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Grenzwerte und die Trinkwasserverordnung
ОглавлениеWie im Kapitel Was der Mensch mit dem Wasser gemacht hat beschrieben, sind inzwischen vom Menschen gemachte Schadstoffe allgegenwärtig und fast überall im Wasser zu finden. Es ist nicht mehr die Frage, ob überhaupt Schadstoffe im Wasser sind, sondern wieviele.
So entstand die Trinkwasserverordnung. Ein wichtiger Teil der Trinkwasserverordnung besteht aus Grenzwerten, die angeben wieviel von einem Schadstoff höchstens im Trinkwasser sein darf, damit es als Trinkwasser verwendet werden kann. Für Nitrat gibt es z.B. den Grenzwert von 50 mg/L. Das bedeutet, in einem Liter Trinkwasser darf nicht mehr als 0,05 Gramm Nitrat enthalten sein. Wenn mehr drin ist, ist es laut Trinkwasserverordnung nicht zum Trinken geeignet.
In Deutschland ist die Trinkwasserverordnung Gesetz. Die Wasserwerke sind verpflichtet die Grenzwerte einzuhalten, was sie auch meistens gut machen. Deshalb ist Leitungswasser auch das am besten kontrollierte Lebensmittel. Damit ist gemeint, dass die Einhaltung der Grenzwerte der Trinkwasserverordnung kontrolliert wird. Mehr nicht.
Die Idee hinter der Trinkwasserverordnung ist erstmal gut. Man untersucht für jeden Schadstoff welche Menge davon gesundheitlich unbedenklich ist und macht daraus dann einen Grenzwert. So erhält man einen Rahmen mit dem man beurteilen kann, ob ein Wasser gesundheitlich bedenklich ist oder nicht.
Bei genauerem Hinsehen wird allerdings deutlich, dass in der grundlegenden Idee dieses Systems mit Grenzwerten und seiner praktisch machbaren Umsetzung grobe Fehler und Probleme liegen.
Wer bestimmt nach welchen Kriterien wie hoch ein Grenzwert sein sollte? Man erwartet hier, dass der Grenzwert alleine an gesundheitlichen Kriterien bemessen wird und dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist.
In der Praxis kommt aber noch ein weiterer Aspekt hinzu: Der Grenzwert muss so bemessen werden, dass die Wasserwerke ihn mit wirtschaftlich vertretbaren Kosten einhalten können, sprich, es darf nicht zu massiven Erhöhungen der Wasserpreise kommen.
So ist ein Grenzwert oft ein Kompromiss zwischen Gesundheit und Wirtschaftlichkeit. Bei der Festlegung wird sich also nicht immer nur daran orientiert, was gesundheitlich am besten wäre. In der Vergangenheit kam es schon öfter dazu, dass Grenzwerte angehoben wurden... .
Eine weitere wichtige Frage ist, wie man überhaupt einen Grenzwert unter rein gesundheitlichen Aspekten so festlegen kann, dass das Trinken dieses Wassers garantiert gesund ist – oder zumindest nicht schädlich. Reicht es aus, wenn sich keine akuten Krankheitssymptome zeigen, nachdem in einem begrenzten Zeitraum Wasser mit Schadstoffkonzentrationen unterhalb der Grenzwerte getrunken wurde?
Was ist mit Langzeitwirkungen? Wenn ein Mensch 20 Jahre ein Wasser trinkt, welches einen Schadstoff in einer Menge unterhalb des Grenzwertes enthält, gibt es möglicherweise dennoch gesundheitliche Schäden durch Langzeiteinwirkung, die mit diesem Schadstoff zusammenhängen. Und das, obwohl der Grenzwert eingehalten wurde. Da Untersuchungen bez. Langzeitschäden Jahrzehnte dauern würden, ist es nahezu unmöglich, Auswirkungen des Schadstoffes über die Zeit bei bestimmten Werten sicher voraus zu sagen und Grenzwerte so zu bemessen, dass Langzeitschäden zuverlässig ausgeschlossen sind.
Und was ist mit Kombinationen verschiedener Schadstoffe? Möglicherweise gibt es Kombinationen von verschiedenen Schadstoffen, die sehr viel schädlicher sind als die einzelnen Schadstoffe allein. Dann könnten Gesundheitsschäden auch dann auftreten, wenn alle Grenzwerte eingehalten werden. Um das zu vermeiden, müssten alle möglichen Kombinationen von Schadstoffen untersucht werden. Das ist bei mehreren 1000 möglichen Schadstoffen praktisch nicht machbar, schon gar nicht, wenn man auch alle Langzeitauswirkungen untersuchen möchte. Ich vermute stark, dass der massive Anstieg von Krankheiten in den letzten 100 Jahren, wie z.B. Krebs, mit solchen Langzeitauswirkungen im Zusammenhang stehen könnte.
Ja, es sind mehrere 1000 Stoffe, die durch menschliche Einwirkung in die Umwelt gelangen und im Wasser vorkommen können. Die Trinkwasserverordnung hat aber weniger als 100 Grenzwerte. Was ist mit den restlichen Stoffen? Diese werden bei unserem Trinkwasser, dem am besten kontrollierten Lebensmittel, nicht berücksichtigt.
Das Konzept der Trinkwasserverordnung ist sicher besser als nichts. Es schützt vor akuten gesundheitlichen Risiken. Nach meiner persönlichen Einschätzung ist es aber völlig unzureichend, um ein Wasser hinsichtlich seiner langfristigen gesundheitlichen Risiken beurteilen zu können. Grenzwerte machen also nicht wirklich Sinn.
So bleibt eigentlich nur noch ein Weg übrig. Man muss dafür sorgen, dass die Menge der Schadstoffe so weit wie technisch möglich reduziert wird. Mehr können wir nicht tun. Glücklicherweise gibt es Filtertechnologien mit denen das recht gut gelingt.
Fazit: Grenzwerte reichen nicht aus, ein gesundes Trinkwasser sollte so wenig Schadstoffe wie irgend möglich haben.