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Esoterische Netzwerke

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Hypnose-Versuche fanden nur in ganz bestimmten Arztpraxen oder Spitälern statt, da sie weder allgemein toleriert wurden geschweige denn weitgehend anerkannt waren. Auch Privathäuser wie Erzsis Schloss in Schönau wurden für solche Zwecke herangezogen. Freuds weltberühmte Theorie des Unbewussten fußt in weiten Teilen auf den erwähnten Denkgebäuden: Auf dem Mesmerismus, dem Hypnotismus und dem Somnambulismus, also der Lehre vom Schlafwandeln, die zur Zeit Mesmers noch Mondsucht („Lunatismus“) geheißen hat. Es ging in den Debatten nicht immer um den Wahrheitsgehalt dieser Theorien, sondern vielmehr standen Machtkämpfe im Vordergrund, Netzwerke von Freunden und Feinden, die für die Durchsetzung einer Idee oft wichtiger waren als deren Realitätsgehalt. Schrenck-Notzing agierte meisterhaft auf diesem heiklen Parkett und obwohl er häufig von Skeptikern angegriffen wurde, gelang es ihm, seinen wissenschaftlichen Ruf zu retten. Bekannte Unterstützer waren unabdingbar, wie etwa der Münchner Malerstar Gabriel von Max. Seine Gemälde zeigen eine intensive Auseinandersetzung mit Forschungsfeldern wie der „Hysterie“, der Hypnose, der Parapsychologie und mit dem Spiritismus. Eine höchstwohlgeborene Habsburgerin konnte in diesem Umfeld nicht schaden.

Das Ehepaar Schrenck-Notzing lebte auf großem Fuß in einem repräsentativen Neubau in einer noblen Münchner Gegend. Man fuhr ein nagelneues Automobil. Überhaupt liebte Herr Dr. Schrenck-Notzing den Autosport und sammelte auch selbst Kunst. Da sich unter seinen Freunden genügend berühmte Maler wie der schon erwähnte Gabriel von Max, aber auch etwa Albert von Keller, der spiritistische Sitzungen in Gemälden festhielt, tummelten, saß er gewissermaßen an der Quelle. Gemeinsam studierten die Herren Ärzte und Künstler die „Nervenrätsel kataleptischer oder ekstatischer“ (Justinus Kerner) Frauen. Diese tauchten später in den Bildern der Maler als Modelle wieder auf. Gerne lud Schrenck-Notzing zu okkulten Abenden und formulierte dort seine Thesen. Bei ausgewählten Terminen waren Presseleute anwesend, die einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Popularisierung des Okkulten leisteten.

Man sah den Hypnotiseur Schrenck-Notzing auch als Bonvivant in Paris, im Frühjahr am Lido in Venedig, im Sommer auf Sizilien und im Winter in Nizza. Kurz, einige Mitglieder der Hautevolee befanden sich zu allen Jahreszeiten genau dort, wo sie von Schrenck-Notzing kuriert werden konnten. Auch Erzsi war im Winter fast immer am Meer und in diversen Kurorten anzutreffen.

Durch seine Beschäftigung mit dem Hypnotismus hatte Schrenck-Notzing mehrere Personen kennengelernt, die einen Ruf als Medium erlangt hatten. Diese meist jungen Mädchen und Burschen wurden zu verschiedenen Zwecken hypnotisiert, entweder von Schrenck-Notzing selbst oder anderen Ärzten. Manche Medien bevorzugten Selbsthypnose. Sobald sie den Zustand der Trance erreicht hatten, konnten ihnen Fragen gestellt oder sie um bestimmte Handlungen gebeten werden. Diese „Arbeit“ mit den Medien streifte die Grenze zum Okkultismus, denn es konnte unter anderem darum gehen, dass das Medium Kontakt mit Toten aufnehmen sollte. Doch auch dem „Geisterbaron“ waren die Geister nicht immer hold, denn dass sich tatsächlich ein Geist zeigte, war äußerst selten. Ein einziges Mal erwähnte Schrenck-Notzing in einem Brief an Erzsi, dass dieses Phänomen aufgetreten sei. Er beschrieb die Manifestation „eines ganzen Phantoms, und zwar einen deutschen Offizier in Grand tenue.“ „Grand tenue“ bedeutet, dass der Militär eine Festtagsuniform trug. Die Erscheinung wurde fotografisch festgehalten. Schrenck-Notzing lehnte an sich den Spiritismus als „Schwarmgeisterei“ ab, doch konzentrierte er seine Forschungen sehr wohl auf den Grenzbereich zwischen Geist und Materie, was dem Okkultismus sehr nahekommt.

Esoterisches zog Erzsi an; es war zu ihrer Zeit aber auch kaum möglich, dem Hype zu entkommen. Man las zwischen 1848 und dem Ende der 1920er-Jahre viel darüber, unzählige Bücher, Broschüren und Zeitungsartikel behandelten das Thema – kurz: Erzsi befasste sich mit einem sehr zeitgeistigen Bereich, der eine Hochblüte in der Publikumsgunst erlebte. Zusätzlich verbrachte sie viel Zeit an Orten, die auch Albert von Schrenck-Notzing frequentierte. Außerdem war ihr erster Ehemann, Otto zu Windisch-Graetz, ebenso wie Schrenck-Notzing ein Autonarr. Genaues über Zeit und Ort eines ersten Treffens Erzsis mit dem Paradeokkultisten seiner Zeit ist derzeit nicht bekannt.

Elisabeth Petznek

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