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Sehen und gesehen werden

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»Ja, aus den Augen, aus dem Sinn.«

Johann Wolfgang von Goethe: Faust,

der Tragödie erster Teil

»Ich kann den Blick nicht von euch wenden, ich muss euch anschaun immerdar.«

Ferdinand Freiligrath: Die Auswanderer

Nur ein unauffälliger Schiedsrichter ist ein guter Schiedsrichter. So lautete jahrzehntelang das Credo der Zunft. Damit ist es lange vorbei. Heute steht der Referee im Flut- und Rampenlicht. Er steht dort gern und auch gut. Nicht nur, weil »manche Vorkommnisse auf dem Rasen es erfordern, ›auffällig‹ zu werden und mit Strenge und Unnachgiebigkeit markante Entscheidungen zu treffen« (Rainer Moritz). Ein gänzlich unauffälliger Schiedsrichter kann für heillose Verwirrung sorgen. Wie Hellmut Krug, der einmal eine Halbzeit lang einfach nicht zu orten war. Kollege Hans Rößlein schrieb ihm einen geharnischten offenen Brief.

»Sonntagabend, ich schalte den Fernseher ein. Das Bundesligaspiel Hertha BSC – Hansa Rostock wird aus dem Berliner Olympiastadion übertragen. Doch was muss ich sehen? Ich glaube, ich traue meinen Augen nicht, denn das Spiel wird ohne Schiri durchgeführt. Erst nach ein paar Minuten konnte ich feststellen, dass dem nicht so ist: Deutschlands Spitzen-Referee Hellmut Krug leitete diese Partie mit seinen Assistenten, allerdings in der gleichen Farbe – rot! – wie eine der spielenden Mannschaften. Diesen Fehler hat er erst später bemerkt und sich in der Halbzeitpause umgezogen. Siehe da, plötzlich hat man das Schiri-Team bemerkt. Selbst der Reporter hat dies mehrmals erwähnt, dass der Schiedsrichter jetzt zu sehen ist. Ich frage mich: was hat das Team vor dem Spiel gemacht? Der DFB stellt seinen Schiris sämtliche Farben zur Verfügung, um diese auch zu tragen (und dabei zu haben). Hier wurde die Sorgfaltspflicht und die Aufgabe vor dem Spiel – Kontrolle der Spielkleidung – nicht beachtet.

Ich meine: Gelb-Rot, Herr Krug! Und mindestens zwei Spiele weniger. Und nicht zuletzt: Das ganze Team zum Sehtest!«

Zur Ehrenrettung von Hellmut Krug muss gesagt werden, dass er auch in Halbzeit eins alles Wesentliche, darunter zwei Tore von René Schneider und Ali Daei und ein Eigentor von Uwe Ehlers (Endstand 5 : 2), tadellos im Blick hatte.

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