Читать книгу Heil mich, wenn du kannst - Melanie Weber-Tilse, Alisha Mc Shaw - Страница 8
Juliette
ОглавлениеWie hatte ihr das nur passieren können? Ihr neuer Chef stand in ihrem Büro und sie übergab sich in den Mülleimer. Sie hatte selbstverständlich seinen angewiderten Blick gesehen, als er sie zum Diktat bat.
Hätte sie gewusst, dass er schon einen Tag früher auftauchen würde, hätte sie nie, nie, nie alkoholisches bei dem Ausstand getrunken. Aber er war erst den nächsten Morgen erwartet worden und so hatte Juliette den Abschied ihres alten Chefs genossen. Sie vertrug nichts und doch hatte sie zu dem Glas gegriffen, als David es ihr angeboten hatte, denn sie hatte direkt danach nach Hause gehen wollen.
Stattdessen stand sie auf wackeligen Beinen im Waschraum und richtete sich wieder her. Die Tür wurde aufgerissen und Francoise, eine verhasste Kollegin, die allen Männern an die Hose ging, die nicht bei fünf auf einem Baum waren, klackte auf lauten Absätzen herein. Nur allzu deutlich zeigte sie den weiblichen Kolleginnen, dass sie keinen gesteigerten Wert auf Freundschaften legte. Sie war sich bisher immer selbst am nächsten gewesen.
»Hallo Julchen«, säuselte sie. »Ich habe vorhin deinen neuen Chef gesehen. Was ein heißer Kerl. Was hast du ein Glück, dass du den alten White los bist und nun so einen jungen Hengst vor der Nase hast.«
Juliette warf ihr einen entsetzten Blick über den Spiegel zu.
»Was?«, fragte diese, als sie ihren Blick auffing und gekonnt die Lippen mit dem knallroten Stift nachzog. »Ach Süße«, zwitscherte sie, »nun tu doch nicht so geschockt, das war ein Scherz.« Warum war Francoise auf einmal so nett zu ihr? »Man sieht sich« und schon war die unheimliche Begegnung vorbei.
Noch ein letzter Blick in den Spiegel und Juliette musste sich wohl oder übel in die Höhle des Löwen begeben. In ihrem Büro kochte sie in der Miniküche einen Kaffee, stellte alles auf ein Tablett und packte noch schnell ein wenig Gebäck dazu. Vielleicht konnte sie sich mit dieser Geste bei ihrem neuen Chef entschuldigen.
Sie arbeitete gerne hier und wollte ihren Job auf keinen Fall verlieren. Gekonnt balancierte sie das Tablett auf einer Hand, öffnete die Zwischentür zum Büro von St. Claire und trat mit einem schüchternen Lächeln ein.
Sie spürte seinen durchdringenden und forschenden Blick auf sich und versuchte, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Sie stellte das Tablett auf den Beistelltisch ab.
»Es tut mir leid, Mr. St. Claire«, setzte sie an und sah ihn an. Ihre Stimme wackelte leicht, doch sie hielt seinem finsteren Starren tapfer stand. »Der Sekt, den ich beim Ausstand von Mr. White getrunken habe, ist mir wohl auf den Magen geschlagen. Es wird nicht wieder vorkommen.«
»Natürlich wird es nicht mehr vorkommen!«, sagte er und musterte sie stirnrunzelnd. »Ich sagte bereits, dass ich keinen Alkoholkonsum auf der Arbeit dulde. Können wir dann jetzt beginnen?«
Oh Gott. Hatte er wirklich Alkoholkonsum gesagt? Aber sie trank doch normalerweise nie einen Schluck. Sie öffnete den Mund, um es zu erklären, schloss ihn wieder. Nein, das hatte jetzt keinen Sinn.
»Selbstverständlich, Mr. St. Claire«, antwortete sie stattdessen nur.
Schnell bereitete sie den Kaffee zu, stellte eine Tasse samt dem Gebäck vor ihm ab, holte den mitgebrachten Block hervor und stellte dann eine zweite Tasse vor sich hin und wartete darauf, was sie erledigen sollte.
Er blickte sie irritiert an. »Ms. ... äh ...«, begann er.
»Franklin. Juliette Franklin«, half sie ihm leise auf die Sprünge.
»Gut, ja. Ms. Franklin, hören Sie ... Ich weiß nicht, wie Mr. White und Mr. Thompson das hier sonst handhaben, aber wir sind hier nicht zum Vergnügen und sicherlich auch nicht, um einen Kaffeeklatsch abzuhalten. Ich möchte, dass Sie mir eine Auflistung aller Kunden erstellen, die Mr. White zuletzt betreut hat. Diese fallen ab jetzt in meine Zuständigkeit und wir sollten damit beginnen, die Missstände, die in dieser Firma offensichtlich herrschen, ein für alle Mal zu beseitigen.«
Während er anfing zu reden, machte sie sich die nötigen Notizen, wäre dabei aber am liebsten in den Boden versunken. Sie trat bei ihrem neuen Chef von einem Fettnäpfchen ins nächste. Alles, was bei Mr. White gegolten hatte, konnte sie getrost vergessen und sie musste aufpassen, dass sie ihren neuen Boss nicht noch weiter verärgerte.
Auf keinen Fall konnte sie es sich erlauben, ihren Job zu verlieren. Das würde ihr das Genick brechen.
Tief in Gedanken hatte sie nicht mitbekommen, ob er fertig war oder nicht. Patrick arbeitete hoch konzentriert an seinem Rechner und kurz gestattete sie sich, ihn genauer zu betrachten. Wenn er nicht so ein verbissenes Gesicht machen würde, wäre er wirklich attraktiv, da hatte Francoise Recht. Gut, diese hatte ihn als Hengst bezeichnet und Jules ließ den Blick zu seiner Brust gleiten, die sich unter dem Hemd abzeichnete. Definitiv kein schmaler Hans, schoss es ihr durch den Kopf.
Immer noch tippte er mit seinen schlanken Fingern auf der Tastatur herum und ignorierte sie. Sie räusperte sich und er blickte sie erstaunt an.
»Ja?«, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
»Sind wir dann hier fertig?«
»Ja, sind wir«, presste er zwischen den Zähnen hervor. Schon wieder hatte sie ihn verärgert. Schnell stand sie auf und eilte auf die Tür zu.
Sein gerufenes »Äh, Julia?«, ließ sie innehalten. Er zeigte mit seinem Finger auf ihre Tasse. »Nehmen Sie ihren Kaffee mit.« Mit hochrotem Kopf schritt sie schnell auf den Schreibtisch zu, nahm die Tasse, die leise dabei klirrte, und verschwand nach draußen.
Zitternd stellte sie die Tasse in der Küche ab und atmete einige Male tief ein und aus, bis sie sich wieder im Griff hatte.
Sie griff nach dem Block, ging ihre Notizen durch und besorgte alle Unterlagen, die er ihr aufgetragen hatte. Dann verfasste sie eine Zusammenstellung der derzeitigen Firmenstruktur und eine grobe Übersicht der Angestellten. Hoffentlich würde es nicht zu Entlassungen kommen, denn im Moment stand sie sicher ganz oben auf der Abschussliste.
Zum Glück verlief der Nachmittag trotz des miesen Starts recht ruhig. Als sie ihm die Unterlagen überbracht hatte, war nur ein Nicken von ihm gekommen, dann hatte er sich sofort in den Papierwust vergraben.
Danach hatte sie sich darum gekümmert, dass er Zugänge zu allen Räumlichkeiten erhielt, der Firmenparkplatz mit seinem Namen ausgestattet wurde und hatte ihm über die IT eine E-Mail-Adresse sowie Zugriff auf alle wichtigen Daten und Laufwerke einrichten lassen.
Auch das hatte sie ihm fein säuberlich aufgeschrieben und als er zum Feierabend das Büro verließ, hatte er sich immerhin ein kurzes »Danke« abgerungen und ihr mitgeteilt, dass er am nächsten Morgen einen Termin bei Michael Thompson hatte und somit erst später ins Büro kommen würde.
Aufatmend sammelte sie ihre Sachen ein, eilte zur nächsten U-Bahn-Station und machte sich auf den Heimweg.
Keine halbe Stunde später schloss sie die Haustür zu ihrer Wohnung auf. Diese lag in einem Hochhaus in der achten Etage und jeden Tag betete sie aufs Neue, dass der Fahrstuhl nie seinen Geist aufgab.
»Hallo, ich bin wieder da«, rief sie in den Flur und hängte den Schlüssel ans Brett.
Ein Kopf mit braunen langen Haaren, erschien an der Küchentür. »Wir sind hier, Jules.«
Lächelnd trat sie in die Küche, nickte ihrer Freundin zu, dann ging sie zu ihrer Mutter und beugte sich hinab, um sie zu umarmen. »Hi Mom, wie war dein Tag?« Diese Frage stellte sie ihr jeden Abend.
»Gut, Kind«, brachte ihre Mutter schwerfällig hervor. Ein kurzer Blick zu ihrer Freundin, die leicht den Kopf schüttelte, bestätigte, dass dies nicht der Fall war. Jules seufzte leise und strich ihrer Mom über den Kopf.
Vor drei Jahren hatte diese einen Schlaganfall gehabt und seither saß sie im Rollstuhl. War schon die Anfangszeit schwer gewesen, so verbesserte sich durch die bessere Mobilität ihrer Mutter dennoch nicht wirklich etwas an ihrer Lage. Denn der lange Krankenhausaufenthalt, die Reha danach und die Medikamente hatten alles Geld aufgefressen, welches sie und ihre Mutter einst besessen hatten.
Juliette war durch die Krankenversicherung bei der Thompson Holding abgesichert, ihre Mutter dagegen besaß, wie ein Großteil der Amerikaner, überhaupt keine.
Die kleine Witwenrente deckte gerade die Kosten der Tagesbetreuung ab, die zum Glück ein Teil staatlich gefördert wurde, ansonsten hätte sie sich diese Tagesklinik überhaupt nicht leisten können. Doch sie musste arbeiten gehen, um die teuren Medikamente, die ihre Mutter täglich brauchte, zu bezahlen. Ganz zu schweigen von den Therapien, die zusätzlich anfielen und der Kredit, den sie irgendwann hatte aufnehmen müssen.
»Du siehst müde aus, Mom, möchtest du ins Bett?«, fragte Jules besorgt nach. Diese nickte schwerfällig und gemeinsam mit Laura, ihrer besten Freundin und gleichzeitig auch die Pflegerin in dem Heim, wo ihre Mutter tagsüber war, brachten sie diese ins Bett.
Kurz darauf saßen sie in der Küche und Jules stellte ihnen beiden den frisch gekochten Kaffee hin.
»Ihr geht es nicht gut, oder? In den letzten Tagen ist mir schon aufgefallen, dass sie stark abbaut.«
Ihre Freundin seufzte laut auf. »Das stimmt. Sie beklagt sich nicht, aber man merkt ihr an, dass die Schmerzen stärker geworden sind. Sie bräuchte eigentlich eine intensivere Physiotherapie, denn die Dosis der Medikation können wir nicht noch mal erhöhen. Das macht ihre Leber auf Dauer nicht mit. Du hattest doch bei der Help for a better Life – Foundation angefragt, was ist dabei rausgekommen?«
Traurig schüttelte Juliette den Kopf. »Leider nur eine Absage. Übermorgen wäre ja die erste Charity-Veranstaltung. Ich hatte so sehr darauf gehofft, dass wir eine Förderung erhalten, aber wir stehen jetzt nur auf einer langen Warteliste. Ich kann es natürlich auch verstehen. Es gibt so viele schlimme Fälle, warum hätten sie ausgerechnet mich und Mom gleich auswählen sollen?«
»Weil ihr beide unterstützt gehört, Jules!«
»So wie viele andere auch.«
»Warum fragst du nicht Michael oder deinen alten Chef, ob sie dich unterstützen wollen? Du weißt, dass es diese Option auch noch gibt.«
Juliette stand auf. »Und wie oft habe ich dir schon gesagt, dass ich das nicht mache? Nur weil ich bei der Thompson Holding arbeite, nutze ich das doch nicht aus. Alle haben das Recht auf diese Chance, wer wäre ich, wenn ich das schamlos ausnutzen würde? Außerdem hab ich jetzt einen neuen Chef, falls du das vergessen haben solltest.«
»Er ist schon da?« Nun war Laura abgelenkt. »Erzähl, wie ist er?«
»Anders«, begann sie zögerlich.
»Wie anders?«
»Unser Start war nicht sehr gut.«
»Was soll das heißen? Mensch, lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen.«
»Heute Morgen war der Ausstand von Mr. White und ich habe einen Schluck Sekt getrunken. Beim Betreten meines Büros war Mr. St. Claire, mein neuer Chef da, und ich … nun ja …«, stammelte Jules, als ihre Freundin sie intensiv anschaute. »Ich habe in den Mülleimer gekotzt.«
»Du hast was? Sag das nochmal!«
»Mensch Laura, das war mir so peinlich. Ich habe mich vor den Augen meines Chefs in den Eimer übergeben … warum lachst du?«
»Wie geil ist das denn?«, japste Laura und bekam sich nicht mehr ein. Sie hielt sich den Bauch, hatte einen hochroten Kopf und versuchte, das laute Lachen durch die vorgehaltene Hand zu dämpfen, was einem Grunzen glich.
»Tolle Freundin«, murmelte Juliette, doch Laura hörte sie sowieso nicht, da deren Lachen mittlerweile in ein Wiehern übergangen war.
»Entschuldige.« Laura schnappte nach Luft. »Aber das ist doch mal ein Einstieg. Dass er da natürlich beleidigt reagiert hat, dass du ihm zum Kotzen ...«, erneut wurde sie von einem Lachanfall geschüttelt und Jules überlegte, ob sie ihr einfach den Kaffee über den Kopf kippen sollte.
»Vielen Dank auch, Laura. Er ist der neue Miteigentümer der Firma. Der kann mich mit einem Wimpernschlag auf die Straße setzen.«
»Ach komm, so ein Arsch wird er schon nicht sein.«
»Nein, du hast Recht, er ist schlimmer.«
Lauras Lachen verstummte, und sie schaute ihre Freundin besorgt an. »Erzähl, aber lass das mit der Kotze bitte weg.«
Juliette berichtete, wie er sich ihr gegenüber verhalten hatte, sein arrogantes Auftreten, sein Missfallen, was sie alles falsch gemacht hatte und dass er morgen früh einen Termin bei Michael Thompson hatte.
»Komm, der wird dich nicht feuern. Da hat der Thompson doch noch ein Wort mitzureden.«
»Ich hoffe.«
»Ganz bestimmt, Süße. Ich gehe auch mal nach Hause. Wir sehen uns morgen früh.«
»Warte, dein Geld.« Jules griff schon nach ihrer Tasche, doch Laura winkte ab.
»Lass gut sein. Wir waren heute gerade mal zehn Minuten vor dir da, das lass ich mir doch nicht bezahlen.«
Die beiden umarmten sich und Jules fing an, die Küche aufzuräumen. Sie wusste nicht, was sie ohne Laura tun würde. Morgens nahm diese ihre Mutter mit in die Tagesklinik, wo sie auch arbeitete und nachmittags brachte sie Paige auch wieder nach Hause. Wenn Jules mal Überstunden machen musste, blieb Laura solange bei ihrer Mom und dafür wurde sie natürlich bezahlt.
Doch Jules wusste langsam nicht mehr, wie sie die Kosten stemmen sollte, wobei sie bei Thompsons gut verdiente. Sie hatte eine Förderung bei der Foundation beantragt, die Annabell Thompson, die Schwester ihres Chefs, ins Leben gerufen hatte, nachdem sie sich nach ihrem langjährigen Koma wieder ins Leben hatte zurückkämpfen müssen. Noch während der Therapie hatte Annabell die Stiftung gegründet und am Samstag fand eine erste Benefiz-Veranstaltung statt.
Statt einer Förderung aber hatte man ihr mitgeteilt, dass man sie auf eine Warteliste setzen und sich melden würde, wenn ein Platz für ihre Mutter gefunden war.
Sie würde es schon irgendwie schaffen … hoffte sie, und verschwand selbst ins Bett.
***
Sie genoss es, dass Mr. St. Claire nicht im Büro war, so konnte sie in Ruhe die Aufgaben erledigen, die er ihr per E-Mail übermittelt hatte.
Während sie das Protokoll der letzten Vorstandssitzung heraussuchte, klingelte das Telefon, was für einen Freitagvormittag überraschend ruhig gewesen war.
»Thompson Holding, Büro von Mr. White, Sie sprechen mit Ms. Franklin«, ging sie freundlich wie immer ans Telefon.
Kurz herrschte Stille in der Leitung, dann vernahm sie die Stimme von Patrick St. Claire. »Wiederholen Sie das noch mal und diesmal richtig«, schlug diese ihr eiskalt entgegen.
»Oh mein Gott. Entschuldigen Sie bitte … ich … das wollte ich …«
»Ich sagte, wiederholen Sie Ihren Satz. Was ist daran so schwer zu verstehen?«
Jules schluckte und brachte mit zittriger Stimme »Thompson Holding, Büro von Mr. St. Claire, Sie sprechen mit Ms. Franklin«, hervor.
»Sehen Sie, geht doch«, sagte er mit gefährlich ruhiger Stimme. »Allerdings müssen Sie dringend an ihrem Tonfall arbeiten. Es sollte professioneller und freundlicher rüberkommen.«
»Natürlich, Mr. St. Claire. Was kann ich für Sie tun?«
»Eigentlich wollte ich heute einige Kunden persönlich besuchen und Ihnen sagen, dass Sie nicht auf mich zu warten brauchen. Aber ich habe es mir spontan anders überlegt. Ich erledige meine Besuche, aber Sie bleiben, bis ich nachher noch einmal in die Firma komme. Ich möchte ein kurzes Gespräch mit Ihnen führen.«
»Natürlich, Mr. St. Claire.«
Das Tuten in der Leitung zeigte ihr, dass er ihre Antwort gar nicht mehr abgewartet hatte.
Das durfte doch nicht wahr sein. Dahin war der Freitagnachmittag, dahin ein frühes Gehen. Wegen einem einzigen blöden Versprecher durfte sie jetzt warten, bis er irgendwann in der Firma auftauchte und ihr sicher wieder vorwarf, wie unfähig sie doch war.
Dabei ärgerte sie sich selbst über ihre Fehler. So etwas war ihr in den letzten fünf Jahren nie passiert. Dieser Patrick St. Claire brachte sie einfach total durcheinander mit seiner Art.
Sie schrieb Laura eine Nachricht, dass sie wegen St. Arsch länger bleiben müsse und hoffte, dass diese Zeit hatte, solange bei ihrer Mutter zu bleiben.
Prompt erhielt sie Antwort, dass das kein Problem wäre. Laura hatte tatsächlich wieder ihr Handy in der Kitteltasche, was eigentlich verboten war.
Es war schon später Nachmittag, als Patrick St. Claire endlich auftauchte. Sie hatte gerade ihrer Freundin geschrieben, dass sie immer noch wartete, als er ihre Bürotür lautstark zumachte.
Juliette zuckte zusammen und sah ihn mit großen Augen an.
»Während der Arbeitszeit tippen Sie an Ihrem Handy herum?«
»Ich hätte schon vor zwei Stunden Feierabend gehabt«, verteidigte sie sich halbherzig.
Langsam schritt er auf ihren Schreibtisch zu, stützte beide Hände darauf ab und fixierte sie mit seinem Blick. »Wenn ich sage, dass Sie zu warten haben, bis ich wieder in der Firma bin, zählt das als Arbeitszeit. Somit haben Sie nicht an ihrem Handy herumzuspielen.«
Er packte ihr Handy und sein Blick fiel auf die noch geöffnete Nachricht.
»Das dürfen Sie nicht«, stammelte Jules entsetzt.
»Da scheint ja der La sehr auf sein Babe zu warten und hofft anscheinend, dass der Arsch von Chef das Babe nicht zu hart rannimmt … Ich bin also ein Arsch?«
»Ich … Mr. St. Claire … ich kann das erklären.«
»In mein Büro, wir sollten uns unterhalten.«
Mit zittrigen und feuchten Händen folgte sie ihm in sein Büro, wo er gemächlich sein Jackett auszog, es ordentlich weghängte und ihr dann mit einem Kopfnicken bedeutete, sich zu setzen.
Ängstlich wartet sie, bis er sich gesetzt hatte und sie schweigend musterte.
Dann seufzte er leise. »Julia, wir hatten nicht den besten Anfang. Ich bin es gewohnt, dass alles reibungslos abläuft und jeder effizient arbeitet. Mir ist allerdings klar geworden, dass ich, wenn vorher mit weicher Hand geführt wurde, nicht erwarten kann, dass Sie wissen, was ich möchte und wie der Arbeitsablauf aussieht. Zunächst möchte ich, dass während Sie hier sind, nicht am Handy herum gespielt wird. Pausen dürfen gemacht werden, außer es steht ein wichtiger Termin an. Überstunden wird es bei mir sicher einige geben, ich verlange, dass diese ohne Murren gemacht werden. Wenn ich etwas auftrage, wird es sofort ausgeführt. Meinen Kaffee trinke ich mit einem Schuss Milch und einem Löffel Zucker und er hat morgens bereitzustehen. Klare, einfache Regeln, Julia, bekommen Sie das hin?«
»Aber natürlich, Mr. St. Claire. Es tut mir wirklich leid, wie es die letzten beiden Tage gelaufen ist. Bisher gab es nie Beschwerden über mich.«
Er nickte. »Dann wäre das geklärt. Sie dürfen gehen. Wir sehen uns Montag.«
Hastig stand sie auf. »Danke, Mr. St. Claire. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.«
Sie drehte sich um und ging auf die Tür zu. »Ihnen viel Vergnügen mit La.«