Читать книгу Airport 2013 - Michelle Werner - Страница 10
Dienstag, 24. September 2013 – 15:15 Büro von easyFly, Flughafen Schönefeld, Berlin
ОглавлениеEs gibt einen anonymen Anruf, der auf eine Gefahr hinweisen möchte. Der Versuch, mehr Informationen zu erhalten, scheitert kläglich, weil der Anrufer sofort auflegt. Dies kann natürlich ein Scherzbold sein, aber ebenso gut kann es ernst gemeint sein. Im Zweifelsfall nehmen sie Anrufe und Hinweise sehr ernst.
Ein Blick auf die Startliste zeigt, dass der nächste geplante Abflug um 16 Uhr 15 stattfinden soll. Das ist EZY 7374 und der Airbus A319 soll nach London-Southend fliegen. Ein kurzer Rundruf bei den Kollegen der anderen Airlines ergibt, dass die anderen Fluglinien keine Warnung erhalten haben. Also wird das Boarding für EZY 7374 im letzten Moment gestoppt. Man informiert die Passagiere, dass die Reinigungsarbeiten leider noch nicht beendet sind und dass es daher leider zu einer kurzen Verzögerung kommen wird.
In der Zwischenzeit wird das Sicherheitspersonal alarmiert, welches als Putztrupp getarnt, schnell zur Maschine fährt, um einen Sicherheits-Check vorzunehmen. Die Gefahr bei den vielen Fehlalarmen ist, dass sie irgendwann nicht mehr ernst genommen werden. Dies ist der Sicherheitsmannschaft natürlich bewusst.
Ebenso wissen sie aber auch, dass jede Minute Verzögerung mit zusätzlichen, beträchtlichen Kosten für die Fluggesellschaft verbunden ist. Also müssen solche Überprüfungen gründlich, aber auch zügig durchgeführt werden.
Morris Manker ist der Verantwortliche für diesen Einsatz. Er ist ein alter Hase in diesem Metier und er weiß, dass viel Verantwortung auf seinen Schultern lastet. Eigentlich müsste man den ganzen Flieger zerlegen, um ganz sicher zu gehen. Dies würde aber Wochen dauern und wenn dies bei mehreren Flugzeugen passieren würde, könnte die Fluggesellschaft Konkurs anmelden. Sicherheit ist eben heutzutage ein relatives Thema. Dies darf man natürlich nicht an die Öffentlichkeit dringen lassen! Im Kampf mit der Konkurrenz werden dennoch immer mehr Kompromisse eingegangen.
Okay, sein Chef hat ihm maximal eine Stunde eingeräumt, lieber wäre dem Vorgesetzten wenn es schneller ginge. Dies ist so, als ob man am 20. des Monats noch einen Hunderter hat und damit unter allen Umständen bis zum Ultimo kommen muss. Morris denkt zwar immer wieder über diese Zwickmühle nach, aber eine bessere Lösung als ein bestimmtes Zeitmaß ist ihm auch noch nicht eingefallen.
Was er meistens verdrängt, ist das Risiko für seine Mannschaft und für sich. Natürlich trainieren sie sehr oft. Mit raffinierten EDV-Programmen werden immer neue Bedrohungsszenarien simuliert. Desto öfter sie diese Ernstfälle übten, umso klarer wurde es für Morris, dass sie gegen eine Reihe von Gefahren absolut machtlos waren. Der hohe technologische Aufwand mag Sprengstoffe aufspüren, aber leider lernen die Attentäter immer schneller dazu, wie sie den technischen Fortschritt für sich nutzen können.
Morgens, wenn Morris aus dem Haus geht, wünscht er sich jeden Tag eine andere Welt, eine in der man sicher sein kann, abends auch wieder nach Hause zu kommen. Selbst wenn es ihn in der Folge den Job kosten würde, wäre er mit einer solchen Welt glücklicher. Auch wenn sie auf Grund des Gefahrenpotentials und wegen der hohen psychischen Anspannung viel früher in Ruhestand gehen können, nützt ihm dies nichts, sobald einmal doch was passiert. Kommt es zur Explosion, so geht gleichzeitig seine ganze Welt unter. Da ist einfach kein Sicherheitsabstand zwischen ihm und dem Tod.
Seit mehreren Monaten denkt Morris darüber nach, den Job einfach hinzuknallen, aber was dann? Er hat nicht das Gefühl, echte Alternativen zu haben und vor allem, seine Crew verlässt sich auf ihn als auch auf seine Erfahrungen. Da kann man nicht so einfach aussteigen und hinter einem die Sintflut. Morris hat ebenso auf jede Partnerschaft verzichtet, weil er es keinem geliebten Menschen zumuten kann, mit dieser Angst jeden Tag zu beginnen.
Morris versucht, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, diese trüben Gedanken kann er jetzt gar nicht brauchen. Grübeln kann er genauso gut später.