Читать книгу Mit den Narben der Apartheid - Michael Lapsley - Страница 14

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Von Haus aus gläubig

Ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht, besitzen die meisten von uns doch Prinzipien, die ihnen als moralische Richtschnur dienen. Für mich war diese Richtschnur immer das Evangelium, das uns dazu aufruft, menschliche Würde und Gerechtigkeit ohne Rücksicht auf die möglichen Konsequenzen zu verteidigen. Als Christen wissen wir, dass letzten Endes Gutes dem Bösen entspringt und Leben dem Tod. Wenn man dies ernst nimmt, dann spornt der Glaube dazu an, sich politisch zu engagieren. „Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun“, ist eines meiner Lieblingszitate; es stammt von dem irischen Staatsmann Edmund Burke. Folglich war der Freiheitskampf in Südafrika für mich von Anfang an eine Frage des Glaubens. Die Apartheid war ein System, das durch den Mord an den Seelen von Weißen und Schwarzen gegen Gottes Willen verstieß. Der Mut, seine Worte direkt an das Machtzentrum zu richten und seinem Glauben gemäß zu handeln, kommt weder leicht noch über Nacht. Er wird über Jahre hinweg geformt und auf die Probe gestellt und beginnt als ganz allmählicher Prozess bereits in der Kindheit. In der Bibel steht: „Als ich ein Kind war, / redete ich wie ein Kind, / dachte wie ein Kind / und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, / legte ich ab, was Kind an mir war“ (1 Kor 13,11). Der Glaube ist eine Lebensaufgabe.

Ich bin in einer kleinen Stadt namens Hastings in Neuseeland aufgewachsen. Als Ziergärtner gestaltete mein Vater im Auftrag des Stadtrates schöne öffentliche Anlagen. Er war in der Gemeinde sehr bekannt. Die Menschen sahen ihn in den städtischen Gärten arbeiten und erfreuten sich an den Blumen, die er pflanzte. Meine Mutter war ein ruhiger, bescheidener Mensch, deren tiefer Glaube in ihrer Hingabe an ihre Familie und die Kirche Ausdruck fand. Die Generation meiner Eltern wurde durch einige schwerwiegende Ereignisse geprägt. Eines, von dem uns Kindern immer wieder erzählt wurde, war das Erdbeben von Napier 1931, das sich genau an dem Tag ereignete, an dem meine Mutter auf die Oberschule kam. Das Gebäude brach über ihr zusammen. Jemand zog sie aus den Trümmern, kehrte ins Gebäude zurück und kam bei dem Versuch, weitere Menschen zu retten, ums Leben. Ohne sein mutiges Eingreifen wäre keiner von uns hier. Ich erinnere mich noch gut an die Angst in den Augen meiner Mutter, wenn es ein Erdbeben gab, was in unseren Breiten häufig vorkam. Mein Vater beruhigte sie dann, indem er einfach seine Hand auf ihren Arm legte.

[36]Natürlich beeinflussten zwei weitere einschneidende Ereignisse die Kindheit und Jugend der Generation meiner Eltern: die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg. Kurz nach der Hochzeit meiner Eltern zog mein Vater in den Krieg. „Sein Blick sagt mir, dass er nicht zurückkommen wird“, soll meine Urgroßmutter gesagt haben, als mein Vater sich von meiner Mutter verabschiedete, und damit meine Großmutter richtig wütend gemacht haben. Wie wunderbar, dass sie doch unrecht hatte! Trotzdem sagte meine Mutter mir einmal: „Dein Vater zog in den Krieg, aber der Mann, der zurückkehrte, war nicht mehr derselbe, der weggegangen war.“

Unsere vielköpfige Familie gehörte zum Arbeiterstand und verfügte nur über begrenzte Mittel. Ich bin das fünfte von sieben Kindern, und da wir so viele waren, hatten meine Eltern stets mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Gleichzeitig habe ich viele liebgewordene Kindheitserinnerungen. In den Jahren nach dem Tod meines Vaters, als wir bereits erwachsen waren, machten unsere Erfolge meine Mutter überglücklich. Sie liebte jeden von uns auf einzigartige Weise, genauso wie mein Vater es getan hatte. Wenn ich sie besuchte, rief manchmal eines meiner Geschwister an, und ich hörte genau zu, wie sie reagierte, wenn sie die Stimme eines ihrer Kinder hörte. Jedem von uns begegnete sie mit derselben Zärtlichkeit und Freude. Unsere Eltern hatten jedem von uns ermöglicht, seine eigene Persönlichkeit zu entfalten. Sie liebten uns ohne Wenn und Aber und versuchten nie, uns in ein Muster zu zwängen. So wurden alle sieben Geschwister zu außerordentlich unterschiedlichen Menschen. Ich wusste, dass meine Mutter stolz darauf war, dass ich Priester geworden war, aber genauso stolz war sie darauf, dass Peter Ingenieur wurde und Helen Gesundheitsökonomin, und das galt für uns alle. Als wir erwachsen wurden, vergrößerte sich die Familie. Ehepartner, Partner, Freunde, Kinder, Enkelkinder und angeheiratete Verwandte – sie alle waren immer willkommen. Alle gehörten sie zur Familie, und alle wurden mit offenen Armen empfangen.

Eine siebenköpfige Familie galt damals in Neuseeland als sehr groß. Keiner meiner Altersgenossen hatte so viele Geschwister. Trotzdem hatte ich nie Hunger und immer ein Bett, auch wenn ich mein Zimmer mit zwei meiner Brüder teilte. Das war übrigens eine gute Übung für mein erstes Jahr in einer Ordensgemeinschaft, in der ebenfalls drei bis vier Personen in einem Zimmer schliefen. Erst als ich meine Priesterausbildung abgeschlossen hatte, bekam ich endlich ein Zimmer für mich allein. Da wir als verhältnismäßig arme Menschen in einem fortschrittlichen Sozialstaat lebten, erhielten meine Eltern für jeden von uns ein wenig Kindergeld vom Staat. Am Wochenende half mein Vater in Obstgärten in der Nachbarschaft bei der Ernte, um das Familieneinkommen aufzubessern. Meine Mutter gehörte einem sogenannten Weihnachtsclub an. Jede Woche legte sie bei unserem Lebensmittelhändler ein paar Schillinge zur Seite, damit Weihnachten genug Geld beisammen war, um ein gutes Weihnachtsessen einzukaufen. Neuseeland hatte eine [37]relativ egalitäre Gesellschaft, sodass die Distanz zwischen Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten weniger ausgeprägt war als in vielen anderen Ländern. Zum Beispiel spielte mein Vater sehr gerne Bowls, ein Kugelspiel, und nahm an Turnieren mit Spielern unterschiedlichster Herkunft teil. Meine Eltern waren eifrige Kirchgänger und führende Mitglieder ihrer Gemeinde. Menschen aus vielerlei sozialen Schichten kamen hier zusammen und übernahmen auch leitende Aufgaben in der Kirche. So wuchs ich mit dem Gefühl auf, einer recht aufgeschlossenen Gemeinschaft anzugehören, konnte mir deshalb eine Zukunft der unbegrenzten Möglichkeiten vorstellen und fühlte mich nicht durch wirtschaftliche Umstände eingeengt. Ich besuchte eine gute staatliche Schule und hätte in Neuseeland an der Universität studieren können, auch wenn ich mich dann für einen anderen Weg entschied.

Um etwas Taschengeld zu verdienen, kehrte ich nach der Schule in einigen Geschäften den Boden und brachte den Müll weg. Einige Jahre lang arbeitete ich morgens auch als Zeitungsbote. Dabei war ich so erfolgreich und dienstbeflissen, dass ich genug Weihnachtstrinkgeld bekam, um für zwei Wochen nach Auckland zu meinem Onkel und meinem Cousin zu fliegen, und sogar noch genug übrig hatte, um einen Ersatzzeitungsboten für die Zeit meiner Abwesenheit zu bezahlen. In der Oberschule gehörte ich zu den besten. Die Eltern vieler meiner Mitschüler arbeiteten in Unternehmen oder übten freie Berufe aus und waren dadurch viel wohlhabender als wir. Eine Zeit lang war mir der Beruf meines Vaters peinlich. Ironischerweise habe ich mich später, als ich mehr politisches Bewusstsein und zunehmend linke Ansichten entwickelte, für meine Reaktion geschämt. „Wie schön es doch ist, dass ich aus der Arbeiterklasse komme!“, dachte ich dann. Wie sich unsere Perspektive doch ändert!

Obwohl meine Eltern regelmäßig in die Kirche gingen, redete meine Mutter kaum über ihren Glauben, und wir hielten zu Hause keine regelmäßigen Andachten. Vor dem Abendessen sprachen wir ein Dankgebet, aber wir beteten sonst nicht gemeinsam und lasen auch nicht die Bibel im Familienkreis. Man kann sagen, dass meine Mutter ihren Glauben zum Ausdruck brachte, indem sie versuchte, ein christliches Leben zu führen, anstatt ihren Glauben zur Schau zu stellen. Sie war eine charakterfeste und liebevolle Mutter, die durch ihr Beispiel lehrte und uns genügend Freiheit ließ, uns selbst zu entfalten. Sie hatte nicht das Bedürfnis, uns ihren Glauben einzutrichtern. Sie lebte ihr christliches Leben, aber es gab genügend Freiraum, Respekt und Ehrfurcht für unseren individuellen Glauben und Lebensweg. Über die Jahre bin ich ihr für alles, was sie uns mit auf den Weg gegeben hat, zunehmend dankbar. Als Priester, der regelmäßig mit Menschen anderen Glaubens und in einem säkularen Umfeld arbeitet, bin ich ihr täglich dankbar für das, was sie uns lehrte und beispielhaft verkörperte.

Vor einigen Jahren erstellte meine Freundin Marion Keim Lees eine Sammlung mit Betrachtungen von fünfzig bekannten Südafrikanern über die [38]Frauen, die sie großgezogen haben.2 Das Buch enthält auch einen Brief, den ich meiner Mutter zu ihrem neunzigsten Geburtstag schrieb. Hier ein Auszug daraus:

Liebe Mutter,

ich habe mich gefreut, heute wieder mit Dir zu telefonieren. Als Du neunundachtzig warst, habe ich mich gefragt, ob Du es bis neunzig schaffen würdest – ziemlich beeindruckend für jemanden, der sieben Kinder zur Welt gebracht und gesundheitlich einiges mitgemacht hat. Ich bin überglücklich, dass Du neunzig geworden bist und Dich auch darüber gefreut hast. Mir kommt es vor, als hättest Du uns erst vor wenigen Tagen gesagt, dass Du hoffst, bis zum Jahr 2000 durchzuhalten.

In dem Jahr, bevor ich von zu Hause wegzog und Neuseeland verließ, um meine Priesterausbildung anzutreten und mich einer Ordensgemeinschaft anzuschließen, waren wir ebenbürtiger geworden. Wir konnten fast wie zwei Erwachsene miteinander reden. Ihr beide, Du und Papa, habt nie versucht, unsere Lebensentscheidungen zu beeinflussen, sondern habt uns bei dem, wofür wir uns entschieden, immer unterstützt. Ich war siebzehn, als ich ging, und bin seitdem nur in den Ferien zurückgekommen. Ich kann mich noch erinnern, wie Ihr für meine Priesterweihe nach Australien gekommen seid. Ich weiß, dass es für Dich auch die Erfüllung eines Lebenstraums war. Seit 1973 habe ich mein Leben in südafrikanischen Ländern verbracht. Du wüsstest, dass ich nicht mehr nach Neuseeland oder Australien zurückkehren würde, weil meine Lebensaufgabe in Afrika liege, hast Du einer Deiner Freundinnen gesagt. Ich hatte den Eindruck, dass Du meine Entscheidungen verstanden und akzeptiert hast.

Mit den Jahren bekam ich das Gefühl, dass Du wieder mit mir redest, als sei ich ein Kind. Als ich Dich danach fragte, hast Du ganz ehrlich geantwortet, dass Du mich nicht mehr kanntest und es deshalb einfacher war, wieder zur Mutter-Kind-Beziehung zurückzukehren. Ich wusste, dass Du recht hattest, aber es hat mir sehr wehgetan. Einige Jahre lang war ich verkrampft und konnte nur schwer mit Euch kommunizieren, wenn ich Euch besuchte. In den letzten Jahren hat sich das geändert, und unsere Beziehung ist jetzt wieder offen und gelöst.

Natürlich war der Anschlag auf mich in Simbabwe, bei dem ich ein Auge und beide Hände verlor, ein großer Schock für Dich. Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir ein paar Tage danach das erste Mal telefonierten. Es war wunderbar für mich, aber sicher sehr schmerzhaft für Dich, auch später, als Du mich im Krankenhaus in Australien besucht hast.

[39]In den letzten Jahren, als Deine Gesundheit sich verschlechterte, habe ich Dich oft gefragt, wie es Dir geht. Stets hast Du geantwortet, dass Dich die Kräfte verlassen, aber Du hast immer betont, dass „ich mich in mir selbst wohlfühle“, „ich emotional und spirituell 100% da bin“. Ich weiß, dass das wahr ist. Du hast ja gesagt, dass Du vor dem Tod keine Angst hast.

Vor einem Jahr ist kurz vor Weihnachten mein enger Freund Ndukenhle, den Du auch kennengelernt hast, an AIDS gestorben. Dein Mitgefühl und Deine Unterstützung in meiner Trauer haben mich zutiefst gerührt.

Oft erstaunt mich Dein beständiges Interesse an meinem Engagement bei Healing of Memories.

Eine meiner ehrenvollsten Aufgaben war es, die Heilige Messe in Deinem Haus zelebrieren und Dir das Abendmahl geben zu dürfen. Die Gelegenheiten, bei denen Du mich batest, Dir als Priester beizustehen, empfand ich als besonders ergreifend. Ich bewundere und beneide Dich manchmal sogar um die Tiefe und Schlichtheit Deines Glaubens an Gott und darum, wie Du diesen Glauben lebst.

Ich danke Dir für die bedingungslose Liebe, die Du mir und jedem Deiner sieben Kinder geschenkt hast. Sie hat mir eine grundlegende emotionale Stabilität verliehen. Danke dafür, dass Du stolz auf mich bist. Ich hoffe, dieses Stolzes würdig zu sein. Danke, dass Du meine Mutter bist.

Ich bete für Dich.

In aller Liebe

Michael

Meine Mutter starb mit dreiundneunzig, während ich an diesem Buch arbei tete. Bis zum Schluss war sie heiter und frohen Mutes, eine tief gläubige Frau und treue Anhängerin Jesu Christi. Sie besaß einen einfachen und unerschütterlichen Glauben und ihre ganz persönliche und direkte Erfahrung von Gottes Gegenwart. Sie wollte ihren Gedenkgottesdienst als Dankgottesdienst, und genauso war es dann auch.

Als Junge war ich zweifellos sehr viel gläubiger und frommer als meine Geschwister, abgesehen von meiner Schwester Irene, die zwei unterschiedlichen Klöstern beigetreten, aber in keinem lange geblieben ist. Man könnte sagen, dass ich „voll auf die Kirche abfuhr“. Als Zwölf- oder Dreizehnjähriger war ich Messdiener in gleich zwei Kirchen, einer in der Nähe von zu Hause in der Vorstadt und einer anderen in der Stadt. Als ich in der Oberschule war, ging ich jeden Mittwoch zur Frühmette, und zwar als einziger Jugendlicher unter lauter älteren und alten Menschen. Der Priester der Stadtgemeinde war mein Beichtvater und mein geistlicher Berater. „Alle dürfen, [40]keiner muss, manche sollten“ lautet ein anglikanisches Sprichwort zum Thema Beichten in Anwesenheit eines Priesters. Einen Beichtvater auszuwählen war also ein zusätzlicher Ausdruck meiner jugendlichen Religiosität.

Leider bewies ich nicht immer ein altersgerechtes Gespür für meine Grenzen und war, denke ich, mit meiner Frömmigkeit manchmal ziemlich unausstehlich. Dies führte auf jeden Fall zu Ärger in der Kirche und sogar in meiner Familie. In der anglikanischen Kirche werden Menschen als Kleinkinder getauft, und damals wurden sie im Alter von dreizehn oder vierzehn Jahren konfirmiert, wonach sie dann am Abendmahl teilnehmen durften. „Nein, dieses Jahr nicht. Auf deine Konfirmation musst du noch ein Jahr warten“, sagte mir der Priester meiner Ortskirche. „Kommt nicht in Frage“, dachte ich. Also sprach ich noch einmal mit ihm und erklärte ihm, warum ich meiner Ansicht nach bereit sei. Anfangs zögerte er zwar, gab dann aber doch nach, und ich wurde konfirmiert. Ich wusste, dass es eigensinnig war, aber ich zog es durch.

Ein weiterer bezeichnender Vorfall ereignete sich, als ein presbyterianischer Theologe mit seinen unkonventionellen Ansichten zur Wiederauferstehung ziemliches Befremden auslöste. Damals war ich erst fünfzehn oder sechzehn, ging aber schnurstracks zu einem Treffen in der presbyterianischen Kirche, wo über diese potentielle Ketzerei diskutiert wurde. Mitten in der Debatte stand ich auf, um in die Diskussion einzugreifen und meine eigenen Ansichten darzulegen. Das war unerhört, und ich verdanke es wohl der Begleitung einer Gruppe guter Christen, dass ich nicht sofort hinausbefördert wurde. „Wer ist denn dieses altkluge Kind?“, werden die sich bestimmt gedacht haben.

Die Oberschule war schwierig für mich. Schon damals wollte ich einer Ordensgemeinschaft beitreten und zeigte kein Interesse an den Machtspielchen der anderen Jungen. Auf dem Pausenhof gab es viel Streit und Aggressionen. Ich war kein guter Sportler, und die Prügeleien mit den anderen Jungen interessierten mich nicht. Ich lebte in meiner eigenen Welt, ich interessierte mich für die Kirche und die Bibliothek, in der ich viel Zeit verbrachte und Bücher über Religion und Literatur las. Durch den Einfluss meiner Schwester Irene, die eine überzeugte Pazifistin war, schottete ich mich noch mehr ab. Später las ich auch die Werke von Gandhi und Martin Luther King. Deren Ideen übten enormen Einfluss auf mich aus, der später im Seminar noch zunahm. In neuseeländischen Oberschulen musste jeder Militärdienst leisten. An staatlichen Schulen marschierten die heranwachsenden Jungen in Uniform und mit einer Waffe in der Hand hin und her und spielten Soldat – es wirkte ziemlich lächerlich. Befreit werden konnte man von dieser Pflicht nur durch einen Brief der Eltern an den Direktor der Schule. An meiner Schule waren die einzigen Kinder, die das taten, Zeugen Jehovas. Ich ließ mich jedoch nicht beirren und kündigte der Schulleitung an, dass ich nicht an [41]der Militärausbildung teilnehmen würde und auch nicht die geringste Absicht hätte, meinen Vater um einen Brief zu bitten, denn er hatte im Zweiten Weltkrieg gekämpft, und ich nahm an, dass mein Pazifismus ihn wenig begeistern würde. Meine Eltern redeten kaum über solche Dinge. Meine Mutter gab vielleicht einen missbilligenden Kommentar ab, und damit hatte es sich; mein Vater ging nie darauf ein. Ich nehme an, dass sie das Thema aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen mieden. Es liegt eine gewisse Ironie darin, dass meine armen Eltern dann Jahre später überrascht feststellen mussten, dass ich nun den bewaffneten Kampf befürwortete. Das war für sie bestimmt genauso schwer zu verdauen wie mein Pazifismus. Es war gewiss nicht leicht, meine Eltern zu sein.

Ich verursachte einigen Wirbel, setzte aber schließlich meinen Kopf durch. Ein Problem war es allerdings für mich, wenn an den Tagen der Militärausbildung die anderen Jungs in ihren Militäruniformen herumrannten, ich hingegen meine normale Schulkleidung trug. Natürlich wollten sie wissen, warum ich keine Militäruniform trug. Ich erfand Ausreden und log. Ich hatte also den Mut, mich mit der Schulleitung anzulegen, nicht aber mit meinen Mitschülern. Die Kluft zwischen ihnen und mir machte die Oberschuljahre zu einer ziemlich unangenehmen Erfahrung, sodass ich mehr und mehr Zuflucht in der Religion und der Literatur suchte. Meine relativ begrenzten Interessen führten zu mittelmäßigen schulischen Leistungen, doch war ich im letzten Schuljahr einer der Schulbesten in Englisch. Zum Glück hatten die Testosteronausbrüche der anderen Jungen mittlerweile etwas nachgelassen, und ich erfuhr von meinen Mitschülern mehr Respekt und Akzeptanz meiner Werte und Ansichten. Trotzdem war ich schon damals nicht damit einverstanden, dass die Schulzeit die schönste Zeit des Lebens sein sollte. Ich wusste, dass das nicht so war, und bin heute immer noch derselben Ansicht.

Erwachsene fragen Kinder oft, was sie werden möchten, wenn sie groß sind. Schon als Vierjähriger wollte ich Priester werden, obwohl ich damals wohl kaum richtig begriff, was das eigentlich bedeutete. Man kann jedoch nicht behaupten, ich hätte nie einen anderen Beruf in Betracht gezogen. Als Junge sammelte ich Briefmarken und wollte zeitweilig ein Briefmarkengeschäft aufmachen. Später, in der Oberschule, bewarb ich mich für eine Arbeit in der neuseeländischen Justizverwaltung, auch weil mir dies geholfen hätte, ein Studium an einer Universität zu finanzieren. Da ich praktisch veranlagt bin, hatte ich immer einen Plan B, falls sich meine Berufspläne in der Kirche nicht verwirklichen ließen. Als ich noch sehr klein war, träumte ich auch davon, Clown zu werden. Der Zirkus faszinierte mich, und ich genoss den Spaß und die Aufregung. Außerdem gibt es im Zirkus ebenso wie in der Kirche viel Prunk und Drama, was mir als Kind gefiel. Humor war für mich immer wichtig. Ich finde, es ist gesund, über sich selbst lachen und die lustige Seite der Dinge sehen zu können. Das habe ich von meiner Mutter geerbt. In vielen Gesellschaften ist ein Clown eine Figur, die den Menschen [42]Dinge sagt, die sie vielleicht nicht hören wollen, und das kann auch ein wichtiger Aspekt der Priesterarbeit sein. So hielt ich es für treffend, als mein Bruder Peter mich bei meiner Priesterweihe dazu beglückwünschte, beide Ziele erreicht zu haben. Trotz Peters Worten habe ich es nie bis in den Zirkus geschafft, obwohl einige meiner weltlicheren Freunde mir an dieser Stelle vielleicht widersprechen würden.

Durch Irene lernte ich sozusagen die katholische Seite der anglikanischen Kirche kennen. Sie war Mitglied einer Gemeinde in Auckland, die stark in der katholischen oder hochkirchlichen Tradition wurzelte. Im sechzehnten Jahrhundert unterdrückte Heinrich VIII. die Ordensgemeinschaften und ordnete die Auflösung der Klöster an. Im neunzehnten Jahrhundert aber wurden im Zuge des Wiederauflebens des Katholizismus wieder Orden in die anglikanische Kirche eingegliedert, wenn auch mit wenigen Mitgliedern. Alles an der Kirche faszinierte mich, und ich sah mich schon nicht nur als normalen Gemeindepfarrer, sondern als Mitglied eines dieser anglikanischen Orden. Ich las zahlreiche Bücher über Mönche und Nonnen, die mich als gläubigen Jungen fesselten. 1963 las ich in der ersten Ausgabe von „Anglican World“, einer illustrierten Hochglanzzeitschrift der anglikanischen Kirche, einen Artikel über St. Michael’s House, den australischen Sitz der Society of the Sacred Mission (SSM). Ich schrieb dem dortigen Provinzial einen Brief, in dem ich mein Interesse an ihrer Ausbildung bekundete. Zumindest in meiner Vorstellung war ich schon bereit, von zu Hause wegzugehen und auf der Stelle mit der Ausbildung zu beginnen, aber er antwortete: „Da Du erst dreizehn Jahre alt bist, brauchst Du Dir noch keine Sorgen um Deine Ausbildung zu machen“. So musste ich auf die Verwirklichung meines Traumes bis zum Schulabschluss warten, aber ich gab ihn niemals auf. Durch den Beitritt zu einer Ordensgemeinschaft kam ich auf meine Art der radikalen Forderung nach, Jesus zu folgen und das Evangelium bis zur letzten Konsequenz zu leben. Mein Identitätsgefühl und meine Weltanschauung gingen völlig in der Glaubensgemeinschaft auf, und ich hatte eine sehr romantische Vorstellung davon, was es heißt, einem Orden anzugehören. Ich glaubte auch, dass eine Ordensgemeinschaft mich besser auf das Priesteramt vorbereiten würde. Meiner Fantasie Leben einzuhauchen und mit der Realität des Lebens in einer Ordensgemeinschaft zurechtzukommen, das blieb natürlich späteren Jahren vorbehalten.

Hätte ich den traditionellen neuseeländischen Weg zum Priestertum verfolgt, wäre meine Eignung wohl auf die Probe gestellt worden. Wenn die Kirche eingewilligt hätte, wäre ich dann vielleicht in eine theologische Ausbildungsstätte geschickt worden, doch hätte ich möglicherweise auch zuerst eine Hochschulausbildung absolvieren müssen, bevor ich mich im Priesterseminar hätte einschreiben können. Einer Ordensgemeinschaft hätte ich erst nach meiner Priesterweihe beitreten können. Das hätte alles Jahre dauern können, aber ich war ein Junge, der es eilig hatte. Eine andere Zukunft als [43]das Priestertum konnte ich mir nicht vorstellen, und die Freiheit dieser Entscheidung wollte ich mir, wenn irgend möglich, nicht nehmen lassen. In so mancher Hinsicht war ich ein perfekter Kandidat für die SSM. Sie wurde im neunzehnten Jahrhundert in England gegründet, um Jungen aus der Arbeiterklasse, die nicht nach Oxford oder Cambridge gehen konnten, einen Weg zum Priesteramt zu eröffnen. Von Anfang an bot die SSM eine qualitativ hochwertige Priesterausbildung ohne Universitätsstudium an. Die Priesterausbildung war eines der Ziele der SSM; sie wurde als Ergänzung zu einem möglichen Ordensbeitritt, aber unabhängig davon angeboten. So befanden sich in St. Michael’s House junge Männer, die Priester werden, und einige wenige, die wie ich dem Orden beitreten wollten. Andere anglikanische Orden hätten nicht nur von mir erwartet, dass ich zuerst ein Hochschulstudium und eine theologische Ausbildung abschließe, sondern ließen zum Teil nicht einmal Kandidaten zu, die jünger waren als einundzwanzig. Dagegen nahm mich die SSM mit siebzehn auf.

Als Mitglied der römisch-katholischen Kirche wäre es nichts Außergewöhnliches gewesen, in meinem Alter einem Orden beizutreten. Die anglikanische Kirche vertrat jedoch die Auffassung, dass es unklug sei, Jungen den Beitritt zu gestatten, bevor sie sich emotional etwas abreagiert hatten. Es handelt sich immerhin um ein sehr weitgehendes Engagement, das die lebenslang gültigen Gelübde von Armut, Zölibat und Gehorsam mit sich bringt. Wie bei der britischen Armee, hieß es manchmal, denn auch ihr kann man schon mit sechzehn beitreten und es später vielleicht bereuen, aber dort muss man weiß Gott keinen Zölibat geloben! Ich konnte der Ordensgemeinschaft jedoch gar nicht schnell genug beitreten und wollte keine Zeit verschwenden. Meine Eltern akzeptierten mein Vorhaben. Als Eltern ließen sie jeden von uns seinen eigenen Weg finden und akzeptierten unsere Wahl. Mehrere meiner Geschwister hatten unser Elternhaus mit siebzehn oder achtzehn verlassen und lebten selbstständig. Mein Gemeindepfarrer jedoch war etwas schockiert und gab mir zu verstehen, dass es doch eine gute Idee wäre, noch ein oder zwei Jahre zu warten. Aber ich war ziemlich eigensinnig und ging außerdem mit dem Einverständnis meiner Eltern von zu Hause weg. Ob sie es für voreilig hielten, ist eine andere Frage. Wenn ja, sagten sie jedenfalls nichts. Ich bin auch heute noch froh, damals diese Entscheidung getroffen zu haben, stimme im Nachhinein aber zu, dass es wahrscheinlich besser ist, wenn Bewerber mehr Lebenserfahrung haben, bevor sie einem Orden beitreten.

So erschien ich also in St. Michael’s House, dem Hauptsitz der SSM, der auf den Hügeln in der Nähe von Adelaide gelegen war. Ich war siebzehn Jahre alt, und meine erste Anfrage lag genau vier Jahre zurück. Ich war für die Priesterausbildung angenommen worden, ohne die Verpflichtung, dem Orden beizutreten. Nun war ich da und hatte Neuseeland, mein Heimatland, zum ersten Mal verlassen. Die Umstellung fiel mir nicht leicht. Ich musste [44]mich daran gewöhnen, mit siebzig anderen Menschen in einem Haus zu wohnen. Außerdem hatte ich mehr gelesen und war vielleicht auch öfter in die Kirche gegangen als die meisten anderen Jungen, von denen viele schon über zwanzig waren. Ich nehme an, dass ich ein naiver Siebzehnjähriger war. Ich erwartete im Priesterseminar und in der Gemeinschaft eine Glaubenstiefe, die dort nicht immer vorhanden war. Die anderen betrachteten mich ihrerseits als kleinen, übertrieben religiösen Streber.

Ich war immer noch fest entschlossen, einem Orden beizutreten, und so versuchte ich es am Ende meines ersten Jahres dort mit einem „Deal“. Ich würde dem Orden als Novize beitreten, unter der Bedingung, dass ich nach Neuseeland zurückkehren und dort eine neue Ordensgemeinschaft gründen dürfte. Obwohl ich Heimweh hatte, waren meine Beweggründe kaum oder gar nicht darauf zurückzuführen. Vielmehr sah ich mich als Brückenkopf für die Gründung einer neuen anglikanischen Gemeinde. Ich war nun ganze achtzehn Jahre alt, hatte das erste Jahr meiner Priesterausbildung hinter mir und verfügte, um einen sehr anschaulichen jiddischen Ausdruck zu verwenden, über ein gehöriges Maß an Chuzpe – also ein für mein Alter sehr ausgeprägtes Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten. Die Mächtigen in der SSM lehnten meinen Vorschlag ab, was wohl nicht weiter verwunderlich war. Ich durfte mich als Novize bewerben, aber ohne jegliche Bedingungen. Also bewarb ich mich und wurde angenommen. Das war 1968, ich begann das zweite Jahr meiner theologischen Ausbildung und war zum Novizen der SSM-Gemeinschaft geworden.

Das Jahr 1971 war für mich von zwei Ereignissen geprägt: Ich wurde Vollmitglied der SSM, und ich wurde zum Diakon geweiht. Vollmitglieder widmen ihr Leben dem Dienst Gottes, binden sich für ihr ganzes Leben an den Orden und leisten die Gelübde der Armut, des Zölibats und des Gehorsams. In der Praxis bedeutet dies, dass Einkommen und Besitz der Gemeinschaft gehören, die Mitglieder nicht heiraten und lebenswichtige Entscheidungen nur im Einvernehmen mit der Gemeinschaft getroffen werden. Ich war erst zweiundzwanzig Jahre alt, aber ich war bereit. Diese Entscheidung habe ich nie bereut.

Noch im selben Jahr wurde ich zum Diakon geweiht. Nach dem Kirchenrecht muss man vierundzwanzig Jahre alt sein, um zum Priester geweiht zu werden, und normalerweise dreiundzwanzig, um Diakon zu werden. Es gab jedoch eine Ausnahme, nach der man auch früher Diakon werden konnte, und so wurde ich unter dieser Ausnahmeregelung geweiht. Ich war zwar in Australien ausgebildet worden, doch dank einer besonderen Vereinbarung zwischen dem Bischof von Canberra und dem Bischof von Waiapu in Neuseeland fand die Ordinierung in meiner Heimatkirche in Hastings statt, wo ich aufgewachsen war. Das Schöne daran war, dass meine ganze Familie, sogar meine hochbetagte Großmutter mütterlicherseits, anwesend sein konnten. Paul Reeves, der Bischof von Waiapu, der mich zum Diakon weihte, [45]wurde übrigens später Generalgouverneur von Neuseeland. Er besuchte mich im Krankenhaus in Australien, und als ich nach dem Anschlag nach Neuseeland zurückkehrte, wohnte ich bei ihm in seinem Amtssitz.

Die drastischen Anforderungen des Lebens in einer Ordensgemeinschaft sind nicht jedermanns Sache. Für mich ist der Glaube eine Suche nach dem, was es heißt, Mensch zu sein. Einem Orden beizutreten ist für einen Christen ein möglicher Weg – nicht unbedingt der beste und bestimmt nicht der einzige – dieser Suche Sinn zu verleihen. Die Gelübde der Armut, des Zölibats und des Gehorsams zu leisten, gibt uns die Freiheit, unbeschwert die Welt zu bereisen, frei von Besitz und Familienverantwortung, und uns bei wichtigen Entscheidungen auf die Weisheit der Gemeinschaft verlassen zu können. Was den Zölibat angeht, habe ich meine eigene Entwicklung durchgemacht und anderen Menschen zugehört und bin zu dem Schluss gekommen, dass die meisten Menschen Schwierigkeiten mit ihrer Sexualität haben, wie immer diese auch aussehen mag. Ich denke, sie führt immer zu Versuchungen, innerem Ringen und Spannungen.

Sogar in meinem Orden haben einige eine Midlife-Crisis durchgemacht und ihren Zölibat hinterfragt. Einige sind aus dem Orden ausgetreten, um zu heiraten. Zwei davon waren zu meinem Erstaunen über achtzig. Solche Krisen gehören zum Menschenleben und sind manchmal weniger auf Sexualität als auf Einsamkeit und das Bedürfnis nach einem Partner zurückzuführen. Wenn man heiratet, entscheidet man sich dafür, jeden Tag verheiratet zu sein. Genauso ist es mit dem Zölibat. Die meisten von uns leben mit der Tatsache, das wir irgendwo tief im Innern unseren Lebensweg allein zurücklegen und am Ende allein sterben. Dadurch verbirgt sich in unserem Innern eine existentielle Einsamkeit, ganz gleich wie innig verbunden und nah wir unserem Ehepartner sind. Diese Realität bedeutet andererseits, dass man als Zölibatär die brüderliche Unterstützung und Zuwendung seiner Gemeinschaft genießt. „Und wer verläßt Häuser oder Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder Äcker um meines Namens willen, der wird’s hundertfältig nehmen und das ewige Leben ererben“, lautet eine Passage in Matthäus 19. Selbst wenn man also seine natürliche Familie verlassen hat, wird man Teil einer anderen Familie. In meinem Leben ist der Kreis dieser Familie von Jahr zu Jahr größer geworden, sodass sie nun aus der ganzen Menschheit besteht.

Nach meiner Ordinierung als Diakon kehrte ich nach Australien zurück und wurde als eine Art Hilfspfarrer in Canberra eingesetzt. Plötzlich teilte ich mit nur drei Brüdern ein kleines Haus auf der anderen Seite der Stadt. Die zwei Jahre, die ich dort verbrachte, glichen einer verlängerten Hochzeitsreise. Ich genoss es richtig, jung zu sein – vielleicht zum ersten Mal. Das war in den frühen Siebzigern und in der Zeit der Flower-Power-Bewegung. Ich war jung und frisch geweiht. Ich fuhr mit einem kleinen Motorrad zur Gemeinde, meine langen Haare guckten unter dem blumenverzierten Helm hervor, und [46]mein Habit flatterte im Wind. Ich liebte die Gemeinde und sie mich. Ich blühte wirklich in jeder Hinsicht auf. Ich arbeitete dort voller Begeisterung und wurde von der Gemeinde herzlich aufgenommen. Mit dem Gemeindepfarrer, Jim Tregea, verstand ich mich sehr gut, und seit dieser Zeit bin ich mit ihm und seiner Frau Helen befreundet. Sie sind einfach wundervolle Menschen.

Mitte 1973 war es dann endlich soweit: Ich war alt genug, um die Priesterweihe zu empfangen. In den Monaten vor meiner Weihe traf ich manchmal den Bischof, der mich jedes Mal fragte, ob ich denn nun alt genug sei. Am 2. Juni wurde ich vierundzwanzig Jahre alt, und am 29. Juni fand meine Priesterweihe statt. Meine Eltern und meine jüngere Schwester Margaret kamen aus Neuseeland, um der Zeremonie beizuwohnen. Es war das erste [47]Mal, dass meine Mutter Neuseeland verließ. Nach meinem ersten Gottesdienst bemerkte jemand, dass er den Eindruck hätte, ich hätte bereits mein Leben lang Gottesdienste abgehalten. Darauf erwiderte Pater Thomas Brown, der auch der SSM angehört, mit einem schiefen Lächeln, dass das wahrscheinlich zutraf und ich wohl zwanzig Jahre lang geübt hätte.


Ich wusste, dass der Orden mich möglicherweise ins Ausland schicken würde, und nach einiger Überlegung beantragte ich, nach Japan entsandt zu werden. Von wegen! Kurz darauf wurde entschieden, dass ich nach Südafrika gehen sollte. Ich weiß heute noch nicht, wer diese Entscheidung traf und warum. Ich kann mich erinnern, in jener Nacht nicht geschlafen zu haben, weil ich instinktiv wusste, dass sich mein Leben für immer verändern würde. In der Tat sollten mein Glaube und mein Mut auf eine Art und Weise auf die Probe gestellt werden, wie ich es mir nie hätte ausmalen können.

2 uMama: Recollections of South African Mothers and Grandmothers, Kapstadt: Umuzi, 2009.
Mit den Narben der Apartheid

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