Читать книгу Fach- und sprachintegrierter Unterricht an der Universität - Michael Schart - Страница 20
2.4.3 Empirische Erkenntnisse
ОглавлениеEmpirische Forschungen kamen in den zurückliegenden Jahren tatsächlich immer wieder zu dem Ergebnis, dass Lernende in fach- und sprachintegrierten Settings größere fremdsprachliche Lernfortschritte erreichen als Lernende in eher konventionellen kommunikativen Unterrichtsdesigns. Diese Tendenz zeigt sich etwa bei den rezeptiven Fertigkeiten und der lexikalischen Kompetenz. Auch die Diskurskompetenz entwickelt sich besser, was sich unter anderem an der Flüssigkeit und Komplexität der Äußerungen ablesen lässt, an den strategischen Fähigkeiten der Lernenden, aber auch an ihrer Selbstsicherheit beim Gebrauch der Fremdsprache (Dalton-Puffer 2011; Lasagabaster 2010; Lyster 2007:6f).
Sehr deutlich treten diese Effekte beispielsweise in der DESI-Studie zu Tage. „Die Ergebnisse der Untersuchungen zum bilingualen Sachfachunterricht Englisch in DESI belegen erstmalig in einer großen Stichprobe, dass das Konzept von bilingualem Sachfachunterricht die mit ihm verbundenen Hoffnungen umfassend erfüllt.“, wie Nold (2008:457) die Erkenntnisse zusammenfasst. Die betreffenden Schülerinnen und Schüler der neunten Klasse waren hinsichtlich des sprachlichen Niveaus in Englisch ihren Altersgenossen um mindestens ein Schuljahr voraus.
Eine Garantie für das Gelingen inhaltsbasierter Unterrichtskonzepte geht mit solchen Ergebnissen natürlich nicht einher, denn sie sind immer an die besonderen lokalen Kontexte gebunden. So kann sich etwa der bilinguale Sachfachunterricht in der Sekundarstufe auch auf die Kompetenzen stützen, die zeitgleich im regulären Fremdsprachenunterricht gefördert werden bzw. sich dort zuvor herausgebildet haben. Und die positiven Resultate in Vergleichsstudien sind zum Teil darauf zurückzuführen, dass sich vor allem die leistungsstärkeren Schülerinnen und Schüler von bilingualen Zweigen angezogen fühlen (Dalton-Puffer 2011:186). Auch die positiven Effekte auf die Motivation der Lernenden in fach- und sprachintegrierten Programmen, wie sie von Lyster (2017) beschrieben werden, ergeben sich nicht unmittelbar aus der Verbindung von Fach und Sprache, sondern erfordern weitere förderliche Bedingungen. So lässt sich aus der Studie von Merino/Lasagabaster (2018) lernen, wie die motivierende Wirkung von Programmen mit ihrer Intensität zusammenhängen kann.
Zum Gesamtbild gehören somit auch die Erkenntnisse, die auf die Schwachstellen fach- und sprachintegrierter Unterrichtskonzepte hinweisen und die unter bestimmten Bedingungen ausschlaggebend für deren Erfolg – oder eben auch Misserfolg sein können. Auf einen dieser problematischen Punkte verweist die Frage, wie es Lernenden gelingt, sich eine fremde Sprache anzueignen, ohne deren Systematik zu reflektieren.
Zunächst ging man bei diesem Ansatz im Sinne der Input-Hypothese (Krashen 1981) tatsächlich davon aus, dass sich die positiven Effekte auf die fremdsprachlichen Kompetenzen gleichsam en passant einstellen würden. Empirische Befunde legen jedoch eine differenziertere Sicht auf die Rolle formaler Aspekte des Spracherwerbs nahe oder wie Lightbown (2014:129) es formuliert: „Language aquisition does not take care of itself.“ Als konkrete Beispiele wird dabei gerne auf Immersionsprogramme verwiesen, bei denen sich immer wieder herausstellte, dass für die Lernenden höhere Niveaustufen grammatischer Kompetenz kaum zu erreichen sind (vgl. Ellis/Shintani 2014:16).
Um die Lernenden auch bei der Entwicklung der formalen Korrektheit ihres Sprachgebrauchs zu unterstützen, so der momentane Forschungsstand, sollten inhaltsbasierte Unterrichtsdesigns Phasen vorsehen, in denen über sprachliche Formen und Funktionen gezielt nachgedacht wird. Und diese sind vor allem dann notwendig, wenn die Lernenden – im Unterschied zum bilingualen Sachfachunterricht an deutschen Schulen – keine begleitenden Fremdsprachenkurse besuchen. Lyster (2007/2017) plädiert daher für einen counterbalanced approach, ein Modell fach- und sprachintegrierten Unterrichts, der ausreichend Raum lässt für formale und funktionale Sprachbetrachtung. Auch wenn der Schwerpunkt auf den inhaltlichen Lernprozessen liegt, wird der Unterricht so gestaltet, dass die Aufmerksamkeit der Lernenden immer wieder darauf gelenkt wird, welche Rolle sprachlichen Strukturen bei der Realisierung von Handlungsabsichten und bei der Bedeutungskonstitution zukommt.