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2.4.2 Inhaltliche Relevanz

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Eine verstärkte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen sach- und fachintegrierter Lehr- und Lernprozesse setzte erst in den 1980er und 1990er Jahren ein1. Im Hinblick auf das Schulsystem in europäischen Ländern waren dafür die länderübergreifenden sprachenpolitischen Initiativen ein ausschlaggebender Faktor. Ein weiterer wichtiger Impuls für diese Entwicklung ging jedoch auch von den Problemen aus, die sich in der Praxis des kommunikativen Fremdsprachenunterrichts abzeichneten. Gemeint ist hier vor allem die Tendenz, die Auswahl und die Gestaltung von Texten und Aktivitäten vorrangig an sprachlichen Lernzielen bzw. der Förderung einzelner sprachlicher Fertigkeiten zu orientieren und damit die Inhalte zu vernachlässigen oder sogar zu trivialisieren (vgl. Legutke/Thomas 1991:15; Pennycook 1990:13).

Die Folgen lassen sich bis heute an vielen Lehrwerken ablesen, die oft ein buntes Sammelsurium an mehr oder weniger beziehungslos aneinandergereihten und eher oberflächlich aufbereiteten Themen enthalten2. Auf diese Weise erhöhen sich zwar die Chancen, ein breites Spektrum an Interessen der Lernenden abzudecken, doch der inhaltliche Tiefgang leidet. Beispielsweise wird das Potenzial, das jeder Gegenstand bietet, um die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Perspektiven anzustoßen und damit Differenzerfahrungen zu ermöglichen, tendenziell nicht ausgeschöpft. Die dezidierte Kritik an dieser Schwachstelle kommunikativ ausgerichteter Settings setzte bereits in den 1980er Jahren ein, sie wurde in der Folgezeit vor allem von Überlegungen zum literarischen und interkulturellen Lernpotenzial des Fremdsprachenunterrichts vorangetrieben (z.B. Bredella/Legutke 1985; Hunfeld 1990; Kramsch 1993) und hat bis heute nichts an Überzeugungskraft eingebüßt (vgl. Byram/Wagner 2018).

Zweifellos lassen sich – diese Kritik beiseiteschiebend – viele gute Gründe dafür finden, den Fremdsprachenunterricht auf das Training sprachlicher Fertigkeiten für den alltäglichen Gebrauch zu konzentrieren, wie es im Deutschunterricht an japanischen Universitäten überwiegend der Fall ist (vgl. JGG-Komitee 2013:32). Das bedeutet jedoch, die Möglichkeiten der kommunikativen Didaktik auf einen engen Ausschnitt zu begrenzen. Der fach- und sprachinte­grierte Ansatz ruft in Erinnerung, dass diese ihre Legitimität aus der Relevanz der Interaktion im Klassenraum gewinnt. Es geht nicht in erster Linie darum, die fremde Sprache einzuüben oder ihren Gebrauch zu imitieren. Die Lernenden sollen sie vielmehr als ein Instrument erleben, das ihnen neue Sicht- und Denkweisen erschließt, das ihnen hilft, ihr Selbstverständnis weiterzuentwickeln und das es ihnen nicht zuletzt ermöglicht, gemeinsam mit anderen zu handeln. Thematische Beliebigkeit und Belanglosigkeit tragen dazu bei, diese Basis der kommunikativen Fremdsprachendidaktik zu untergraben (vgl. auch Grenfell 2002:26; Stoller/Grabe 2017).

Der fach- und sprachintegrierte Ansatz stellt somit keinen Gegenentwurf zur kommunikativen Fremdsprachendidaktik dar, sondern eine ihrer Varianten. Konsequent wird die Schlüsselfunktion, die den Inhalten bei der Entwicklung fremdsprachlicher Diskursfähigkeit zukommt in den Fokus gerückt, ohne zugleich ein bestimmtes methodisches Vorgehen nahezulegen (Brinton/Snow 2017:15). Fach- und sprachintegriertes Unterrichten gründet auf der Annahme, dass Fremdsprachen in einem institutionellen Kontext gerade dann effektiv gelernt werden können, wenn sie als Werkzeug dienen, um an der Bewältigung inhaltlicher Fragestellungen zu arbeiten. Die Energiequelle des Unterrichts wird also im kognitiven Engagement der Lernenden mit den Inhalten gesehen. Es geht um die Verknüpfung von anspruchsvollen Denkprozessen mit einer auf akademisches Niveau abzielenden sprachlichen Entwicklung (Llinares/Morton 2010; Llinares et al. 2012:47). Formale Syllabi oder die isolierte Förderung einzelner fremdsprachlicher Fertigkeiten haben daher in diesem Ansatz nur am Rande Platz.

Der große Vorteil des fach- und sprachintegrierten Unterrichts wird darin gesehen, dass die Lernenden der fremden Sprache, ihren Formen und Funktionen, in vielfältigen Verwendungssituationen und Textsorten begegnen, immer eingebunden in einen thematischen Zusammenhang. Das, so die Hoffnung, führe zu nachhaltigeren Sprachlernprozessen und einem authentischeren Sprachgebrauch. Nicht zuletzt setzt man auf die motivierenden Effekte, die von einer Beschäftigung mit als relevant und herausfordernd empfundenen Inhalten ausgehen (Brinton/Snow 2017:4).

Fach- und sprachintegrierter Unterricht an der Universität

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