Читать книгу Heil mich, wenn du kannst - Melanie Weber-Tilse, Alisha Mc Shaw - Страница 6

Prolog

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Das Klirren der aneinanderstoßenden Gläser holte Juliette aus ihren Gedanken heraus. Lächelnd schaute sie zu dem Mann, an dessen Seite sie die letzten fünf Jahre verbracht hatte.

»Auf Juliette Franklin. Die Frau, die mir wohl die letzten Jahre das ein oder andere Mal das Leben gerettet hat, wenn ich wieder wichtige Termine vergessen hatte«, er zwinkerte ihr zu. »Vor allen Dingen, wenn es der Geburtstag oder Hochzeitstag war.«

Juliette lachte auf und prostete ihm und der Frau zu, die er fest in seinem Arm hielt.

»Oh ja, da muss ich meinen Mann zustimmen«, die ältere Frau lächelte Juliette liebevoll zu. »Juliette hat ihm immer wieder aus der Patsche geholfen. Aber nun werde ich es genießen, wenn ich David für mich alleine habe und ihn nicht mehr mit seiner Sekretärin teilen muss.«

Die lockere Runde lachte auf und Juliette wurde das Herz schwer. Fünf Jahre arbeitete sie als Sekretärin in der Thompson Holding und war von Anfang an für David White zuständig gewesen. Der ältere Mann war immer zuvorkommend, ruhig und liebevoll gewesen und war die letzten Jahre zu einer Vaterfigur geworden. Unauffällig wischte sie die Tränen aus den Augen und prostete den beiden älteren Menschen zu. Auch Whites Frau war immer sehr herzlich mit ihr umgegangen und hatte sich bei ihr regelmäßig für die Aufmerksamkeiten bedankt, die Juliette für ihren Mann besorgt hatte, wenn er mal wieder den Geburtstag seiner Frau vergessen hatte.

Oft hatten die beiden Frauen miteinander gelacht und Jane, wie sie hieß, hatte Juliette immer wieder ihre Hilfe angeboten. Jane war die Einzige in der Firma, die wusste, was für ein Päckchen Jules privat zu tragen hatte. Dass jetzt Mr. White in den Ruhestand ging, ließ sie selbst mit einem weinenden und einem lachenden Auge zurück. Einerseits freute sie sich für die beiden, die nun endlich die Reisen antreten wollten, die in den letzten Jahren aufgrund des Berufes kaum möglich waren, andererseits hatte Jules davor Angst, wie ihr neuer Chef sein würde. Sie hoffte, dass er nur halb so nett war wie Mr. White.

Den noch immer nicht genommenen Urlaub hatte sie wieder nach hinten verschieben müssen, denn der neue Chef würde früher als geplant in die Firma einsteigen. Sie wusste nicht viel, nur, dass er sich als Teilhaber mit in die Firma gekauft hatte und somit stinkreich sein musste. Man munkelte, dass Michael Thompson, der Inhaber der Thompson Holding, ihn wegen seines strategischen und knallharten Verhandlungsgeschicks eingestellt hatte.

Bisher waren sie alle von Entlassungen verschont geblieben, aber die Wirtschaftskrise war nicht ohne Spuren an der Firma vorbeigegangen. Auch das lange Fehlen von Michael, als seine Schwester Annabell wegen eines Überfalles im Koma gelegen hatte, war nicht förderlich für das Finanzmanagement gewesen. Zum Glück ging es Annabell mittlerweile wieder gut, wobei es noch ein langer Weg sein dürfte, bis die einst lebenslustige junge Frau wieder komplett allein den Alltag meistern konnte.

Als die kleine Abschiedsfeier, die Mr. White in einem der vielen Konferenzräume gegeben hatte, vorüber war, sammelte sie den Müll ein und beseitigte alle Spuren, sodass nachher der Vorstand seine Sitzung abhalten konnte.

Das Ehepaar White hatte sich schon tränenreich verabschiedet und bevor sie zu ihrem Büro ging, schlüpfte Jules noch schnell ins WC, um die verlaufene Wimperntusche wegzuwischen und einige Strähnen zurück in den straffen Knoten zu befördern.

Sie musterte sich kritisch im Spiegel und war dann mit ihrem Erscheinungsbild zufrieden. Wie immer trug sie einen schwarzen Bleistiftrock, eine weiße Bluse und Pumps. Wobei sie auf einen hohen Absatz verzichtete, da sie damit stakste wie der Storch im Salat.

Auf dem Weg zu ihrem Büro hielt sie hier und dort noch das eine oder andere nette Gespräch, denn heute wartete keiner mehr auf sie, da man den neuen Teilhaber erst morgen erwartete. Als sie endlich ihr Büro erreichte und die Tür aufschließen wollte, wurde diese von innen aufgerissen und ein Mann starrte sie finster an.

»Sind Sie Julia Franklin?«, blaffte er sie an.

»Äh nein, ich heiße …«

»Wenn Sie nicht Ms. Franklin sind, was suchen Sie dann hier?« Sein Ärger war mit jedem Wort mehr geworden.

»Doch, ich bin Ms. Franklin«, stellte sie schnell richtig. »Aber ich heiße …«

»Würden Sie mir dann bitte erklären, warum Sie seit Stunden nicht an Ihrem Arbeitsplatz sind?«, fuhr er lautstark dazwischen.

»Ich … Mr. White … hat seinen Ausstand gegeben«, stotterte sie. Wer war dieser Mann und warum fuhr er sie so an?

»Hätte ich doch mein eigenes Personal einstellen dürfen. Nun gut, ich muss mit dem leben, was ich hier vorfinde«, brachte er wieder im normalen, aber sehr arroganten Tonfall hervor.

Ein Verdacht kroch ihr langsam den Rücken hinauf. Eiskalt. Ihr Magen zog sich zusammen und ihr wurde schlecht. »Und Sie sind?«

Wütend schüttelte er den Kopf. »Mein Name ist Patrick St. Claire und ab heute muss ich mich mit Ihnen als meine Sekretärin herumschlagen.«

Der Sekt, den sie eben noch getrunken hatte, stieg ihr die Kehle hinauf. Sie stürzte an ihrem neuen Chef vorbei und erbrach den Schwall in ihren Mülleimer.

Heil mich, wenn du kannst

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