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2.6. Exkurs: Deutsche Sprache und Germanistik in China

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Die Geschichte von Deutsch als Fremdsprache in China reicht bis in das Jahr 1871 zurück. Mit dem Ziel, Dolmetscher für den diplomatischen Dienst auszubilden, wurde Deutsch in den Fächerkanon der im Jahre 1862 gegründeten kaiserlichen Pekinger Fremdsprachenhochschule (Tongwenguan) integriert. Dort lehrte man die deutsche Sprache [..] eng verknüpft mit anwendungsorientierten Fächern aus den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften, Jura und Ökonomie. (Hernig 2010: 1637)

Auf der Agenda der Kolonialmächte, die im 19. Jahrhundert in China aktiv wurden, stand neben der Übernahme von Gebieten auch eine Modernisierung orientiert „an den westlichen Industriemächten“ (Reinbothe 2007d: 13): „Von zentraler Bedeutung bei diesen Modernisierungsplänen war, dass Chinesen das überlegene Wissen des Westens sich aneigneten und die westlichen Sprachen erlernten, die den Zugang zu diesem Wissen eröffnen konnten.“ (Reinbothe 2007d: 13; vgl. auch Reinbothe 1992, v. a. 19-55) Zu diesen Sprachen gehörte natürlich auch das Deutsche, das nach dem Sieg Deutschlands gegen Frankreich 1871 stärker in den Blick der Chinesen geriet (für eine Geschichte der Germanistik in China vgl. Hernig 2000):

[D]ie deutsche Sprache gewann in China erst an Gewicht, als nach dem Sieg über Frankreich 1871 Deutschland von Chinesen als starke Militärmacht geschätzt wurde, deren Techniken man sich zunutze machen wollte. […] Für die Waffengeschäfte, militärischen Projekte und Schulen brauchte man ebenfalls chinesische Dolmetscher, die Deutsch konnten. Deshalb wurden an den Militärschulen in begrenztem Umfang Deutschkurse abgehalten. […] Von einem deutschsprachigen Fachunterricht war man […] noch meilenweit entfernt. (Reinbothe 2007d: 15-16)

Im Rahmen der Reformen, denen China im ausgehenden 19. Jahrhundert und zu Beginn des 20. Jahrhunderts unterworfen war, kam v. a. eine gewichtige Weichenstellung hinzu, die die Entwicklung einer verbesserten Position des Deutschen wie aller anderen westlichen Fremdsprachen begünstigte:

Eine entscheidende Wende trat jedoch erst ein, als 1905 die traditionellen staatlichen Beamtenprüfungen abgeschafft wurden, die ganz auf der konfuzianischen Bildung aufgebaut waren und das chinesische Bildungssystem bis dahin beherrscht hatten. […] Erst dadurch, dass man das Studium der europäischen Wissenschaft und Sprachen in das staatliche Prüfungssystem integrierte, wurden diese erheblich aufgewertet und der Weg für die Heranbildung einer chinesischen Elite freigemacht, die ihre Ausbildung an modernen Schulen und Hochschulen in China und im Ausland erworben hatte. […] Jedenfalls wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in China ein Netz moderner Schulen (Elementar- und Mittelschulen) und Hochschulen aufgebaut, an deren Spitze die 1898 gegründete zentrale Universität Peking (Beida) stand. Nachdem ihr 1903 die alte Fremdsprachenschule Tongwen Guan angegliedert worden war, hatte sie bald acht Abteilungen: Chinesische Klassik, Politik und Recht, Literatur und Sprachen (Chinesisch, Englisch, Französisch, Russisch, Deutsch, Japanisch), Naturwissenschaften, Medizin, Landwirtschaft, Technik und Industrie sowie Handel[.] (Reinbothe 2007d: 18; vgl. Reinbothe 1992: 42-45)

Die oben erwähnten Beamtenprüfungen leben in anderer Form heute noch in den sog. Gaokao-Abschlussprüfungen (chin. 高考, gāo kǎo, vergleichbar dem deutschen Abitur) fort. Für das Deutsche bedeutete die im vorhergehenden Zitat beschriebene Situation eine Chance, nachhaltig im Reich der Mitte Fuß zu fassen:

Das bedeutsamste Feld deutscher Kulturarbeit in China war das Bildungswesen. Man wollte den hohen Stand deutscher Wissenschaft und Technik den Chinesen vor Augen führen und ihnen zeigen, wie vorteilhaft es für den Erwerb einer modernen Bildung war, die deutsche Sprache zu erlernen. So versuchten deutsche Diplomaten darauf hinzuwirken, dass an den neuen chinesischen Schulen und Hochschulen Deutsch unterrichtet wurde. (Reinbothe 2007d: 22)

Allerdings mussten sie – damals wie heute – mit der Situation klarkommen, dass das Englische weiter verbreitet war und zumeist als erste Fremdsprache unterrichtet wurde.

Mit dieser Konstellation wollte man sich jedoch nicht abfinden, und so gab es mehrfach Vorstöße, dass das aus deutscher diplomatischer Sicht bestehende Übergewicht an Lehrkräften für das Englische durch entsprechende Einstellungen deutscher Lehrender ausgeglichen werden solle (Reinbothe 2007d: 22; Reinbothe 1992: 124). Ab 1903 (August Conrady) gab es die ersten deutschen Dozenten an chinesischen Hochschulen (Reinbothe 2007d: 22-23). Dies waren aber letztlich vergleichsweise wenige Personen; zur weiteren Stärkung der deutschen Sprache in China trug bei, dass allmählich deutsche Lehrkräfte an die an verschiedenen Standorten in China im Aufbau befindlichen deutschen Auslandsschulen (vgl. oben) entsendet werden konnten. Außerdem gab es von chinesischer staatlicher Seite Interesse am deutschen Bildungssystem:

Im Jahr 1906 entsandte die chinesische Regierung eine Studienkommission, die Staatseinrichtungen westlicher Länder studieren sollte. Als die chinesische Studienkommission im März 1906 nach Deutschland kam, wurde sie auch im preußischen Kultusministerium in Berlin empfangen, um über deutsche Bildungsmaßnahmen in China zu verhandeln. Man vereinbarte, dass in China zunächst in einer oder zwei Städten – als Beispiele wurden Shanghai und Nanking genannt – Schulen errichtet werden sollten, an denen Chinesen die deutsche Sprache erlernen konnten, um sich auf ein Studium in Deutschland vorzubereiten. […] Damit war […] auch von chinesischer Seite der Weg freigegeben für die Gründung deutscher Schulen für Chinesen in China. (Reinbothe 2007d: 23)

Die deutsche Politik hatte jedoch etwas Anderes im Sinne, als es mit den Chinesen vereinbart worden war: Es sollte kein Sprachunterricht für Chinesen mit Ziel Deutschland gesichert (und damit den Chinesen durch kommunikative Kompetenz mehr Mobilität ermöglicht) werden, sondern vielmehr – so war es in einem Gutachten des Wissenschaftlers Alfred Forke für das Auswärtige Amt 1903 bereits empfohlen worden – „in China eine deutsche Hochschule aufgebaut werden, an der deutsche Lehrer Chinesen deutschsprachigen Fachunterricht erteilten.“ (Reinbothe 2007d: 24) Damit sollte 1907 die Geburtsstunde des Vorläufers der heutigen Tongji-Universität schlagen, der Deutschen Medizin- und Ingenieursschule in Shanghai (vgl. Li 2007). Die Tongji-Universität hat heute eine der wichtigsten Brückenfunktionen überhaupt beim wissenschaftlichen Austausch zwischen China und Deutschland inne; an dieser Stelle kann man gewiss von nachhaltigen Entwicklungen sprechen (vgl. auch 3.6. unten zur heutigen Situation).

Damit für die deutschsprachige Hochschule entsprechend kompetente SprecherInnen des Deutschen bereitstanden, „wollte man außerdem in China deutsche Sprach- und Vorbereitungsschulen nach Art der chinesischen Mittelschulen einrichten“ (Reinbothe 2007d: 24). Moderne Grund- und Mittelschulen sollten parallel auch von einigen deutschsprachigen Missionaren forciert werden (Reinbothe 2007b: 27). Dabei sollten diese Schulen unter deutscher Regie betrieben werden, unter Anpassung an die chinesischen Bedingungen, aber ohne „Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Sprachen und Bildungstraditionen“ (Reinbothe 2007d: 24). Prinzipiell ist hier eine Kommunikation nur in eine Richtung vorgesehen, von den Deutschsprachigen an die Chinesen, ganz unabhängig von der Rezeption und einer denkbaren Rückkopplung. An dieser Stelle wird eine (post)koloniale Einstellung fassbar, von der auch heute noch unter in China lebenden Deutschsprachigen gerne Gebrauch gemacht wird – ein Leben in einer kulturell völlig fremden, andersartigen Umgebung zu führen, ohne sich für die Möglichkeiten dieser zu öffnen. Ein gemeinsamer Nenner bestand aber darin, dass Deutsche wie Chinesen aus monarchisch gesprägten Kulturen stammten und entsprechend „radikalen und demokratischen Ideen“ (ebd.) skeptisch gegenüberstanden. Mit der Perspektive auf WeChat heute lässt sich potenziell aber eine Art Umkehrung konstatieren, da die Applikation (als digital-kulturelle ,Errungenschaft‘) von den Deutschsprachigen dankend und bisweilen unkritisch (vgl. auch die Kommentare in Kap. 7.12. und die Perspektivierung im Ausblick Kap. 8. unten), aber mindestens aufgrund ihrer hohen Usability angenommen wird.

Von der Forcierung der deutschen Sprache in China wünschte man sich wirtschaftliche Vorteile:

So hoffte man, die Sprach- und Fachausbildung junger Chinesen an deutschen Schulen könnte dafür sorgen, den Absatz deutscher Industrieprodukte auf dem chinesischen Markt erheblich zu steigern. Denn man erwartete, dass die deutschsprechenden und deutsch ausgebildeten Chinesen später in hohe Staatsstellungen gelangten, wo sie für die Entwicklung der Geschäftsbeziehungen nützliche Dienste leisten konnten. Deshalb beteiligte sich auch die deutsche Industrie in großzügiger Weise an der Gründung und Ausstattung der deutschen Schulen in China. (Reinbothe 2007d: 24-25)

Die Einflussnahme durch die deutschen Schulen wurde in einer Schrift des Auswärtigen Amts von 1914 mit dem Schlagwort „Propagandaschulen“ (Reinbothe 2007d: 25) versehen. Die Modernisierung Chinas nach westlicher, deutscher Façon sowie die Sicherung des Absatzes von Industrieprodukten gingen mittels der als ,Medium‘ fungierenden deutschen Sprache Hand in Hand.

Neben Missionsschulen gab es auch in Fertigungsbetrieben in geringem Umfang u.U. Deutschunterricht. In diesem Zusammenhang erwähnt Reinbothe (2007b: 28-29) die Lehrlingsschule der Werft in Qingdao, in der es nachweislich mehr als 600 Lehrlinge gab, die diese Art Ausbildung durchliefen (Reinbothe 2007b: 29, Schlunk 1914).

In deutscher Sprache konnten SchülerInnen in China im Wesentlichen dort ausgebildet werden, wo Deutsche mit finanziellen Mitteln zum Aufbau von Schulen beigetragen hatten – so neben Qingdao „in Shanghai, Hankou (heute ein Teil von Wuhan), Tianjin, Jinan und Peking“ (Reinbothe 2007b: 29), mit vom Auswärtigen Amt entsandten Lehrkräften (Schmidt 1928). Diese Schulen sollten insgesamt aber nur deutschen Kindern vorbehalten bleiben, ein interkultureller Austausch oder gar die Aufnahme chinesischer Kinder oder von Kindern aus deutsch-chinesischen Ehen war nicht vorgesehen (Reinbothe 2007b: 29).

Für Chinesen waren gesonderte Schulen mit Ausbildung in deutscher Sprache geplant. Diese wurden nach 1900

ins Leben gerufen, im allgemeinen „deutsch-chinesische Schulen“ oder Sprachschulen genannt, 1907 in Shanghai, in Hankou in der Provinz Hubei und Tianjin in der Provinz Hebei, 1909 in Kanton und in Chengdu in der Provinz Sichuan, 1910 in Jinan in der Provinz Shandong. Eine von einem deutschen Unteroffizier 1905 in Peking eröffnete deutsche Schule für Chinesen musste ihren Schulbetrieb nach wenigen Jahren allerdings wieder einstellen. (Reinbothe 2007b: 30)

Das Curriculum entsprach weitgehend dem deutscher Schulen der Zeit (Reinbothe 2007b: 31); größere Abweichungen zu heutigen Curricula gibt es m.E. nicht. Der Unterschied zu Schulen in Deutschland bestand jedoch darin, dass es auch chinesische Lehrer gab, die den Unterricht in chinesischer Sprache und Kultur forcierten. Dies sollte „gebildeten Kreisen […] erleichtern, ihre Kinder in diese Schulen zu schicken“ (Reinbothe 2007b: 31, Schmidt 1928). Die deutschen und chinesischen Lehrer agierten jedoch ohne Zusammenarbeit nebeneinander, insgesamt zeigte sich das Problem, dass die Stoffmenge (vielleicht auch aufgrund fehlender Absprachen) kaum zu bewältigen war (Reinbothe 2007b: 31). Eine geeignete Kommunikation und Abstimmung unter den deutsch- und chinesischsprachigen LehrerInnen über Menge und Inhalte des Lernstoffs hätten solche Probleme verhindern können. Ein Austausch war offenbar aber weder von der einen noch von der anderen Seite erwünscht. Die ursprünglich auf vier Jahre angelegte Ausbildung wurde daher um ein Jahr verlängert, ohne dass dies jedoch eine signifikante Verbesserung brachte (Melchers 1928: 239, nach Reinbothe 2007b: 31).

Dennoch erfüllten die deutschen Schulen den Nutzen, SchülerInnen für die höheren Fachschulen in Shanghai (Ingenieurwissenschaften und Medizin, die spätere Tongji-Universität; vgl. auch Reinbothe 2007b: 33-36 zur Deutschen Medizinschule für Chinesen in Shanghai sowie Reinbothe 2007b: 37-39 zur Deutschen Ingenieurschule in Shanghai) und in „Qingdao, wo deutsche Lehrer Medizin, Technik, Staats- und Rechtswissenschaft sowie Land- und Forstwirtschaft in deutscher Sprache lehrten“ (Reinbothe 2007b: 32; vgl. zur Hochschule Qingdao auch ausführlicher Reinbothe 2007a: 47-52), auszubilden. Dabei ging es perspektivisch (natürlich) um die Wahrung „politische[r] und wirtschaftliche[r] Interessen“ (Reinbothe 2007b: 33), aber die Schulen sollten auch „[r]ichtige und klare Vorstellungen von Deutschland“ (Reinbothe 1992: 260; vgl. ebd. 260-273) vermitteln.

Nach dem Ersten Weltkrieg agierten nach einem durch den Versailler Vertrag 1919 bedingten Intermezzo die o.g. deutschen Realschulen für deutsche Kinder ab 1921 weiter, ergänzt um die Standorte Changsha, Shenyang (Mukden), Harbin und Nanking (Reinbothe 2007c: 68). Die Schulen für chinesische Kinder, die auf Deutsch unterrichtet wurden, mussten zumeist geschlossen werden, ebenso wie die Hochschule in Qingdao (Reinbothe 2007c: 69). Die deutschen Missionsschulen blieben weiter in Betrieb, allerdings mit eingeschränktem Deutschunterricht (Reinbothe 2007c: 69). Die Tongji-Universität wurde weitergeführt (Reinbothe 2007c: 70, Li 2007). Reinbothe (2007c) erwähnt noch die Gründung der Deutschabteilung der Universität Peking (Beida) (Reinbothe 2007c: 71-73; vgl. Wang 2007 zur Fremdsprachenuniversität Peking), die Verwendung des Deutschen an der Medizinischen Fakultät der Sun Yatsen-Universität in Kanton (Reinbothe 2007c: 73-75) sowie das 1933 in Peking gegründete Deutschland-Institut (Reinbothe 2007c: 75-79).

Die chinesische Germanistik vor 1949 war lt. Hernig (2010: 1637) eng mit der o.g. Bewegung des 4. Mai von 1919 verbunden, die eine Offenheit hin zu einer mehr westlichen Orientierung und Modernisierung potenziell möglich erscheinen ließ. Konkret zeigt sich dies am Beispiel des 1922 eingerichteten Germanistik-Studiengangs an der Universität Peking:

Nach einem zweijährigen Sprachenpropädeutikum bildeten deutsche Klassiker, zum Beispiel Goethe, Lessing aber auch Theodor Storm [sic] sowie mediävistische Inhalte (Gotisch, Althochdeutsch) die Hauptinhalte des damaligen, vier weitere Studienjahre umfassenden Germanistikstudiums. (Hernig 2010: 1637)

Eine längere Zeit zum Verwurzeln der Germanistik in der chinesischen akademischen Welt blieb dieser jedoch vorerst nicht vergönnt. Unter der Regimeregierung der Guomindang von Tschiang Kai-Shek verschwand sie bereits in den 1930er Jahren wieder (Hernig 2010: 1637). Ganz ohne Nachhaltigkeit war die Germanistik aber nicht geblieben:

Aus dieser Zeit blieb vor allem Schriftliches: Literaturlexika und Literaturgeschichten […], Übersetzungen und interpretatorische Auseinandersetzungen mit Faust, Werther, Wallenstein, Immensee und den Heine-Gedichten. (Hernig 2010: 1637)

Unterricht in Deutsch als Fremdsprache wurde in der Zeit nach dem Verschwinden der institutionellen Germanistik zum Überlebensanker für viele KollegInnen. Insgesamt kann aus heutiger Sicht in China ein Verschmelzen von Germanistik und Deutsch als Fremdsprache konstatiert werden, speziell nach der Gründung der Volksrepublik China 1949 (Hernig 2010: 1638). Es kam zu einer engeren Zusammenarbeit mit der DDR und somit auch zu einem in dieser Hinsicht gesteigerten Interesse am Ausbau einer Germanistik an den Universitäten:

An der Fremdsprachenhochschule Peking (1949), der heutigen Fremdsprachen-Universität, der Universität Nanjing (1947 bzw. 1952), der Universität Peking (1952) und der Fremdsprachenhochschule und jetzigen Fremdsprachen-Universität Shanghai (1956) wurden die ersten Germanistik-Abteilungen eingerichtet. Konferenzen zur Übersetzungsarbeit (1951) und zur literarischen Übersetzung förderten die Übersetzungstätigkeit als Schwerpunkt der jungen volksrepublikanischen Germanistik. In Zusammenarbeit mit der DDR wurde sozialistische deutsche Literatur wie zum Beispiel Werke von Anna Seghers, Berthold Brecht, dem jungen Stefan Heym oder Friedrich Wolfs Dramen übersetzt […]. (Hernig 2010: 1638)

Diese Fokussierung galt aber nur bis zur Kulturrevolution, während der der Germanistikbetrieb ab 1966 wieder einmal zum Erliegen kam (Hernig 2010: 1638).

Erst ab der Aufnahme der Reform- und Öffnungspolitik Ende der 1970er Jahre und einer Annäherung auch an die Bundesrepublik Deutschland wuchs auch erneut das Interesse an einer universitären Germanistik in China, die auch über Kooperationen mit deutschen Universitätsgermanistiken ab diesem Zeitpunkt begann zu wachsen. Hernig (2010: 1639) nennt die Zahl von 46 Hochschulen und Universitäten, an denen Germanistik zu Beginn des 21. Jahrhunderts gelehrt wurde. Diese Zahl hat sich in der Zwischenzeit mehr als verdoppelt; so nennt Szurawitzki (2015: 65) 102 Hochschulen und Universitäten mit germanistischer Lehre und Forschung. Diese Tendenz hat sich noch weiter fortgesetzt; über die weiter sehr guten wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China sowie über die Einführung von Deutsch als wählbare Fremdsprache in der Mittelschule, die auch von der deutschen Bundesregierung im Rahmen des Projekts Schulen – Partner der Zukunft mit angeschoben wurde (Hernig 2010: 1641) befindet man sich in China in einem immer noch anhaltenden Boom der Germanistik, der in der Ausrichtung des Germanistik-Weltkongresses (IVG-Kongress) 2015 an der Tongji-Universität seinen vorläufigen Höhepunkt fand (vgl. Szurawitzki 2017b sowie Szurawitzki 2020a) und mittelfristig vermutlich noch anhalten wird (Szurawitzki 2019c).

Die chinesische Messaging-App WeChat als virtuelle Sprachinsel

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