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5.1 Planung einer empirischen Untersuchung

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Die Datenerhebung und -auswertung wird für die praktische Unternehmenskommunikation ähnlich geplant wie für wissenschaftliche Untersuchungen. Dabei wird auf die Praktikabilität und Praxisnähe geachtet, damit der Gesamtaufwand nicht den „Ertrag“ der Ergebnisse übersteigt. Die Wahrung der Verhältnismäßigkeit von Recherche- bzw. Evaluationsaufwand zum Mehrwert, der durch die Ergebnisse erzielt wird, ist in der praktischen Unternehmenskommunikation eine ständige Herausforderung. Bildlich gesprochen stellt dies das Verhältnis von Sonne (Unternehmen) zu den Planeten (u.a. Unternehmenskommunikation) und deren Mond (Recherche und Evaluation) dar.

Abb. 11:

Das Unternehmen, die Unternehmenskommunikation/PR und die Recherche/Evaluation

Die Recherche und die Evaluation erzeugen schnell große Datenmengen (z.B. durch die Logfile-Analyse von Internetzugriffszahlen). Gerade im digitalen Zeitalter bieten sich sehr viele quantitative Daten zur Auswertung an. Es ist nicht die Frage, ob messbare Daten verfügbar sind, sondern eher, welche Daten wirklich für die Optimierung der Unternehmenskommunikation relevant und aussagekräftig sind. Gleichzeitig sind qualitative Daten oft viel aussagekräftiger, da sie direkt Inhalte liefern, die für Storytelling oder Prozess- und Planungsoptimierung zu nutzen sind.

Bei der Planung von empirischen UntersuchungenPlanung von empirischen Untersuchungen werden drei Phasen unterschieden: der Entdeckungs-, der Bedeutungs- und der Verwertungszusammenhang. Für die praktische Arbeit in der Unternehmenskommunikation werden diese drei Schritte im Rahmen der Planung von Recherche- oder Evaluationsinstrumenten ebenfalls durchgeführt. Dabei wird sich für die praxisorientierte Recherche darauf konzentriert, den Umfang und Aufwand der Planung angemessen zu halten. Die Planung der Instrumente kann in Einzel- oder Gruppenarbeit oder im Rahmen eines Workshops geschehen – je nach Größe des Projekts.

Abb. 12:

Ablauf empirischer Forschung

Im ersten Schritt, dem EntdeckungszusammenhangEntdeckungszusammenhang, wird das Problem beschrieben und darauf resultierend eine Forschungsfrage formuliert. Warum werden Daten erhoben und welche Frage soll damit beantwortet werden? Was soll untersucht werden?

Im BegründungszusammenhangBegründungszusammenhang wird sich intensiv mit der Fragestellung befasst: Gibt es Theorien, mit denen Zusammenhänge zu erklären sind? Was macht den Forschungsgegenstand aus, durch welche Eigenschaften zeichnet sich die Situation aus? Auf der Basis dieses Wissens werden zentrale Begriffe für die Untersuchung definiert. Meist gibt es unterschiedliche Definitionen zu einem Themenbereich. Für die Untersuchung sind die geltenden Definitionen festzulegen.

Auf der Basis des Wissens und der Definitionen können dann Hypothesen formuliert werden: Was ist zu erwarten? Welche Tendenzen und Zusammenhänge können vermutet werden? Hypothesen werden neutral und exakt formuliert. Sie sind anschließend in Fragenkataloge oder Beobachtungskriterien umzusetzen und sollten daher kurz, klar und eindeutig sein. Es ist nicht förderlich, mehrere Aspekte in eine Hypothese zu integrieren. In diesem Fall werden besser mehrere Hypothesen aufgestellt.

Die Inhalte der Hypothesen weisen meist den Weg zur Wahl der Methode und der Grundgesamtheit. Die Entscheidung, wie die Stichprobe zu ziehen ist und welchen Umfang sie hat, beeinflusst auch die Festlegung der Methode und des einzusetzenden Instruments. Wenn z.B. eine allgemeine, öffentliche Meinung in der Hypothese zu prüfen ist, dann wird eine möglichst repräsentative, große Stichprobe mit Hilfe eine quantitativen Onlinebefragung empfehlenswert sein.

Die weitere Planung hat dann festzulegen, wie groß und welche Basis der Untersuchung zugrunde gelegt wird. Die Grundgesamtheit ist zu überlegen: Zu welcher Personengruppe soll eine Aussage gefunden werden? Wie genau ist diese Menge zu beschreiben und zu verorten? Wenn die Grundgesamtheit überschaubar ist, z.B. alle Besitzer von Golden Retriever, dann kann überlegt werden, ob eine Vollerhebung durchzuführen ist. Meistens wird keine Vollerhebung machbar sein, weil es an Zeit oder Geld fehlt oder die Gruppe nicht zu 100% verfügbar ist. Dann ist eine Auswahl zu treffen und die Stichprobe ist festzulegen. Wenn verallgemeinernde Aussagen gemacht werden sollen, dann sollte die Stichprobe repräsentativ für die Grundgesamtheit sein, d.h. sie ist ein Abbild der Gesamtheit. Dieses Abbild kann nur ausgewählt werden, wenn Eigenschaften der Grundgesamtheit bekannt sind. In der Praxis kann dafür auf Marktforschungsdaten zurückgegriffen werden. Wenn z B. Hundebesitzer für eine Kampagne anvisiert werden, dann geben Datenbanken wie die Allensbacher Werbeträgeranalyse AWA darüber Auskunft, welche Eigenschaften Hundebesitzer haben. Nach diesen Eigenschaften können dann die zu befragenden Menschen ausgewählt werden. Dafür kann z.B. eine Mitgliedschaft bei einem Verein oder in einer Facebookgruppe ein Indiz sein. Die Stichprobe kann auch nachträglich eingeschränkt werden, wenn die soziodemographischen Daten zu den Befragten vorliegen. Dadurch kann eine bessere Repräsentativität erreicht werden.

Die StichprobeStichprobe wird zufällig oder bewusst festgelegt. Die Zufallsstichprobe basiert auf der Vorstellung, dass ohne die bewusste Auswahl von Befragten bei wiederholter Messung eine Normalverteilung der Ergebnisse entsteht, die der Verteilung der Grundgesamtheit entspricht, abzüglich einer Irrtumswahrscheinlichkeit von fünf Prozent. Wenn die Stichprobe nicht zufällig aus der Grundgesamtheit gezogen wird, bietet sich die bewusste Festlegung an. Dafür werden Kriterien festgelegt, nach denen die Auswahl stattfindet. Das kann z.B. die Fokussierung auf Extremfälle sein, eine Einschränkung durch weitere Merkmale oder die Auswahl typischer Fälle, die einem bestimmten Muster folgen. Generell ist die Festlegung der Grundgesamtheit und die Auswahl der Stichprobe eine wichtige Entscheidung, da sie die Aussagekraft der Ergebnisse bestimmt.

In der Praxis bedeutet dies, dass im Falle einer Medienresonanzanalyse die Grundgesamtheit eine Analyse aller Medienberichte in Deutschland bedeuten würde. Eine Stichprobe kann gezogen werden, indem nur ein bestimmter Zeitraum gewählt wird, nur wichtige Medien oder nur bestimmte Artikelarten (z.B. Berichte und keine Meldungen) genutzt werden. Eine Mitarbeiterbefragung müsste alle Mitarbeiter umfassen. Eine Stichprobe kann bewusst – zum Beispiel bestimmte Abteilungen, Positionen, Altersgruppen o.Ä. – oder per Zufall ausgewählt werden. Dazu könnte unter Mitarbeitern ausgelost werden, wer an der Befragung teilnimmt.

Das Wesen der Frage und der HypothesenHypothese bestimmt die Wahl der Datenerhebung: Die Beobachtung funktioniert für alles, was öffentlich ist. Eine Befragung kann auch Verhalten erfragen und ist ansonsten sinnvoll zur Erfassung von Gedanken und Haltungen. Die Inhaltsanalyse wertet alles Geschriebene (oder Transkripte) aus und ist die zeit- und ortsunabhängigste Datenerhebungsmethode. Je nach Auswahl der Inhalte – z.B. Medienberichte, Kommentare, Pressemeldungen oder andere eigene Publikationen – sind diese gut zu beschaffen und auch arbeitsteilig auszuwerten. So hat jede Methode eine spezifische Eigenschaft, die passend zur Situation zu wählen ist.

Die Suche nach passenden Indikatoren für die Hypothesen ist die Operationalisierung. Es sind geeignete Kriterien zu suchen, die das gewünschte Konstrukt messen. Dabei ist bei der Erstellung der Instrumente (z.B. dem Fragebogen) auf Reliabilität, Validität und Objektivität zu achten. Die Reliabilität sichert die Wiederholbarkeit der Untersuchung. Die Validität gewährleistet, dass die Fragen wirklich das Konstrukt (z.B. die Einstellung) erfassen. Die Objektivität macht die Datenauswertung unabhängig von den Personen, die daran beteiligt sind. Es spielt also keine Rolle, wer die Daten erfasst und auswertet – die Ergebnisse sind unabhängig von den Forschern.

Die OperationalisierungOperationalisierung ist ein Kernstück der Planung. Sie stellt die Weichen für den Aufbau des Instruments und die Ausrichtung der Auswertung. Im Bereich der Kommunikation beschäftigen sich die Fragen rund um Recherche und Evaluation mit der Wirksamkeit von Kommunikation: das Denken, Fühlen und Handeln der Menschen sollen beeinflusst werden. Für diese Kriterien gilt es, einen Schlüssel zu finden, um sie zu erfassen. Diese Ziele der Kommunikation werden in Kapitel 5.3 ausführlich dargestellt. Wenn z.B. eine Einstellung erfasst werden soll, dann sind mehrdimensionale Fragen notwendig. Soll das Verhalten analysiert werden, kann unter Umständen eine systematische Beobachtung ausreichen. Wenn ein öffentliches Meinungsbild gezeichnet werden soll, ist eine Inhaltsanalyse ein gutes Indiz bzw. eine gute Operationalisierung.

Nachdem die Methode festgelegt wurde und die Operationalisierung bedacht wurde, ist das Instrument zu erstellen. Die Möglichkeiten eines Beobachtungsprotokolls, die Aspekte der Fragebogenerstellung und die Erfassungsmöglichkeiten einer Inhaltsanalyse werden ab Kapitel 5.3 dargestellt. Dabei ist für jedes erhobene Kriterium zu überlegen, welche Art der Daten erhoben wird: Reichen Ja/Nein-Auskünfte, sind Rangfolgen zu erstellen, sollen Mittelwerte berechnet werden oder umfangreiche, statistische Auswertungen angefertigt werden? Inhaltliche Anregungen können für die Planung und Optimierung des Kommunikationsprogramms von großem Interesse sein. Dafür dienen offene Fragen, die neue Erkenntnisse bieten. Das Skalenniveau der Daten bestimmt die Möglichkeiten der Auswertung. Sie werden in Nominal-, Rating-, Intervall- und Ratioskala unterteilt.

Skalenniveau Charakteristik Beispiele
Nominalskala Alle Fälle sind klassifiziert. Medienarten, selbst-/fremdinitiiert
Ordinalskala Reihenfolge kann gebildet werden. einfaches Ampelsystem oder mehrstufiges Rating
Intervallskala Mittelwert kann berechnet werden, Abstände sind messbar. mehrstufiges Ratingverfahren, Indices, Kennzahlen
Verhältnisskala Nullpunkt vorhanden, Prozentwerte sind zu berechnen. Anzahl, Auflage, Reichweite

Tab. 1:

Skalenniveaus und Beispiele

Wenn der Begründungszusammenhang definiert wurde, steht die Festlegung des Verwertungszusammenhangs für die Ergebnisse der Recherche bzw. Evaluation an. Es ist zu definieren, wie die erhobenen Daten auszuwerten sind, wie sie aufbereitet und kommuniziert werden.

Der Aspekt der Ergebnisverwendung ist nicht zu unterschätzen, da sie die Optimierung der Kommunikationsplanung ermöglichen. Dabei können auch überraschende Erkenntnisse helfen, auch wenn sie vielleicht nicht von der Fragestellung beabsichtigt waren. Die Ergebnisse fließen als Rechercheergebnisse in die Konzepterstellung ein, d.h. die Formulierung der Strategie basiert auf diesen Ergebnissen. Dabei können die Ergebnisse sich auf die Auswahl von Zielgruppen, Medien und Inhalten auswirken.

Als Evaluationsergebnisse bewerten die gewonnenen Erkenntnisse die Effektivität, Effizienz, Nachhaltigkeit und Wertschöpfung der durchgeführten und evaluierten Kommunikationsmaßnahmen. Die durchgeführte Pressekonferenz wird z.B. anhand der Medienresonanz bewertet. Dabei ist darauf zu achten, welchen Aspekt der Kommunikationsmaßnahme die Ergebnisse bewerten (Medienresonanz bewertet den Output, nicht die Durchführung oder Planung oder den langfristigen Outcome der Presskonferenz). Die Kommunikation der Evaluationsergebnisse stellt in der Praxis gern eine Herausforderung dar, da auch Schwächen der Kommunikation zu Tage gefördert werden, die eine direkte Kritik an der Arbeit einer Person bedeuten können. Die gemeinhin schwache Bereitschaft zur Selbstkritik sei hier im Hinterkopf zu behalten.

Beispiel | Konzept einer Medienresonanzanalyse

In der praktischen Arbeit kommt die Vorgehensweise der empirischen Forschungsplanung zum Einsatz, sie ist jedoch praxisnah und findet nicht in dem wissenschaftlichen „Wording“ statt. Daher werden die drei Phasen Entdeckung, Begründung und Verwertung in Anführungszeichen gesetzt.

„Entdeckungszusammenhang“: Es soll eine Konzeption für ein Pharma-Unternehmen, das einen Covid19-Impfstoff herstellt, erstellt werden. Dafür soll das Thema medial untersucht werden, d.h. wie wird das Thema in den Publikumsmedien dargestellt und bewertet. Die Frage könnte lauten: „Wie wird das Thema Covid19-Impfung in Publikumsmedien dargestellt und bewertet? Wer sind die Akteure?“

„Begründungszusammenhang“: Das Thema Impfung generell, der Virus im Speziellen, die Akteure im Themenfeld sind zu identifizieren. Ethische und moralisch Aspekte aus der Theorie können dabei interessant sein. Eine Festlegung der genauen Suchbegriffe und Kategorien wird vorgenommen. Hypothesen können lauten: „Die Covid19-Impfung wird als sicher betrachtet“ oder „Die Wirkungsweise der Impfung wird verständlich dargestellt“.

In der Praxis werden selten förmliche Hypothese gebildet, allgemeine Erwartungen fließen aber automatisch in die Kategorisierung der erhobenen Daten ein. Diese „Operationalisierung“, d.h. die Umsetzung von Erwartungen in messbare Items, entscheidet über die Aussagekraft der Ergebnisse. Für eine Medienresonanzanalyse zum Covicd19-Impfstoff wären z.B. zunächst die zu beobachtenden Medien festzulegen, z.B. Bild-Zeitung, Welt, regionale Tageszeitungen, Publikumszeitschriften. Dann wird ein Beobachtungszeitraum festgelegt, z.B. ein Monat. Als Suchbegriff werden „Covid19-Impfstoff“ und ähnliche Begriffe festgelegt. Kriterien der Erfassung wären Medium, Datum, Überschrift, Angaben zum Impfstoff, Akteure, Bewertung/Kommentare des Autors, Journalist/Autor. Die Datenerfassung wird in einem ersten Pretestdurchlauf sehr offen durchgeführt und die Inhalte werden qualitativ erfasst. Diese können dann eventuell in Kategorien unterteilt werden, so dass die Datenerfassung und -auswertung quantifiziert werden kann. Bei neuen Themenfeldern ist dieses Vorgehen wichtig, damit keine wichtigen Tendenzen unerfasst bleiben, weil sie nicht abgefragt werden.

Im Begründungszusammenhang werden die Daten erhoben und ausgewertet. In der „Verwertung“, dem letzten „Forschungsschritt“, geht es lediglich um die Aufbereitung und Verwendung der Ergebnisse. Diese werden im praktischen Fall für die Strategieplanung oder die Evaluation verwendet.

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