Читать книгу Heil mich, wenn du kannst - Melanie Weber-Tilse, Alisha Mc Shaw - Страница 6
Prolog
ОглавлениеGeräusche waren zu hören. Weit weg und dumpf. Stimmenfetzen … und dann spürte sie es. Spürte Hände an sich, an ihren Beinen.
Ihre Nervenenden schickten keine stimmigen Informationen. Wer oder was fasste sie an? Vor allen Dingen, warum wurde sie angefasst?
Die Stimme wurde klarer, immer deutlicher wurde die Bewegung, die mit ihrem Bein ausgeführt wurde.
»Ach Annabell, ich hoffe, dass die beiden sich endlich zusammenraufen.«
Wer war Annabell? Wer sprach mit ihr? Und wer sollte sich zusammenraufen? Und vor allem, wo zum Teufel war sie?
Mühsam öffnete sie ihre Augen. Die Umgebung stellte sich verschwommen dar und sie konnte kaum Umrisse ausmachen. Nach mehrmaligem Blinzeln erkannte sie langsam Formen und Farben.
»Michael liebt sie und doch begeht er eine Dummheit nach der anderen. Dieser Hauskauf war eine Schnapsidee. Ich hoffe, dass er wenigstens bei seinem Gespräch mit ihr die Kurve bekommt.«
Die Sicht wurde schärfer und auch alles andere, was sie nicht hatte einordnen können, kam als ganze Information bei ihr an.
Wenn sie dem glauben konnte, lag sie in einem Bett, wo genau konnte sie noch nicht bestimmen, ein Mann erzählte ihr irgendwelche Neuigkeiten von einem Michael, und währenddessen lagen seine Hände an ihren Beinen und vollführten irgendeine gymnastische Übung.
Endlich war ihr Fokus so weit hergestellt, dass sie den Mann erkennen konnte, der mit ihr sprach. Er war groß und hatte lange, braune Haare, zu einem Zopf gebunden. Sie versuchte, auf sich aufmerksam zu machen, aber weder verließ ein Laut ihren Mund, noch konnte sie ihre Gliedmaßen bewegen.
Einzig ihre Augen hatte sie unter Kontrolle, doch der Mann schaute sie nicht an. Seine Hände massierten ihre Unterschenkel und hoben immer wieder die Beine an.
»Ich würde es mir für Susan und ihre Tochter wünschen. Michael ist kein schlechter Kerl. Aber das muss ich dir ja nicht erzählen. Du bist seine Schwester und weißt, was er für ein Sturkopf sein kann. Wobei ich mir sicher bin, dass du ihm in nichts nachstehst. Oder, Annabell?« Er sah ihr ins Gesicht und ein warmes Lächeln umspielte seinen Mund.
Dann hielt er in der Bewegung inne, wurde bleich und zog lautstark die Luft ein. Er legte ihr Beine auf das Bett, zog fahrig die Decke darüber und kam endlich an die Kopfseite.
»Annabell? Verstehst du mich?« Er beobachtete sie genau.
Sie war somit Annabell, das hatte sie jetzt begriffen. Aber sie konnte ihm kein Zeichen geben, dass sie ihn verstand. Oder doch … sie schloss langsam die Augenlider und öffnete sie wieder.
Er riss die Augen auf und wurde noch eine Nuance blasser. »Kannst du das noch mal machen? Deine Augen schließen und wieder öffnen?«, flüsterte er.
Sie wiederholte es, und als sie ihn erneut ansah, schlug er sich die Hand vor den Mund.
»Oh mein Gott. Du bist wieder bei uns. Das muss ich Michael sofort erzählen!«
Dann sprang der Mann auf und eilte aus dem Zimmer. Sie dagegen stellte sich jetzt nur noch eine einzige Frage: Wo war sie wieder?