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Kapitel 8 Die Karte
ОглавлениеWissenschaftliche Forschungsabteilung, Deck 408, Sky-Base Arcturus
„Fällt es Ihnen auf?“
Professor Doktor Heike Waldbauer stand mit verschränkten Armen und einem sichtlich zufriedenen Gesichtsausdruck im Labor 408-SR-06. Sie lehnte mit dem Gesäß gegen einen der Labortische und sah amüsiert auf die ratlosen Gesichter der Umstehenden. Sie alle starrten auf die holografische Projektion, in der die bisherigen Ergebnisse der Suche nach den Navigationskarten der Negaruyen zusammengefasst waren.
Tatsächlich war es inzwischen gelungen, eine Reihe von Sternkarten des fremden Volkes mit den Pendants des New Cosmic Catalogue abzugleichen. Die Negaruyen benutzten einen anderen Betrachtungswinkel und Maßstab, ein anderes Koordinatensystem und eine andere Wertigkeit, was die Details betraf. Dennoch gab es keinen Zweifel, dass man zumindest einen Teil ihrer Sternkarten bekannten Konstellationen zuordnen konnte. Nun glaubte Professor Doktor Waldbauer eine entscheidende Entdeckung gemacht zu haben. Genauer genommen die entscheidende Entdeckung, nämlich den Hinweis auf das Heimatsystem der Negaruyen und ihre verborgene Welt.
Tech-Lieutenant Jennifer Hartmann und die Tetronik-Spezialistin Yuki Hasagawa bedauerten in diesem Moment, dass Candice Bergner und Sker-Lotar noch auf dem Mars weilten und erst in einigen Tagen zurückerwartet wurden.
„Kommt schon, Leute, es muss euch doch auffallen“, meinte die Waldbauer lächelnd. „Na schön, ein klitzekleiner Tipp … Was macht man, wenn man möglichst viele Informationen unterbringen will, und was, wenn man genau das nicht vorhat?“
Ratlose Blicke galten ihr, bis sich einer der Astronomen räusperte. „Man lässt ein paar Informationen und Details weg?“
„Na bravo.“ Professor Doktor Waldbauer klatschte demonstrativ in die Hände, was einige der Anwesenden erröten ließ. „Das ist doch schon einmal ein guter Ansatz. Lieutenant Hartmann, was ist mit Ihnen? Sie sind doch sonst nicht so schwerfällig.“
Die Frau mit den langen roten Haaren schob sich eine Strähne aus dem Gesicht und dachte konzentriert nach. „Ich muss das jetzt aus der Sicht eines Informationsspeichers betrachten. Im Grunde geht es ja bei einer Bibliothek oder einer Karte um exakt dasselbe. Die Vermittlung von Wissen und Information. Wenn ich also nicht will, dass ich etwas verrate, dann gebe ich die entsprechende Information gar nicht erst frei. Beziehungsweise gebe sie gar nicht erst in den Speicher ein. Hm, die Negaruyen mussten immer damit rechnen, dass der Feind doch einmal ihre Karten erbeutet, nicht wahr? Während des tausendjährigen Krieges gab es sicher genug Wracks auf beiden Seiten, aus denen man noch Datenspeicher erbeuten konnte … Also werden sie ihre Karten auf mehrfachem Weg geschützt haben. Durch die Vorbereitung der Löschung im Notfall und eine entsprechende Kodierung und nicht zu viele Details, die auf das Heimatsystem hinweisen könnten.“ Sie erwiderte den Blick von Waldbauer und nickte. „Ich glaube, ich verstehe, worauf Sie hinauswollen. Sagen Sie, Professor Doktor, könnten wir ausnahmsweise einmal die taktische Karte im High-Command nutzen?“
„Das wollte ich ebenfalls vorschlagen“, stimmte die Gefragte zu.
Eine Stunde später waren sie im High-Command, standen auf der Galerie über der unteren Ebene, wo sich die dreißig Meter durchmessende Projektionsfläche des Kartentisches befand, um den sich die Arbeitsplätze der taktischen Offiziere gruppierten. Nun wurden hier die Karten des NCC und der Negaruyen übereinandergelegt.
„Es hätte uns auffallen müssen“, räumte einer der Astronomen ein. „Es ist einfach zu deutlich.“
„Die deutlich größere Wiedergabe auf der taktischen Karte macht es leichter“, milderte Waldbauer die Selbstkritik ab, konnte aber erneut ihre Zufriedenheit nicht unterdrücken.
Tatsächlich wurde ein auffallender Unterschied zwischen den Karten deutlich. Während die Karten der Negaruyen sonst eine Fülle an Informationen enthielten, traf dies auf den Ausschnitt einer bestimmten Karte nicht zu. Nur wenige Angaben waren zu dem betreffenden Sonnensystem zu finden.
„Natürlich können wir uns nicht mit absoluter Sicherheit gewiss sein“, sagte Heike Waldbauer lächelnd, „aber ich lehne mich jetzt ein wenig aus dem Fenster und wage die Behauptung, wir haben das System der verborgenen Welt gefunden.“