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Rosaleen Nortons Kunst – und was sie Bewirkte

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In den darauffolgenden Monaten waren Roie und Gavin intensiv mit der Auswahl von Werken für ein neues Buch beschäftigt. Gavins okkulte und metaphysische Gedichte sollten die besten von Roies fantastischen und evokativen Illustrationen begleiten. Es war eine Zeit intensiver Gespräche; mehrmals wurden Texte umgeschrieben und abgeändert, was laut Roie wiederholte Male Auslöser dafür war, dass „Gavs Nerven blank lagen.“ Die Zeichnungen reflektierten nunmehr jede Dimension ihrer fruchtbaren Phantasie.

Unter diesen ausgewählten Bildern waren Arbeiten zu Lilith, die Königin der Luft und Finsternis und eine Personifikation der Mächte der Nacht; zu einem gehörnten Teufel namens Fohat, dessen Phallus die Form einer Schlange hatte; und zu einer Löwen-Gottheit namens Eloi, die einen alten persischen Monarch verkörperte. Auch dabei waren Rites of Baron Samedi, Nortons persönliche Impression einer rituellen Invokation und Black Magic, das nach ihrer Ansicht die „Vereinigung mit der Nacht“ darstellte. In diesem Werk wurde das „Unbekannte“ durch einen schwarzen Panther personifiziert.

Nicht alle Bilder waren düster und dämonisch. Eine ihrer Arbeiten, Entombment of Count Orgaz, stellte die Parodie auf ein gefeierten Gemäldes El Grecos dar. A Room at Castle Issusselduss bildete Uhren, Vasen und Stühle ab, die auf magische Weise und wie in einem Märchen zu leben anfangen; Mosque of Eidolons und Fisher of Men waren einfach boshafte Karikaturen von Kirchengestalten und Edith Sitwell war ein Tribut an einen Schriftsteller, dessen Werk Roie kürzlich gelesen hatte. Gavin war unterdessen damit beschäftigt, einige seiner evokativsten Gedichte zusammenzustellen. Das folgende Gedicht begleitete The Angel of Twizzari, ein Werk, das die Traumwelt als einen Aspekt der „Astralebene“ darstellen sollte.25

Er ist das Schloss der Echos

Und die Wandernde Mühle, Nebeneffekt-Attraktion jenseits des Schlafes

Wir erschufen jene sich auflösenden, beweglichen Korridore

Aus dem traumvertrackten, archaischem Fleisch

Der Riesen, die nicht mehr sind.

Einheiten der Schwerkraft, die in einem Schwindelanfall die Wissenschaft befruchtet haben

Er ist ein lebendiges Wörterbuch jener Arten und Weisen

Wo im Innern dieser eleganten Suiten,

Die pelz- und spiegelgetäfelt, frucht- und edelsteinbesetzt, Botschafter einherschreiten

Und ihre Verstandesteile einsammeln.

Wie Jäger falsche Silhouetten durch die langen

Nachtwachen beobachten.

Und seltsam gestaltete Diplomaten in Schweigen gehüllt

Ihre Rechte einfordern für Ländereien, die ihnen unbekannt und

Bei Tageslicht ihre Arbeit anerkennen oder verdammen.

„Nacht, Nacht“ … Hier sind jene Szenen, die wir alle proben

Wenn das Profil des Fixierten und offensichtlichen Zwecks dahinschwindet.

Hier herrschen jene eisernen Notwendigkeiten, die im Getrippel der vergehenden Zeit ihre Kinder formen,

Gezeugt in den sich drehenden Spiegeln der Welt,

Der Du zu entgehen scheinst, wahrhaftiger verborgen als alles andere.

Wenn die bekannte Musik des Tageslichts die sichtbaren Lampen verdunkelt,

Obgleich es unter ihnen einen anderen gibt, der gemacht aus dem rastlosen Anderen in uns, dort lebt

Ein Arbeiter in den Dunkelkammern des Raumes,

Bewegt sich entlang einer Brücke, gemacht aus königlichen Herzen,

Die, sich kümmernd um die inwendigen Tänze,

Alle Liebe und alle Aufruhr in sich aufnehmen.

Hier sind sie, alle unsere verspielten Lieblingsgeister –

Die Séance der Hände, der Reisebericht mittelalterlicher Städte

In denen einmal ein großer Gelehrter im Schweiße seines Angesichts arbeitete,

Verstört von den Jahrhunderten, die ihre Dämmerlehre trocken vor sich hin murmeln

Hinter einem Vorhang, inmitten kurioserer Ausstellungsstücke –

Gestalten, geboren aus dem sich verändernden Labyrinth,

Doch überspannt vom Regenbogen seiner siegreichen Kunst.

Während einige Gedichte einfach imaginative Arbeiten darstellten, waren andere – wie Esoteric Study – scheinbar von Norton selbst inspiriert worden:

Aus sich selbst heraus erschuf die Erde ihre wachenden Gesichter

Und, indem sie die Gesetze annahm, die sie ihr gaben,

Erschuf sie aus sich selbst heraus

Kreaturen, um ihr zu dienen – Tiere, Gedichte,

Vergessene Lebewesen, Männer, Frauen …

Aus sich selbst heraus erschuf sie die Großartigkeit der Dinge

Und den Glauben daran, aufrichtig oder ermattet.

Aus diesem einen Glauben heraus

Haben alle an verschiedenen Gussformen geglaubt,

Und manchmal, wenn sie ihr näher waren,

Haben einige wenige gelebt, denen die Wächter lehrten das

Wissen um die stillen Waldgewässer und Bögen,

An die sich die flachen, unsichtbaren Schattenhäuser

Anhängt haben.

Und die ganze Welt ist lebendig mit jenen Schöpfern,

Die, so spindeldürr wie ihre Mission, einher kriechen durch die

Stille der Ehrfurcht.

Die alten Namen waren angestaubt. Darum erschuf die Rede

Aus sich selbst heraus Gargos, Anubine und Fom.

Gargos ist der Herr der Hüllen

Und er findet seinen Halt im Zerfall,

Lasst uns lernen und das Museum bewundern,

Das aus seinen beeindruckenden Terrassen besteht,

Gemacht für Zigeuner, die ausgelassen in den Wäldern des unendlichen Neptuns umherlaufen

Und unbeirrt verzehren

Das Aas der vielen Weltanfänge.

Anubine ist das Gedächtnis, das die Dinge bewahrt

Als ein Licht der Einheit,

Wann immer sich Dein Gesicht auf

Dem inneren Strom widerspiegelt,

Verhöhnt sein gelassenes „Gesicht“ den Verhöhnenden,

Der „Spiegel“ schreit, auf seiner Seite das Gesetz,

Das in der Ruhe eines jeden grenzenlosen Akteurs besteht.

Form, auf deren Braue sich der Diamant des ultimativen Tageslichts niederließ.

Ist der Mund, aus dem jene Worte stammen,

Für die selbst das graue Erdenrund nur kurze Amanuensis ist.

Eines der Gedichte, als höchst evokatives Werk zu Black Magic verfasst, wurde von Rosaleen selbst geschrieben und mit ihren Initialen versehen. Es ist nicht verwunderlich, dass es eines der Aufschlussreichsten von allen darstellt, denn es ist ein persönlicher Bericht über Roies magische Begegnung mit den Mächten der Nacht:


Esoteric Study.

Bild XII in The Art of Rosaleen Norton

Des Lichts Schwarze Majestät – Mitternachtssonne: Herr der wilden und lebendigen Sterne:

Seele der Magie und Gebieter des Todes;

Panther der Nacht … schließ mich in Deine Arme.

Nimm mich auf, dunkler Leuchtender; vermische mein Wesen mit Deinem,

Pirsche und räubere umher in meinem Geist mit tiefglücklichem Schnurren,

Sei in mir lebendig, Du, der Du Schrecken und Ekstase verleihst,

Berühre mich mit Flammen aus schwarzem Feuer.

Nähre mich mit dem Feuer am Mittelpunkt des Schwarzen Opals,

Ich trinke lebendiges Silber in monderwachten Straßen,

Und Sternenstimmen klingen:

Alle Fremdartigkeit ist mit mir,

Ragt auf, unsichtbar, die Erde verändernd.

Hass und Himmel vermischen sich in mir: Sie schlagen mit dem Puls der Sterne,

Denn ein Gott ruft in meinem Herzen mit urzeitlichem Glanz

„Kind des Schattens, Ich hasse die Menschheit!„

Die Nacht, die launische Nacht, befreit mich …

Arme Narren, schlaft auf Euren Totenbetten des Lebens! Mein Heim ist das Haus der Winde,

Mit seinen gewaltigen Liedern des Raumes, die wild in meinen Ohren klingen,

Deren rufendes Herz sich zu ihrer Melodie bewegt.

Ich verhöhne die Formen, die sich mühselig dicht gedrängt durch das Lampenlicht vorwärtsbewegen:

Dumm und grausam – oder freundlich –

Sie sind Fremde, das Andere. Unruhe berührt mich …

Furcht vor diesen Menschen … und gleite zur Seite hinfort:

Doch wohlwissend in meiner Furcht, in meiner lautlosen Entrücktheit,

Weiß ich, dass sie Sie sind und ich bin Ich.

Die Häuser alter Städte winden sich spiralförmig über mir, von der Nacht beschworen, aus der Zeit erstehend.

Und ich höre, durch das Aufschäumen luminösen Schweigens –

In sich gekehrt, schwingend, der Klang der Einsamkeit –

Den Ruf derer, die so sind wie ich.

Leise kommen sie herbei, flattern sanfteren Flügels als Geheimnisse; leichtfüßig, samten, schnell …

Mit grün glänzenden Augen, züngelnde Flamme des Opals.

Verwandt … wir signalisieren, dass wir uns in der Kürze des Augenblicks wiedererkannt haben.

Ich bin Ich … doch ich weiß, wir sind wir

Panther des Schweigens; Gottheit der Nacht; Herr der ungezähmten, unmenschlichen Sterne;

Du gehörst zu mir; wimmelnde Seele der Einsamkeit.

Hier gibt es kein Alleinsein, geheimer Gebieter –

Du, Dunkler Geist, bist bei mir.

R.N.

Während Roie und Gavin an den Gedichten und Illustrationen arbeiteten, war Wally Glover mit den logistischen Vorbereitungen zu Druck und Veröffentlichung des Buches beschäftigt. Hochwertiges Büttenrand-Papier der Sorte „Glastonbury Antique“ wurde bei B.J. Ball bestellt. Tonecraft of Marrickville wurden als Drucker beschäftigt, und ein pensionierter Pilot namens Alan Cross – der seine Karriere bei New Guinea Airways gemacht hatte – wurde als Buchbinder ausgewählt. Cross war allerdings keine sehr passende Wahl. Seit seiner Pensionierung hatte er sein Geld mit dem Binden alter Familienbibeln verdient, und Wally kontaktierte ihn über eine Werbezeige im Sydney Morning Herald. Sie einigten sich darauf, fünfhundert Exemplare von The Art of Rosaleen Norton für einen Betrag von 1 Pfund pro Stück in Leder zu binden. Davor hatte es tatsächlich Gespräch darüber gegeben, ob man nicht einige Exemplare des Buches in gebräunter Fledermaushaut binden sollte, da es zuvor im selben Jahr in Sydney eine Flughund-Plage gegeben hatte! Doch Wally und Alan einigten sich darauf, dass der Standard-Ledereinband die praktischere Lösung sein würde.

Trotz seiner Verhandlungen mit Alan Cross und den Druckern behielt es Wally für sich, dass er nicht genügend Finanzrücklagen auf der Bank hatte, um alle Kosten zu decken, die sich aus der Produktion ergeben würden. Ob seine Zulieferer bezahlt würden oder nicht, würde hauptsächlich davon anhängen, wie sich das Buch auf dem Markt verkaufen ließ.


Titelseite von The Art of Rosaleen Norton

Als The Art of Rosaleen Norton endlich Mitte August des Jahres 1952 erschien, war es deutlich, dass man keine Mühen gescheut hatte, um daraus eine ansehnliches Buch zu machen. In rotes Leder gebunden, hatte es einen goldenen Blocksatz und einen tiefblauen Umschlag, auf dem eine beeindruckende Strichzeichnung von Norton abgedruckt war. Der Preis für das Buch lag bei acht Guineas pro Exemplar – ein beträchtlicher Betrag zu jener Zeit. Doch seine Veröffentlichung wurde schon bald zu einem Trauma. Am selben Tag, an dem Vorabexemplare des Werks von Alan Cross erwartet wurden, starben sowohl Walter Glovers als auch Rosaleen Nortons Vater, wodurch die Veröffentlichung des Buches in ein Chaos gestürzte wurde. Walter Glover erinnerte sich später an die Ereignisse dieses Tages:

Ich eilte zum Haus meinen Eltern in der Vorstadt, um bei den Beerdigungsmodalitäten behilflich zu sein. Ich fuhr mittags los, traf Alan Cross, holte die Bücher ab und brachte auf dem schnellsten Wege jeweils ein Exemplar zu den Zeitungsredaktionen. Exemplare des Buches wurden nach New York, London und zu meinem Repräsentanten nach Paris geschickt. Dann aber brach alles zusammen. Wir hatten keine Bücher mehr und auch keinen Vertrieb. Die entstandene Publizierung brachte Nachfrage ein, doch niemand wusste, wo man die Bücher kaufen konnte …26

Die Angelegenheit wurde sogar noch komplizierter, als dem Hauptpostmeister wegen „unverschämter Publikation“ strafrechtliche Verfolgung angedroht wurde. Gewisse weibliche Gestalten waren in den Illustrationen aufgefallen, die vollständig und nur mit Schamhaaren bedeckt abgebildet wurden. In der Zwischenzeit kündigten Tageszeitungen im ganzen Land die Veröffentlichung des „eklatantesten Beispiels von Obszönität“ an, „das jemals in Australien verlegt wurde.“ Der Sydney Millions Club, der eines von Nortons Ölgemälden in seiner kommenden Charity-Auktion versteigern wollte, nahm das Werk aus seiner Ausstellung, und der Sponsor der anstehenden Buchpräsentation zog seine Unterstützung zurück.

Doch dann nahmen die Ereignisse eine seltsame Wende. Im Sky Ballroom in der Elizabeth Street war zu Ehren des Großmeisters einer Freimaurerloge eine große Party organisiert worden. Unerwarteter Weise – doch nichtsdestoweniger zu einem bemerkenswert günstigen Zeitpunkt – verstarb der Ehrengast und Essen und Getränke konnten verwendet, der großartige Veranstaltungsort anderweitig gebucht werden. Die Gelegenheit für die Präsentation von The Art of Rosaleen Norton war nun gegeben und konnte doch noch vonstattengehen. In einem Bericht wurde davon gesprochen, dass die Veranstaltung „mit teuflischer Freizügigkeit“ ablief und man ihr in einem nationalen Wochenblatt daraufhin sogar eine ganze Seite widmete.

Das Buch hatte offensichtlich eine große Wirkung, da der amerikanische Konsul ein in Fledermausleder gebundenes Exemplar bestellte und das Pakistanische Konsulat sowohl die Künstler als auch den Verleger dazu einlud, ein erotisches Kunstbuch zu produzieren, das auf der mythischen Bilderwelt gewisser Tempel in Pakistan beruhen sollte. Die Gefahr einer Verfolgung für die Beteiligten durch die australische Regierung wuchs jedoch weiter an und ließ sich nicht mehr abschütteln.

Hart auf hart kam es schließlich am 27. August, als Wally Glover offiziell wegen Herstellung einer obszönen Publikation angezeigt wurde. Er erschien zum ersten Mal am 25. November 1952 vor dem Zentralgericht und plädierte auf „nicht schuldig.“ Als Repräsentant der Krone war D.J. Vine-Hall anwesend; Wally Glover wurde von seinem Verteidiger Jack W. Shand vertreten. Der Zeitungsmagnat Frank Packer, der ein persönliches Interesse an dem Fall hatte, erklärte sich einverstanden, Glovers Gerichtskosten zu übernehmen.

Bei der Eröffnung der Gerichtsverhandlung vor Richter Solling erklärte der Anwalt der Krone, das Buch selbst würde den notwendigen Beweis für eine Anklage wegen Obszönität liefern. Doch der Fall stellte sich als nicht so einfach erklärbar heraus. Die Debatte zum Inhalt des Buches erwies sich als eine langwierige Angelegenheit, die sich bis zum Februar des darauffolgenden Jahres hinzog; und im Zuge der Verhandlung musste Norton selbst ihre Zeichnungen vor Gericht erläutern.

Mr. Vine-Hall lenkte besondere Aufmerksamkeit auf die Illustrationen eines schwarzen Panthers (Black Magic), eines geflügelten Androgyn (Individuation) und einer nackten Frau, die aus einem Ei emporsteigt (Esoteric Study). Norton antwortete in geistvoller Weise, sprach über die Psychologie Jungs und Freuds und erklärte, dass sich viele ihrer Werke auf die „Fusion des Bewussten mit dem Unbewussten“ bezogen. Bei der Beschreibung von Black Magic, eine jener Arbeiten, die während des Obszönitäts-Prozesses in Melbourne erfolgreich verteidigt werden konnte, sagte sie einfach, dass der schwarze Panther die geheimen Mächte der Nacht versinnbildlichen würde, während Esoteric Study eine „verborgene Seite der Religion“ symbolisiere, „welche nur wenige Auserwählte überhaupt erkennen könnten.“

Richter Solling schloss den Fall schließlich ab, indem er Glover eine Strafe von fünf Pfund sowie die Gerichtkosten zahlen ließ. Weiterhin wurden im Urteilsspruch zwei von Nortons Werken, The Adversary und Fohat, als „Obszönität und als Angriff auf Keuschheit und Delicacy“ befunden, und in existenten Exemplaren des Buches müssten die entsprechenden Seiten geschwärzt werden.27 Zwischenzeitlich schrieb Norton ein Epitaph, in dem sie resümierte, was sie von der Entscheidung des Richters hielt:

Odium Psychopathologicum

Schauet her, meine Freunde, dieser leere Raum,

Der diesem Buch solch Ungnade widerfahren lässt,

Die Zeichnung, die ihn ausfüllen sollte, ist verschwunden:

Gebannt

Und

Indiziert!

O wütende Puritanische Hyäne!

Eure Brut allein hat diese Ungnade in die Welt gebracht,

Die sich spiegelte und im Gespiegelten ihr eigenes verfaultes Gesicht sah;

Mit einem Geist so leer wie jener leere Raum,

Deren Kultur (O Zeitalter der Erleuchtung!)

Wie eine fehlende Seite ist.

Erzürnter Caliban

(Dessen Wissen, begrenzt wie dieses Buch, Dich verschwinden lässt);

Der Du die Kunst zum Ausdruck ihrer selbst zerschnippelst,

Das sind die Geheimnisse Deiner eigenen Unterdrückung,

Heul Deine Bosheit hinaus in die Welt! Banne –

Doch wisse, O kleingeistiger Affe

„Honi soit qui mal y pense!”28

Nun wurde das Buch populär und Rosaleen verdiente gut mit künstlerischen Auftragsarbeiten. Dennoch gab es auch weiterhin Probleme mit der Justiz – dieses Mal in Übersee. Exemplare des Buches, die man nach New York geschickt hatte, wurden konfisziert und von der amerikanischen Zollbehörde verbrannt, womit es in Australien automatisch zu einem verbotenen Importprodukt wurde. Niemand, der ein Exemplar ausführte, konnte es legal wieder einführen.

Auch fand Walter Glover zunehmend, dass das Buch zu schwer zu bewerben sei, und der gesamte Vertrieb wurde schließlich aufgelöst. Bis zum Jahre 1957 war er offiziell bankrott; die Publikation des Buches hatte beträchtlich zu seiner Insolvenz beigetragen. Die Urheberrechte für die Kunstwerke im Buch, die ihm im Vertrag mit Rosaleen Norton und Gavin Greenlees zugesprochen worden waren, gingen nun auf den Konkursverwalter über, und wurden bis Mai 1981 nicht wieder auf ihn rückübertragen.

Die Gerichtsverhandlung hatte jedoch einen positiven Nebeneffekt: Der Buchbinder Alan Cross bekam natürlich sein Geld nicht und daher ermutigte Wally Glover ihn, so viele Exemplare der Seiten wie möglich zu binden und zu verkaufen, um damit zur Kostendeckung beizutragen. In einer beschwichtigenden Geste bat Glover Cross sogar an, er und seine Frau könnten sich eine von Roies Originalzeichnungen als Entschädigung aussuchen. Alan Cross hatte eine Schlange auf seinem Körper tätowiert und so suchte sich seine Frau Fohat aus – die erotische und angeblich obszöne Illustration, die von richterlicher Seite indiziert worden war. Der schlangenförmige Phallus, den Fohat abbildet, würde genauso aussehen wie die Tätowierung ihres Mannes, sagte sie.

Rosaleen Norton

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