Читать книгу Teresa von Avila im Spiegel des Lebens und der Deutung Edith Steins - Mike Wogengletter - Страница 9
2.5 Gelehrte, Nonne, Märtyrerin
ОглавлениеIn den Jahren zwischen 1931 und 1933 ist Edith Stein Dozentin an der Universität zu Münster. Sie vollendet in dieser Zeit die Übersetzung der „Quaestiones“ von Thomas von Aquin, widmet sich der theologischen Anthropologie und ihrer Autobiografie. In Münster schreibt Edith Stein einen offenen Brief an den Papst Pius XI. Sie bittet ihn um eine Audienz und eine Enzyklika, um die „Judenfrage“[79] zu klären, da sie die Bedrohung durch Hitlers Schergen deutlich spürt. „Ob Juden wie beispielsweise Edith Stein Christen geworden sind, ist völlig gleichgültig. […] Ihr Ziel [das der Nationalsozialisten] ist es das jüdische Volk zu vernichten.“[80] Als sie sich nun durch Hitlers grausame Politik im Jahr 1933 gezwungen sieht, ihre Dozentur aufgeben zu müssen, schreibt sie:
„Seit fast 12 Jahren war der Karmel mein Ziel. Seit mir im Sommer 1921 das „Leben“ unserer hl. Mutter Teresia in die Hände gefallen war und meinem langen Suchen nach dem wahren Glauben ein Ende gemacht hatte.“[81]
In diesem Zitat wird die besondere Rolle der heiligen Teresa von Avila unterstrichen, die sie in den Katholizismus überführt. Die Heilige beeinflusst von nun das weitere Leben der Edith Stein, die ersten Jahre nach der Konversion eher unmerklich und im Gebet, aber in den Jahren nach ihrer Dozentur in Münster immer deutlicher. So ist es auch Teresa von Avila zuzuschreiben, dass Edith Stein sich letztendlich am 14. Oktober 1933 in den Karmel begibt. Hier hat sie die Zeit und die Aufgabe an ihren philosophischen Schriften zu arbeiten, sodass die ersten Werke zu Teresa von Avila zwischen Ende 1933 und Anfang 1936 entstehen.[82]
Die erste Schrift „Liebe um Liebe. Leben und Wirken der heiligen Teresa von Jesus“[83] entsteht in den ersten Monaten im Karmel zu Köln. Bis zu ihrer Einkleidung soll es nunmehr nur noch sechs Monate dauern, sodass sie am 15. April 1934 ihren Ordensnamen „Teresia Benedicta a Cruce“ tragen darf. Da sie diesen Namen selbst gewählt hat, spiegelt sich insbesondere hier die starke Verbundenheit Edith Steins mit Teresa von Avila wieder, ist sie doch jetzt Namenspatronin. Aber auch der Einfluss der vom Kreuz scheinenden Heiligkeit, das Geheimnis des leidenden Christus ist in ihrem Namen präsent. Ob sie mit diesem Namen auch an Johannes von Kreuz, den Wegbegleiter Teresa von Avilas, gedacht hat, muss offen bleiben, da weder ihre Autobiografie noch anderen Werke direkt Auskunft dazu geben. Zwar mutet in der „Kreuzeswissenschaft“, ihrem letzten Titel, eine Verbundenheit auch zu diesem Heiligen an, aber über den Gedanken zur Wahl ihres Namens schweigt sie. Edith Stein bleibt bei allem Jüdin voll Stolz, ist sie doch eines „Blutes“[84] mit der Gottesmutter Maria und Jesus Christus.[85]
Die Kölner Klosterjahre sollen noch zwei weitere Texte zu Teresa von Avila hervorbringen: „Eine Meisterin der Erziehungs- und Bildungsarbeit: Teresia von Jesus“ entstanden 1935 [und] Die Seelenburg, entstanden 1936, als Ergänzung zu Endliches und Ewiges Sein.“[86] Etwa in diesen Jahren legt sie auch das zeitliche Gelübde ab, während sie das ewige Gelübde erst im April des Jahres 1938 ablegt. Sie bleibt auch im Kloster der Welt zugewandt und interessiert sich für Politik, zeigt sich für das Schicksal von Freunden sowie Verwandten interessiert. Als dann in der Reichspogromnacht 1938 der Rassenhass offenbar wird, begibt sich Edith Stein unter „Sicherheitsvorkehrungen“[87] etwas über ein Jahr später zum Karmel nach Echt in die Niederlande, wo sie auf ihre Schwester Rosa trifft, die in Echt als Pfortenschwester eingesetzt ist.[88]
Bald schon finden die National Sozialisten einen Weg, die Niederlande zu erobern, sodass es im Juli zum Konflikt zwischen der katholischen Kirche und den Eroberern kommt. Es wird ein Hirtenbrief verlesen, der mit allen „Maßnahmen gegen die Juden“[89] deutlich und stark ins Gericht geht, sodass im August der hasserfüllte Vergeltungsschlag der Nazis erfolgt. Am 2. August 1942 werden Edith und Rosa Stein aus dem Karmel in die Sammellager von Westerbrook entführt. Edith Stein geht diesen Weg auf eine sehr gelassene Art und Weise. Hatte sie nicht schon 1939 die Priorin gebeten, dass ihr Leben „mit dem Herzen Jesu als Sühneopfer für den wahren Frieden“[90] anbieten dürfe und so ging sie diesen Weg für ihr „Volk“[91]. Sie bittet sogar noch im Schrecken der Lager um warme Sachen und Decken für die Anderen. Getragen vom Kreuz geht sie den Weg zu Ende, in ihr Ende. Im Gift der Nazis in Auschwitz sterben sie und Rosa wahrscheinlich am 09. August 1942.[92]