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Kapitel 6

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Die Menschen des Pferdevolkes lebten mehrheitlich auf ihren Gehöften und in den größeren Weilern. Nur an den Sitzen der Pferdefürsten hatten sich große Städte gebildet, die mehreren Tausend Menschen Lebensraum und Arbeit boten. In der Folge waren viele Weiler in der Nähe der Städte entstanden, um diese ausreichend versorgen zu können. Niemand, nicht einmal der Pferdekönig in Enderonas, hätte sagen können, wie zahlreich das Pferdevolk tatsächlich war. Es lebte über die großen Marken verteilt, und man schätzte seine Zahl auf einige Hunderttausend. Doch die wenigsten von ihnen betraten jemals eine der großen Städte, es sei denn, der Handel trieb sie dorthin oder ein wichtiges Ereignis verlangte ihre Gegenwart. Ein Angehöriger des Pferdevolkes mochte die Hauptstadt seiner eigenen Mark kennen, von anderen Städten oder Völkern hatte er allenfalls gehört, es sei denn, er lebte an einer der Handelsstraßen.

Nedeam hatte in seinem Leben schon so manche Stadt gesehen. Städte des Pferdevolkes, des Reiches von Alnoa und sogar die grüne Kristallstadt Nal´t´rund des Zwergenvolkes. Seine Abenteuer hatten ihn in die Überreste von Siedlungen in den vergangenen Reichen von Rushaan und Jalanne geführt, und bis in die Stadt der Frauen im fernen Julinaash. Städte waren ihm nicht fremd, und jede von ihnen hatte ihren eigenen Charakter, dennoch ähnelten sie sich auf für Nedeam unangenehme Weise. Er konnte sich nie mit dem hektischen Treiben in den meist engen Straßen anfreunden, dem Durcheinander von Stimmen und Gerüchen, und dem Geschrei, mit dem sich die Menschen zu übertönen versuchten. Im gefiel das Gedränge nicht, in dem man eine Gefahr nur spät erkennen konnte, und die Gier, welche die Bewohner zunehmend beherrschte.

Eternas war die Stadt der Hochmark, die Stadt des Pferdefürsten Nedeam, und doch empfand er immer seltener den Drang, sie aufzusuchen. Als einfacher Pferdelord hatte er sich, ohne groß Beachtung zu finden, durch die Straßen bewegen können, aber nun war er ein Mann, dessen Taten gerühmt wurden, und er war der Pferdefürst, der die Geschicke der Hochmark lenkte. Nun fanden seine Besuche der Stadt immer große Beachtung.

Manche Menschen sprachen ihn an, um ihm ihr Leid zu klagen, andere wollten von seinen Abenteuern hören oder einfach erleben, dass der Held so vieler Geschichten ein Mensch aus Fleisch und Blut war. Nedeam blieb keine andere Wahl, als auf all dies einzugehen, denn die Menschen hatten ein Recht, an seinem Leben teilzuhaben. Von seinen Entscheidungen hingen Wohl oder Wehe der Mark ab, und es war wichtig, dass der Pferdefürst die Stimme seines Volkes vernahm.

Seit der Geburt Nelianas fiel es Nedeam wieder weitaus leichter, durch die Stadt zu gehen. Vielleicht lag es am Stolz des Vaters über die gut gemeinten Zuwendungen, die das Mädchen empfing, vielleicht auch am Vergnügen, welches das Kind selbst empfand, wenn es, vorzugsweise auf dem Arm des Vaters, an dem bunten Treiben und dem Stimmengewirr teilnahm. Das hübsche Mädchen mit den spitzen Ohren des elfischen Volkes schien seinem Alter voraus, und es fiel ihm leicht, die Herzen der Menschen zu erobern. Manchmal geschah es, dass ein anderes Kind Nelianas Ohren erstaunt betastete, und meist war dies Anlass für ein fröhliches Spiel. Nedeam liebte Kinder, denn sie waren die Zukunft eines Volkes, aber gelegentlich fragte er sich, warum die Schöpfung beschlossen hatte, so kleine Wesen mit solch kräftigen Stimmen zu segnen.

Auch Llaranya besaß großes Geschick darin, auf die Menschen zuzugehen, und Nedeam war immer wieder überrascht, wie eine so fähige Kriegerin gleichermaßen begeistert über die Arbeit der Waffenschmiede wie auch die Kunstfertigkeit von Lederarbeit oder Töpferhandwerk sprechen konnte.

Nedeam musste sich eingestehen, dass er das Getümmel einer Schlacht manchmal dem Besuch der Stadt vorgezogen hätte.

An diesem Tag genoss er den Gang durch die Straßen, denn es gab einen guten Grund, der ihn und seinen elfischen Freund Lotaras hierher führte.

Nachdem das elfische Volk zu seinen neuen Ufern aufgebrochen war, waren außer Llaranya nur die Geschwister Lotaras und Leoryn zurückgeblieben. Allein unter Menschen zu leben war sicherlich ein großes Opfer, welches sie aufgrund ihrer Freundschaft zu Nedeam und zu Llaranya brachten. Die Geschwister lebten in einem typischen Baumhaus der Elfen, welches sie im Wald des Pferdefürsten errichtet hatten. Alle drei Elfen waren mit ihren rund fünfhundert Jahren sehr jung. Dieser Zeitraum war für ihre Art sehr bedeutsam. Kein Lebewesen war in der Lage, die Eindrücke eines unsterblichen Lebens unbegrenzt in sich aufzunehmen, ohne dass sein Verstand von den Erinnerungen überflutet und in den Wahnsinn getrieben wurde. Alle fünfhundert Jahre unterzog sich ein Elf daher der Schröpfung, bei der sein Verstand von unwesentlichen Erinnerungen befreit wurde. Damit kein Wissen verloren ging, wurde es zuvor niedergeschrieben, und die Bücher des Wissens füllten die Häuser der Elfen. Llaranya hatte ihre erste Schröpfung mithilfe der Heilerin Leoryn gut überstanden, und bald würde es an der Pferdefürstin liegen, ihrer elfischen Freundin auf gleiche Weise beizustehen.

Während Leoryn als Heilerin tätig war und in der Hochmark ein arbeitsreiches Leben führte, wurde ihr Bruder Lotaras oft genug von Langeweile geplagt. Wie alle Elfen war er mit Schwert und Bogen ein überragender Krieger, und die Untätigkeit in der Hochmark setzte ihm zu. Er zehrte noch immer von den Erinnerungen an die Kämpfe, die er vor zwei Jahren an Nedeams Seite in Nerianet erlebt hatte. Dieses Abenteuer war auch der Grund, warum die beiden Freunde nun die Stadt aufsuchten und sich dabei langsam dem Handwerkerbezirk näherten, der am Flussufer des Eten lag.

Wenn man die beiden Freunde nebeneinander betrachtete, so ähnelten sie sich durchaus, sah man einmal davon ab, dass ihre Ohren unterschiedlich geformt und Lotaras langes Haar noch heller war als das Sonnengelb des Pferdevolkes. Sie beide trugen ein schlichtes Wams, lange Beinkleider und die kniehohen Stiefel aus dem rotbraunen Leder der Hochmark. Nedeam hatte den knöchellangen grünen Umhang mit dem blauen Saum der Schwertmänner der Hochmark umgelegt, am Hals mit der goldenen Spange in Form des Symbols des Pferdevolkes geschlossen. Lotaras trug den hellblauen Umhang des elfischen Volkes, an dessen Stoff kein Schmutz haften blieb und der jede Nässe abwies. Obwohl keinerlei Gefahr drohte, hatten sie ihre Schwerter gegürtet, und bei beiden handelte es sich um die langen, leicht gekrümmten Klingen der Elfen. Nedeams Waffe war ein Geschenk von Llaranyas Vater Jalan-olud-Deshay gewesen, da der Pferdelord entscheidend dazu beigetragen hatte, das elfische Haus des Urbaums aus dem Bann Grauer Wesen zu befreien.

Die Freunde hatten die Hektik des Stadtzentrums inzwischen hinter sich gelassen und näherten sich den Betrieben der Handwerker, die entlang des Flussufers errichtet worden waren. Hier wurde getöpfert, gegerbt und geschmiedet, während sich die Nähereien bei den Läden in der Stadt befanden.

„Bist du sicher, dass es fertig ist?“

Lotaras warf seinem Freund einen beleidigten Blick zu. „Selbstverständlich ist es fertig. Es hat sechs Monde gedauert, aber es ist fertig.“ Er seufzte. „Ich muss es ja wohl wissen, da ich dabei geholfen habe.“

Nedeam lächelte. „Ihr Elfen seid begnadete Schmiede und überaus hilfsbereit.“

„So entspricht es unserer Art“, kam die Erwiderung. „Allerdings wäre die Arbeit sehr viel schneller fertig geworden, wenn ich sie allein übernommen hätte. Doch ich wollte dem menschlichen Schmied gegenüber nicht unhöflich sein.“

„Ja, Bescheidenheit zeichnet euer elfisches Wesen aus.“

„Dafür sind wir wohlbekannt.“

Die beiden Freunde sahen sich ernst an und lachten dann lauthals.

Lotaras entspannte sich sichtlich. „Es war eine ungewöhnliche Arbeit, mein menschlicher Freund, und wenn du mich nicht darum gebeten hättest, so würde ich sie wohl abgelehnt haben. So habe ich jedoch deinem Wunsch entsprochen und mein Bestes gegeben.“

Nedeam berührte ihn kurz am Arm. „Das weiß ich. Und auch wenn es dich mit Unbehagen erfüllt, so war die Arbeit dennoch ehrenhaft. Es ist eine Dankesgabe, und du weißt, was sie ihm bedeuten wird.“

Aus einigen Werkstätten war das Stampfen von Dampfmaschinen zu hören. Lederriemen übertrugen ihre Kraft auf Sägen und Hämmer oder an die Rührwerke von Färbereien. Einige Schmiede nutzten Schlagwerke, um sich die Arbeit zu erleichtern, und fertigten mit ihrer Hilfe Gegenstände des täglichen Gebrauchs und einfache Werkzeuge. Lediglich an den Stellmachereien, an denen Eisenreifen auf Wagenräder gezogen wurden, und an den meisten der Waffenschmieden, wurden Esse und Hammer noch mit reiner Muskelkraft genutzt.

„Hier ist es.“ Lotaras und ging auf den Eingang einer der Schmieden zu.

Nedeam nickte beifällig. Er kannte diese Schmiede gut, in der einst der legendäre Guntram gewirkt hatte. Nun stand ein jüngerer Mann am Amboss und ließ seinen Hammer auf glühendes Eisen prallen. In der ansonsten dunklen Werkstatt warf der Feuerschein der Esse bizarre Schatten. Eine Unzahl von Gegenständen und Werkzeugen bedeckte eine lange Werkbank, und im Hintergrund standen mit Sand gefüllte Fässer. So gut menschlicher Stahl auch sein mochte, so war er doch anfällig für Rost, wenn er lange nicht genutzt und mangelhaft gepflegt wurde. Nur das elfische Volk verstand sich auf die Anfertigung von Metallen, die der Witterung nicht zum Opfer fielen. Sandgefüllte Fässer waren ein einfaches Hilfsmittel, den Rost zu lösen und Stahl wieder zu altem Glanz zu verhelfen. Man gab Schwert oder Rüstungsteile in ein solches Fass und rollte es hin und her. Der feine Sand rieb dann den Rost herunter. Nedeam wusste, wie viel Pflege ein gutes Schwert benötigte. Welche Arbeit es machte, seine Kanten mit einem nassen Stein zu glätten und das Metall sorgsam zu ölen. So sehr er die menschliche Handwerkskunst an den Schwertern seiner Pferdelords auch schätzte, so war er zugleich auch froh, dass ihm die elfische Klinge diese Mühen ersparte.

„Ah, der Hohe Herr Lotaras“, grüßte der Schmied und verbeugte sich kurz, als er Nedeam erkannte, „und der Hohe Lord Nedeam. Seid mir gegrüßt, ihr Herren. Sicher seid ihr wegen des Schwertes gekommen, nicht wahr?“ Schweiß tropfte von seinem Leib, während er mit dem Kopf in einen Winkel des Raumes deutete. „Es liegt dort in ein Tuch eingeschlagen. Nehmt mir nicht übel, wenn ich es euch nicht selber gebe, doch der Stahl unter meinem Hammer ist gerade richtig und will bearbeitet werden.“

Lotaras ging nach hinten, ergriff dort ein armlanges Bündel und kam zu Nedeam zurück. Während der das Tuch auseinander schlug und den darin befindlichen Gegenstand betrachtete, stieß der Schmied das glühende Werkstück in ein Fass mit Öl. Es zischte, und Dampf wallte auf, ein paar Flammen loderten, um sofort in sich zusammenzufallen.

„Der Herr Elf versteht sich auf das Schmiedehandwerk“, meinte der Mann anerkennend. „Ich will gerne zugeben, dass er die meiste Arbeit selbst getan hat, bis die Grundform fertig war. Wahrhaftig, Hoher Lord, ich habe noch keine Klinge bearbeitet, die so oft gefaltet und geschlagen wurde.“

Nedeam ließ den Blick über die angefertigte Waffe gleiten, begutachtete die Schneide und den Griff. „Eine wirklich wundervolle Arbeit.“

„Das Glätten habe ich selbst vorgenommen“, sagte der Schmied stolz. „Und ich habe mir wahrhaftig Mühe mit den feinen Ätzarbeiten gegeben.“

„Wie ich erwähnte, es ist eine wundervolle Arbeit“, bestätigte Nedeam. „Sagt, guter Herr, welchen Lohn Ihr dafür bekommt.“

„Bei einer solch einzigartigen Klinge wären wohl zwanzig goldene Schüsselchen angemessen“, schätzte der Schmied und grinste dann breit. „Doch in diesem Fall will ich mich gerne mit dem Lob begnügen. Ich habe dem Herrn Elf bei der Arbeit über die Schulter geblickt, und was ich lernte, ist weit mehr wert.“

Lotaras nickte würdevoll, denn hier sprach ein Fachmann, der die Fertigkeit der Elfen, und in diesem Falle die von Lotaras, neidlos anerkannte. „Ich bin überzeugt, dass mein elfisches Wissen bei Euch in besten Händen ist, guter Herr Schmied.“

Die beiden Freunde verabschiedeten sich und traten ins helle Sonnenlicht des Frühlingstages hinaus. Nedeam verbarg das Bündel unter seinem Umhang. Nach der drückenden Hitze in der Schmiede erschien die Luft fast kühl.

„Bringen wir es ihm sofort?“, fragte Lotaras. „Ich gestehe, ich bin durchaus begierig, sein Gesicht zu sehen, wenn er es bekommt.“

„Ja, warum nicht?“ Nedeam lachte. „Er wird sicher runde Pupillen bekommen, denn er wird wohl kaum mit diesem Geschenk rechnen. Zu dieser Zeit wird er mit den Schwertmännern üben. Lass uns hingehen.“

Sie ließen sich Zeit und genossen den Frühlingstag. Hier am Flussufer herrschte weit weniger Betrieb, als in den Straßen von Eternas, dennoch gab es überall Bewegung. Rohmaterial wurde zu den Werkstätten gebracht oder fertige Waren von dort abgeholt. Viele Handwerker verkauften ihre Waren inzwischen an die Läden in der Stadt oder an das große Handelshaus Helderim, welches sie in den fernen Marken und Ländern anbot. Ein Teil des Flussufers war den Wäscherinnen vorbehalten. Mithilfe von Seife, Waschbrettern und runden Felsen reinigten sie dort Bekleidung und andere Stoffe. Einige verdienten dadurch ein Zubrot für ihre Familien. Selbstverständlich lag dieser Bereich oberhalb der anderen Betriebe und des Zuflusses der Kanalisation.

„Weite Hosen.“ Lotaras berührte Nedeams Arm.

Tatsächlich sahen sie einige der gefangenen Rumaki, die in ihren typischen weiten Pluderhosen sehr auffällig waren.

Nedeam nickte. „Viele von ihnen haben sich in der Stadt und bei den Handwerkern verdingt. Es ist nicht leicht, als Gefangener in einem fremden Land zu leben und dabei zur Untätigkeit verdammt zu sein.“

Lotaras seufzte. „Wem sagst du das, mein Freund, wem sagst du das? Sie sind wie ich Krieger, die es gewohnt sind, das Schwert zu schwingen, und ich glaube nicht, dass sie ihre Erfüllung in der Betrachtung feinsinniger Gedanken finden.“

Der Elf spielte darauf an, dass er nicht an jedem Abenteuer Nedeams beteiligt war und seiner Meinung nach viel zu viel Zeit damit verbrachte, philosophischen Gedanken nachzuhängen.

„Es ist gut, dass sich die Rumaki verdingen“, sagte Nedeam. „Es hält sie beschäftigt und erleichtert ihre Versorgung, denn sie erhalten gerechten Lohn. Wahrhaftig, Lotaras, es ist nicht leicht für eine Mark, fünfhundert zusätzliche Mäuler durchzufüttern.“

„Werden die Burschen nicht bewacht?“

„Wozu?“ Der Pferdefürst lächelte. „Sie können hier nicht weg. Der Nordpass und der Südpass sind gut geschützt, und jeder Reisende wir kontrolliert, seit wir Kenntnis von der Bruderschaft haben. Zudem sucht man noch immer nach dem Gesetzlosen Garwin.“

Garwin war der Sohn des toten Pferdefürsten Garodem. Es wäre an ihm gewesen, dessen Nachfolge anzutreten und die Hochmark zu leiten. Doch er hatte sich als ehrlos und sogar als Verräter erwiesen und war aus dem Pferdevolk verstoßen worden. Es hieß, dass er noch immer Anhänger fand und eine geheime Mark führte, doch bislang hatte man ihn nicht fassen können.

An der Festung von Eternas vorbei gingen sie zu dem Areal hinüber, auf dem sich die Anlage der Schwertmänner befand. Ursprünglich hatte die Mark nur fünfzig Kämpfer unter Waffen gehalten, und diese hatten in der Burg gelebt. Doch seitdem war die Bevölkerung gewachsen und hatte auch Zuwanderung aus den anderen Marken erhalten. Inzwischen brachte die Hochmark fast achthundert Kämpfer in den Sattel, und so war für sie und die Pferde eine eigene Anlage westlich der Festung errichtet worden. Sie erhob sich auf jenem Platz, der den gemeinsamen Übungen der Pferdelords und Schwertmänner diente.

Nun war das einst freie Feld im Westen und Norden von Gebäuden umgeben. Im Norden standen die eingeschossigen Unterkünfte der Schwertmänner. Sie waren lang gestreckt und flach, aus massivem Stein erbaut und mit Stein gedeckt. Ihre Türen und Fenster waren klein, sodass die Gebäude eher wie kleine Festungen wirkten, was sie im Grunde auch waren. Die Öffnungen ließen sich durch metallene Platten auf schmale Schlitze verengen. Kein Brandpfeil vermochte diesen Bauten zuzusetzen. Im Inneren bestanden die Unterkünfte aus den Kammern für die Scharführer, einer Sattel- und Rüstkammer und einem großen Raum, in dem die einfachen Schwertmänner ihre Bettstatt und Kleiderkiste hatten.

Im Westen befanden sich die Ställe und Koppeln. Achthundert Schwertmänner brauchten neben ihren Reitpferden auch Ersatzpferde. Zudem mussten Vorräte und Abfälle transportiert werden, sodass fast zweitausend Tiere im Umfeld der Burg grasten. Es bestand noch kein Problem bei der Versorgung von Mensch und Tier, aber Nedeam wusste, dass die Hochmark zunehmend die Grenze ihrer Möglichkeiten erreichte.

Der Süden des Platzes wurde nicht von den neuen Gebäuden begrenzt. Von hier hatte man freien Blick auf die nahe Stadt Eternas.

Nedeam und Lotaras gingen am Flussufer entlang, bis sie zu der kleinen Brücke kamen, die den Eten überspannte. Ein paar Kinder spielten hier und ließen flache Steine über das Wasser springen, sehr zum Missvergnügen zweier Männer, die ihre Angeln in der Hoffnung auswarfen, ein paar Fische zu ergattern.

„Die Männer müssen neu in Eternas sein“, stellte Nedeam fest. „Fische gibt es oberhalb und weit unterhalb der Stadt. Das Wasser in der Nähe von Eternas schmeckt ihnen nicht.“

„Wenn man weiß, was die Stadt in den Fluss einleitet, kann man das gut verstehen“, erwiderte der Elf lächelnd.

Sie hielten sich links und gingen an den Ehrenwachen am Burgtor vorbei in Richtung der Garnison der Schwertmänner. Als sie das Areal erreichten, wurde die vielfältige Betriebsamkeit sichtbar, die für eine militärische Anlage so typisch war.

Zwei Beritte übten die enge Marschformation in Viererkolonne. Das Stampfen der zweihundert Pferde ließ den Boden beben und wirbelte Unmengen von Staub auf. Auf einer Koppel wurden neue Pferde zugeritten. Viele Schwertmänner und auch ein paar Stadtbewohner sahen dabei zu, feuerten Zureiter oder Pferd an und sparten nicht mit Kommentaren, wenn sich der Reiter nicht im Sattel halten konnte. Später, wenn die Pferde zugeritten waren, würde man auf eine Einzäunung verzichten können. Ausgebildete Reittiere liefen beim Pferdevolk nicht fort.

An einer anderen Stelle war die Kampfausbildung der Pferde zu sehen. Die Reiter lenkten sie nur mit Schenkeldruck und führten Schild und Lanze, während das Gespann zwischen Hindernissen und aufgestellten Strohpuppen hindurchgaloppierte. Während die Kavalleriepferde der Garde von Alnoa ihre Reiter lediglich trugen, waren die ausgebildeten Pferde der Schwertmänner Kampfgefährten ihrer Reiter. Sie wussten, wie sie Gebiss und Hufe effektiv einsetzen konnten. Das setzte allerdings eine nahezu symbiotische Beziehung zwischen Pferd und Reiter voraus und war der Grund, warum Schwertmänner ihr Pferd nur ungern wechselten. Jeder der Kämpfer musste seine Reittiere persönlich zureiten und war dann auch für ihre Ausbildung und Versorgung verantwortlich. So arbeitsintensiv dieses Verfahren auch sein mochte, es machte die Pferdelords zu jenen gefürchteten Reitern, als die sie bekannt waren.

Vor einer der Unterkünfte übten sich einige Schwertmänner im Kampf zu Fuß. Wie Nedeam und Lotaras es erwartet hatten, war dort auch die übergroße Gestalt von Fangschlag zu finden.

Das riesige Rundohr trug Wams und Beinkleid des Pferdevolkes und sah darin eher befremdlich aus. Dieser Eindruck wurde durch seine Stiefel noch verstärkt. Die Rundohren der Legionen trugen metallverstärkte Kampfstiefel, bei denen die Zehen frei blieben. Fangschlag hatte sich ein paar übergroße Lederstiefel des Pferdevolkes anpassen lassen und eigenhändig die Spitzen abgeschnitten, sodass die Krallen seiner Zehen daraus hervor ragten.

Der Unterführer der übenden Schwertmänner sah Nedeam und Lotaras herantreten, unterbrach die Übung und entbot seinen Ehrensalut.

„Lasst euch durch unsere Anwesenheit nicht stören“, dankte der Pferdefürst und sah die Kämpfer aufmunternd an. „Wie ich sehe, übt ihr euch im Umgang mit den Kriegshämmern.“

„Ich schätze eher die Klinge“, gab einer der Schwertmänner zu, „aber der gute Herr Fangschlag hat uns beigebracht, dass die Hämmer weit besser geeignet sind, um die schwere Rüstung eines Rundohrs zu zertrümmern.“

Nedeam nickte und sah den Ork lächelnd an. „Fangschlag ist ein erfahrener Krieger, und es lohnt sich, auf seinen Rat zu hören.“ Der Pferdefürst fragte sich, was der ungewöhnliche Kampfgefährte wohl dabei empfinden mochte, seinen ehemaligen Feinden Ratschläge zu erteilen, wie sie seine einstigen Kameraden am besten umbringen konnten. „Aber im Augenblick ist dieser Krieger nicht ganz vollständig, und das ist der Grund, warum ich und Lotaras hierher gekommen sind.“

Die Worte riefen überraschte Gesichter und ein Stirnrunzeln bei Fangschlag hervor.

Nedeam wollte den Ork nicht im Ungewissen lassen und holte das Tuchbündel unter seinem Umhang hervor. „Fangschlag, du bist nicht nur ein ehrenhafter Krieger, sondern du hast dich auch oft als treuer Kampfgefährte bewährt. Zum Stolz eines Kriegers gehört es, dass er eine ihm gebührende Waffe trägt. Die deine ging im Kampf um Nerianet verloren. So habe ich nun mit Lotaras Hilfe vor ...“ Der Elf machte prompt eine höfliche Verbeugung. „... diesen unhaltbaren Zustand zu ändern.“

Nedeam schlug das Tuch zurück, und Fangschlags Augen blitzten auf.

„Ein Schlagschwert!“

„Nach deinem Maß gefertigt und nach dem Vorbild deiner alten Klinge.“ Nedeam lächelte. „Gefertigt aus dem Stahl der Hochmark und mit dem geheimen Wissen der Elfen. Es ist sicherlich weit besser als deine alte Waffe.“

Seit Fangschlag sein altes Schlagschwert im Kampf gegen die Bruderschaft des Kreuzes eingebüßt hatte, behalf er sich mit einem Schwert der Pferdelords, doch er konnte dieser Waffe nicht viel abgewinnen. Ein Schlagschwert der Rundohren war länger und breiter, einschneidig und wies an der stumpfen „Spitze“ einen Haken auf, der dazu gedacht war, einen Reiter vom Pferd zu reißen. Es war eine brutale, unhandliche und sehr schwere Waffe, und Rundohren liebten sie über alle Maßen. Fangschlag bildete hier keine Ausnahme, wie das begehrliche Blitzen in seinen Augen verriet.

Der Ork packte den Griff der Waffe und machte ein paar einfache Fechtbewegungen, bevor er ein zufriedenes Grunzen ausstieß. „Es ist ein gutes Schwert. Das Schwert eines großen Kriegers.“

„Das will ich wohl meinen, und ich weiß, dass du es in Ehren führen wirst. So wie du dein altes in Ehren eingebüßt hast.“

„Es ist etwas eingeätzt“, sagte Lotaras und deutete auf die Klinge.

Fangschlag betrachtete die ihm fremden Zeichen. „Ich beherrsche die Zeichen der Schrift nicht und vermag sie nicht zu deuten.“

Damit stand er durchaus nicht allein. Die meisten Menschen des Pferdevolkes konnten weder lesen noch schreiben.

„Der Ehre zu dienen“, las der Elf vor.

Fangschlag nickte würdevoll. „Das ist angemessen.“ Er bleckte die Zähne im orkschen Gegenstück zu einem menschlichen Lächeln. Inzwischen erschreckte dies keinen der Pferdelords mehr. „So fehlt ihm nur noch die Blutweihe. Es muss Blut kosten, erst dann ist es das Schwert eines echten Kriegers von Ehre.“

Lotaras seufzte. „Ihr Rundohren habt ohne Zweifel eine blutrünstige Ader.“

Nedeam lachte auf. „Ich kann mich an einen gewissen Elf erinnern, der auf dem Ritt nach Nerianet darauf hoffte, endlich gegen den Feind ziehen und dessen Blut vergießen zu können.“

Der Elf errötete ein wenig. „Hm, mag sein, doch seit ich ein wenig Blut vergossen habe, gebe mich wieder ganz den philosophischen Betrachtungen hin.“

„Ja, fraglos“, meinte Nedeam. „Ihr Elfen fügt Worte mit derselben Begeisterung aneinander, mit der ihr das Blut von Feinden vergießt.“

„Ich war ihm nahe“, sagte Fangschlag nachdenklich.

Sie wussten alle, dass er Einohr meinte. Jenes Spitzohr der Orks, dessen Verrat vor Jahren zum Untergang von Fangschlags Legionären geführt hatte. Der stolze Krieger würde nicht eher ruhen, bis er den Tod seiner Kämpfer gerächt und Einohr getötet hatte.

Nedeam legte dem Rundohr tröstend die Hand an den Arm. „Es kommt die Tageswende, an der du ihm erneut von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehst.“

Fangschlag starrte versonnen auf die neue Klinge. „Es ist ein gutes Schwert, und es wird mir dann gute Dienste leisten.“


Die Pferdelords 11 - Die Schmieden von Rumak

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