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Prolog

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Die Menschen schlendern wie gewöhnlich durch die Möllner Hauptstraße. Kurze oder längere Blicke werden von einigen auf die Auslagen in den Schaufenstern der vielen Geschäfte geworfen. Einige Menschen haben keine Zeit dazu, sondern eilen daran vorbei. Sie hasten an den Geschäften und langsam gehenden Passanten entlang, als ob es in dieser Welt nichts Wichtigeres gäbe als jenes Anliegen, welches sie gerade verfolgen. Für die alten Häuser und Straßen der Stadt haben sie keine Aufmerksamkeit übrig.

Die Autos rattern über den Kopfsteinpflasterbelag. Langsam zieht sich die Blechlawine in beiden Richtungen durch die Straße, bis sie an der Ampel anhalten muss. Rot, alle warten.

Es ist ein ganz gewöhnlicher Tag in der norddeutschen Kleinstadt Mölln. Die Hauptstraße ist zu einer normalen Geschäftsstraße geworden, wie es sie in jeder anderen Stadt gibt.

Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende hat es gedauert, bis Mölln sein heutiges Gesicht bekommen hat.

Mölln sah nicht immer so aus. Der Ursprung liegt schon lange zurück, und hat einen Namen. Die Eiszeit.

Es gab eine Zeit, da war der heutige Standort von Mölln mit einer bis zu fünfhundert Meter hohen Eisschicht überzogen.

Nachdem das Eis nahezu 75 000 Jahre dort gelagert hatte, änderte sich das Klima. Das Eis schmolz ab. Die Gletscher hatten Erde und Steine aus dem heutigen Skandinavien mitgebracht. Wie eine Schutthalde ließ die Eiszeit die Steine, den Sand und die Böden zurück. Daraus bildete sich Schleswig-Holstein und später Dänemark.

Später lebten hier für Jahrhunderte die Germanen. Doch mit dem Ende des römischen Weltreiches änderte sich auch diese Besiedelung. Auf einmal schien die ganze Welt aus den Fugen zu geraten. Plötzlich folgte eine Völkerwanderung, wie sie die Welt noch nie gesehen hatte, und die Europas Gesicht für alle Zeiten gänzlich verändern sollte. Die bis dahin ansässigen germanischen Stämme der Nordsweben zogen davon und hinterließen ein räumliches Vakuum. Das entblößte Lauenburger Land lud geradezu die aus dem Osten kommenden slawischen Stämme zur Besiedelung ein.

Die Slawen, die sich niederließen, waren die Polaben – slawisch: an der Elbe (Po – an und Laba – Elbe).

Es gab eine Grenze westlich von Mölln – den Limes Saxoniae, der erstmals 818 erwähnt wurde. Dieser künstliche Wall, der zwischen Geesthacht und Lauenburg an der Elbe beginnend, über Sierksfelde, Bad Segeberg bis nach Kiel an die Ostsee reichte, sollte das Frankenreich vor den kriegerischen Einfällen der Slawen schützen. In Abständen von etwa dreißig Kilometern wurden Burgen errichtet, welche die im Westen lebenden Sachsen und Franken vor Übergriffen schützen sollten. Die Besiedelung entlang des Limes war bei Todesstrafe verboten. Die dort ansässigen Slawen wurden vertrieben, und die Kastelle wurden mit sächsischen Soldaten bemannt.

Der Limes Saxoniae war einst eine Idee des fränkischen Kaisers Karl des Großen gewesen. Karl der Große verstarb, nachdem er ein großes Reich geschaffen und die Sachsen in sein Reich einverleibt hatte. Sein Nachfolger Ludwig der Fromme ließ den Limes Saxoniae endgültig errichten.

Dennoch konnte der Limes keinen nachhaltigen Schutz vor Überfällen und Eroberungen durch die Obotriten bieten, die sogar bis Hamburg vordringen konnten und die Stadt jeweils 1066 und 1072 zerstörten.

Nachdem die Elbslawen sich also niedergelassen hatten und annähernd vier Jahrhunderte lang mehr oder weniger in Ruhe und Frieden östlich des Limes Saxoniae von den Sachsen und Franken getrennt lebten, sollte sich ihr Leben von nun an doch grundlegend ändern. Für die Polaben im allgemeinen standen große Veränderungen bevor. Veränderungen, von denen sie niemals geträumt hatten.

Möllner Zeiten

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