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Kapitel 1

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Michael H. Schenk

Die Pferdelords 3

- Die Barbaren des Dünenlandes -

Fantasy-Roman

© Überarbeitete Neuauflage Michael Schenk 2020

Vorwort

Die Leserschaft der Serie „Die Pferdelords“ wird im ersten Roman eine große Nähe zu den Verfilmungen von „Der-Herr-der-Ringe“ feststellen. Dies war eine Bedingung des damaligen Verlages, meine auf zwölf Bände festgelegte Reihe überhaupt zu veröffentlichen, da man sich dadurch einen größeren Umsatz versprach. Ich stand also vor der Wahl, nicht veröffentlicht zu werden oder mich dieser Forderung zu stellen. Ich entschied mich für meine „Pferdelords“ und nahm einen raschen Genozid an ihren ursprünglich gedachten Feinden, den Walven, vor, um diese durch die Orks zu ersetzen. Man möge mir diesen Eigennutz verzeihen, doch damals war dies der einzige Weg, meine Pferdelords in den Sattel zu heben.

Die Pferdelords bieten detailreiche und spannende Abenteuer, in der die Völker mit ihrer jeweils eigenen Geschichte und Kultur zum Leben erweckt werden. Wem die tatsächlichen oder scheinbaren Wiederholungen von Beschreibungen in den Bänden auffallen, der wird feststellen, dass sie die Entwicklung der Völker und ihrer Siedlungen aufgreifen, denn bei den insgesamt zwölf Bänden handelt es sich um eine Chronologie. Im Lauf der Zeit entsteht aus dem Tauschhandel eine Währung, aus dem schlichten Signalfeuer ein kompliziertes optisches Instrument, man entdeckt das Schießpulver und die Dampfmaschine sowie schließlich sogar das Luftschiff. Man begleitet den Knaben Nedeam, der schon bald als Schwertmann und Reiter und schließlich sogar als Pferdefürst an der Seite seiner Freunde steht. Man begleitet den ehrenhaften Orkkrieger Fangschlag und auch dessen hinterlistigen Gegenspieler Einohr.

Meine Leser begegnen alten und neuen Völkern, doch selbst jenen, die man zu kennen glaubt, gewinne ich manche neue Seite ab.

Es erwartet Sie also eine spannende Saga um mein Pferdevolk und ihre Freunde und Feinde.

Die Pferdelords-Reihe:

Pferdelords 01 – Der Sturm der Orks

Pferdelords 02 – Die Kristallstadt der Zwerge

Pferdelords 03 – Die Barbaren des Dünenlandes

Pferdelords 04 – Das verborgene Haus der Elfen

Pferdelords 05 – Die Korsaren von Um´briel

Pferdelords 06 – Die Paladine der toten Stadt

Pferdelords 07 – Das vergangene Reich von Jalanne

Pferdelords 08 – Das Volk der Lederschwingen

Pferdelords 09 – Die Nachtläufer des Todes

Pferdelords 10 – Die Bruderschaft des Kreuzes

Pferdelords 11 – Die Schmieden von Rumak

Pferdelords 12 – Der Ritt zu den goldenen Wolken

Mein Dank gilt dem Verlag WELTBILD, der es mir ermöglichte, die von ihm lektorierten Manuskripte für die weiteren Veröffentlichungen als e-Book zu verwenden und so dazu beitrug, dass diese Serie weiterhin im Handel erhältlich ist.

Die vorliegende Neuauflage der e-Books wurde von mir überarbeitet, ohne deren Inhalte zu verändern. Begriffe wurden vereinheitlicht und die Romane durch überarbeitete oder zusätzliche Karten ergänzt.

Viel Lesevergnügen wünscht Ihnen

Michael H. Schenk

Hinweis:

Kapitel 65: Karte der Völker, der Pferdelords-Reihe

Kapitel 66: Detailkarte "Das Dünenland"

Kapitel 67: Personenregister

Kapitel 68: Einige Maße und Definitionen

Kapitel 69: Vorschau auf "Die Pferdelords 4 – Das verborgene Haus der Elfen"




In der Vergangenheit des Pferdevolkes…

»Sie werden sterben.« Helrund stampfte mit dem Fuß auf den Boden der

Wehrmauer, und eine kleine Wolke Staub wirbelte auf. Sein Nebenmann, der

stämmige Palwin, folgte seinem Blick und lächelte schwach.


»Dafür werden unsere Lanzen und Schwerter wohl nicht reichen.«


»Ich meine nicht die Barbaren, guter Herr Palwin.« Helrund seufzte und

musterte den Wald, der die Stadt Tarsilan wie ein riesiger Gürtel umgab. »Ich

meine die Bäume. Der Sand wird sie ersticken und töten.«


»So wie die Barbaren uns töten werden«, stimmte Palwin zu. Der

stämmige Pferdelord musste blinzeln, als ein Windstoß Sand in seine Augen

trieb. Instinktiv legte er die lange Stoßlanze in die Armbeuge, wischte sich

über das Gesicht und stieß ein grimmiges Knurren aus. »Sie sind ebenso

zahlreich wie die Sandkörner.«


Noch immer nahm der Wald eine gewaltige Fläche ein. Die Stämme der

Bäume waren riesig, und die zahllosen Blätter schimmerten in den

verschiedensten Grüntönen. Aber die Veränderung war nicht zu übersehen.

Wo einst Moose und Wildblumen den Boden bedeckten, schob sich nun ein

Meer von Sand zwischen den Bäumen hindurch. Unaufhaltsam

vorwärtsdrängend, würde es die Stadt bald erreicht haben. Es würde die

Bäume des Waldes ersticken und irgendwann auch die Stadt unter sich

begraben. Der Sand kam von Norden her, und mit ihm waren auch die

Menschen des Sandvolkes gekommen, die schon bald zum Angriff übergehen

würden.


Immer wieder huschten Reihen ihrer Krieger wie Wellen zwischen den

Bäumen hindurch auf die Stadtmauer Tarsilans zu und sammelten sich am

Rand des sterbenden Waldes. Welle auf Welle wuchs ihre Streitmacht zu

einer gewaltigen Woge heran, die schon bald über die Stadt und ihre

Menschen hereinbrechen und sie verschlingen würde.


»Wir werden die Mauer nicht mehr lange halten können«, sagte Helrund

und blickte die Mauerkrone entlang.


»Nein, nicht mehr lange.« Palwin spuckte aus, und sein Speichel mischte

sich mit dem allgegenwärtigen Sand. »Wir werden sie aufgeben und uns

zurückziehen müssen. Doch bevor das geschieht, werden wir unsere Lanzen

in die Leiber der verfluchten Barbaren senken. Mögen die finsteren Abgründe

den Sand und seine Krieger verschlingen.«


Die Wehrmauer umgab die in konzentrischen Ringen errichteten Häuser

Tarsilans und wirkte mächtig und unbezwingbar, aber es gab einfach zu

wenige Männer, um die Stadt verteidigen zu können. In viel zu weiten

Abständen standen sie entlang der Mauer hinter den Zinnen. Die meisten von

ihnen trugen die grünen Umhänge der Pferdelords, doch einige waren in den

braunen Stoff der einfachen Stadtbewohner gehüllt. Auch neben Helrund und

Palwin stand ein solcher Mann, den die beiden Pferdelords mit Argwohn

betrachteten. Es lag nicht einmal an ihm selbst, denn immerhin gehörte er

dem Pferdevolk an. Doch in seinen Händen hielt er Waffen, welche die

beiden erfahrenen Kämpfer zutiefst verabscheuten.


»Es ist nicht recht, dem Feind mit Pfeil und Bogen zu begegnen«, brummte

Palwin. »Man muss ihm im Sattel begegnen und die Lanze mit festem Stoß in

seinen Leib senken. Von Angesicht zu Angesicht.« Er spuckte erneut aus.

»Ihn aus der Ferne mit dem Pfeil abzuschlachten, hat keine Ehre.«


Der Mann im braunen Umhang erwiderte Palwins Blick und verzog das

Gesicht. »Ihr werdet Euch schon bald wünschen, es gäbe mehr von meiner

Art auf der Mauer, guter Herr Pferdelord.«


Palwin stieß ein obszön klingendes Geräusch aus. »Den Pfeil in einen

Pelzbeißer oder eine Raubkralle zu senken, das ist Euer ehrliches Handwerk,

Herr Jäger. Aber einen Krieger aus der Ferne zu morden, das hat keine Ehre.

Nein, die hat es nicht.«


»Sagt das den Barbaren des Sandvolkes, Herr Pferdelord«, erwiderte der

Jäger wütend. »Auch sie töten aus der Ferne. Ihr kennt ihre merkwürdigen

Rohre, die sie an den Mund legen und mit denen sie ihre scharfen Stacheln

verschießen. Schon mancher Pferdelord wurde durch sie vom Pferd geholt.«


»Wie auch immer, es hat keine Ehre«, knurrte Palwin.


Helrund legte seine Hand beschwichtigend auf die Schulter seines

Kampfgefährten. »Streitet nicht. In diesem Moment stehen wir vereint,

Schulter an Schulter. Ich gebe Euch recht, mein guter Herr Palwin, es wäre

ehrenhafter, dem Feind auf dem Rücken unserer Pferde zu begegnen, die

Stoßlanze fest in der Hand. Aber selbst der König sagt, dass eines Tages

womöglich gar die Pferdelords mit Pfeil und Bogen kämpfen.«


»Niemals«, erwiderte Palwin entschieden. »Kein wahrer Pferdelord würde

diese Waffen verwenden, um den Feind so ehrlos abzuschlachten.«


»Die Ehre, die Ehre«, zischte der Jäger. »Wo war sie denn, als die

Barbaren in unser Land einfielen, unsere Weiler überrannten und Frauen und

Kinder abschlachteten? So wahr ich Otan aus dem Grüntalweiler heiße, ich

bin ein guter Jäger, Ihr Herren Pferdelords, und solange noch Kraft in meinen

Armen ist und Pfeile in meinem Köcher sind, werde ich ihre Spitzen in die

Leiber der Mörder senken.«


Helrund nickte und lächelte versöhnlich. »Wohl gesprochen, guter Herr

Otan.« Er klopfte Palwin auf die Schulter. »Und er hat recht, mein Freund,

wir werden uns bald wünschen, mehr Jäger auf der Mauer zu haben, die ihre

Pfeile auf den Feind schießen können.«


»Dennoch sollten wir ihm gebührend entgegentreten. Auf dem Rücken der

Pferde und mit vorgereckter Lanze.« Palwin grinste. »So wie wir uns das

erste Mal begegnet sind, Helrund, mein Freund.«


Helrund erwiderte das Lächeln. »Ich kann mich noch gut daran erinnern,

guter Herr Palwin. Der Kampf um die Herde des Grausteinweilers, bei dem

Ihr mir Eure Lanze in die Schulter rammtet. Ein guter Stoß, noch immer

schmerzt die Narbe, wenn das Wetter umschlägt.«


»Heute wird mein Schild Euch decken, guter Herr Helrund.« Palwin

schüttelte die Stoßlanze in seiner Hand. »Und mein Stahl wird den Feind von

der Mauer stoßen.«


»Wir haben dem Feind nicht viel Stahl entgegenzusetzen«, seufzte

Helrund. »Die Hälfte der Wache des Königs und die Menschen der Weiler

sind auf dem Weg zur Grenze, um eine neue Heimat zu finden. Unsere

Reihen sind dünn besetzt.« Er zuckte die Schultern. »Immerhin stehen wir

nun geeint Seite an Seite, alter Freund.« Helrund blickte über die Mauer auf

die sich sammelnden Barbaren des Sandvolkes. »So haben wir den Barbaren

auch etwas Gutes zu verdanken.«


Noch vor wenigen Jahreswenden waren die Clans des Pferdevolkes

verstreut gewesen und kämpften untereinander um Herden und Weidegründe.

Als dann die Barbaren des Sandvolkes aus dem Norden herandrängten, waren

einzelne Weiler des Pferdevolkes eine leichte Beute und wurden einfach

überrannt. Doch in der Zeit der höchsten Not, als alles verloren schien, war

wie aus dem Nichts ein Mann aufgetaucht und hatte die Wende

herbeigebracht.


Wer ihn von Ferne sah, war wenig beeindruckt, denn der Mann wirkte

schmächtig und unscheinbar, aber aus der Nähe erkannte man das Feuer, das

in seinen Augen brannte. Mit Überredungskunst und Waffengewalt einte er

die Clans und wurde schließlich der erste König des Pferdevolkes. Fast schien

es, als könne das Volk mit vereinter Kraft den Barbaren widerstehen, aber es

gab zu viele von ihnen, und viele tapfere Pferdelords fielen unter den

Stachelpfeilen des Feindes, noch bevor sie ihm Angesicht zu Angesicht

gegenüberstanden.


Noch bot das Pferdevolk dem Gegner die Stirn, aber es war abzusehen,

dass der Widerstand bald brechen würde. Erneut war es der König, der einen

Ausweg fand, doch um das Überleben seines Volkes zu ermöglichen, mussten

die Stadt Tarsilan und ihre Einwohner geopfert werden.


»Sie müssten die Grenze in einem Zehntag erreichen«, murmelte Helrund

und blickte nach Osten. »Dann sind sie der Gefahr entronnen.«


»Sie werden auf neue Gefahren treffen«, stellte Palwin trocken fest.


»Die Streitmacht ist stark. Zweitausend Lanzen der Wache des Königs und

die Männer der Weiler, die ebenfalls zu kämpfen verstehen. Sie werden die

Frauen und Kinder beschützen und für unser Volk eine neue Heimat finden.«

Helrund lächelte. »Und sie sind schnell, denn sie haben all unsere Pferde bei

sich.«


»Die Herden und Wagen werden sie aufhalten.«


Helrund nickte. »So wie unsere Lanzen und Schilde die Barbaren an

Tarsilans Stadtmauer aufhalten werden.«


Es war dem Pferdevolk nicht leichtgefallen, dem Befehl des Königs zu

folgen und die alte Heimat mit ihren fruchtbaren Weiden und ausgedehnten

Wäldern zu verlassen. Aber Sand und Barbaren rückten gleichermaßen vor,

und das Ende der gedeihlichen Zeit war abzusehen. Nun würden die

Angehörigen des Pferdevolkes im Osten eine neue Heimat suchen, während

die Verteidiger Tarsilans den Feind aufhielten, um den Flüchtenden Zeit zu

verschaffen.


Unten, im Zentrum der Stadt, erklang ein Horn, dessen Signal von anderen

Hörnern aufgenommen wurde. Es rief die Verteidiger zu den Waffen, doch

wer eine solche trug, befand sich längst auf der Mauer.


»Sie kommen«, knurrte Palwin. »Der Ring um die Stadt ist geschlossen,

und nun greifen sie an. Wir werden nicht lange standhalten können.«


Helrund löste seine Hand von der Schulter des Freundes und fasste Lanze

und Schild fester. »Angst vor dem Ritt zu den Goldenen Wolken, alter

Freund?«


Was eine Beleidigung für einen wahren Pferdelord hätte sein können, löste

bei Palwin nur ein leises Lachen aus. »Es wird ein wahrhaft ruhmreicher Ritt

werden, alter Freund. Die Barbaren werden ihn noch lange in Erinnerung

behalten.«


»Das werden sie.« Hinter ihnen, an einem anderen Mauerabschnitt, ertönte

bereits Kampflärm, und nun setzten sich auch die Barbaren am Waldrand

ihnen gegenüber in Bewegung. Helrund spuckte aus und befeuchtete seine

trockenen Lippen. »Wir müssen so viele wie möglich von ihnen töten. Jeder

Stoß gibt unserem Volk ein wenig mehr Zeit, die neue Heimat zu finden.«


Otan stieß einen warnenden Ruf aus, und die beiden Pferdelords hoben

instinktiv ihre grünen Rundschilde. Mit leisem Pochen schlugen Stachelpfeile

in das Holz. Währenddessen spannte Otan die Sehne seines Jagdbogens und

begann seine Pfeile zu lösen. Doch es war ein einseitiges Duell zwischen den

wenigen Jägern auf Tarsilans Mauer und den Barbaren, die sie berannten.

Jeder Pfeil wurde von Hunderten scharfer Stacheln beantwortet, und Helrund

und Palwin mühten sich redlich, den fluchenden Jäger zu decken, der damit

beschäftigt war, seine Pfeile in schneller Folge auf den Feind zu schießen.

Einige wenige Barbaren stürzten, aber die anderen drangen unaufhaltsam vor.

Schließlich stieß Otan einen leisen Schrei aus und kippte hintenüber.


Helrund sah noch einen Stachelpfeil aus dem Auge des Jägers ragen, bevor

dieser haltlos von der Mauer stürzte. Er sah seinen Kampfgefährten Palwin

grimmig an und lauschte dem Schaben und Kratzen unter ihnen an der Mauer.

»Bald werden sie über die Brüstung kommen. Sie legen bereits die Leitern an.

Dann werden wir dem Tod ins Auge sehen, alter Freund.«


Palwin lächelte. »Und sie unserem Stahl, alter Freund. Mögen die

Legenden noch lange unseren Ritt zu den Goldenen Wolken besingen.«


Die beiden Pferdelords standen geduckt auf der Mauer, und als die ersten

Barbaren zwischen den Zinnen erschienen, zuckten ihre Lanzen vor und

stießen die Angreifer in den Tod. Die flinken Augen und geübten Reflexe der

beiden Kämpfer führten ihre Handlungen. Sich gegenseitig mit den Schilden

deckend, töteten sie jeden, der sich vor ihnen zeigte, und so gelangte keiner

der heraufkletternden Barbaren auf die Mauer.


Aber rechts und links der beiden Kämpfer gab es viele ungedeckte Zinnen,

an denen bald schon die ersten Krieger des Sandvolkes auf den Wehrgang

sprangen und schreiend mit erhobenen Schädelkeulen auf die beiden

Pferdelords zurannten. Rücken an Rücken stellten sich Helrund und Palwin

nun ihrem letzten Kampf.


Unten in der Stadt bliesen erneut die Hörner, welche die Verteidiger von

der Mauer zurück in die Stadt riefen. In deren Zentrum, dort, wo sich der neue

Königspalast erhob, würde sich der Erste König des Pferdevolkes mit der

verbliebenen Hälfte seiner königlichen Wache dem letzten Kampf stellen.

Unter seinem Banner würden sie dort sterben, doch ihr Tod würde das

Überleben des restlichen Volkes sichern. Gemeinsam mit dem König würden

auch die letzten Verteidiger fallen, ebenso wie jene ihrer Frauen und Kinder,

die sich entschlossen hatten, an ihrer Seite zu sterben.


Helrund und Palwin erlebten diesen letzten Kampf nicht mehr. Die

erdrückende Übermacht der Barbaren überwältigte sie schließlich. Doch als

sich das Blut der toten Pferdelords auf der Mauer Tarsilans vermischte, war es

wie ein Symbol für die erst vor Kurzem erfolgte Vereinigung des

Pferdevolkes.


Nur an wenigen Stellen der Mauer wurde noch gekämpft, und nur wenigen

Verteidigern gelang es, sich zum Zentrum und zum Königsplast

zurückzuziehen. Sie wichen langsam und kämpfend zurück und ließen den

Feind dicht folgen. Auf dem großen Platz, auf dem sich der Palast erhob,

stellten sie sich unter dem Banner des Königs dem Gegner, dessen Vorhut mit

Triumphgeheul auf sie einstürmte.


Nochmals zeigte sich die Zähigkeit des Pferdevolkes, als aus den Häusern

im Rücken des Feindes eine kleine Schar Kämpfer hervorbrach, begleitet von

den Frauen, die sich nicht nur darauf verstanden, Wunden zu heilen, sondern

diese auch dem Feind geschickt zuzufügen wussten. Männer und Frauen

starben massenhaft, nur die letzten Überlebenden zogen sich in den Palast

zurück.


Irgendwann erstarb der Kampflärm, und Stille senkte sich über die Stadt

Tarsilan. Die Krieger des Sandvolkes hatten gesiegt, aber einen hohen Preis

dafür bezahlt. Sie hatten keine Zeit, ihre Toten zu beklagen, ehrten sie jedoch

gemäß ihrer Tradition, bevor sie sich eilig nach Osten wandten, wohin die

Menschen des Pferdevolkes geflohen waren. Man durfte sie nicht entkommen

lassen, denn womöglich würde sich das Volk bald erholen und eines Tages

Vergeltung suchen. Also würde man den Pferdemenschen folgen und auch die

letzten Schädel nehmen.


Die Krieger des Sandvolkes nahmen den schnellen Schritt auf, der typisch

für ihre Clans war. Sie waren entschlossen, die Menschen des Pferdevolkes

noch vor der Grenze einzuholen. Diese führten auf der Flucht ihre Kinder, die

Alten und Kranken, ihre Herden und das nötigste Hab und Gut mit sich. Sie

würden nur langsam vorankommen, trotz all der Pferde, die sie dabeihatten.

Der Führer der Clans wusste, dass die Fliehenden von den letzten Männern

der königlichen Wache begleitet wurden. Doch das waren nicht mehr viele,

vielleicht gerade einmal zweitausend Lanzen.


Der Führer des Sandvolkes behielt recht. Sie holten die Fliehenden an der

Grenze ein, und tatsächlich waren es nicht mehr als zweitausend der

Pferdelords. Aber diese hier waren beritten.


Hinter den Barbaren blieb die ausgelöschte Stadt Tarsilan zurück. Der

Sand begrub die Wälder und die Stadt unter sich; er bedeckte gnädig den Ort

des Todes, um ihn eines Tages wieder freizugeben.


Die Pferdelords 03 - Die Barbaren des Dünenlandes

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