«, wiederholte ich und verbannte die Ungeduld aus meiner Stimme.
Maeve räusperte sich leise. »Ja, ich … es gab einen Zwischenfall vor etwa zehn Jahren. König Narcos war unzufrieden mit mir. Als Bestrafung hielt er meine Hände über die blauen Flammen der Chrona.«
Ihre Geschichte lenkte mich für einen kurzen Augenblick von meiner eigentlichen Mission ab. Scio hatte zwar vorhergesehen, dass ich auf eine verbündete Najade treffen würde, aber sollte das Schicksal mir so wohlgesonnen sein, dass es sich dabei direkt um Maeve handelte?
»Die Flammen der Chrona?«
»Die heiligen Quellen tief in den Sümpfen«, erklärte sie. »Ganze Seen und Wasserfälle aus flüssigem Feuer. Die Flammen der Chrona sind mächtig und dienen unserem Volk seit Jahrhunderten als Wegweiser. Früher waren sie ein beliebtes Ziel bei Pilgern aller Welten, die Antworten auf Fragen suchten, oder Antworten auf Fragen hatten, die noch nicht gestellt worden waren. Die Flammen boten Wissen und Geleit.« Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich als sie ihre Handflächen nach oben drehte und mir die wulstigen Narben darauf präsentierte. »Narcos infiziert nicht nur Thalos mit seiner Machtgier und seinem Hass, er hat auch einen Weg gefunden, die Flammen der Chrona gegen uns zu verwenden.«
Wie gebannt starrte ich für einen Moment auf Maeves Handflächen. Sie war es. Heilige Balance … und danke, Scio!
»Ich habe nicht viel Zeit, Maeve«, begann ich und griff nach dem Arm der Najade. Wer wusste schon, wie lange Narcos brauchte, um uns anzugreifen? »Bist du loyal gegenüber deinem Herrscher?«, fragte ich sie erneut.
»Ich weiß nicht, was Ihr meint, Hoheit …«
»Dann sage ich dir, was ich vorhabe«, erwiderte ich leise und setzte damit alles auf eine Karte. Wieder einmal. Aber Maeve besaß die passenden Narben und ihre Geschichte hatte mich tief berührt. Ich musste Scio und dem Schicksal vertrauen. Mit großen Augen hörte Maeve mir zu, als ich ihr meinen Plan erklärte. Nachdem ich geendet hatte, ließ sich die Najade sichtlich schockiert auf einem der halb zerfledderten, plüschigen Sofas nieder.
»Ihr … meint Ihr das ernst?«
»Absolut.«
Für einen kurzen Moment dachte ich, sie würde wegrennen oder gar in Ohnmacht fallen, dann aber riss sie sich sichtlich zusammen und stand auf. In einer entschlossenen Geste strich sich Maeve die blauen Haare aus der Stirn und atmete tief durch.
»Meine Loyalität liegt bei Crinaee und meinem Volk. Nicht bei Narcos.«
Genau das hatte ich gehofft zu hören. Und es erleichterte mich ungemein. Ich hätte die Najade nur ungern verletzt oder gar Schlimmeres. Maeve schien auf den ersten Blick eine aufrichtige Person zu sein. Davon gab es in Thalos laut meiner Begleiter nicht mehr viele.
Danke, Scio.
»Was kann ich tun, um zu helfen?«
»Bring mich in die Bibliothek, den Rest mache ich.«
Ich erläuterte ihr meinen Plan ein weiteres Mal im Detail. Maeve nickte und ihre Augenfarbe wechselte von Hellgrau zu Weiß. Es war das erste Mal, dass ich eine geborene Najade sah und jetzt wusste ich, warum Duncan sie als ätherisch schön, aber gruselig beschrieben hatte. Obwohl Maeve eine durchaus attraktive Frau war, waren die weißen, leeren Augen mehr als gewöhnungsbedürftig.
»Falls du einen Platz suchst, an dem du in Sicherheit bist, bis all das hier vorbei ist, dann komm nach Arcadia«, wies ich sie an, als wir uns auf den Weg machten. »Frag nach Oliver, Cora oder Alina. In meinem Zuhause wird stets ein Platz für dich sein.«
Beinahe feierlich nickte sie.
»Ich werde mich daran erinnern«, sagte sie, »aber mein Zuhause ist hier. Ich möchte bleiben. Insbesondere jetzt, da es Hoffnung gibt.«
Hoffnung, erkannte ich, war für uns alle die treibende Kraft. Für mich, Olli, Alina, Scio … wir alle hofften auf eine bessere Zukunft. Und genau deswegen war ich hier.
Gemeinsam mit Maeve schlich ich mich den erstaunlich leeren Korridor entlang, bis der Weg sich vor uns gabelte.
»Wieso sind hier keine Wachen?«, flüsterte ich und sah mich nach allen Seiten um. Seit ich den sogenannten Salon verlassen hatte, hatte ich keine einzige Wache mehr gesehen. Oder andere Bedienstete. Der Palast war wie ausgestorben.
»Narcos ist äußerst paranoid«, erklärte Maeve mir flüsternd. »Er duldet nur eine Handvoll Wachen und Bedienstete um sich herum und in ganz Thalos. Die meisten Unsterblichen haben Thalos kurz nach Narcos Eroberung verlassen und sich in Crinaee verstreut oder Zuflucht in einer der anderen Welten gesucht.«
»Wieso du nicht?«
»Ich kenne nichts anderes, Hoheit. Dieser Palast ist mein Zuhause, ich bin hier geboren und diene dem Herrscher von Crinaee, seit ich denken kann.«
»Sah es schon immer so … heruntergekommen aus?«
Alles in allem wirkte der Palast absolut verwahrlost. Wahrscheinlich, weil niemand mehr hier war, der sich darum kümmerte. Oder um Thalos generell. Ich hatte die berühmte Hauptstadt Crinaees noch nicht gesehen, da sie hinter dem Palast – und nicht unter der Erde – lag, aber ich bezweifelte sehr, dass Narcos uns passieren lassen würde. Ich vermutete stark, dass es in ganz Thalos ebenso traurig aussah, wie hier.
»Oh nein.« Maeve schenkte mir ein rasches Lächeln und bedeutete mir, ihr zu folgen. Wir bogen nach links ab und eilten einen weiteren, nur schwach beleuchteten Korridor entlang. Auch hier schlängelte sich ein kleiner Bach über den Boden, bis er hinter einer der zahlreichen Türen verschwand.
»Thalos und sein Palast waren einst berühmt für ihre Einzigartigkeit und Schönheit. Es gibt viele Geschichten über uns Najaden oder die Nymphen, die hier hauptsächlich lebten, aber Hoheit, wir sind nicht alle hinterhältig und voller List. Geboren mit wenig bis gar keiner Magie, waren die Unsterblichen in Crinaee stets stolz auf ihren Intellekt sowie ihre Heimat und den Ertrag, den sie uns zum Handeln schenkte.«
Oh, ich wusste, dass viele beliebte Rohstoffe und Handelswaren aus Crinaee kamen. Drake war ihr bester Abnehmer. Aber einst hatte Crinaee mit mehr gehandelt als nur mit Lebensmitteln, Palmenblättern oder dem wertvollen Holz der cruja Bäume. In den Büchern, die Olli und ich gewälzt hatten, war von heilenden Quellen und besonderen Pflanzen die Rede, die tief in den Sümpfen von Crinaee wuchsen und bei den anderen Welten für seltene Zauber äußerst beliebt gewesen waren.
»Wir sind da«, flüsterte Maeve und riss mich damit aus meinen Gedanken. Der Weg hatte nur wenige Minuten gedauert und ich war dankbar für ihre Effizienz. Denn auch wenn die Männer mich alleine hatten gehen lassen, bezweifelte ich nicht, dass sie mir ein gewisses Zeitfenster einräumten, ehe sie es nicht mehr aushielten und mich holen kamen.
Maeve öffnete die Tür vor uns. Sie quietschte leise und unbemerkt schlüpften wir in jenen Raum, den ich gesucht hatte. Die Bibliothek. Anders als im Rest des Palasts war das Klima hier nicht feucht und heiß, sondern staubig und trocken. Der Raum war dunkel und vor den großen Fensterfronten, die einst einen tollen Ausblick geboten haben mussten, waren Erde, Dreck und Dschungel zu erkennen. Es war offensichtlich, dass schon lange niemand mehr zum Studieren hier gewesen war.
»Wo ist es?«
»Versteckt«, antwortete Maeve grinsend, »aber keine Sorge, Hoheit. Ich kenne diesen Palast besser als Narcos selbst.«
Auf Zehenspitzen trat sie vor und betätigte einen kleinen schalterartigen Gegenstand. Magisches Feuer erhellte die zahlreichen Fackeln der Bibliothek und bestätigte meinen ersten Eindruck. Düster, staubig und verlassen. In Narcos Thronsaal war es mir nicht allzu sehr aufgefallen, aber hier, in der Bibliothek, konnte man wahrhaftig erkennen, dass der Palast versunken war. Unter der Erde und versteckt vom dichten Blätterkleid des Dschungels. Schutt und Dreck bedeckten den Boden und Maeve blickte mich entschuldigend an.
»Ihr hättet es einst sehen sollen. Es war wunderschön.« Dass sie das Bedürfnis verspürte, sich mir gegenüber zu rechtfertigen, schmerzte mich, aber dafür hatten wir keine Zeit.
»Das vesti rammat«, flüsterte ich. »Wo ist es, Maeve?« Ich durfte mich nicht ablenken lassen. Ich brauchte das Grimoire und dann mussten wir hier verschwinden. Schnell.
»Natürlich, Hoheit.« Maeve schloss die Augen und tastete sich blind an einer der endlosen Bücherwände entlang, bis … Klack. Mit einem triumphierenden Lächeln öffnete sie die im Bücherregal versteckte Tür.
Ein kleiner Wasserfall, den ich bis jetzt nicht einmal gehört hatte, floss an der nackten Steinwand der kleinen, geheimen Kammer herunter. Und dort, inmitten des Wassers, schwebte es. Das Grimoire. Das heiligste Buch Crinaees, das alle Geheimnisse dieser Welt und seiner Bewohner beinhaltete. Insbesondere deren Blutlinien, die durch uralte Magie wie ein Stammbaum bei jeder Geburt und jedem Tod in Crinaee ergänzt wurden. Auch die königlichen Blutlinien. Grinsend trat ich näher.
»Können wir es einfach herausnehmen?«
»Ihr nicht«, erwiderte Maeve ruhig, »aber ich. Mit ein wenig … List.« Maeve grinste und zeigte mir die gleiche Reihe spitzer Zähne, die ich auch bei Narcos bemerkt hatte. Ohne zu zögern, griff sie in das Regal neben sich und zog ein ähnlich großes Buch heraus. Ihre Augen begannen weiß zu glühen, als sie ihre Hand auf den dicken Lederumschlag des Buches legte und zu murmeln begann. Das Grimoire hinter ihr begann zu leuchten und kleine, weiße Blitze ließen den Buchschnitt und den Lederumschlag pulsieren, als wäre es lebendig. Neugierig beobachtete ich sowohl das Grimoire als auch die Najade.
»Kommen die von dir?«, fragte ich und Maeve wandte sich zum Wasserfall um.
»Die Blitze? Oh, nein, Hoheit. Das ist das Grimoire. Während wir uns unterhalten, wird in Crinaee Leben genommen und gegeben. Das Grimoire erfasst alles, es weiß alles«, ergänzte Maeve und hob ihre Hand. »Haltet das.« Sie drückte mir das schwere Buch in die Hand. Dann sah sie auf. »Das vesti rammat ist an diesen Wasserfall gebunden. Das Wasser versorgt es mit allen Informationen unserer Welt. Wasser ist Leben. Es ist in allem«, erklärte sie mir. »Im Boden, den Pflanzen, den Sümpfen und der Luft. Ohne dieses Wasser, könnt Ihr das Grimoire nicht bewegen, es würde zu Staub zerfallen und nutzlos werden.«
Danke, Scio, für diese fehlende Information.
»Aber du kannst es dennoch herausnehmen?«
Maeve nickte. »Ich werde ein wenig des Wassers an das Grimoire binden. Ein einfacher Fluch«, murmelte sie. »Wenn ich jetzt sage, dann reicht Ihr mir das andere Buch.« Sie musterte mein Outfit. Die enge Hose, meine Lederjacke und die Waffen an meinen Oberschenkeln sowie an meinem Rücken. »Wie wollt Ihr es transportieren?«
Ich zog einen kleinen Stein aus der hinteren Tasche meiner Hose und zeigte ihn Maeve. Ein Runenstein, den Olli mir besorgt hatte.
Sie nickte. »Ein Verkleinerungszauber, sehr gut.« Sie drehte sich um und trat mitten in die kleine Kammer und damit auch direkt in den Wasserfall hinein. Anstatt sie jedoch zu durchnässen, wie es wahrscheinlich bei mir der Fall gewesen wäre, floss das Wasser anmutig um sie herum. Fasziniert sah ich dabei zu, wie ihre Handflächen zu leuchten begannen und der vorher kaum wahrnehmbare Schimmer ihrer weißen Haut stärker wurde. Aber Wasserwesen besaßen keine Magie, hm? Wie hatten die Engel mit diesem ignoranten Denken bloß zur herrschenden Spezies werden können?
Wenige Sekunden später schnappte Maeve sich das Grimoire und drehte sich zu mir um. »Jetzt.«
Ich reichte ihr das andere Buch und vorsichtig ließ sie es in den Wasserfall gleiten, bis es an genau der gleichen Stelle schwebte, an der zuvor das Grimoire gewesen war. Dann drehte sie sich um, schloss die Kammer und hielt mir das heiligste Buch Crinaees entgegen. Unter der dünnen Wasseroberfläche, die das Buch jetzt wie eine zweite Haut umhüllte, konnte ich sie immer noch erkennen, die kleinen weißen Blitze.
»Nur ein Unsterblicher, in dessen Adern Blut aus Crinaee fließt, kann es öffnen.«
Nickend griff ich nach dem Grimoire und platzierte den kleinen Runenstein auf dem Buch. Damit konnte Scio sich beschäftigen. Ich war dafür verantwortlich, es zu besorgen, er würde es lesen. Aber erst einmal musste ich das Grimoire aus Crinaee herausbekommen.
»Daun izu«, flüsterte ich und beide sahen wir dabei zu, wie das Grimoire in dem daumennagelgroßen Runenstein in meiner Hand verschwand.
»Es wird nicht lange unentdeckt bleiben, dass das Buch fehlt, Eure Hoheit. Der Fluch ist nicht besonders stark und verliert rasch an Wirkung. Der Wasserfall wird erkennen, dass ich ihn getäuscht habe. Ihr solltet Crinaee so schnell wie möglich verlassen.«
Dankbar griff ich nach ihrer Hand.
»Wirst du Probleme bekommen?«
Maeve schüttelte den Kopf bis ihre hübschen, blauen Haare flogen.
»Narcos ist zu arrogant, als dass er glauben würde, jemand Internes hätte ihn hintergangen. Daher wird sich alle Wut auf Euch und Eure Mitreisenden konzentrieren.«
Und so war es mir auch lieber. Immerhin hatte ich eine Gruppe aus Elite-Kriegern im Schlepptau.
»Geht, Hoheit. Rasch!«
Aus einem Impuls heraus trat ich vor und umarmte Maeve.
»Danke, Maeve. Ich werde nicht vergessen, was du heute für uns und Crinaee getan hast.«
Maeve erwiderte meine Umarmung fest.
»Die Geschichten über Euch stimmen. Ich werde Eure Vision verbreiten, Hoheit. So gut ich es kann.«
»Ich danke dir von Herzen, Maeve.«
»Und jetzt geht, bitte.«
Das musste sie mir nicht noch einmal sagen.
Alleine trat ich auf den dunklen Korridor hinaus. Einmal links, zweimal rechts, erinnerte ich mich, als ich schnellen Schrittes den Weg zum Salon zurücklegte. Maeve blieb zurück und ich hoffte inständig, dass sie wirklich keine Probleme bekommen würde.
Nicht einer einzigen Wache begegnete ich auf meinem Weg zurück und selbst Curio lungerte nicht mehr vor unserer Tür herum. Ein mulmiges Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Etwas passierte hier. Etwas, das nichts mit dem Grimoire zu tun hatte. Leicht außer Atem verstaute ich den wertvollen Runenstein in meinem BH und öffnete die Tür zum Salon. Dreizehn Augenpaare blickten mir gespannt entgegen. Die Hände an den Waffen atmeten sie erleichtert auf, als sie mich sahen.
»Heilige Balance, Lilly.« Mein Bruder rollte angespannt mit den Schultern.
»Dieser Ort gefällt mir nicht«, murmelte King und tauschte einen Blick mit Lucan.
Der Runenstein presste sich gegen die weiche Haut meiner linken Brust und ich konnte King nur zustimmen. Dieser Ort gefiel mir auch nicht. Ganz und gar nicht.
»Wir sollten gehen.«
»Was?«
»Ist das dein Ernst?«
»Wir sind doch eben erst angekommen.«
Nick und Malik protestierten und auch die Wachen meiner Garde sahen mich an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank. Die Assassinen hingegen spürten die plötzliche Dringlichkeit der Situation. Lucan griff nach seinem Katana und erhob sich.
Wir sollten gehen, Lucan. Jetzt. Wieso?
»Spürst du das nicht?«, wandte Duncan sich an Malik. »Etwas wird passieren …«
»Ein Kampf liegt in der Luft«, bestätigte Alex düster.
Prinzessin?
»Es würde mich nicht wundern, wenn Narcos in diesem Moment seine Armee organisiert.«
»Dann können wir ja jetzt los«, versuchte ich es erneut und ignorierte Lucans mentale Frage.
»Ich finde, wir …«
»Wir müssen weg, sofort!«, schrie ich Nick an. Nicht nur er starrte mich daraufhin fassungslos an.
»Was ist hier los?«, verlangte Nick zu wissen.
»Ich habe keine Zeit, mich zu erklären«, rief ich und fummelte nervös an den Oberschenkelholstern meiner Waffen herum. »Aber können wir jetzt bitte gehen?«
»Wir teilen uns auf«, übernahm Lucan das Kommando. Wenigstens einer schien zu verstehen, wie ernst es mir war. Oder wie ernst unsere Lage jeden Moment werden konnte.
»Wir gehen mit der Prinzessin. Malik, du und deine Männer, ihr beschützt den Prinzen.«
Malik begann erneut zu protestieren, aber es blieb keine Zeit. Und das schienen jetzt auch er und Nick zu spüren. Die Atmosphäre im Raum veränderte sich. Wir alle griffen nach unseren Waffen, bereit, uns den Weg nach draußen zu erkämpfen, wenn nötig.
»Nick«, Malik packte meinen Bruder am Arm und zog ihn dicht neben sich. »Du bleibst bei uns.« Es war durchaus sinnvoll, dass wir uns aufteilten. Falls dem einen etwas passierte, gab es wenigstens noch einen anderen lebenden Callahan Erben. Aber soweit wollte ich jetzt nicht denken.
»Sei vorsichtig, Schwester.«
»Du auch, Bruder.«
Lucan wandte sich an Malik. »Raus aus dem Palast und rein in den Dschungel. Wenn wir uns nicht finden, nehmt ein Portal und verschwindet.«
Malik sah aus, als würde er mir den Hals umdrehen wollen, aber er nickte. Ich konnte mir jedoch gut vorstellen, dass ich die Geduld meines Generals mit diesem Stunt endgültig ausgereizt hatte.
Er warf mir noch einen letzten langen Blick zu, ehe er sich abwandte und gemeinsam mit Nick und seinen Männern durch die Tür verschwand.
»Wir nehmen die andere Richtung«, befahl Lucan seinen Männern und griff nach meinem Arm, so wie Malik es bei Nick getan hatte. Schatten umhüllten uns, als wir die leeren Korridore des Palastes entlang nach draußen eilten.