Читать книгу Ein Junggeselle zum Verlieben - Melody Carlson - Страница 5

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Bis zum Abend hatte sich George eingeredet, dass er nur zu dieser Kunstveranstaltung auf der Main Street ging, weil sie ihm einen Vorwand bot, Lorna Atwoods immer noch ausstehende Einladung zum Abendessen ablehnen zu können. Die Behauptung, er hätte andere Pläne, war eine Notlüge gewesen. Aber jetzt hatte er an diesem Abend tatsächlich etwas vor. Die Herausforderung bestand nur darin, das Haus zu verlassen, ohne Lorna dabei erneut über den Weg zu laufen.

George hatte seinen geliebten schwarzen Tweedblazer, ein hellblaues Hemd und eine burgunderfarbene Krawatte gewählt. Jemand hatte ihm einmal gesagt, die Farbe Blau würde seine Augen besonders hervorheben. Nicht dass das heute Abend einem Menschen überhaupt auffallen würde. Doch als er durch sein Küchenfenster spähte, um zu sehen, ob Lorna Atwood auf der Lauer lag, fühlte er sich gut angezogen. Ihre hell erleuchtete Veranda schien verlassen zu sein, und so setzte George seinen Lieblingshut auf und schlüpfte zur Tür hinaus.

In einem Punkt hatte Lorna Atwood recht gehabt – der Wettermann hatte Regenschauer für den Abend angekündigt, und tatsächlich zogen bereits Wolken am Himmel auf. Darum nahm George zur Vorsicht noch einen Regenschirm mit.

„Mr Emerson“, rief Lorna mit einem Hauch von Siegesfreude in der Stimme, als er das Haus verließ. „Wie nett, Sie heute Abend zu sehen.“

„Guten Abend“, erwiderte er kurz angebunden, während er sich gleichzeitig fragte, wo sie auf einmal hergekommen war und wie schwierig es wäre, sich von ihrer Gesellschaft zu befreien. „Sie gehen aus?“

„Tatsächlich, so ist es“, flötete sie. „Da Sie heute nicht zum Abendessen kommen konnten, beschloss ich, heute Abend in die Stadt zu gehen. Ich habe gehört, dass es dort eine Veranstaltung mit Livemusik gibt. Sozusagen eine Eröffnungsveranstaltung für den Sommer.“

„Ach ja?“ George hielt inne.

„Gehen wir in dieselbe Richtung?“, fragte sie. „Vielleicht können wir einander unterwegs Gesellschaft leisten.“

„Ich, äh, wenn Sie mich bitte entschuldigen wollen, mir ist gerade eingefallen, dass ich noch etwas vergessen habe. Etwas, das ich heute Abend mitnehmen muss.“

„Ich kann warten.“

„Nein, nein, gehen Sie ruhig ohne mich. Ich brauche noch ein paar Minuten, um es fertigzustellen.“ Er nickte ihr höflich zu, drehte sich abrupt um und eilte in sein Haus zurück. Er hatte das Gefühl, gerade einem Geschoss ausgewichen zu sein, und war sehr erleichtert, dass er nicht wirklich gelogen hatte. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es bereits fast halb sieben war. Er durfte jetzt keine Zeit mehr verlieren.

George ging schnurgerade zu seiner Schreibmaschine, die ihn durch das College begleitet hatte. Das Schreiben, das er bereits am Nachmittag begonnen hatte, war noch in der Maschine eingespannt und schon fast fertig. Ohne seinen Hut abzunehmen, setzte er sich an seinen Schreibtisch und tippte die letzten beiden Zeilen, anschließend zog er das Blatt vorsichtig aus der Maschine, überflog schnell noch einmal den Text und setzte seine Unterschrift darunter. Während er die Seite ein wenig herumschwenkte, damit die Tinte schneller trocknete, plagten ihn Gewissensbisse. Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, Willow West das Empfehlungsschreiben schon heute Abend zu geben, aber es war nun mal ein willkommener Vorwand gewesen, Mrs Atwood aus dem Weg zu gehen.

Nachdem die Tinte getrocknet war, faltete er den Brief vorsichtig zusammen, steckte ihn in einen Umschlag und schrieb Miss Willow West darauf. Er fragte sich, warum sie wohl ihren Mädchennahmen behalten hatte, aber vermutlich hatte das etwas mit ihrer künstlerischen Laufbahn zu tun. Und es war ja auch wirklich ein klangvoller Name. Er steckte den Umschlag in die Innentasche seines Jacketts. Bestimmt war Lorna Atwood mittlerweile schon lange fort, und so machte er sich auf den Weg in die Stadt.

Da sich die Galerie von Willow West auf der anderen Seite des Ortes befand, beschloss George, auf direktem Weg dorthin zu gehen. Damit war hoffentlich die Gefahr nicht so groß, Lorna Atwood auf ihrem Spaziergang zu begegnen. Auf den Bürgersteigen zu beiden Seiten der Main Street waren erstaunlich viele Fußgänger unterwegs. Aus den geöffneten Türen einiger Läden drang Musik zu ihm herüber und die mit kleinen Lichterketten geschmückt Eichen neben der Straße verliehen der Stadt ein festliches Aussehen.

Etwas beklommen betrat George die Galerie von Willow West. Er fühlte sich beinahe wie ein unerwünschter Eindringling, der in eine Zusammenkunft hineinplatzte, zu der er nicht eingeladen war. Aber das war natürlich lächerlich, denn Miss West hatte ihn ausdrücklich eingeladen. Außerdem hatte er etwas für sie dabei. Die Galerie war ziemlich geräumig, hell erleuchtet und erstaunlich gut besucht. Die Gäste standen in kleinen Gruppen zusammen, und die meisten Besucher hatten Getränke und kleine Schnittchen in der Hand und plauderten miteinander, als wäre dies eine Party. Vielleicht kam er ja tatsächlich ungelegen.

Mit den verschiedenen Stell- und Trennwänden, die Willow aufgestellt hatte, wirkte die Galerie beinahe wie ein Labyrinth, aber George bemühte sich, sich an die Galeriebesucher anzupassen, und vertiefte sich in die verschiedenen Gemälde, Skulpturen und Stoffkreationen. Auch wenn eine ganze Reihe der Ausstellungsstücke Willow Wests Namen auf den kleinen weißen Erklärungskärtchen trugen, so schienen die meisten doch von anderen Künstlern geschaffen worden zu sein. Und die Preise der Kunstwerke kamen ihm unerhört hoch vor. George konnte sich irren, aber er bezweifelte, dass jemand in Warner so viel Geld für Kunst ausgeben würde.

„George Emerson!“

Als er sich umdrehte, stand Lorna Atwood direkt hinter ihm. War sie ihm hierher gefolgt? Stalkte sie ihn etwa? „Oh, noch mal guten Abend“, sagte er etwas steif.

„Na, ist das nicht interessant.“ Sie grinste ihn süffisant an. „Da treffen wir uns doch tatsächlich bei derselben Veranstaltung. Ich wusste gar nicht, dass Sie sich für Kunst interessieren.“

„Ich bin hier, um mich mit jemandem zu treffen.“ Erneut durchzuckte ihn ein Anflug von Schuldgefühlen. Jetzt dehnte er die Wahrheit aber wirklich etwas.

„Ach ja?“ Ihre hellen Augenbrauen fuhren in die Höhe. „In dieser Galerie?“

„Ja.“ Er schob sich weiter durch die schmalen Gänge zwischen den Trennwänden und reckte den Hals, als würde er jemanden suchen.

„Nach wem suchen Sie?“, fragte sie beharrlich weiter und wich ihm nicht von der Seite.

Zum Glück entdeckte George jetzt Willow West. Sie trug einen fließenden, bunten Kimono, und ihr rötlich blondes Haar war, wie es schien, mit einem chinesischen Essstäbchen hochgesteckt. Sie stand im hinteren Teil ihrer Galerie und war umgeben von einer kleinen Besuchergruppe.

„Entschuldigen Sie mich“, sagte er zu Lorna. „Ich sehe sie jetzt.“ Und bevor sie ihn weiter ausfragen konnte, ging er geradewegs auf Willow und ihre Bewunderer zu.

„Mr Emerson.“ Willows Gesicht leuchtete auf, als sie ihn entdeckte, und zu seiner Erleichterung entschuldigte sie sich bei den anderen, kam auf ihn zu und ergriff seine Hand. „Ich freue mich so, dass Sie heute Abend gekommen sind. Herzlich willkommen!“ Etwas hinter ihm erregte ihre Aufmerksamkeit. „Sind Sie in Begleitung gekommen?“

Er warf einen Blick über die Schulter zurück. Lorna hatte sich immer noch an seine Fersen geheftet.

„Nicht wirklich“, murmelte er, doch dann erinnerte er sich an seine Manieren und stellte die beiden Frauen einander vor. „Mrs Atwood ist meine Nachbarin“, erklärte er Willow.

„Wir wollten heute eigentlich bei mir zu Hause zu Abend essen“, flötete Lorna. „Doch dann fiel Mr Emerson plötzlich ein, dass er bereits verabredet war.“ Sie lachte. „Und jetzt sind wir hier auf derselben …“

„Nun, wir hatten verabredet, uns heute Abend hier zu treffen“, erklärte Willow mit erstaunlich fester Stimme. „Wenn Sie uns jetzt bitte entschuldigen wollen, ich möchte Mr Emerson gerne etwas zeigen.“ Und bevor Lorna protestieren konnte, hakte Willow sich bei George ein und führte ihn in einen Seitengang, an den Töpferwaren vorbei und hinüber zu dem Tisch mit den Erfrischungen.

„Vielen Dank“, murmelte er dankbar. „Meine Nachbarin ist sehr ausdauernd.“

Willow lachte. „Nun, ich freue mich sehr, dass Sie heute Abend kommen konnten.“ Sie deutete mit dem Kopf zu dem Tisch. „Darf ich Ihnen etwas anbieten?“

„Nein, vielen Dank“, lehnte er ab.

„Ach ja?“ Sie musterte ihn eindringlich. „Sind Sie auf Diät?“

„Wie bitte?

„Achten Sie auf Ihre Linie?“

„Nein, ganz und gar nicht. Aber ich bin nun mal nicht hungrig.“

„Nicht einmal auf so etwas?“ Sie hielt ein Häppchen hoch und lächelte ihn kokett an, als wollte sie ihn in Versuchung führen.

Er widerstand dem Drang, sich umzudrehen und zu sehen, ob Lorna in der Nähe war und ihrem etwas peinlichen Gespräch zuhörte. Mit einem gezwungenen Lächeln griff er nach dem Cracker mit Käse. „Vielen Dank.“

„Das ist ein leckerer Ziegenfrischkäse.“ Willows Augen funkelten.

„Ziegenkäse?“ Vorsichtig schnupperte er daran.

„Sehr leicht und frisch und in Oregon hergestellt.“

„Ach ja?“ Er biss vorsichtig ab und kaute.

„Ziegenkäse wird aus Ziegenmilch hergestellt.“

Er zwinkerte, als er schluckte. „Ziegenmilch?“

„Schmeckt es Ihnen?“, fragte Willow unschuldig.

Er versuchte, sich bei dem Gedanken, dass er gerade Ziegenkäse gegessen hatte, nicht zu übergeben. „Ich, äh, ich denke schon.“ Er griff nach einer Serviette und legte die Überreste seines Crackers hinein. Seine Wangen röteten sich.

Ihre türkisblauen Augen funkelten vor Vergnügen. „Welche Begeisterung.“

„Nun, auf jeden Fall vielen Dank, dass Sie mich gerade gerettet haben.“ Er senkte die Stimme. „Ist meine Nachbarin immer noch da?“

„Sie tut so, als würde sie sich für die große Bronzestatue in der Mitte der Galerie interessieren.“

George verzog das Gesicht. „Ich, äh, ich möchte Sie nicht von Ihren Gästen fernhalten.“

„Oh, machen Sie sich keine Gedanken wegen …“

„Aber ich habe Ihnen etwas mitgebracht.“ George zog den Umschlag aus seiner Jackentasche. „Für Collin.“

„Ach, Sie sind ja wirklich lieb!“ Willow strahlte. „Vielen Dank.“

Ihre aufrichtige Freude wärmte ihn innerlich, und er gab ihr Lächeln zurück. „Das ist wirklich eine schöne Galerie. Ich habe mich noch nicht richtig umgesehen, aber mir scheint, Sie haben einige interessante Kunstwerke zusammengetragen.“ Er betrachtete sie eingehend, und ihm fiel auf, wie die Locken, die sich aus ihren hochgesteckten Haaren gelöst hatten, ihr Gesicht umrahmten. Sie war tatsächlich außergewöhnlich hübsch.

„Vielen Dank. Es ist noch nicht fertig. Ich habe die Galerie im vergangenen Herbst eröffnet, und allmählich habe ich den Eindruck, dass die einzelnen Stücke ihren richtigen Platz finden.“ Sie runzelte die Stirn. „Ich, äh, ich möchte Sie warnen. Ihre Nachbarin kommt auf uns zu.“

„Ach du liebe Güte.“ Nervös flog sein Blick zur Tür. „Vielleicht sollte ich einfach nach Hause gehen.“

Willow hob den Brief in die Höhe. „Ich verstehe. Aber wie wäre es, wenn Sie Collin den Brief bringen würden? Er ist heute ziemlich düsterer Stimmung. Ich konnte ihn nicht überreden, herunterzukommen.“

„Ach … was ist denn los?“

„Es geht um ein Mädchen. Ich habe ihm Mut gemacht, sie heute Abend hierher einzuladen. Leider hat sie seine Einladung ausgeschlagen.“ Sie schüttelte den Kopf. „Aber wenn Sie ihm das hochbringen, könnte ihn das aufheitern.“ Sie zwang ein steifes Lächeln auf ihr Gesicht, als Lorna zu ihnen trat.

„Wenn die Damen mich entschuldigen wollen, ich muss diesen Brief übergeben.“ George hielt Lorna den Brief hin.

Sie schien ihre Zweifel zu haben.

„Da hinten ist ein Flur, der zu der Treppe neben dem Eingang der Galerie führt“, erklärte Willow George. „Appartement 3.“

Als wäre er auf einer geheimen Mission unterwegs, verließ George die Galerie, stieg die schwach erleuchtete Treppe hoch und klopfte an die Tür mit der Nummer drei.

„Mr Emerson?“ Collin starrte ihn überrascht an, als er die Tür öffnete. „Was machen Sie denn hier?“

George hob den Brief hoch und erklärte schnell: „Ihre Großmutter bat mich, Ihnen das hier zu geben.“

„Vielen Dank!“ Collin öffnete die Tür weiter. „Möchten Sie nicht hereinkommen?“

„Gern.“ George nickte und schaute sich in dem Appartement um. Es war ordentlich und sauber, aber die Wohnung sah nicht aus wie eine Wohnung, in der Willow wohnen würde.

„Kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?“, fragte Collin. „Obwohl ich Sie warnen muss. Ich habe nur Mandelmilch, Karottensaft und Kombucha da.“

„Kombucha?“

„Ja. Mögen Sie das?“

„Ich weiß es nicht.“

„Ich wollte mir gerade ein Glas holen.“ Collin öffnete den Kühlschrank, der seltsam leer war. „Passionsfrucht. Soll ich Ihnen ein Glas eingießen?“

„Ich, äh, gern.“ George nahm auf dem Barhocker vor der Arbeitsplatte Platz und schaute sich in der minimalistisch eingerichteten Küche um, während Collin eine rosa anmutende Flüssigkeit in zwei Gläser goss. „Sie und Ihre Großmutter wohnen also hier?“

„Nein, Nana wohnt nicht hier. Das ist meine Wohnung.“ Collin stellte ein Glas vor George. „Sie hat ihre eigene Wohnung nebenan.“

„Sie haben eine eigene Wohnung?“ Unsicher musterte George das trübe Getränk.

„Ja. Meine eigene Junggesellenbude.“ Collin lachte verbittert. „Nicht dass mir das etwas nützen würde. Ich bin kein Partymensch. Nana macht sich bestimmt keine Sorgen, ich könnte über die Stränge schlagen.“

Ganz vorsichtig roch George an seinem Getränk. „Was ist das überhaupt?“, fragte er.

„Kombucha? Nun, das ist ein fermentiertes probiotisches Getränk.“

„Fermentiert?“ George war alarmiert. „Enthält es Alkohol?“

„Nein, natürlich nicht.“ Collin lachte leise. „Das ist mit griechischem Joghurt oder Apfelessig zu vergleichen. Gut für die Verdauung.“

„Ach ja?“ Vorsichtig trank George einen kleinen Schluck. „Interessant.“

„Meine Großmutter ist sozusagen eine Verfechterin gesunder Ernährung. Ich bin daran gewöhnt, aber nicht bei allen kommt das gut an.“

„Wie lange wohnen Sie schon bei Ihrer Großmutter?“

Collin zuckte die Achseln. „Solange ich denken kann.“

„Leben Ihre Eltern noch?“

„Ja, natürlich. Nun, meine Mutter zumindest. Was mit meinem Vater ist, weiß ich nicht so genau.“

„Das tut mir leid.“ George stellte sein Glas ab. „Ich wollte nicht neugierig sein.“

„Ganz und gar nicht.“ Collin trank sein Glas leer. „Meine Mutter hat mich bekommen, als sie 19 war. Ähnlich wie meine Großmutter damals meine Mutter – ich meine, bei beiden war kein Vater in Sicht. Nana sagt, sie und meine Mutter wären vom gleichen Schlag. Aber da bin ich anderer Meinung, denn meine Mutter ist davongelaufen, nachdem ich auf der Welt war, und Nana hat seither für mich gesorgt, als wäre ich ihr eigenes Kind.“

„Wissen Sie, wo Ihre Mutter sich jetzt aufhält? Haben Sie Kontakt zu ihr?“

„Manchmal. Sie ist eine Art Groupie.“

„Ein Groupie?“

„Sie wissen schon, bei einer Band. Ich war noch ein Baby, da hat mich meine Mutter bei meinen Großeltern abgeladen, um am Wochenende Rockkonzerte zu besuchen, aber irgendwann ist sie nicht mehr zurückgekommen.“

„Ich verstehe.“

„Ich glaube, sie ist jetzt mit dem Bassisten einer Rockband zusammen, die in den Neunzigern populär war und inzwischen gerade ein Comeback feiert.“

„Interessant.“ George zwang sich, sein Glas leer zu trinken und kämpfte gegen den Würgereiz an, als die schleimige Flüssigkeit durch seine Kehle rann.

„Und, wie schmeckt Ihnen Kombucha?“ Collin grinste.

„Eher nicht so mein Ding.“ George schob das Glas über die Bar. „Aber vielen Dank.“

„Nun, ich glaube, der Geschmack ist anerzogen.“

Auf einmal erfasste George ein unerwarteter Anflug von Mitgefühl für Collin. „Ich bin auch bei meinen Großeltern aufgewachsen“, gestand er leise.

„Wirklich?“ Interessiert schaute Collin ihn an. „Und aus Ihnen ist ja auch was geworden.“

George verzog das Gesicht und lachte dann. „Das hängt davon ab, wen Sie fragen.“

„Ich wette, Ihre Mutter ist nicht einer Rockband nachgereist.“

„Nein. Sie ist gestorben. Meine Eltern sind beide bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“

„Oh, das muss hart gewesen sein.“

George seufzte. „Ja, aber meine Großeltern waren ziemlich toll.“

„Meine auch. Poppy war nicht wirklich mein Großvater – ich meine, blutsverwandt. Aber er hat sich so verhalten, als wäre er es. Er ist vor ein paar Jahren gestorben.“

George nickte. Willow war also Witwe. Es wurde still im Raum, und George überlegte, ob er vielleicht gehen sollte, doch dann fiel ihm etwas ein. „Ihre Großmutter erwähnte ein Mädchen, das Sie für heute Abend einladen wollten.“

Collin errötete leicht.

„Entschuldigung.“ George wollte sich erheben. „Ich wollte nicht neugierig sein.“

„Nein, das ist schon in Ordnung. Eigentlich könnte ich gerade den Rat eines Mannes gebrauchen. Nana ist toll, aber sie ist manchmal zu überschwänglich. Sie verstehen?“

Obwohl er nickte, wusste George nicht so genau, ob er tatsächlich verstand. Und er war schon gar nicht der Typ Mann, der einem anderen in Bezug auf sein Liebesleben einen Rat geben konnte.

„Da ist dieses Mädchen. Vielleicht kennen Sie sie ja. Marissa Thompson.“

„Sicher, ich kenne Marissa. Sie scheint sehr nett zu sein.“

Collins Gesicht leuchtete auf. „Ja, das finde ich auch. Auf jeden Fall hat Nana vorgeschlagen, ich solle sie doch für heute Abend in die Galerie einladen. Das habe ich getan.“ Sein Lächeln verblasste. „Aber sie sagte, sie hätte schon etwas vor.“

„Vielleicht stimmte das ja.“

„Ich weiß nicht.“

„Haben Sie sie kurzfristig eingeladen?“

„Ja. Heute nach der Schule.“

„Dann sollten Sie ihr noch eine Chance geben“, riet George ihm.

„Aber wenn sie wieder ablehnt?“

„Das ist wohl das Leben.“ Georges Blick wanderte zur Küchenuhr, und er war erstaunt, dass es schon fast neun Uhr war. „Aber was wäre, wenn sie Ihre Einladung annimmt? Was, wenn sie heute Abend tatsächlich schon etwas vorhatte und enttäuscht war, dass sie nicht mit Ihnen zusammen sein konnte? Und Marissa erscheint mir ein schüchternes und ziemlich ernsthaftes Mädchen zu sein. Ich denke, es ist nun an Ihnen, ihr eine zweite Chance zu geben, Collin. Das die Aufgabe von uns Männern.“

Collin nickte. „Vermutlich haben Sie recht. Vielen Dank, Mr Emerson.“

George deutete zur Uhr. „Ich sollte jetzt wohl lieber gehen. Die Ausstellung geht um neun Uhr zu Ende, und mein Schirm steht noch unten.“

Collin dankte ihm noch einmal für das Empfehlungsschreiben, und George bedankte sich bei ihm für das ungewöhnliche Getränk und verabschiedete sich. Doch während er die düstere Treppe hinunterstieg, machte er sich so seine Gedanken über diese ungewöhnliche kleine Familie. Collins Mutter war ein Band-Groupie, seine Großmutter ein Hippie – solche Leute gehörten definitiv nicht zu Georges Bekanntenkreis … und Ziegenkäse und Kombucha lagen außerhalb seiner Komfortzone.

Ein Junggeselle zum Verlieben

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