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NACH AUßEN DEUTET SICH EINE BILDERBUCHKARRIERE AN

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Hinter der Profimannschaft der Borussia liegen bewegte Wochen. Der vormalige Jugend- und Amateurtrainer Meier, der die Bundesligamannschaft Ende 1997 übernommen hatte, ist bereits im Frühjahr 1998 nach nur elf Bundesligaspielen wegen anhaltender Erfolglosigkeit wieder ins zweite Glied zurückbeordert worden. Unter dem neuen Trainer Friedel Rausch schafft der Klub 1998 in den sechs verbleibenden Spielen den kaum noch für möglich gehaltenen Klassenverbleib. Rausch, der von Zeit zu Zeit die Spiele der eigenen Amateurmannschaft beobachtet, ist begeistert von Deislers Fähigkeiten. Er holt ihn schon in der Saisonvorbereitung zum Training der ersten Mannschaft und stellt fest, dass der junge Mann keinerlei Schwierigkeiten mit dem üblichen Niveau hat. Im Training mit den gestandenen Profis blüht Deisler richtig auf, hier fühlt er sich anerkannt und akzeptiert. Schon im dritten Spiel der Bundesligasaison 1998/99 feiert er gegen Eintracht Frankfurt sein Bundesligadebüt für Borussia Mönchengladbach, da sind gerade einmal sechs Wochen seit dem Finale der U-18-Europameisterschaft vergangen. Ab dem fünften Bundesligaspieltag gehört Deisler zur Startelf der Borussia, anstelle Karlheinz Pflipsens, was deshalb schon erwähnenswert ist, da Pflipsen zehn Jahre älter ist als Deisler, unzählige Tore geschossen und die Erfahrung von knapp 190 Bundesligaspielen in den Knochen hat. Die Gladbacher Fans hätten in Pflipsen zu gern den Nachfolger des zum FC Bayern abgewanderten Stefan Effenberg gesehen.

Ende Oktober 1998 empfängt Gladbach die Mannschaft von Bayer Leverkusen zum rheinischen Derby. Es sieht nicht gut aus für die Gladbacher, die zahlreiche verletzte und nicht einsatzfähige Spieler zu beklagen haben. Sie werden im eigenen Stadion vorgeführt. Die Mannschaft ist verunsichert, niemand nimmt das Heft in die Hand. Auf den Rängen regt sich Unmut, die Fans haben das Gefühl, dass es bei nahezu jedem Angriff des Gegners im eigenen Kasten klingelt: 1:8 (!) steht es nach etwa einer Stunde Spielzeit. Und dann taucht da wieder dieser Leverkusener Zé Roberto »mit seinem 16-fachen Übersteiger« auf, wie sich Deisler erinnert. Komm nur her!, sagt er sich und fliegt ihm in seinem Übermut schon entgegen. Gott sei Dank passiert Zé Roberto nichts, aber Deisler verletzt sich am Knie. Es ist das rechte. Dieses Knie wird später noch einmal die Nation in Atem halten – an ihm werden zwei Weltmeisterschaftsteilnahmen zerschellen. An jenem Tag ist es lediglich ein Meniskus- und Kreuzbandanriss, wie sich nach eingehenden Untersuchungen herausstellt. Deisler wird in Straubing operiert. Es ist seine erste schwere Verletzung, aufhalten aber kann sie den Aufstieg des jungen Mannes nicht.

Im Frühjahr 1999 kehrt Deisler in die Gladbacher Bundesligamannschaft zurück, für die es ohne ihn gar nicht gut lief. Nach der 2:8-Niederlage gegen Leverkusen und einem 1:7 in Wolfsburg hatten noch im November Trainer Rausch und Manager Rolf Rüssmann gehen müssen. Nach wie vor befindet sich die Borussia in akuter Abstiegsgefahr, und Rainer Bonhof hat mittlerweile das Training übernommen. Der Weltmeister von 1974 spielte zwischen 1970 und 1978 bei den »Fohlen«, war an vier deutschen Meisterschaften und einem Pokalsieg beteiligt. Er ist eine Ikone am Bökelberg. Bonhof und Deisler kennen und schätzen sich. Als früherer DFB-Nachwuchstrainer weiß Bonhof, was in Deislers Füßen steckt. »Ich habe damals schon gedacht, dass er ein ganz Großer wird, wenn er in seinen Leistungen stabil bleibt. Und das ist ja später auch bestätigt worden«, sagt Bonhof wenige Jahre später. Bei Deisler hat sich in der Zwischenzeit etwas getan. Er hat sich eine eigene Wohnung angemietet und genießt seine neue Freiheit und Selbstständigkeit. Und er hat eine feste Beziehung. Diese geht zwei, drei Monate gut, dann beendet er sie, weil die Gute, eine Gladbacherin, sich weniger in ihn, als vielmehr in seine sich abzeichnende Karriere verliebt hat.

Sebastian Deisler

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