Читать книгу Ein Engel auf Abwegen - Melanie Weber-Tilse, Alisha Mc Shaw - Страница 5

Dämonia – Vom Pech verfolgt

Оглавление

Sie nutzte aus, dass die Bibliothek heute wegen einer wichtigen Sitzung gesperrt war. So konnte sie ohne den kritischen Blick des Bibliothekars ein wichtiges Buch suchen, welches schon lange auf ihrer Liste stand.

Sie war nicht umsonst die beste Sucherin in der Unterwelt, höchstwahrscheinlich sogar der ganzen Welt, eben weil sie sich nicht immer an alle Vorschriften und Regeln hielt und manch unkonventionellen Weg einschlug.

Dämonia wusste, dass das Machtgefüge sich in den letzten Tagen stark geändert hatte und daher wunderte es sie überhaupt nicht, dass in der Mitte der Bibliothek neun Erzengel, der Höllenfürst – ihr Meister und Auftraggeber -, seine Engelsbraut und Arman, der Bibliothekar, saßen. So hatte sie ihre Ruhe, denn ab und an nahm sie auch private Aufträge an, und solch einer war das jetzt.

Während sie durch die Gänge strich, versuchte sie, mit ihren Sinnen Kontakt zu diesem speziellen Buch aufzunehmen. Das war ihr Geheimnis, warum sie die Beste war. Ihre Fähigkeit, sich mit in Auftrag gegebenen Artefakten, wenn sie in ihrer Nähe waren, zu verbinden. Oder aber Dinge aufzuspüren, die ihr den Weg wiesen, um an das Ziel zu kommen. Doch bei diesem Buch war sie bisher noch keinen Schritt weiter gekommen. Und das lag nicht daran, dass sie in letzter Zeit viel zu tun gehabt hatte. Dieser Auftrag stellte Dämonia wirklich vor eine große Herausforderung.

Als sie auf etwas in einem der oberen Regalebenen stieß, versuchte sie erst einmal ganz normal, wie es ein Mensch tun würde, dort heranzukommen. Doch alles Recken und Springen half nichts.

»Kann ich dir helfen?«

Am liebsten hätte sie laut geseufzt. Natürlich hatte sie bemerkt, wie Arman verschwunden war und sich die Versammlung die Beine vertrat. Und Gabriel, der Ranghöchste der Erzengel, stand höchstpersönlich im Gang und lehnte an einem der Regale.

»Nein«, presste sie zwischen den Zähnen hindurch und beobachtete misstrauisch, wie er sich abstieß und näherkam. Wenn er jetzt die Flügel erscheinen ließ und ihr noch einmal anbot, ihr zu helfen, würde sie ihm mit nur einem Wimpernschlag sein Federkleid abfackeln. In der Bibliothek durften keine Kräfte angewandt werden, daher sprang sie auch wie ein kleiner Flummi auf und ab und hatte nicht schon längst ihre Magie eingesetzt. Aber für diesen aufgeblasenen Erzengel würde sie liebend gern gegen diese Regel verstoßen.

»Verpiss dich einfach«, fuhr sie ihn an, als er einfach nicht stehen blieb. »Geh Harfe spielen, oder stimm die Blockflöten, was weiß ich, was du sonst so zu tun hast.«

Mit einer wedelnden Handbewegung versuchte sie, ihn wie eine lästige Fliege loszuwerden.

»Och, ich hätte da eine Flöte zum Spielen ...«, schmunzelte er und duckte sich hastig weg, als sie das schwere Buch nach ihm warf, welches sie soeben aus dem Regal gezogen hatte.

Schade, das Buch hatte ihn leider verfehlt. »Deine Flöte kannst du von dem anderen Federvieh spielen lassen, ich steh nicht auf Engelsstäbe, sind mir zu weich.« Dämonia drehte sich weg, um endlich eine der Leitern zu holen, die es extra für die oberen Regale gab.

Bevor sie jedoch gehen konnte, hielt er sie am Arm fest. »Wir können uns nachher gerne an einem Ort treffen, der nicht neutral ist. Mein Schlafzimmer zum Beispiel! Und wenn ich mit dir fertig bin, wird das einzig weiche deine Knie sein!«, knurrte er in ihr Ohr.

Da hatte Dämonia wohl einen Nerv getroffen. Sie seufzte leise. Immer wieder dasselbe mit den Tauben, vor allen Dingen den Männlichen. Kratzte man an ihrem Ego, wurden sie ungeschmeidig. Dämonia kannte alle deren dumme Sprüche und keiner von ihnen hatte es bisher geschafft, sie in eines ihrer Betten zu locken.

Denn keiner von den Adonisengeln konnte sie heiß machen und somit hatte sie nie die Bettqualitäten ausprobieren wollen. Und Mr. Chefengel hier war mal so gar nicht ihr Typ.

»Sweety, kein Bedarf«, winkte sie ab. »Beglück mal weiter deine Täubchen, die fahren sicher auf deine Sprüche ab.« Sie ließ ihn stehen und suchte in den verfickten Gängen nach einer Leiter, die wie vom Erdboden verschwunden waren.

Ein Bersten erklang, Holz wurde auseinandergerissen und dann spürte sie es – den Sog, der versuchte, sie sonst wohin zu zerren. Geistesgegenwärtig krallte sie sich am nächsten Regal fest und ließ ihre Sinne frei. Scheiße, wie konnte hier in der Bibliothek ein Riss in den Dimensionen entstehen?

Sie spürte eine Hand an ihrem Rücken und drehte den Kopf, was sehr mühsam war, denn die Kraft die der Wirbel mittlerweile hatte, war enorm.

Gabriel hatte seine Hand regelrecht in das Regal hineingeschlagen und versuchte, Dämonia zu sich zu ziehen. Ihre Hände rutschten langsam ab und obwohl sie versuchte, ihre Kräfte einzusetzen, kam sie nicht gegen die Macht an, die in dem Riss tobte.

»Vergiss es«, schrie sie gegen den Krach an. »Verschwinde von hier!«

Als ihre Hände den Halt verloren, griff er zu und sie hing an seiner Hand.

»Scheiße, Gabriel, lass los. Du verlierst den Halt!«

Dieses sture Vieh schüttelte den Kopf und sie konnte erkennen, wie viel Kraft es ihn kostete, sie beide zu halten. Mit einem lauten Knall schnellten seine Flügel hervor und verhinderten, dass das Regal, welches direkt auf sie zuschoss, an ihr zerschellte. Sie zog den Kopf ein, als Holzsplitter umherflogen und dann ging ein Ruck durch ihren Körper, als Gabriel sie an seine Brust zog. Die Flügel legten sich um Dämonia, denn immer mehr Geschosse bestehend aus Büchern, Holz und Glassplittern, kollidierten mit ihnen und prallten an seinen Flügeln ab. Ohne diesen Schutz hätte es sie schon längst zerrissen.

»Festhalten«, grollte er an ihrem Ohr und sie schlang die Arme um ihn, als sie beide in den Riss gezogen wurden. Der letzte Vollrausch war ein Scheißdreck gegen den Trip, den sie jetzt durchleben musste. Zeit und Raum wirbelten durcheinander und wenn jetzt noch rosa Elefanten vorbeikämen, würde sie das auch nicht mehr wundern. Ihre Moleküle wurden auseinandergerissen, herumgewürfelt und wieder zusammengesetzt. Hoffentlich hatte sie jetzt nicht irgendwelche Teile von Gabriel an sich.

Irgendwann wurden sie herausgespuckt wie Müll, in die andere Dimension entsorgt und knallten auf dem Boden auf. Auch hier fingen die Flügel des großen Kerls das meiste ab und doch wurde ihr die Luft aus den Lungen gedrückt, als sie auf dem Rücken landete.

Sie öffnete die Augen, die sie irgendwann fest zusammengekniffen hatte und schaute in Gabriels amüsiertes Gesicht. »Hab ich es nicht gesagt? Kein neutraler Ort und schon hast du weiche Knie!«

Ein lautes Stöhnen entwich ihr. Sie waren gerade durch einen Dimensionsriss gereist, hatten einen Höllentrip hinter sich und diesem Kerl fiel nichts Besseres ein, als sexistische Sprüche zu klopfen?

»War das ein zufriedenes Stöhnen?« Er rieb sich zwischen ihren Beinen und wieder entfuhr ihr eins, was noch genervter war, als das vorherige. »Du Held, wenn du nicht gleich deinen Stab da zwischen meinen Beinen als Grillwürstchen über dem Lagerfeuer enden sehen willst, solltest du jetzt ganz schnell aufstehen.«

Sein Gesicht verzog sich zu einem spöttischen Grinsen. »Du würdest es bereuen, Schätzchen«, murmelte er. »Du wirst ein so großes Grillwürstchen niemals auf einmal in den Mund kriegen ...!«

Über so viel Unverfrorenheit blieb ihr fast die Luft weg. Vielleicht hatte man ihm während der Reise auch sein Gehirn ein wenig durchgewirbelt und er konnte nichts dafür. Bestimmt, das muss es sein.

Sie zog seinen Kopf näher an sich heran und flüsterte in sein Ohr: »Ich mag es, wenn ich mein Würstchen für mich alleine habe. Vielleicht sollten wir daher erst einmal schauen, wo wir hier gelandet sind.«

Seufzend stand er auf und erst jetzt bemerkte Dämonia, wie kalt es hier war. Sein heißer Körper und die schützenden Flügel um sie herum hatten sie bis eben noch warm gehalten. Sie rappelte sich auf und ignorierte seine Hand, die er ihr entgegenhielt.

Sie drehte sich einmal im Kreis. »Das erinnert mich an den Mars. Hier scheint es genauso wenig zu geben wie dort.«

»Du warst auf dem Mars?«

Saßen die Engel etwa die ganze Zeit auf ihren Wolken, oder warum schaute er so erstaunt?

»Ich war auf jedem Planeten in dieser … äh, der anderen Dimension. Allerdings ist es längst nicht so kalt wie auf dem Mars.«

Ein Feuer wäre gut, um nicht zu frieren. Die kurze Lederjacke über dem leichten Shirt hielt nicht wirklich die Kälte ab. Und der Rucksack, in dem ihre anderen Sachen drin waren, lag entweder noch in der Bibliothek oder war sonst wo verloren gegangen.

Dämonia schnippte mit den Fingern, aber nichts geschah. Sie versuchte es noch einmal, doch keine Flamme erschien. »Fuck!«

»Was? Machst du dir hier Gedanken, dass du das Schnipsen verlernt hast? Ich hätte sowieso nicht darauf reagiert.«

Sie starrte ihn mit offenem Mund an. Machte er Scherze? Doch sein ernstes Gesicht wies nicht darauf hin.

»Wirklich schade, ich hatte ehrlich gehofft, dass sich etwas entflammen würde.« Dämonia schüttelte den Kopf. »Ich versuche nicht, nach dir zu schnipsen, du Ratte der Luft, ich versuche, Feuer entstehen zu lassen.«

»Wenn es nur das ist«, grinste er breit, »lass mich dir zur Hand gehen.«

Selbige öffnete er und … nichts passierte.

Ein Engel auf Abwegen

Подняться наверх