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Partytyp und Mamas Liebling

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Gewohnt hatte Ludwig Viktor, genannt Luziwuzi, nobel und standesgemäß im Schloss Kleßheim bei Salzburg. Spätestens seit der Zeit um 1904 kann das von Fischer von Erlach errichtete barocke fürsterzbischöfliche Lustschloss als eine Art Verbannungsort bezeichnet werden. Es gehörte ihm jedoch schon viel länger, seit 1866 befand es sich als mütterliches Erbe in seinem Besitz, da es nach der Säkularisierung an das österreichische Kaiserhaus gefallen war. In jenem Jahr hätte er auch heiraten und mit seiner jungen Frau in Kleßheim wohnen sollen. Im März trat er seine Brautfahrt an – nach Possenhofen. Elisabeth und Franz Joseph hatten es aus unerfindlichen Gründen für gescheit erachtet, noch eine Wittelsbacher Schwester aus dem Max-Clan in die Familie zu holen. Sophie hätte die neue Erzherzogin an der Seite von »Bubi« (so hatte ihn seine Mutter gerufen) werden sollen, die einzige der vielen Töchter von Ludovika und Max, die noch nicht unter die Haube gekommen war. Doch sie erkannte die Neigungen des Cousins und lehnte dankend ab. Mutter Ludovika war entsetzt, sie begriff nicht, wie man eine derart gute Partie ausschlagen konnte. Niedergeschlagen und reumütig schrieb sie an ihre viel höher gestellte und sehr einflussreiche Schwester Erzherzogin Sophie nach Wien, dass es doch »ein Trost« sei und »der Herrgott« es mit der »vielgeprüften« Kaisermutter »gut meine«, wenn nicht auch noch die kapriziöse Sophie als weitere Schwiegertochter einziehe. Ludovika war diesbezüglich etwas schwer von Begriff und versprach ihre Tochter ein Jahr später König Ludwig II. In diesem Fall dauerte es länger, bis die junge Herzogin in Bayern dem wahren Grund der unendlich andauernden Verlobungszeit auf die Spur kam.

Erzherzogin Sophie, »der einzige Mann am Hof«. Kolorierte Lithografie, um 1848

Ludwig Viktors Bruder Ferdinand Maximilian war Kaiser von Mexiko und hatte keine rechtmäßigen Erben. Er wollte Luziwuzi zum Nachfolger bestimmen und betrieb daher dessen Heirat mit der angeblich hässlichen Isabel, einer Tochter des brasilianischen Kaisers Pedro II. Der ehrgeizige Maximilian plante die riesigen Länder Mexiko und Brasilien zu vereinigen, was seinen romantischen Träumen von einer großen Habsburgermonarchie in der Neuen Welt entgegengekommen wäre. Ludwig Viktor waren diese imperialen Visionen zu mühsam und er ließ seinem Bruder ausrichten, er würde ganz bestimmt nicht zur Verfügung stehen. Nur ein Befehl des Kaisers – der das ganze für eine »Schnapsidee« (Helmut Neuhold) hielt – könnte ihn umstimmen, und selbst dann würde er sich »als Märtyrer« fühlen. Maximilian wurde aber im Juni 1867 in Querétaro erschossen und seine Pläne waren somit hinfällig.

Ludwig Viktor konnte sich in Ruhe der Ausgestaltung seines Wohnsitzes in Salzburg widmen. Der Bau war weitläufig und unbeheizbar, man konnte nur im Sommer dort leben, daher dachte der Erzherzog an ein neu zu errichtendes Winterschloss. Neben dem alten Gebäude wurde von Heinrich von Ferstel das »Kavaliershaus« errichtet, ein hochmoderner Bau mit allen damals erdenklichen Luxuseinrichtungen. Ganz wichtig waren Möglichkeiten für die sportliche Ertüchtigung, hatte doch der Erzherzog, ein passionierter Schwimmer, häufig Herrenbesuch aus der Offizierskategorie. Ein Tennisplatz und ein Swimmingpool samt Badehaus wurden beauftragt. Dort ging es plötzlich sehr sparsam zu, in den Umkleidekabinen sollen keine Badehosen vorbereitet gewesen sein. Man tauchte eben nackt unter. Der Infanterie-General und spätere austrofaschistische Minister Edmund Glaise-Horstenau beschrieb es wie folgt: »Im Schloss Kleßheim herrschte seit eh und je, wenn der Erzherzog Residenz hielt, reges gesellschaftliches Leben, an dem auch die Offiziere meines Regiments in den ersten zwei Jahren der Salzburger Zeit noch Anteil hatten. Die erste Offiziersversammlung, die ich beim Regiment mitmachte, bot eine seltsame Überraschung. Der Oberst verkündete, Einladungen nach Kleßheim seien in Hinkunft unter dem Vorwand einer Übung oder dergleichen abzulehnen. Damit bestätigte sich, was man längst geflüstert hatte: Des Kaisers Bruder huldigte ›unnatürlichen Neigungen‹. Es war sogar in Bädern schon zu unangenehmen Zwischenfällen gekommen.« Einmal habe Ludwig Viktor in Bad Ischl angeblich die Passanten zusammengerufen und sei nackt vor aller Augen in die Traun gestiegen. Nicht zuletzt deshalb wurde er »Badeerzherzog« genannt.

In Kleßheim dominierten die maritimen, aufmunternden Farben Blau und Weiß, gestreift, gesprenkelt und getupft. Der Journalist Egon Dietrichstein schildert seine Eindrücke vom »Kavaliershaus«: »Die blau-weißen Porzellanhüte, die man auf die Kerzendochte gesetzt hat, der blau-weiße Zigarrenlöscher und die blau-weiße Nagelfeile. An solchen reizenden Spielereien ist das Schloß reich. Es ist eine bis zum Raffinement vervollkommnete Sammlung solcher nebensächlicher graziöser Ausstattungsartikel. Französische Stiche, Balletteusen, Pikanterien, witzige Sujets. Eine ganze Wand mit den schönsten Damen Europas, berühmten Künstlerinnen und hocharistokratischen Frauen. Das Exil Ludwig Viktors ist wie die Garniwohnung eines reichen Pariser Lebemannes ausgestattet.« Sogar der Schah von Persien, der 1873 auf Staatsbesuch zur Wiener Weltausstellung kam, war begeistert und Ludwig Viktor machte auf Nāser ad-Dīn Eindruck. Der glanzvolle Empfang, die umfangreichen Schönheitengalerien, das »vortreffliche Essen« – alles ganz nach dem Geschmack des exotischen Potentaten und dessen Gefolge, das in der Residenz ungeniert Hammel briet. Der Erzherzog konnte, wenn er bei Laune war, ein perfekter Gastgeber und Alleinunterhalter sein. Es galt als besondere Wertschätzung, bei seinen exquisiten Festen und Landpartien im großen Stil geladen zu sein, andererseits wurde behauptet, er »machte Menschen in Salzburg unmöglich, indem er sich weigerte, sie in seinem Schloß Kleßheim zu empfangen« (Nora Fugger). Im Fall der Ablehnung handelte es sich vermutlich nicht um junge Männer »mit körperlichen Vorzügen oder gesellschaftlichen Talenten« und genauso wenig um hochwohlgeborene Damen, »die sich allem Möglichen, aber nur keiner nützlichen Beschäftigung hingegeben« hatten. Denn nur diese beiden Personengruppen durften sein Haus betreten. In der »bunten, lebhaften Welt, wo der Klatsch blühte, gab der Erzherzog den Ton an« (Nora Fugger).

Er verstand sich als Freund und Förderer der schönen Künste, war belesen und bekundete stets Interesse an kulturellen Ereignissen. Diese Auftritte erledigte er oft in höchster Eile, sodass der Direktor des Museums für angewandte Kunst, Eduard Leisching, enttäuscht notierte, der nervöse Herr sei so rasch durch die Ausstellungssäle geeilt, dass der diensthabende Beamte ihn nicht einmal hätte begrüßen können, denn da sei er schon wieder weg gewesen. Wenn er eine Frage stellte, habe er die Antwort nicht abgewartet.

Vor allem in seiner Jugend ging er leidenschaftlich gern ins Theater, liebte Oper und Ballett, gab Unsummen für den Ankauf mehr oder weniger wertvoller Kunstgegenstände und Gemälde aus. Die gigantische Sammlung ging nach seinem Tod an den Großneffen Kaiser Karl, dessen Bruder Maximilian Eugen und deren Mutter Maria Josepha, welche alles samt Schloss 1920 an das Land Salzburg verkauften. Experten suchten die für die Salzburger Museen interessanten Objekte aus, darunter einige Werke von Franz Alt und Hans Makart, die heute in der Residenzgalerie hängen. Andere Stücke von Wert wurden nebst einigen Familienandenken abgezweigt, der Rest gelangte in den Folgejahren im Dorotheum zur Versteigerung. Hätte man sich bemüht, den Gesamtbestand zu sichern, wäre ein durchaus präsentables Museum zustande gekommen. Nun aber war der Besitz bald in alle Winde zerstreut: Möbel, Teppiche, Textilien, Theaterkostüme (bekanntlich trat Ludwig Viktor gern auf, vor allem in Frauenkleidern), Bilder und Grafiken, Miniaturen, Fotos (der Erzherzog war ein begeisterter Hobbyfotograf), Kunstgewerbe aller Materialien, Fayencen, völkerkundlich interessante Gerätschaften hauptsächlich aus China und Japan. Besonders bemerkenswert war die reichhaltige Stock- und Schirmsammlung des Erzherzogs.

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