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Körperliche und seelische Entwicklung

Die körperliche und seelische Entwicklung schien oft retardiert, vieles was für Kinder normal war, schien nicht entwickelt zu sein. Zum Beispiel die Sprachentwicklung, ein Kind, mit dem sich von klein auf beschäftigt wird, kann Dinge und Abläufe, die es erlebt, sieht und hört, vernetzen und es entstehen Zusammenhänge, die es ihm ermöglicht, alles zuzuordnen.

Wir haben Kinder erlebt, mit denen wenig geredet wurde, sie kannten wohl das Wort Löffel, aber wo dieser zu holen war, konnten sie nicht sagen. Es ist unglaublich so etwas, was einem selbst als völlig selbstverständlich vorkommt, mitzuerleben. Das heißt, ich weiß wohl, was Löffel heißt, kann es aber nicht zuordnen, vernetzen und weiß auch nicht, wo ich den Gegenstand holen kann, wie der aussieht.

Sprachentwicklung entsteht schon ganz früh, das Kind wird angesprochen, erlebt, wie mit ihm und den Personen im Umfeld geredet wird. Vernetzung der Sprache entsteht, indem sich mit den Kindern abgegeben wird. Kleine Kinder sind die ersten zwei bis drei Jahre im Normalfall bei den Eltern mit dabei und erleben, wie gesprochen wird. Wenn die Mutter sagt, ich hol einen Löffel, sieht das Kind, wo dieser ist, wie er aussieht und was man damit macht. Die Kinder begleiten ihre Eltern im Alltag und lernen spielerisch die Sprache und deren Bedeutung kennen.

Auch gehe ich davon aus, dass dies völlig unbewusst und selbstverständlich abläuft. Ich glaube kaum, dass Eltern das Bewusstsein haben, was dies für die frühkindliche Entwicklung bedeutet. So vieles läuft unbewusst und selbstverständlich ab, da dies von ihnen selber so erlebt wurde, oder es einfach so ist, immer so war. Es ist elementar wichtig für die Entwicklung der Kinder, dass sie durchs Erleben und Vorleben Lernerfahrungen machen.

Findet diese Nähe, dieses Erleben von Kommunikation und Zuwendung nicht statt, so kann sich keine Vernetzung zu dem Wort und dem Gegenstand entwickeln. Kinder, die sich innerlich zurückgezogen haben, da sie frustriert sind, oder wenig Zuwendung erlebt haben, erleben oft dann im Alltag genau solche Situationen wie oben beschrieben nicht und haben Mühe in ihrer Sprachenwicklung und Vernetzung der Sprache.

So haben wir häufig erlebt, dass die Sprachentwicklung verzögert war, oft erst mit drei Jahren stattgefunden hat und die Kinder Mühe hatten, sich so auszudrücken, dass sie verstanden wurden. Was wiederum Frust und Wut ausgelöst hat bei ihnen. Uns geht es ja nicht anders, wenn wir etwas sagen und unser Gegenüber nicht versteht, was wir sagen wollen. Oft mussten wir bei den Kindern, welche zwei bis drei Jahre alt waren, ganz von vorne anfangen, kaum vorstellbar.

Nicht vorzustellen was das im Alltag heißt. Wie gebe ich Wissen weiter, welches ausgehend nach dem Normalitätsprinzip vorhanden sein sollte. Wo ansetzen, woher weiß ich, was schon an Erfahrung vorhanden ist, und wie ich dies den Kindern vermitteln kann. So mussten wir zuerst einmal herausfinden bei jedem Einzelnen, was schon da war an Erfahrungen und auf welche Art das Kind am besten übers Erleben lernen kann. Dabei war auch unseres Erachtens wichtig, ihnen dies auf positive Art zu vermitteln, dies, weil schnell das Gefühl bei den Kindern aufkommen konnte, nichts hinzubekommen. Aufgrund ihrer Vorgeschichte und den Erfahrungen waren sie häufig schnell frustriert und hatten das Gefühl, es nicht zu schaffen.

Die Kinder waren häufig sehr vernachlässigt, hatten wenig Selbstsicherheit und schienen sich wenig zuzutrauen. Wünsche und Bedürfnisse konnten sie nicht in Sprache umsetzen und waren ihrem Umfeld und den Betreuungspersonen ausgesetzt.

Kann ich mich nicht ausdrücken, hat dies auch eine entscheidende Wirkung auf das Selbstvertrauen. Es erscheint mir ganz wichtig, Kinder als Personen ernst zu nehmen und sie darin zu unterstützen, sich so ausdrücken, dass sie sich verstanden fühlen. So benötigt es viel Geduld und vor allem auch Verständnis für diese Kinder. Ihnen die nötige Zeit zu geben und nicht zu viel von ihnen zu erwarten. Wichtig erscheint mir gut zuzuhören, genau nachzufragen und das so lange, bis alle Seiten sich verstanden fühlen.

Die Körpersprache zeigt meiner Meinung nach deutlich, ob sich die Kinder verstanden fühlen. Ich kann mich an viele Situationen erinnern, wo mir erst im Nachhinein klar wurde, was die Kinder mir mitteilen wollten. Es war, wie Sie sicher verstehen werden, wirklich manchmal nicht leicht, für beide Seiten. Zumal vieles einfach über die Körpersprache sichtbar wurde.

Darum war die Beobachtung ein wichtiger Teil unseres Alltags. Ich möchte darauf hinweisen, dass es nicht darum geht, dass das Kind immer seinen Kopf durchsetzen kann. Oft kamen von außen Kommentare wie: „Die tun nur so, weil sie ihren Willen durchsetzen wollen“.

Nein, es geht darum, die Kinder zu unterstützen, als Individuum wahrgenommen und verstanden zu werden. So haben wir unsere Beobachtungen festgehalten und uns regelmäßig mit Fachpersonen ausgetauscht. Die Kinder bekamen Frühförderung, Logopädie usw. Allein hätten wir dies nicht bewältigen können. Durch diese Unterstützungen konnten sich die Kinder immer besser ausdrücken und schnell Entwicklungsdefizite aufholen.

Häufig war auch ein Defizit in der Motorik festzustellen, die Kinder hatten Mühe mit der Vernetzung von rechts und links, die sogenannte Rechts- und Linksdisharmonie (6). Sie hatten Mühe, sich mit Dingen zu beschäftigen, bei denen die Feinmotorik gefragt war. Ich gehe davon aus, dass dies auch damit zu tun hat, ob sich jemand mit ihnen beschäftigt hat. Nur durch Üben und geeignetes Spielmaterial kann sich die Feinmotorik entwickeln. Üben auch mit den Eltern im Alltag, gemeinsames Kochen, Basteln, Tisch decken, Abwaschen, Garten, Tierpflege usw. Dies ermöglicht den Kindern, sich in feinmotorischen Dingen zu üben und Erfahrungen zu sammeln. Hier spielt sicher auch die Vorbildfunktion eine Rolle.

Kinder, mit denen sich wenig beschäftigt wurde, können kaum Fertigkeiten erlangen, alles was später erlernt wurde, ist schwieriger, da es nicht mehr dem natürlichen Ablauf entspricht und erlernt werden muss. Die Kinder wirkten häufig auch in ihrer seelischen Entwicklung nicht altersgemäss. Sie waren eher apathisch als aktiv, eher abwartend als entdeckungsfreudig, eher abwartend, als dass sie sich spontan an eine Sache herangegeben haben.

Es ist erstaunlich, wie wichtig für eine Entwicklung ein gesundes Selbstvertrauen scheint. Ohne dies finden gewisse Entwicklungen später bis gar nicht statt. Heißt dies jetzt, Bindungsfähigkeit und Urvertrauen stehen in Zusammenhang mit dem, wie sich mit einem Kind abgegeben wird. Wie das Kind Zuwendung und Aufmerksamkeit erlebt? Eigentlich verrückt, wenn man sich das so überlegt. Bin ich willkommen und erwünscht, wird sich mit mir abgegeben, habe ich die Chance, Dinge zu erlernen, die eigentlich für die meisten selbstverständlich sind? Da sie oft unbewusst bzw. wie selbstverständlich ablaufen.

Urvertrauen und Bindungsfähigkeit

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