Читать книгу Rosaleen Norton - Nevill Drury - Страница 21
Auktionen und Erinnerungen
ОглавлениеRosaleen Norton war gegangen, aber mit Sicherheit nicht vergessen. Es gab nach ihrem Tod sofort Bemühungen, eine große Sammlung ihrer Gemälde zu auktionieren, welche bisher eingelagert und nur sehr wenigen Menschen bekannt waren. Der Mann hinter diesen Bemühungen war Don Deaton, ein Druckmacher, der auch mehrere Pubs und Hotels besaß, in denen Roies Werke über die Jahre hinweg gezeigt worden waren.
Die Verbindung von Roie und Deaton lag schon mehrere Jahre zurück. Deaton war der Besitzer des Hotels Manly und des Prince of Wales in Haymarket und auch Inhaber eines Pubs in Collector am Federal Highway nördlich von Canberra. Roie ging regelmäßig in den Prince of Wales und bezahlte ihre Gin Tonics mit Gemälden. Als das Apollyon-Café in Kings Cross im Jahre 1970 zum Abriss freigegeben wurde, um Platz für die neue Autobahn in die östlichen Vorstädte zu machen, fragte Roie Deaton, ob er die Gemälde, die im Café ausgestellt wurden, an sich nehmen und sie im Keller des Prince of Wales einlagern würde. Alle Gemälde, die auf der Auktion präsentiert wurden, gehörten zu dieser Sammlung. Deaton behauptete später, die Gemälde wären kraft einer Vereinbarung mit Roie sein Eigentum – etwas, das von Roies Schwester Cecily stark bestritten wurde. Sie glaubte, dass die Gemälde als Roies nächster Verwandte nun ihr gehörten.
Im Februar 1981 erschienen Anzeigen in mehreren Tageszeitungen Sydneys, die eine Kunstauktion im Wentworth Hotel ankündigten. Unter den Hammer sollten am 2. März sollten Werke wie Changing Times von Sali Herman, Bomboro Castle von Sir Arthur Streeton, Wimmera Landscape von Arthur Boyd und zwölf Werke von Rosaleen Norton gehen. Darunter waren Masque of Eidolons, eine Zeichnung, die in dem Buch The Art of Rosaleen Norton veröffentlich worden war, ein großes und farbenfrohes Ölgemälde mit dem Titel Devil Worship, und weniger wichtige Werke wie The Rabbit und The Gomblins. Nur wenige dieser Gemälde wurden auf der Wentworth-Auktion auch verkauft, und man konnte sie erst nahezu zwei Jahre später in Wally Glovers Neuveröffentlichung des Buches The Art of Rosaleen Norton wiederfinden.
Wally Glover hatte sich schon lange von der Tätigkeit als Redakteur der Pastrycook Review zurückgezogen, doch trotz der Anzeige wegen Obszönität, die seine finanzielle Pleite in den 1950er Jahren verursacht hatte, hegte er den innigen Wunsch, das Buch noch einmal neu zu verlegen. Dieses Mal war das Glück auf seiner Seite. Er konnte im Mai 1981 die Urheberrechte für Rosaleens Gemälde von seinem Konkursverwalter zurückerhalten, was zeitlich mit einer Unfallregresszahlung an ihn in Höhe von 11 000 Pfund zusammenfiel. Wally wusste, dass er nun genug Geld zur Verfügung hatte, um das Buch als Faksimile neu herauszugeben.
Wally kontaktierte mich etwa zu dieser Zeit. In Australien war gerade ein Buch über das Okkulte mit dem Titel Other Temples, Other Gods erschienen, an dem ich als Co-Autor mitgewirkt hatte, und so beauftragte er mich, eine Einleitung für die neue Ausgabe des Werks zu verfassen. Abgesehen von vier neuen Farbabbildungen und der neuen Einleitung, würde The Art of Rosaleen Norton in demselben Format wie die Ausgabe aus dem Jahre 1952 wiederveröffentlicht werden. Dieses Mal würde es 1000 Exemplare für den allgemeinen Buchhandel und eine limitierte Auflage von Exemplaren in rotem Leder für Sammler geben. Es schien unwahrscheinlich, dass es dieses Mal Anzeigen wegen Obszönität geben würde und man hoffte, nun keine Abbildungen im Buch mehr schwärzen zu müssen. Die Publikation konnte unter minimaler Anstrengung vonstattengehen.
Zuvor hatte Wally Glover Don Deaton vorgeschlagen, eine Auswahl von Rosaleens Werken in einer Galerie auszustellen und damit die Veröffentlichung der Faksimile-Ausgabe zu begleiten. So veranstaltete Deaton vom 1. bis 7. Oktober 1982 eine Ausstellung in der Galerie im ersten Stock des Exiles Bookshop unweit des Taylor Square. Diese Ausstellung hatte es sich zum Zweck gemacht, die verbleibenden Gemälde in einer „langsamen Auktion“ zu veräußern. Besucher, welche die Absicht hatten zu kaufen, wurden gebeten, die von ihnen ausgewählten Gemälde anzuzeigen und ein Höchstgebot für das jeweilige Werk abzugeben. Deaton würde dann später die erfolgreichen Bieter über ihre Käufe informieren.
Nur wenige der 37 ausgestellten Werke verrieten die Kunstfertigkeit von Roies frühen Gemälden und Zeichnungen. Die Sammlung enthielt unter anderem The Cauldrons, Asmodeus, Dionysus, The Bells, ein großes Werk, das The Seance genannt wurde, und ein seltsames und eher amateurhaftes Gemälde mit dem Titel Fur Fur the Storm Demon. Wie sich später herausstellte, gingen die Gemälde nicht an einzelne Käufer, sondern an einen Sammler namens Jack Parker, der sie alle zusammen für 5000 Pfund kaufte. Wie Deaton war auch Parker im Hotelgewerbe tätig und beanspruchte Rosaleens Werke, um sie in seinem Southern Cross Hotel in St. Peters, einem Industrievorort im Süden Sydneys auszustellen. Doch die Gemälde gefielen den Gästen seines Hotels nicht sehr. In einem Interview, das am 22. Dezember 1984 im Daily Telegraph abgedruckt wurde, berichtete Parker, dass zwei Drittel seiner Gäste, zumeist LKW-Fahrer, keinen Hehl daraus machten, dass sie die Werke hassten. Parker verkaufte die Gemälde dann an einen privaten Käufer weiter.
Während Parkers Sammlung zum größten Teil aus geringer wertigen oder schlecht ausgeführten Werken bestand – die Sorte Gemälde, die Roie hastig fertigstellte, um ein bisschen Geld extra zu verdienen – lieferte eine neue Veröffentlichung, die etwa zur selben Zeit schien, als Parker seine Sammlung veräußerte, einen klaren Hinweis auf die wirklichen Fähigkeiten Roies als Künstlerin.
Im Jahre 1984 brachte Wally Glover ein Werk heraus, dem er den Titel A Supplement to The Art of Rosaleen Norton gab. Diese kleine Ausgabe mit Spiralbindung und Farbabbildungen, deren Exemplare einzeln auf cremefarbenen Kunstpapier gedruckt wurden, ist sehr interessant, da es Reproduktionen von 19 Werken enthält, die im Jahre 1949 an der University of Melbourne gezeigt worden waren. Zur Zeit der Faksimile-Publikation im Jahre 1982 waren viele dieser Gemälde noch unbekannt. Jedoch hatte Wally Glover nach einem Radio-Interview den Brief einer gewissen Mrs. Y. Raphael-Oeser erhalten, deren verstorbener Mann zur Zeit der Ausstellung an der Universität dort Professor für Psychologie gewesen war. Glücklicherweise waren damals viele von Roies Originalen als Farbdiapositive fotografiert worden, sodass eine qualitativ hochwertige Reproduktion der Gemälde möglich war. Diese Werke stellten die Hauptattraktion des neuen Buches dar.
Es schien so, als wäre die Geschichte Rosaleen Nortons mit der zweiten Publikation von Wally Glover abgeschlossen gewesen. Doch es sollte nach ihrem Tod noch zwei bedeutsame Ereignisse geben – die Bühnenaufführung eines kurzen Zweiakters, der auf Roies Leben beruhte und der vorzeitige Tod von Gavin Greenlees.
Im Dezember 1982 erhielt ich einen Anruf von Wally Glover. Er erzählte mir, dass bald ein Theaterstück mit dem Titel Rosaleen – Böse Hexe aus dem Cross im Tom Mann Theater in Sydney uraufgeführt werden würde. Es wäre von Barry Lowe geschrieben worden, Regie würde Roddie Thomas von der Hullabaloo Theatre Company führen. Jane Parker würde Rosaleen und Alan Archer Pan spielen.
Durch die Einladung zur Uraufführung bekam ich die Gelegenheit, Gavin Greenlees das erste Mal persönlich zu treffen. Es war ihm kurz zuvor gestattet worden, das Alma Mater Heim in Kensington zu verlassen und so konnte er nun mit Wally zusammen zum ersten Mal sich selbst auf der Bühne sehen. Wally Glover wurde von Peter Laurence und Gavin von Christopher Lyons gespielt.
Leider wies das Stück selbst alle Schwächen einer Amateur-Produktion auf – es war nicht überzeugend gespielt und erntete keine guten Kritiken. Dennoch aber hatte es den Versuch unternommen, Rosaleen einfühlsam als ein „Opfer einer Zeit“ zu porträtieren, „in der keine Hoffnung darauf bestand, dass ihr Lebensstil verstanden werden würde.“ Der Inhalt des Stückes verdeutlichte auch, dass das Skript zwar auf dem Leben Rosaleen Nortons und der Epoche, in der sie wirkte, beruhte, „einige Episoden ihres Lebens allerdings mit einiger dichterischen Freiheit dargestellt wurden und wohl keine Absicht bestand, ein im strikten Sinne des Wortes faktisches Stück darzubieten.“34
Wally Glover, der stets ein jovialer Typ war, schien sich über das Theaterstück sehr zu amüsieren, während es für Gavin etwas darstellte, das zu seiner fernen und oft schmerzhaften Vergangenheit gehörte. Schwach und mitgenommen von den vielen Jahren, die er in Krankenhäusern und psychiatrischen Einrichtungen zugebracht hatte, war Gavin über Roies Tod erschüttert und so am Boden zerstört, dass er nicht in der Lage gewesen war, zu ihrer Beerdigung zu gehen. Obgleich er immer noch Roies Schwester Cecily ab und zu sah, erzeugte der Verlust von Roie selbst eine große Leere in seinem Leben.
Glücklicherweise hatte er andere Dinge, die ihn zeitweilig von seiner Niedergeschlagenheit ablenkten. Er erzählte mir, dass seine Hauptinteressen nun im Schreiben eines Romans und dem Enthusiasmus für europäische Literatur bestanden und er sich auch auf eine Reise nach Deutschland vorbereitete, zusammen mit seinem Sprachlehrer. Doch wie sich schließlich herausstellte, reichten seine Interessen nicht aus, um ihn psychisch zu halten.
Ich sah Gavin nicht wieder, erfuhr aber von seinem Tod noch im selben Jahr, wie die meisten anderen Leute auch aus der Tageszeitung. Gavin war aus Deutschland zurückgekehrt und hatte in einer Wohnung in Woolahra, einem Vorort von Sydney gelebt. Sein Körper wurde über einem Tisch gefunden, kollabiert neben einer Suppenschüssel. Die Polizei, die den Todesfall untersuchte, sagte, es gäbe dabei keine verdächtigen Umstände. Gavin war erst 54 Jahre alt und sein Todestag der 5. Dezember 1983 – auf den Tag genau vier Jahre nach dem Tod von Rosaleen Norton.
Untitled – von der Titelseite des Buches The Art of Rosaleen Norton