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Nach Flucht aus Irak für andere aktiv

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Von Katja Butschbach

Sandra Baba ist Ende 1999 aus dem Irak geflohen – und hilft heute als Mitarbeiterin der Diakonie selbst Flüchtlingen. Sie wünscht sich noch mehr Unterstützung von Bürgern.

Mit zwei kleinen Kindern ist Sandra Baba Ende 1999 aus dem Irak nach Deutschland geflohen: Sie suchte als Asylbewerberin Sicherheit. Sie kennt die Probleme und Erfahrungen der Menschen, mit denen sie heute als Flüchtlingsberaterin der Diakonie arbeitet, sehr genau. Baba ist für die Gemeinden Ganderkesee und Hude zuständig, hat eine der drei vom Landkreis Oldenburg finanzierten Stellen für Flüchtlingssozialarbeiterinnen inne.

„Die Flüchtlinge kommen nach Deutschland, haben das erlebt, was ich erlebt habe. Sie bringen Ängste, Vorurteile und große Erwartungen mit“, sagt Baba. Neben ihrer eigenen Tätigkeit sei auch Hilfe von Bürgern wichtig: Emotionale Unterstützung und Zeit würden viel bedeuten. So plant sie in Ganderkesee ein Willkommenscafé, bei dem sich Bürger melden können, die Flüchtlingen Unterstützung anbieten möchten.

Für sie selbst ging es vor mehr als 15 Jahren darum, irgendwie aus dem Irak zu entkommen und nach Europa zu gelangen. Sandra Baba floh aus Bagdad zunächst in ein Nachbarland, von dort aus wurde sie mehrere Tage durch etliche Länder gefahren, mit der vierjährigen Jean und dem 14 Monate alten Yousif auf dem Rücksitz. So gelangte sie nach Düsseldorf – und als sie dann nach Oldenburg weiterverwiesen wurde, war dies für sie „wie ein Lottogewinn“. Denn sie hatte eine Freundin in Bremen.

Mit nur noch 170 Dollar kam sie schließlich Anfang Februar 2000 in Ganderkesee an, lebte zunächst im Asylbewerberheim. „Ich dachte: Das ist nur eine Station, ich muss hier kurz bleiben. Es wird nicht schlimmer als das, was ich bisher erlebt habe.“ Über die letzten Jahre im Irak sagt die heute 46-Jährige: „Es war so schlimm.“ Sie musste sehr vorsichtig sein, was sie sagte, konnte nicht über alltägliche Probleme wie Lebensmittelpreise sprechen: Alles konnte falsch und als regierungskritisch aufgefasst werden.

Weil sie eine Christin war, die nicht in der Baath-Partei aktiv war, und Geschwister im Ausland hatte, kam sie für Stipendien an ihrer Universität nicht infrage, obwohl sie eine der Besten war. Aus dem Ausland unterstützte ein Familienmitglied Sandra Babas Familie finanziell – sonst wäre es nicht gegangen. Weg wollte sie, aber sie wusste: „Das wird nicht so leicht.“ Gleichzeitig war ihr klar: „Ich habe keine Alternative, ich muss das alles selbst schaffen.“

Schon bald fing sie an, nicht nur für ihre Kinder und für sich in Ganderkesee ein neues Leben aufzubauen, sondern sich auch für andere einzusetzen. Zunächst war sie bei Dragica Smiljanic, der früheren Integrationsbeauftragten der Gemeinde Ganderkesee, eine Klientin wie andere auch. Früh kamen dann aber immer wieder Nachfragen, ob sie übersetzen könne. Im Irak hatte Baba deutsche Literatur studiert. Sie begleitete Smiljanic zu Treffen und Fortbildungen. In ihr wuchs der Wunsch zu helfen, praktisch mit Flüchtlingen zu arbeiten. Sie bezahlte damals Abendkurse, weil sie ihre Sprachkenntnisse ausbauen wollte. Ihr Ehemann kam fast zwei Jahre später als Flüchtling nach – da war bereits alles gut vorbereitet, berichtet Baba.

Die interkulturelle Kompetenz sei heute besser als vor fünfzehn Jahren. Auch werden heute Universitätsabschlüsse eher anerkannt als früher. Baba musste ganz von vorn beginnen, schrieb sich in Oldenburg für Germanistik und Sozialwissenschaften ein. „Ich war 38, das war eine Herausforderung“, sagt sie. Zuvor hatte sie zwei Jahre als Kellnerin und ein Jahr als Kassiererin gearbeitet – und Menschen unterstützt, ihnen von ihren Erfahrungen erzählt, sie begleitet und unterstützt.

Bis heute unterrichtet sie an der Volkshochschule Delmenhorst und bei der regioVHS Ganderkesee Deutsch für Migranten, hat Integrationslotsenlehrgänge in Delmenhorst und Wildeshausen angeboten. Für sie ist es ein Vorteil, dass sie Araberin ist. Viele Flüchtlinge kommen derzeit aus Syrien, dem Irak und Eritrea. Mit ihnen bespricht sie Fragen zu Ärzten, Schulen, allgemeine Probleme. „Unsere Aufgabe ist es, sie zu beruhigen“, sagt Baba. Sie sagt ihnen, dass sie nur ein bisschen Zeit brauchen, und dass die Situation nicht so schlimm ist, wie sie anfangs glauben. Dies sei manchmal wichtiger als sie überall hin zu begleiten.

Sandra Baba besucht die Flüchtlinge, ist fast immer unterwegs. Kürzlich brachte sie eine Deutsche, die gerne helfen wollte, und eine alleinerziehende Mutter aus Syrien zusammen. Es sei eine Erleichterung für die Flüchtlinge, dass sie in Sandra Baba jemanden haben, zu dem sie mit ihren Sorgen gehen können. Und Sandra Baba sagt: „Was ich heute mache, war genau mein Ziel.“


Flüchtlingsberaterin Sandra Baba bei ihrer Sprechstunde in ihrem Ganderkeseer Büro: Sie erläutert (von links) Hysein Hasan, Amjad Khzam und Mohamad Bashir Sankari aus Syrien ein offizielles Schreiben.(Katja Butschbach)

Die Flüchtlinge und wir

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