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Fünftes Kapitel

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Gaj Gyurkovics war mit ungestümen Schritten nach der Senne zurückgekehrt.

Bevor er eintrat, strich er den Schnauzbart fesch empor.

Dann schaute er sich um.

Zuerst ein wenig überrascht, beinah stier. — Dann trat er zur Ofenbank.

Die Rucksäcke und das Plaid, in das die Baronin eingehüllt gewesen, fehlten.

„So ist der Wagen scho kommen. So schnell. Sakra! Der Flank von aam Löselbub’n hat’s Madel gewiss herzugetragen. Und das Kaffeewasser kocht no nöt. — Aber im Ofen ballert’s. — Mocht nix. I find’ die Spur von am allerschönsten Madel noch sichrer wie das Bärengeschmeiss in den Schluften.“

Er stiess mit einem Holzscheit in das Feuer.

Nicht aufgeregt, nicht zornwütig, ganz behäbig.

„Wann’s kocht, trink’ i erst an Mokka. I kimm drunten scho zur Zeit.“

Die Tür knarrte hinter ihm.

Er wandte sich halb um.

„Ah so! Der Herr Aloys Sturmlechner.“

„Da habt’s wohl grad an heissen Schluck für mi braut?“ lachte er.

„No nöt. Aber bal. — Wollt’s warten darauf?“

„Wann’s verstattet is, giern. Der Oberst und die Gnädige soan woll scho z’ Tal?“

„Ni nöt! I hab’ mi nöt von der Bärenmutter trennen kunnt. Wisst’s, wann eim so an Höllenvieh, so an vermaledeites, ane ganze Nacht hat in Todesangsten gehalten, nachen schaut ma gern so an gestreckten Feind ins Gebiss!“

Der Kroate lachte.

„I hätt’ gern für das Fräulein erst no an Essenz g’braut! Sah fein zum Verjammern aus, dös arme Hascherl! — Is schnell gangen, dös mit dem Wagen!“

Einen Augenblick herrschte Stille; der Sturmlechner warf sich in den Lehnstuhl im Ofeneck zurück und streckte ächzend die dünnen Beine von sich.

Halb in die Stube reichten sie hinein, so lang waren sie.

Dann griff er nach dem Rucksack.

„An Hunger hab’ i, — und der Durst a nöt z’ knapp.“

Wieder bot der Kroate seine Feldflasche an.

„Wann’s mi a B’scheid tun wollt’?“ Und der Österreicher entkorkte sein dickbauchiges Fläschchen.

„Nix für unguat. Ma macht jo gern a neue Bekanntschaft!“ — Gaj Gyurkovics griff mit breitem Lachen zu: „I sprech’s für an Wacholderschnaps an!“

„Gewiss nöt. An Granawitter aus dem Bayrischen soll’s vorstellen!“

„A nöt schlecht.“

„Zur G’sundheit!“

„Könnens glei auf das Wohl von dem armen Madel trinken. Wie a weisses Papierel hat’s ausgeschaut. I vermein’, Ihr könnt die Herrschaften scho z’vor?“

„Gonz extra! Der Oberst is mei Bekannter vom Café Gilf her! A Baron von Welten is’. Aus Deutschland droben, — i vermein’, Hannover habens als Heimatstadt genannt.“

„Die Gnädige is sa Nichten? Heisst a so?“

„An viel feinen Namen hats: Lobelia.“

Der Kroate wiederholte: „Lobelia. Dös klingt wie a Musik. Gehört hab’ i’s no nöt z’vor.“

Einen Augenblick herrschte Stille. Das Wasser kochte, und Gaj Gyurkovics hob behutsam den Kessel und goss den Kaffee auf. Den Trichter verschmähte er, nahm alsgleich den Topf und stellte ihn mit dem „Mokka“ nochmals aufs Feuer.

Sturmlechner zuckte die Achseln. Es fiel ihm plötzlich so mancherlei ein. Von unten herauf streifte sein Blick den Fremden.

Der stand, seine robuste Gestalt grell vom Feuer beleuchtet, das Gesicht mit dem brutal sinnlichen Ausdruck über den rauchenden Topf gebeugt, dessen Inhalt er vorsichtig umrührte.

„So viel i hört hab’, is dos Fräulein scho in Deutschland versprochen, und wann die Hochzeit bal’ stattfinden soll, muss es woll z’rück.“

„Versprochen? — Dös macht nix.“ Der Bärenjäger aus dem Ivantschitzkagebirge lächelte seltsam. „Was will dös für uns moderne Menschen no besagen. Selbst a Ehering derf nöt zum Sklaven uns machen, keinen, dös Weib nöt, und den nöt, der’s haben will.“

„I versteh’ dös nöt.“

„Und is doch so kloar! Wann i mir vornimm: selb Weib willst haben, — was genieret mi an Ring, den’s tragt?“

„I sollt’ vermeinen, alles. — Wann’s scho vergeben is, kimmt a zwoater z’ spät!“

„I nöt! — I sag’: Nöx is unmöglich. Wenn ma’s nur recht anfangt. Um an Eheweib bedeutet’s scho an härteren Kampf, aber lediglich mit am Verspruch ... da macht ma ka lange Händel!“

„Und wann’s den Bräutigam liebt?“

„Daran glaub’ i nöt. A Madel will heiraten, weiter nix. Wer am meisten dransetzt, der kriegt’s.“

„An Geld dransetzt?!“

„Nöt allein. — Gehören tut’s a dazu. Aber man muss verstehn, so an Fratzel an süsses in sich verliabt z’ machen! A Kunst, die freili nöt für jedermann is!“

Wieder ein geheimnisvolles Lachen.

Aloys Sturmlechner aber sah sehr harmlos aus und lachte leise mit.

„Ma merkt’s, dös ihr nah an der türkischen Grenz’ daheim seid!“

„Der Oberst hat vorhin gemeint, die Tante tät’ sie voll Sorgen im Hotel erwarten. Mit Verlaub ... in welch oan sind’s die Herrschaften abgestiegen?“

Der alte Hagestolz schien sich an seinem „Flascherl“ verschluckt zu haben, er hustete längere Zeit so intensiv, dass er gar nicht antworten konnte, und als er wieder zu Atem kam, wetterte er auf das Pech, einen zu engen Schlund zu haben, der nicht das nötige Gefäll hat.

Der Kroate wartete ganz ruhig.

Dann wiederholte er seine Frage, und Herr Sturmlechner sah ein, dass ein Umgehen nichts nützen würde. Ausserdem hatte es keinen Zweck, denn der Mann aus dem wilden Kroatien konnte aus jeder Fremdenliste und von jedem Hausknecht eines jeden Hotels erfahren, ob ein Herr Oberst von Welten mit seinen Damen da abgestiegen sei.

Wenn er nun doch mal den Namen wusste, so gab es kein Verstecken mehr, und das tat der ehrlichen Haut leid; denn er wusste jetzt, warum der Oberst so betroffen und Lobelia so erschreckt bei dem Anblick des überraschend auftauchenden Bärenjägers ausgesehn hatte.

Er nannte das Parkhotel in Obermais ganz gelassen und gleichgültig.

Gross genug war es ja, wenn man jemanden, der nicht genehm war, aus dem Wege gehn wollte.

Dann dehnte er die Arme.

„So an Nacht macht doch sakrisch müde; anitzt ruck i mei Sackerl auf und blas’ die Feder hoamwärts.“

„Is gut. Wann’s recht is, klopf i in nächsten Tagen mal an un frag’, wie das Abenteuer bekommen is.“

Sturmlechner hatte seinen Rucksack auf den Rücken geworfen und bot dem Kroaten höflich die Hand.

„Hob’ die Ehr’! Dann sag’ i also dem Herrn von Gyurkovics ein ‚auf Wiederschaun!‘“

Der Österreicher rückte sein grünes Hütchen und der Kroate seine Jagdmütze vom rechten Ohr auf das linke, und dann wieder von dem linken aufs rechte, und dann schieden sie voneinander. Herr Aloys wollte eigentlich darüber nachdenken, warum der Mensch da ihn mit seinem Besuch beehren wollte, aber er kam nicht dazu.

All seine Sinne lagen im Bann des wundervollen Abenteuers.

Was werden die Meraner dazu sagen! Das neiden ihm viele.

So tagelang reden sie nichts weiter in der Stadt, als von dem furchtbaren Renkontre, das Herr Aloys Sturmlechner mit seinen Freunden, dem Baron von Welten und dessen Nichte, in dem Heustadel bei der Masulschlucht droben zu bestehen hatten.

Weisse Haare hat das Fräulein drüber gekriegt, daran kann man sehn, wie es auf Tod und Leben gegangen!

Grade die weissen Haare! Sie freuten Herrn Alloys am meisten.

An seinem Fenster wird er nach einer erquicklichen Rast aufpassen, bis der Bär, das Ungeheuer, vorübergefahren wird.

Dann schliesst er sich an, und der Triumphzug geht durch die Gassen Merans.

Herr Aloys Sturmlechner wird ebenso bescheiden wie verdienstvoll hinterherschreiten, um sich von der gaffenden Menge bewundern zu lassen.

Das gab zu denken.

Er pfiff sich eins und schritt fürbass.

Währenddessen trank Gaj Gyurkovics seinen Kaffee aus und lachte dabei sehr angeregt vor sich hin.

Das war ein Tag heut!

Das war ein Morgen gewesen!

Einen Bär geschossen, — und endlich, ganz aus Glückszufall, das verteufelt süsse Madel, das es ihm wie durch einen Zauberspuk angetan, doch noch aufgestöbert!

Im Theater hatte er sie gesehn.

Radikal geschehen war es um ihn.

Nachgespürt hatte er ihr und sie gesucht bis ins Vintschgau hinein, — wiedersehn wollte er sie um jeden Preis, und heute fand er sie!

Zum Lachen ist’s.

Nun hat er hier in der Sennhütte nichts mehr zu schaffen.

Nun kann er wieder all seiner wilden Jagdpassion die Zügel schiessen lassen.

Erst in die Schlucht hinab!

Heranschleichen — ausspähen — in keckem Wagemut zuspringen, — schiessen, schlagen, stechen — bis die Bestie sich im Blut wälzt! Juh! — Ein rauher Schrei des Triumphs! — So ist’s daheim in den dunklen, rauhen, auf Schritt und Tritt todgefährlichen Bergen. Hier ist’s zahmer.

Nachher ziehen sie alle mit der Beute durch Meran.

Gleichviel — das reizt ihn nicht.

Nur eins — wenn die Lobelia am Fenster stünd’, und die Leute schrien „Eljen! Der Gaj Gyurkovics ist ein Held!“

Auch nicht. Der Weg führt nicht am Parkhotel vorüber.

Mögen sie schreien, die Menschen, was sie wollen!

Der Gaj Gyurkovics sitzt daheim, und vor ihm steht der heisse, heisse Ungarwein und eine grosse Flasche Raki ... und er trinkt — trinkt — trinkt.

„Prost, Madel!“ — und trinkt weiter.

Die Südzimmer im Parkhotel erfreuten sich besonderer Beliebtheit.

Leuchtendes Sonnengold flutet durch die hohen Spiegelscheiben, spielt auf den blanken Dielen und dem Muster des Teppichs, der den Wintergästen ein behagliches Stücklein nordischer Kultur vorzaubert, während draussen ein fast italienischer Blauhimmel lacht, nicht ganz so ewig wie in Griechenland, aber wolkenlos und licht, wie unter südlichen Breiten.

Die Balkontür steht offen.

Wie warm die Luft, wie balsamisch und rein sie einströmt!

Lobelia erhebt sich von der Chaiselongue und schaut mit verklärtem Blick zu den Alpen empor.

Tagelang ist sie sehr elend gewesen. Die Nerven wollten den Dienst versagen, — aber der Arzt lächelte und versicherte im voraus, dass die Jugend solch einen Schock bald abzuschütteln pflege. Das junge Mädchen war ja sonst so kerngesund!

Der Aufenthalt in Meran hatte ihre Kräfte, gleichsam wie auf Vorrat, gestärkt.

Ein Spezialist nahm das Haar in Behandlung.

Es war und blieb weiss, da liess sich trotz aller Versuche nichts daran ändern.

Der Farbstoff war geschwunden, die Lufträume um ein beträchtliches vermehrt. Die Papillen arbeiteten noch, auch die Talgdrüsen taten unverändert ihre Schuldigkeit.

Eine elektrische Behandlung sollte dem noch stumpfen Weiss Glanz verleihen. Konnte man dem Haar die duftige, leicht lockige Fülle erhalten und ihm den Silberglanz der Perle verleihen, so war eine so fremdartige, neue Schönheit geschaffen, als sei eine der reizendsten Ahnfrauen, mit rosigen Wangen, tiefroten Lippen und dunklen Augen unter ihrer Allonge aus der Gruft erstanden.

Man versuchte hin und her, man verwarf und fand, — und endlich konnte der Arzt mit liebenswürdiger Verbeugung versichern: „Es ist geglückt, gnädiges Fräulein! Die ‚weisse Dame‘ aus dem Rokokoschloss rediviva!“

Er hatte recht.

Lobelia selber lachte ihrem Spiegelbild erstaunt zu.

„Nun führe ich ja eine ewige Maskerade auf! Und Tantchen hat ihren Willen, dass ich eigentlich immer eine weiss gepuderte Perücke tragen müsste! Würdig macht das weisse Haupt mich so gar nicht. — Wenn die Herren keinen Hut aufhaben, wird es keinem einfallen, sich vor mir zu neigen!“

Frau von Welten liess es sich in ihrem Entzücken nicht nehmen, die Nichte zum erstenmal zu frisieren.

Das bauschte und lockte und glänzte um das reizende, frische Gesichtchen!

„Wie doch oft auch das Schlimmste, was uns zu begegnen scheint, zu unserm Besten dienen muss!“ sagte sie. „Gott sei Lob und Dank hat dich die grausige Bestie, die dich so lang geängstigt hat, nun durch einen neuen Reiz der Schönheit entschädigt, den man sonst auf dieser Erde weder für Geld noch gute Worte hätte erwerben können. Deine Gesundheit hat auch nicht ernstlich gelitten — noch kurze Zeit Ruhe und gute Pflege, und unser Pflegetöchterchen ersteigt wie eine Phönix neu geboren und geschmückt der Masulschlucht!“

Das junge Mädchen schüttelte ein wenig ängstlich das Köpfchen.

„Ich fürchte, Tante Adele, mein Haar wird sehr auffallend sein und meine ganze Erscheinung recht ungewöhnlich machen!“

„Schadet das etwas?“

„Du weisst, dass es mir jetzt schon sehr peinlich war, so viel angestarrt zu werden!“

„Was hätte manch andere darum gegeben!“

„Ich bin so anders geartet als ‚manche andere!‘“

Frau von Welten lächelte. „Gottlob, dass es so ist, sonst hätten wir dich wohl die längste Zeit im Hause gehabt. Weisst du, Lobelia, auf was ich sehr gespannt bin?“

„Nun, Tantchen?“

„Auf den Mann, der einmal als der rechte kommt, dein bisher so unberührtes Herzchen zu eigen zu nehmen!“

Lobelia lachte. „Auf keinen Fall darf er fernab von euch wohnen. Es ist mir ein so unsympathischer Gedanke, mich von euch und Mahrendorffs trennen zu müssen!“

„Schade, schade, dass wir nur diese eine verheiratete Tochter und nicht noch einen heiratslustigen Sohn haben!“

„Er fürchtete vielleicht dieses Attentat auf seine Freiheit, darum erschien er gar nicht erst! — Aber weisst du“ — die Sprecherin blickte schalkhaft empor —, „ich hätte gut zu einer Pharaonentochter gepasst! Die Glücklichen konnten so im engsten Familienkreis heiraten!“

„Nur ihren Bruder!“

„Gerade das deucht mir zu schön! So ein und dasselbe Elternpaar besitzen ...“

„Aha! Umgehung der Schwiegermutter!“

„Wirklich, Tantel, vor der hätte ich auch Angst! Und dann womöglich so weit weg von daheim — und sie zuvor kaum kennenlernen ....“

„Nun — soviel weiss ich: Dein glühender Verehrer aus Kroatien hat keine Chancen.“

Sie lachte und steckte noch einen sehr hübschen Zierkamm in das hochgewellte Haar.

Ein altes, auffallend geformtes Stück, das Lobelia als Andenken an die Mutter fast ständig trug.

Es bestand aus ziseliertem Gold, in das Edelsteine eingelegt waren, und hatte die Form eines hochstehenden Krönchens, wie die Königinnen und Prinzessinnen in Märchenbüchern solch einen spitzzackigen Schmuck tragen.

„Der Kroate!“ Lobelia machte ein ganz entsetztes Gesichtchen. „Solch einem unheimlichen Menschen in die Bergwildnis seiner Heimat folgen, wäre ja für mich Selbstmord!“

„Ja, unheimlich; du hast recht. Woran es eigentlich liegt, weiss ich nicht. Sein Gesicht kann bei aller Derbheit etwas Gutmütiges haben!“

„Niemals, Tante! Brutal, gewalttätig! Gerade dieser sinnliche Ausdruck, dieser auf jeden materiellen Genuss lüsterne, lässt mich schuckern! — Dumm sieht er nebenbei auch aus — und jedes Gesicht, das Ähnlichkeit mit einem Tier hat, wie bei ihm, ist mir bis auf den Grund der Seele zuwider!“

„Du bist zu künstlerisch und selber viel zu schöngeistig veranlagt, um die brutale Leidenschaft ertragen zu können!“

„Das ist’s, Tante Adele! Siehst du, ich will einmal ganz ehrlich sein. Wenn ich mich einmal verliebe, so muss es ein sehr geistreicher Mann sein! — Ein Auge, aus dem ein Stück Gottheit leuchtet!“

„Lobelia! Welch ein Ansinnen!“

„Warum? Der Geist wird nicht nach Mass verliehen, — und: Gott ist Geist. — Die buddhistische Religion lehrt ja geradezu, dass alle Dichter und Denker, die Gelehrten und Künstler summa summarum, dem Himmel schon hier auf Erden um viele Stufen näherstehen als andere Sterbliche. Und mein Entzücken sind interessante, geistreiche Menschen!“

Frau von Welten umschloss die zierliche Gestalt der Nichte: „Also sehr kluge, lebhafte Augen muss dein Zukünftiger einmal haben.“

„Ein feines, durchgeistetes Gesicht —“

„Von des Gedankens Blässe angekränkelt?“

„Das ist nicht nötig!“

„Manch geistreicher Stratege ist sehr wetterfest — vom lichten Flunderbraun bis zum gebrannten Mokka nuanciert!“

Wieder leises Lachen. „Und gar die Diplomaten! Von des Südens heisser Sonne abschattiert —“

„Oder vom Nordlicht angesengelt —“

„Weltregierendes Wissen im Blick!“

„Die Stirn erscheint geradezu transparent.“

„Ohne Fürstenkrone dennoch ‚dorchleuchting‘!“

„Tanting — das war des Wortes verwegenster Sinn.“

„Auf jeden Fall das Gegenteil von Herrn Gaj Gyurkovics. Heisst er nicht so?“

„Die Visitenkarte an seinem Blumenstrauss verriet es uns. Eine Vorstellung am Heustadel fand, soviel ich mich entsinne, nicht statt.“

„Hast du dich eigentlich schon dafür bedankt, dass er sich so teilnehmend nach deinem Befinden erkundigte?“

„Um alles nicht! Onkel wollte es für mich abmachen — der Grund, dass ich mich aus Gesundheitsrücksichten zur Zeit von allem zurückziehe, ist ja stichhaltig genug!“

„Da du in nächster Zeit wohl nur hier in dem Hotelgarten — und das auch nur in unsrer Begleitung — promenierst, so ist ja eine Begegnung mit ihm ausgeschlossen oder doch sehr gleichgültig.“

„Sehr nett und überraschend manierlich war die wundervoll bunte Ansichtskarte von Schloss Tirol, die der junge Löselbub Vinzenz am Tag nach dem Bärenrenkontre an den Onkel und mich schrieb! Er fragte, wie das Befinden von der Gnädigen sei!“

„Und stellte in Aussicht, dass er bald ‚fein selber zurückkäm‘, sein Versprechen zu halten! Was meint er damit?“

„Ich ahne es nicht, Tante; ich war an jenem Morgen so elend, dass ich kaum noch weiss, was gesprochen wurde.“

„Seiner ‚Muatter‘ müsste er nur erst seinen Verbleib melden!“

„Er scheint wieder herkommen zu wollen?“

„Wenn er als Rekrut ausgehoben ist, muss er sich vielleicht bald stellen?“

„Darüber weiss ja Onkel Bescheid.“

„Jedenfalls haben wir dem braven Burschen viel, sehr viel zu danken.“

„Bis halbwegs Meran sind sie ja dem Wagen entgegengelaufen!“

„Vor Schönna haben sie zufällig noch einen Fiaker, der Fremde nach dort gebracht, erwischt, sonst hätten wir noch stundenlang in dem Wald, auf dem schrecklich harten, unbequemen Baumstumpf warten müssen! Aber doch tausendmal besser, als in der feuchten, eiskellerigen Sennhütte, unter den so entsetzlich, unerträglich mich anstierenden Augen des kroatischen Bärenjägers!“

„Hoffentlich verschont er uns mit einem Besuch.“

„Ich bin nie für ihn zu sprechen, Tante, das habt ihr mir ja schon versprochen.“

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