Читать книгу Hexenherz. Goldener Tod - Monika Loerchner - Страница 24

Оглавление

Kapitel 15

»Wie wollen wir vorgehen?«

»Gute Frage.« Désirée runzelt die Stirn. »Wir wissen nicht, wie stark sie sind, aber ich denke, dass wir davon ausgehen können, dass es sich bei den vier Damen allesamt um Frauen handelt.«

Ich nicke. »Fragt sich nur, ob sie auch alle unter Magie sind.«

»Glaubt du nicht?«

»Ich weiß nicht. Die Anführerin, diese Sybille, auf jeden Fall. Hast du auch diese Vibrationen gespürt?«

»Ja. Wir sollten uns vor ihr in Acht nehmen!«

»Genau. Was die anderen betrifft: Wenn so eine wie Sybille ankommt und rumbrüllt, ihr Mann sei verschwunden und dass sie gefälligst ihre faulen Ärsche hochbekommen und ihr beim Suchen helfen sollen – denkst du, eine sagt dann sowas wie: ›Tut mir leid, liebe Sybille, aber ich habe gerade meine magiefreien Tage‹?«

»Du hast recht. Trotzdem sollten wir davon ausgehen, dass wir es im schlimmsten Fall mit vier Gegnerinnen zu tun haben.«

»Sehe ich auch so.« Ich mustere Désirée. »Du hast Rauch, bist wirklich gut in der Abwehr. Wie sieht’s in Sachen Angriff aus?«

Sie grinst breit. »Kennst du was, wo Rauch nicht reinkommt?«

»Hm, gute Frage. Aber wenn Pflanzen intakt sind?«

»Pflanzen ziehen sich Stoffe aus der Luft, um dann mit Hilfe von Licht Nahrung zu erzeugen. Ich hülle sie ein und das war’s dann.«

»Oh. Clever. Aber wie schnell wirkt so etwas?«

»Gar nicht schnell im Grunde.« Désirées Grinsen wird schadenfroh. »Aber das weiß eine Pflanze ja nicht. Dementsprechend geht sie in den Panikmodus über.«

»Soll heißen?«

»Schadensbegrenzung und Schutz. Einfahren und zusammenklappen, was immer geht. Überflüssige Teile abstoßen.«

»Und die Magie?«

»Reagiert entsprechend. Glaub’s mir, es haben schon mehrere Pflanzenhexen meinen Weg gekreuzt.«

»Oh. Schön.«

»Ja.«

»Gut. Sollte es also zu einer Konfrontation mit den Frauen kommen, bist du für Sybille zuständig. Ich kümmere mich um die anderen drei.«

Désirée lacht. »Ich weiß ja, dass du gut sein musst – aber so gut?«

»Ja, ich bin so gut!« Mit meiner Eismagie wäre ich sogar noch besser. »Ich war Zweite der Ostgarde. Das bin ich nicht geworden, weil ich so schön Blümchen pflücken kann.«

»Na gut.« Die Rebellin sieht nicht sonderlich überzeugt aus, aber wir haben jetzt keine Zeit für lange Debatten.

»Also: Wenn du ein Mann wärst und vorhättest zu fliehen – wo würdest du hingehen?«

»Ich würde mich auf jeden Fall bei keinem Freund und auch bei keiner Verwandten verstecken. Viel zu offensichtlich und viel zu gefährlich«, sagt Désirée langsam.

»Sehe ich auch so. Außerdem würde er Gefahr laufen, dass ihn die Frauen wieder zurückschicken.«

»Die Frage ist: Würde er versuchen, die Stadt zu erreichen, wo er in der Masse verschwinden kann, oder würde er, da er weiß, dass wiederum seine Frau von seinem Traum von der Stadt weiß, im Gegenteil in die andere Richtung fliehen?«

»Ist richtig«, sage ich, »und auch wieder nicht. Kann ja auch sein, er weiß, dass Sybille weiß, dass er weiß, dass sie das weiß. Dann würde er … Mist, jetzt habe ich den Faden verloren!«

Die blonde Rebellin lacht. »Oh Frau! Aber gut, was machen wir jetzt?«

»Wenn Arno versucht, in den Süden oder sonst wohin zu fliehen, werden wir ihn sowieso nicht finden.« Ich kann nur hoffen, dass ihm die Flucht gelungen ist. »Wir wissen ja nicht mal, wo sein Heimatdorf ist, von dem aus er geflohen ist. Wir können ihn nur dann finden, wenn er sich tatsächlich auf dem Weg nach Annaburg befindet.«

»Das leuchtet ein. Und Sybille scheint das ja auch für die wahrscheinlichste Variante zu halten.«

»Dann ist es beschlossen: Wir reiten Richtung Norden.«

Désirée nickt. »Denkst du, wir finden ihn?«

»Keine Ahnung. Auf jeden Fall haben wir bessere Karten als die anderen. Ich habe Jahre meines Lebens damit verbracht, Leute aufzuspüren und zu jagen.« Ich spüre, wie die Vorfreude in mir kribbelt. Endlich mal wieder was anderes! »Ich wette, die haben keine Ahnung vom Spurenlesen.«

»Gut. Aber wo fangen wir an? Sollten wir es nicht zunächst mit Magie versuchen?«

»Das kannst du gern versuchen«, ich schüttele den Kopf, »aber in Gegenden wie diesen ist das vergebliche Liebesmüh.«

»Wieso?« Désirée macht eine umfassende Bewegung. »Ist ja nicht so, als wären hier allzu viele Leute unterwegs.«

»Das nicht«, gebe ich zu, »aber verdammt viel Wild. Da kommst du mit Magie nicht weit, du kannst es ja gern ausprobieren!«

Die Frau schenkt mir ein halbes Lächeln, dann verschließt sich ihr Gesicht und ein konzentrierter Ausdruck erscheint darauf. Wenige Sekunden später sehe ich erste Schweißtröpfchen auf ihrer Stirn. Wer nicht hören kann …

»Uff.« Sie schüttelt sich. »Du hattest recht. Verdammt, ist hier viel los. Das hätte ich echt nicht gedacht!«

»Na, sag ich doch! Die gute Nachricht ist, dass die anderen Arno so ebenfalls nicht orten können. Er hat wirklich Glück, dass es hier so viele große Tiere gibt.«

»Aber wie wollen wir ihn dann finden?«

»Ganz einfach: Wir reiten so lange im Zickzack Richtung Annaburg, bis wir eine Spur von ihm finden.«

»Und das funktioniert?« Désirée kratzt sich am Kopf. »Ernsthaft?«

»Ja, ernsthaft!«

»Na dann … «

Die Suche erweist sich als genauso mühselig, wie in den guten alten Zeiten. Göttin, wie oft habe ich schon im Stillen die Mondin gebeten, etwas voller zu strahlen und so der Dämmerung mehr Licht zu verleihen. Da Désirée im Gegensatz zu mir in der Lage ist, ihre Magie zu erneuern, fällt es somit ihr zu, für Licht zu sorgen. Eine kleine Flamme bekommt jede Frau hin und die Laterne aus dem Gepäck der Rebellin tut ihr Übriges. Der Atem der Pferde und einer guten Kameradin neben mir, die Sinne entfaltet, die Magie in Alarmbereitschaft, was braucht es mehr? Ich hatte ganz vergessen, wie aufregend so eine Jagd ist!

Wir sind erst eine Stunde unterwegs, als ich seine Fußspur finde. Ich zügele mein Pferd und sitze ab,

»Da!« Ich deute auf den Boden. Wenn ich jetzt Eis hätte, würde ich die Spur damit ausfüllen, um sie für Désirée sichtbarer zu machen. »Von der Größe her eindeutig eine Männerspur.« Weibliche Menschen hinterlassen deutlich grazilere Spuren, sind so viel besser an das Leben in der Wildnis angepasst.

Ohne Magie wäre es schwierig, der Spur zu folgen: Es ist einfach zu trocken. So aber ist es kein Problem. Ich beschließe, Désirée etwas beizubringen.

»Hast du schon mal per Magie eine Fährte verfolgt?«

Sie zuckt mit den Schultern. »Nein, ich wüsste auch gar nicht, wie.«

»Möchtest du es lernen?«

»Ja, warum nicht?«

Trotz ihrer Worte bleibt ihr Gesichtsausdruck skeptisch.

»Du hast Rauch, das ist zwar nicht die beste Magie dafür, aber auch nicht die schlechteste. Also pass auf: Nimm etwas Rauch und presse ihn in die Fußspur hier.«

Die blonde Rebellin beugt sich vor.

»Ich sehe den Abdruck nicht mal!«

»Na da, schau doch mal!« Ich durchwühle ein paar Magiespeichersteine. In einem Armreif werde ich fündig. »So, hier hätte ich Wind, das wird gehen. Schau mal!« Ich schicke die Magie in den Boden und lasse sie Erde aufnehmen. Dann presse ich sie in den Abdruck, halte sie fest und ziehe sie gleichzeitig wieder heraus. »Siehst du das? Jetzt haben wir eine Form.«

»Alles klar. Wie geht es dann weiter?«

»Du lässt die Magie los und jetzt gilt es, gut aufzupassen: Die Magie wird für einen winzigen Moment versuchen, die Form wieder einzunehmen.«

Désirée nickt. »Kenne ich.«

»Und in genau diesem Moment stupst du sie an, aber wirklich nur einen winzigen Hauch.«

»Gut, und was passiert dann?«

»Dann, wenn du ganz genau darauf achtest, wirst du spüren, wie es deine Magie in eine bestimmte Richtung zieht. Und zwar in die Richtung, in der sich die nächste Spur befindet. Du folgst diesem Ziehen so lange, wie du es spüren kannst, was nicht einfach ist und viel Konzentration erfordert. Dabei suchst du weiter nach Spuren. Hast du wieder eine gefunden, wiederholst du das Ganze. Ist natürlich überflüssig, wenn du sichtbare Spuren hast.«

Die Rebellin runzelt die Stirn. Ich lasse die Erde fallen und ziehe den unverbrauchten Magierest zurück in den Stein.

»Versuch’s mal!«

Désirée stellt sich deutlich geschickter an, als ich bei meinen ersten Malen. Schon bald hat sie eine ordentliche Abdruckform aus Rauch zusammengepresst, der jetzt vor uns in der Luft schwebt, ein heller Fleck in der Dunkelheit. Jetzt kommt es darauf an!

Sie schließt die Augen, wohl um sich zu konzentrieren. Sie öffnet sie wieder und lässt die Magie los. Der Rauchabdruck wirkt kurz, als würde er auseinanderfallen, dann, als würde er sich wieder zu einer unförmigen Wolke zusammenraffen. Eine unsichtbare Macht scheint ihn anzuziehen und wie die Flamme einer Kerze stets dem Luftstrom folgt, neigt sich ein Zipfel des Rauchgebildes in eine Richtung. Désirée wirkt hochkonzentriert und lässt ihre Magie nicht aus den Augen.

»Geh vor«, flüstere ich, befestige die Laterne am Sattel meiner Stute und nehme die Zügel der Pferde. Wie magisch gesteuert, geht die Rebellin hinter der kleinen Rauchwolke her, selbst, als sie für mich schon längst nicht mehr sichtbar ist. Erst nach einer guten halben Stunde lässt sich die Frau zu Boden plumpsen.

»Uff«, macht sie. »Meine Güte, ist das anstrengend!«

Ich lache. »Oh ja.«

Die ersten Male, die ich das Spurenlesen und -verfolgen anwenden sollte, habe ich nach wenigen Minuten aufgegeben. Geduld zählte noch nie zu meinen Stärken.

»Bist aber ganz schön weit gekommen, muss ich schon sagen.«

»Danke.«

Ich schaue mich um. Wir haben einen Wald durchquert und sind an einigen Wiesen vorbeigekommen. Die leicht geweiteten Nüstern der Pferde liefern mir den nächsten Hinweis.

»Muss ich das noch mal machen? Ehrlich, Helena, das schlaucht ganz schön!«

»Ich weiß. Aber nein, ich denke, jetzt kommen wir erst mal so klar. Ruh dich kurz aus, dann gehen wir weiter. Ich habe da so eine Idee.«

»Die wäre?«

»Wasser.«

»Ah ja.« Die Rebellin nickt. »Stimmt. Er wird früher oder später trinken müssen. Es sei denn, er hat sich etwas mitgenommen.«

Ich schüttele den Kopf. »Natürlich wird er sich etwas zu trinken mitgenommen haben. Reicht aber nicht ewig. Außerdem wird es nicht allzu viel gewesen sein, denn Wasser ist schwer. Er kennt die Gegend ungefähr und weiß, dass er sich erstens nur an die Lahn halten muss, um nach Annaburg zu gelangen, und zweitens, logischerweise, dass er so auf seinem Weg auch immer Wasser hat. Was er ebenfalls weiß, so ihm die Göttin einen Funken Verstand geschenkt hat, ist, dass er am Wasser leicht zu finden sein wird. Bisher hat er alles richtig gemacht und hat sich von den Straßen ferngehalten. Trotzdem muss er hin und wieder zurück zur Lahn, schon aus Orientierungsgründen.«

»Und du meinst, das könnte genau jetzt der Fall sein?«

»Alle Zeichen weisen drauf hin. Wir sind hier in der Nähe des Flusses oder eines kleinen Seitenarms, auch, wenn wir ihn nicht sehen können. Die Pferde werden uns zu ihm führen.«

Désirée ist bereits wieder auf den Beinen.

»Klingt nach einem guten Plan.«

»Ich weiß. Kannst du mit deinem Rauch etwas machen, damit die Tiere leiser sind?«

Sie lacht. »Nun ja, ich könnte dafür sorgen, dass sie nie wieder einen Mucks von sich geben … «

»Hahaha.«

»Entschuldige«, sie grinst, »aber sonst fällt mir wirklich nichts ein.«

Ach Göttin, ich seh’s ja ein, es ist nun mal nicht jede so kreativ wie ich.

»Und wie wäre es, wenn du etwas Rauch nehmen«, ich forme mit meinen Händen einen imaginären Schneeball, »zusammenpressen und unter die Hufe der Pferde drücken würdest?«

»Was denn, bei jedem Schritt?« Désirées Augen sind rund. »Also da bin ich raus! Kennst du etwa eine, die das kann?«

Ja!

»Nein. Gut, nächster Versuch. Mal überlegen … Rauch dämmt doch auch, ähnlich wie Nebel, Geräusche, oder?«

Die Frau nickt. »Nicht so gut wie Nebel, aber etwas, ja. Außerdem absorbiert er Gerüche.«

»Perfekt. Könntest du uns dann irgendwie einhüllen? Einfach, um unsere Geräusche etwas zu dämpfen?«

Es ist Nacht und die Landschaft so dermaßen flach, dass das kleinste Geräusch weite Kreise zieht. Außerdem ist es absolut windstill, so dass wir auch das nicht ausnutzen können. Natürlich könnte ich die entsprechende Magie raussuchen und anwenden, scheue mich aber nach wie vor davor, Magie zu verschwenden. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass ich in Annaburg noch jeden Tropfen davon brauchen werde.

Hexenherz. Goldener Tod

Подняться наверх