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Kapitel 11

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Tüngör und Gugay begaben sich in den Dschungel von Cisnair. Tüngör hatte seine Order, und Gugay seine Wut auf Arfazzu Aru. Sie flogen einen Umweg. Als sie das Tal der Solarzellen am Vulkan Sarkatepetl erreichten, glaubten sie an ein Wunder, so majestätisch sah er aus. Schneebedeckte Gipfel erstrahlten im Wemurlicht, und Tüngör dachte an die Sage vom Weltuntergang Puntirjans, zu dem die Schmelze des Schnees und der Ausbruch des Supervulkans prophezeit wurden. Sie umrundeten den Vulkan und durchflogen mit einer Nomadenkarawane die Qatepeetl-Wüste. Dann erreichten sie die Wälder von Clénairville.

Gugay schickte Kameradrohnen über den Sar-Fluss, und als sie mit zeigten, dass sich keine sarkarischen Patrouillen im Waldgebiet hinter dem gegenüberliegenden Ufer befanden, überquerte er den Sar mit seinem Shuttle.

Tüngör war Profi. Er wusste, dass Aru und seine Truppe im Manöver waren, und nach einem kurzen Feuerstoß aus dem Shuttletriebwerk waren sie am Ziel.

„Bitteschön, Gugay!“, triumphierte er.

„Was ist da?“, fragte Gugay irritiert.

„Aru’s Hauptquartier, Gugay, wir sind da! Wir werden landen!“

„Große Ballonschnecke!“, erschrak Gugay, „Das ist doch Sarkugratt!“

Tüngör strahlte. „Genau, Gugay-Brüderchen!“ Und hier sind weder Aru noch seine Grenzgardisten als Wächter zurückgeblieben! Schau, da unten, sie sind gerade an uns vorbeigezogen und in ein Manöver an die Grenze geflogen!“ triumphierte er.

„Dieser verdammte, lurchfressende Kerl! Jetzt wischen wir ihm richtig eins aus!“ murmelte er sich noch in den Schnabel.

In Sarkugratt schlugen sie in tiefster Dunkelheit zu, noch vor Tagesanbruch. Ein Wachsystem war das nicht. Tüngör hatte dem Alarmsystem die Elektronik lahmgelegt, und der Automatik-Wächter war hinüber. Ein Klick mit Gugays Elektro-Dietrich, und das Türsystem sprang auf. Es gab dabei nur einen Verwundeten, und das war natürlich Gugay, der sich in seiner Erregung die Flügelspitze in einem Türspalt eingeklemmt hatte. Das hinderte ihn nicht, eine Ein-Personen-Orgie von Raub und Zerstörung in Gang setzen zu können. Er setzte im Büro des Westgebietsgouverneurs an. Es lag im Erdgeschoss, ein großer Raum mit weiten Fenstern. In der Mitte der Gouverneursschreibtisch, rechts eine Besprechungsecke, links Überwachungsmonitore. In der Wand links fanden sie hinter einem Poster mit Feinkost-Stilleben einen massiven Nickel-Chrom-Trésor. Er schien Wertvolles zu beherbergen. Mineralien? Mit Brecheisen und Presslufthammern hackten sie auf die Wand ein, bis dass sie den Tresor freigab. Mit lautem Rummsen fiel er auf den Marmorboden – die Marmorplatten zerbarsten, Mörtelstaub wirbelte auf. Sie husteten. Dann machten sie sich an den Scharnieren zu schaffen, blieben jedoch erfolglos. Sie fluchten wie die Kesselflicker, doch es half nichts. Je mehr sie es versuchen, desto mehr schwitzten sie, und auf ihre schweißnassen Federn setzte sich der Mörtelstaub ab, der aus einer Wolke herabrieselte.

Tüngör setzte indessen den Chip in den Anschluss am Gouverneurs-Rechner ein. Er summte auf. Als die RAGA-Software die gesuchten Krypto-Dateien gefunden hatte, blinkte der Stick mit dem Chip kurz auf. Tüngör strahlte und zog ihn von der Buchse.

„Fertig!“, sagte er.

„Was machst du da?“, fragte Gugay neugierig.

„Vielleicht finden wir ja was Verwertbares!“, erwiderte Tüngör. „In jedem Fall sollten wir mal schauen, was Aru noch so für uns hat.“

„Aru, diese Mistwanze!“, fluchte Gugay. Er flog um die Gouverneurs-Konsole und hieb in blinder Wut auf sie ein. Eine Flasche Krøg, die er hinter dem Monitor gefunden hatte, rutschte ihm aus den Händen und zersplitterte dabei. Das machte ihn derart wütend, dass er laut aufkrächzte.

„Verdammt, der edle Tropfen!“, seufzte er.

„Und dir den Schnabel stopfen!“, entgegnete Tüngör dichtend, „Das wird‘ ich dir, wenn du nicht aufhörst, immer nur an deinen Krøg zu denken!“

Wütend, die Brechstange fest umnklammernd schlug Gugay wieder auf den Tresor ein, und auf der Oberkante wurde eine dicke Kerbe sichtbar. Dieser Erfolg versöhnte ihn etwas, er ließ Tüngör allein und flog rüber in die Kantine.

Leutnantskommandeur Arfazzu Arus Kühlraum glich einer Schatzkammer. Von der Decke baumelten Echsenschinken und –würste, ganze Container voll Echsenfleisch warteten nur darauf, um verspeist zu werden. Großlurche, Flugechsen, Käferwale – es war wie in einem Tierpark puntirjanischen Großwilds, eingefroren und tiefgekühlt. Und als Jagdtrophäe hing das Geweih eines geflügelten Großchamäleons an der Wand. Ein irdischer Biologe hätte vor Staunen einen Herzinfarkt bekommen. Tüngör, inzwischen auch hungrig in den Kühlraum gekommen, attackierte ein paar Kryo-Behälter mit Krallen und Schnabel, und Gugay konzentrierte sich auf eine Flasche Krøg hinten bei den Ravrokylsilos. Die Völlerei erstreckte sich bis in den Abend.

„Wir fliegen besser noch zurück!“ Tüngör rülpste versteckt und Gugay gab marionettenhaft nickend und flötend wie ein irdischer Kanarienvogel seine Zustimmung, wobei er den Krøg in seinem Gefieder verschüttete. Er wischte mit Händen und Flügel darüber und leckte sich dann Federn und Klauen ab.

„Auf, fliegen wir!“.

Sie wollten gerade auffliegen, doch Gugay erstarrte und begab sich dann noch einmal zurück in Arus Büro. In einer Vitrine leuchtete ein Schmuckmonitor mit der schwarzsilbernen Aufschrift „Ssarkar“ und dem grünen Hoheitszeichen des Reiches. Erst jetzt fiel Gugay das Portrait daneben auf, ein neueres Hologramm des sarkarischen Kaisers Arefazom IX penhiadom Sarjowär, Führer der sarfaznatorgistischen Internationalen Puntirjans, in Parade-Frack. Gugay wurde die gespannte weltpolitische Lage Puntirjans bewusst: Der Kaiser von Sarkar hatte als Anführer des Blocks fazistischer Reiche ein Ultimatum gestellt und mit Generalmobilmachung der Militärs gedroht, weil die freien IPO-Staaten (also der Zaristische Pakt, der WATOU-Block, die République Cisnair und die Monastair-Union) das globale Altakolia-Projekt zum Bau einer interstellar beschleunigenden Weltraumstadt ohne die Sarkarier durchziehen wollten. Sarkar drohte nun mit der Kolonisation und Okkupation von Wemuriel und mehreren IPOBASE-Raumstationen, sogar Kriegsdrohnungen lagen in der Luft.

Gugay packte sich ein Smart-Diktaphon vom Schreibtisch und postete auf den Monitor: „Stinkender Soldatenkaiser! Wemuriel kriegst du nicht“

Er fand seinen Kommentar höchst diplomatisch.

„Tüngör!“, rief er stolz! „Schau!“

Tüngör flog herbei.

„Du Idiot! Was ist, wenn wir auffliegen?“

„Ach Tüngörlein, natürlich ganz anonym hochgepostet!“ erwiderte Gugay scheinbar smart, und er unterstrich seine Diplomatie dadurch, dass er noch das Smartphone-Video eines cisnairschen Kotwurmes hochlud, direkt in das Gesicht des Kaisers kopiert. Dann drehte er sich um und flog davon.

Der junge Tüngör jedoch hatte einen Kloß in Hals. Er wusste nicht, ob er Gugay pflichtschuldig loben sollte, oder ob ihm, angesichts möglicher Reaktionen des Gouverneurs, übel werden sollte. Er wusste nur, er musste Westsarkar verlassen, und möglichst schnell wieder in Cisnair sein.

DER AUFBRUCH

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