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Sehr schnell begriff Willow, was los war. George Emerson ging auf Distanz zu ihr. Am Sonntag hatte sie ihn nach dem Gottesdienst angerufen und ihn eingeladen, mit ihr und einigen Freunden zusammen auf ihrer Dachterrasse Tee zu trinken, doch er lehnte ab mit den Worten, er hätte bereits andere Pläne.

Und bei einem Abendspaziergang mit Collin am Montag waren sie zufällig durch Georges Straße gelaufen. Collin hatte George auf seiner Veranda entdeckt, doch als sie näher kamen, war George im Haus verschwunden. Bestimmt hatte er die Befürchtung, dass sie ihn stalkte. Und vielleicht war das ja auch so.

Auch wenn ihr das nicht ganz behagte, wurde Willow klar, dass sie loslassen musste. Brauchte sie denn wirklich jemanden wie George Emerson in ihrem Leben? Sie hatte so viel um die Ohren, so viele Projekte fertigzustellen, die Galerie, neue Freunde, mit denen sie zusammen sein wollte – warum sollte sie sich mit jemandem abgeben, der eine Beziehung zu ihr ganz offensichtlich nicht wollte?

Und trotzdem drehten sich in der folgenden Woche ihre Gedanken während der Arbeit fortwährend um Mr Emerson. Morgens fand sie einen Vorwand, um Collin auf seinem Schulweg zu begleiten in der Hoffnung, ihn zu sehen. Und am Nachmittag, nach Schulschluss, machte sie oft einen Spaziergang durch die Stadt, um ihm auf seinem Heimweg zu begegnen. Vielleicht verfolgte sie ihn ja tatsächlich. Das war wirklich peinlich.

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George war erstaunt, wie viel er in seinem Büro in der Schule zusammengetragen hatte. Hauptsächlich Bücher und Papierkram, denn er hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben, persönliche Gegenstände hier aufzustellen. Anfangs hatte er Fotos auf seinem Schreibtisch stehen gehabt, doch die Schüler hatten Bemerkungen und Witze darüber gemacht und gelacht oder ein zu starkes Interesse dafür gezeigt, sodass er sie schließlich weggeräumt hatte. Schon bald lernte er, dass es das Beste war, sein Privatleben – als hätte er eines – zu Hause zu lassen. Trotzdem fühlte er sich am Mittwoch, als er eine weitere schwere Kiste mit Büchern durch das Foyer der Schule schleppte, abgrundtief erschöpft.

„Mr Emerson.“ Mrs Malcom hielt ihm die Tür auf. „Die Kiste scheint schwer zu sein.“

Er nickte und dankte ihr, als er ins Freie trat. „Bücher.“

„Sie haben hoffentlich in der Nähe geparkt.“

„Ich besitze kein Auto“, keuchte er, als er die Treppe hinunterstieg.

„Sie haben kein Auto?“, fragte sie schockiert, als sie ihm folgte. „Sagen Sie mir nicht, dass Sie diese Bücher nach Hause tragen wollen.“

„Das hatte ich vor.“

„Nicht wenn ich ein Wort mitzureden habe.“ Sie deutete zum Parkplatz hinüber. „Ich bringe Sie nach Hause.“

George war zu müde, um abzulehnen. „Vielen Dank, Mrs Malcolm. Das wäre höchst willkommen.“

Sie führte ihn zu einer blauen Limousine, und nachdem er auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, stieß er einen tiefen Seufzer aus.

„Allmählich fühle ich mich wirklich alt“, gestand er.

„Ich habe gehört, dass Sie in den Ruhestand gehen.“

„Ja. Eigentlich fühlte ich mich noch nicht alt genug für den Ruhestand, aber jetzt denke ich, dass es vermutlich das Beste ist.“ Er beschrieb ihr den Weg zu seinem Haus.

„Aber so alt sind Sie doch noch gar nicht.“

„Im Sommer werde ich 55.“

„Das ist noch nicht sehr alt.“

„Das höre ich immer wieder.“

„Ich bin gerade 45 geworden.“

Er drehte sich zu ihr um. Er hätte sie älter geschätzt. Aber das würde er ihr natürlich auf keinen Fall sagen. „Es wird nicht mehr lange dauern, bis man auch auf Sie Druck ausübt, doch bitte in den Ruhestand zu gehen“, warnte er sie. „Grund dafür sind die neusten Budgetkürzungen.“

„Nun, das habe ich sowieso schon überlegt. Als mein Mann starb, wollte ich aus dem Schuldienst ausscheiden. Aber mein Sohn hat mich gedrängt, doch noch weiterzuarbeiten. Er dachte, das sei gut für mich. Aber ich bin mir da nicht so sicher.“

„Wenn es etwas anderes gibt, das Sie machen wollen, dann könnte die Pensionierung gut sein.“

„Freuen Sie sich denn auf den Ruhestand?“

„Ich weiß es nicht so genau. Im Augenblick schon. Aber wie es mir im September gehen wird, wird man sehen.“

„Ja, unser Beruf hat schon etwas für sich, vor allem wenn man Single ist und alleine lebt.“

„Was meinen Sie?“, fragte er.

„Nun, Sie sind den ganzen Tag von Menschen umgeben. Manche sind ziemlich nervig. Sie verstehen, was ich meine?“

Er nickte.

„Und dann kommen Sie in Ihr hübsches, ruhiges Heim und niemand unterbricht und ärgert Sie. Kein Lachen oder Necken oder Herumtrampeln. Nur Frieden und Stille.“ Sie seufzte tief. „Nun, das macht einen dankbar.“

„Da haben Sie vermutlich recht.“

„Auch wenn Sie sich auf nichts weiter freuen als auf eine Mahlzeit aus der Mikrowelle. Es ist trotzdem eine Freude, in aller Ruhe essen zu können.“ Sie lachte. „Aber bei mir gibt es heute Abend selbst gemachtes Boeuf Stroganoff.“

„Selbst gemachtes Bœuf Stroganoff? Ist das nicht viel Arbeit?“

„Ich habe es gestern zum Geburtstag meiner Schwester gekocht. Sie liebt mein Stroganoff. Auf jeden Fall habe ich noch jede Menge übrig.“ Sie wandte sich zu ihm um. „Hey, mögen Sie Boeuf Stroganoff?“

„Früher schon. Meine Großmutter hat das häufiger gekocht, aber ich habe es seit Jahren nicht mehr gegessen.“

„Dann müssen Sie heute Abend mitkommen.“

„Nun, ich, äh, ich weiß nicht, Mrs Malcolm –“

„Bitte nennen Sie mich Patty.“

„Nun, es ist nur so, dass …“

„Ich akzeptiere kein Nein als Antwort. Das soll mein Ruhestandsgeschenk für Sie sein. Es ist sogar noch etwas Geburtstagskuchen übrig. Glauben Sie mir, Sie werden das nicht bereuen. Heute Abend werden wir stilvoll speisen.“

George wusste nicht, wie er ihr das ausreden sollte, außerdem hatte sie den Wagen bereits in eine Richtung gelenkt, in der er ihr Haus vermutete. Und zum Mittagessen hatte er nur einen Apfel gegessen. Er hatte Hunger. Hoffentlich schmeckte ihr Stroganoff.

Kurz darauf fuhr sie durch ein Viertel, in dem ein braun-beiges Haus genauso aussah wie das andere. Er wollte sie gerade fragen, ob sie sich in dem Gewirr identischer Häuser jemals verirrte, als sie in eine Einfahrt einbog.

„Da sind wir schon“, verkündete sie fröhlich. „Das wird schön.“

Sie führte ihn in ein Wohnzimmer mit braunen Wänden und einer riesigen beigefarbenen Sitzlandschaft, die wie ein L angeordnet war.

„Machen Sie es sich bequem, während ich das Essen vorbereite“, sagte sie. „Und lassen Sie sich von den Katzen nicht stören.“

„Den Katzen?“

„Ja. Ich habe drei. Sammy und JoJo sind sehr freundlich. Aber Gordie, nun, nicht so sehr.“

George schluckte nervös, als er sich auf dem Sofa niederließ. Für Katzen hatte er nicht sonderlich viel übrig. Und das war milde ausgedrückt. Sicher, früher hatte er einmal eine außergewöhnliche Katze geliebt … aber seine Katze Buddy war auch etwas ganz Besonderes gewesen. Seither hatte er keine Katze wie sie mehr erlebt. Er hoffte nur, dass Pattys Katzen seine abweisende Haltung spürten und auf Distanz blieben. Doch es dauerte nicht lange, bis eine große Katze um seine Beine strich und ihre weißen Haare an seiner dunkelblauen Hose hinterließ. Eine zweite dürre Katze sprang auf seinen Schoß und grub ihre scharfen Krallen in seine Oberschenkel. Übertrugen diese Tiere vielleicht Krankheiten? Wann hatte er seine letzte Tetanusimpfung bekommen?

„Ach du meine Güte“, rief Patty. „Wie es scheint, haben Sie meine Babys bereits kennengelernt. Auf Ihrem Schoß sitzt Sammy, und JoJo streicht um Ihre Beine.“ Sie stellte einen Teller mit Käse und Crackern auf den Tisch. „Bedienen Sie sich mit den Häppchen, während ich das Stroganoff aufwärme.“

Am liebsten wäre George aufgesprungen und zur Tür gehechtet, doch das war sinnlos. Seine Bücherkiste stand noch im Kofferraum ihres Wagens, und außerdem lag dieses Viertel mindestens sieben Kilometer von seinem Zuhause entfernt. Am besten brachte er das einfach hinter sich – so schmerzlos und schnell wie möglich. Gerade wollte er nach einem Cracker greifen, als die weiße Katze auf den Couchtisch sprang und an dem Teller zu schnüffeln begann. Georges Hunger war im Nu verflogen. Als JoJo ein Stück Käse mopste, schob George Sammy von seinem Schoß, rettete den Teller mit den Crackern und brachte ihn in die Küche.

„Ich denke, ich leiste Ihnen lieber Gesellschaft“, erklärte er Patty. „Haben Sie etwas dagegen?“

„Ganz und gar nicht.“ Sie lächelte ihn an und schob einen Topf in den Ofen. „Mein verstorbener Mann hat gern im Wohnzimmer gesessen, während ich das Abendessen vorbereitet habe. Ich dachte, Sie würden das auch gern tun.“

„Nicht besonders.“ George nahm an der Frühstücksbar Platz. Während er den Teller mit dem Käse und den Crackern betrachtete, versuchte er sich zu erinnern, an welcher Seite des Tellers die Katze geschnüffelt hatte, in der Hoffnung, es sei ungefährlich, sich etwas von der anderen Seite des Tellers zu nehmen. Er wollte sich gerade einen Cracker nehmen, als wieder die große weiße Katze direkt auf die Arbeitsplatte sprang.

„Ach du meine Güte!“ George sprang erschrocken auf.

„Oh JoJo“, schimpfte Patty sanft. „Du weißt doch, dass du nicht auf die Arbeitsplatte springen sollst.“ Sie lachte leise. „Zumindest nicht, wenn wir Gäste haben.“ Sie scheuchte die Katze weg und entschuldigte sich bei George. „Katzen sind sehr schwer zu erziehen. Und um ehrlich zu sein, es macht mir auch nichts aus, wenn sie überall herumspringen. Mögen Sie Katzen, Mr Emerson?“

„Nun, ich, äh –“

„Und haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie George nenne? Mr Emerson ist so förmlich.“

„Nein, nein, ich habe nichts dagegen.“ Am liebsten hätte George gesagt, dass er sehr wohl etwas dagegen hätte, und dass ihre Katzen schlecht erzogen seien.

Um sich abzulenken, schaute er sich in Pattys Küche um. Sie war sehr modern mit Edelstahlgeräten und schwarzen Arbeitsplatten aus Granit ausgestattet, die sich seltsam kalt anfühlten und von denen sich JoJos weiße Haare deutlich abhoben. George beugte sich vor und blies über die Arbeitsplatte, und eine Wolke weißer Katzenhaare flog hoch.

Im selben Augenblick stachen ihm die Schweine ins Auge. Sie waren überall. Ein Schwein als Becherhalter, Pfeffer- und Salzstreuer in Schweineform, ein Schneidebrett in Schweineform und eine Keksdose in Schweineform, um nur ein paar zu nennen. „Sie scheinen Schweine zu mögen“, meinte er etwas zerstreut.

„Oh ja. Ich liebe Schweine. Ich bin auf einer Farm aufgewachsen und habe sie im Rahmen der örtlichen Landjugend gezüchtet.“

„Interessant.“ Für ihn gab es nichts, das in einer Küche weniger appetitanregend war. Nun, vielleicht abgesehen von Katzen.

„Viele Menschen halten Schweine für schmutzig, aber eigentlich sind sie sehr sauber.“

Vermutlich sauberer als Katzen, dachte George, als JoJo auf eine andere Arbeitsplatte sprang. Zumindest würden Schweine auf dem Boden bleiben. Plötzlich stellte er sich vor, wie eine Herde kleiner Miniaturschweine auf dem Boden herumwuselte.

Patty plauderte unbeirrt weiter, und ganz eindeutig freute sie sich, Gesellschaft zu haben. Doch obwohl George sich Mühe gab, freundlich zu bleiben, machte sich bei ihm ein bohrender Kopfschmerz bemerkbar, nur leider ging der sich endlos in die Länge ziehende Abend weiter.

Als sie endlich am Tisch saßen, empfand George eine leichte Übelkeit. Die Katzen strichen immer noch um seine Beine herum. Er gab sich große Mühe, mit Patty über die Schule und andere Themen zu plaudern, während er in seinem nicht ganz heißen Stroganoff herumstocherte. Er war nicht sicher, ob es an ihm lag oder an dem Essen, aber es schmeckte fade und schien sehr fettig und schwer zu sein. Ganz anders als das Stroganoff seiner Großmutter. Und als Patty den Geburtstagskuchen ihrer Schwester anpries, klopfte sich George auf den Bauch und behauptete, keinen Bissen mehr herunterzubringen.

„Ich fürchte, diese letzte Schulwoche hat mir ziemlich zugesetzt“, erklärte er ihr.

„Das verstehe ich sehr gut“, erwiderte sie. „Ich bin mit meinen Noten immer noch nicht fertig.“

„Dann sollten wir den Abend vielleicht beenden.“

Zu seiner großen Erleichterung erhob sich Patty sofort, um ihre Tasche und die Schlüssel zu holen. Kurz darauf saßen sie im Wagen und Patty setzte fröhlich ihr Gespräch fort.

„Das war ein sehr schöner Abend“, erklärte sie, als sie vor seinem Haus anhielt. „Auch wenn es ein relativ kurzes Abendessen war. Ich hoffe, Sie kommen noch mal vorbei, George. Und das nächste Mal gibt es nicht nur Reste. Vielleicht, wenn Sie sich an Ihren Ruhestand gewöhnt haben und nicht mehr so erschöpft sind.“ Sie lächelte ihn an. „Denn ich vermute, dass wir sehr viele Gemeinsamkeiten haben.“

„Nun, noch einmal herzlichen Dank.“ Er stieg aus dem Wagen aus. „Sie müssen sicher sofort zurück, um an den Noten zu arbeiten.“ Er nahm seine Bücherkiste aus dem Kofferraum. „Wir sehen uns dann morgen in der Schule.“

Ohne auf ihre Antwort zu warten, schloss er die Tür und eilte zu seinem Haus. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so froh gewesen war, wieder zu Hause zu sein. In einem hatte Patty recht, ein friedliches, ruhiges und stilles Haus – vorzugsweise ohne Katzen – war am Ende eines langen Tages überaus willkommen.

Als er die Bücherkiste auf seinem Couchtisch abstellte, hatte George das Gefühl, nicht nur ein eingefleischter Junggeselle, sondern in Bezug auf Frauen sogar ein hoffnungsloser Fall zu sein.

„Lass dir das eine Lehre sein, Mr Emerson“, sagte er laut, während er die Bücher in den Bücherschrank einsortierte. „Bleib für dich … sonst gibt es nur Ärger.“

Doch als er den Bücherschrank schloss, erinnerte er sich plötzlich daran, wie Willow mit der Hand über eben dessen Tür gestrichen hatte. Er erinnerte sich an einige der Gefühle, die ihn durchströmten, wenn er mit ihr zusammen war – im Kaffeehaus und in seinem Garten beim Frühstück. Es war ganz anders als heute Abend in Pattys Gesellschaft.

Er erschauderte beim Gedanken an Pattys unerträgliche Katzen und die Schweine in der Küche. Und er fragte sich, wie Willows Wohnung wohl wäre. Vermutlich hielt sie exotische Vögel – oder vielleicht einen Pfau.

Ein Junggeselle zum Verlieben

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