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Run for your life - Blitzz

Ehrfürchtig stehen wir am frühen Samstagmorgen um Roberts hellblauen Trabant 600 Kombi herum. Olaf, der nur in T-Shirt und Jeans angerückt ist, versucht, sich durch Trampeln und das Reiben der vor der Brust verschränkten Arme warm zu halten. Sirko fallen vor Müdigkeit ständig die Augen zu, aber der bloße Anblick dieser unglaublichen Rarität, die sich in Roberts Besitz befindet, hält ihn wach genug, um permanent „Ich liebe dich, Alter!“ zu murmeln. Es wird nicht ganz klar, ob er damit Robert oder seinen Trabant meint, aber das ist uns im Augenblick auch völlig gleichgültig.

Olaf kramt umständlich in der Arschtasche seiner Jeans herum und fördert endlich ein paar weiße Papierstreifen zutage. Ohne ein Wort zu sagen geht er zur Heckklappe des Trabant und beginnt, die weißen Streifen mit Klebeband am Fenster des Autos festzukleben. Neugierig folgen wir ihm und schauen ihm stumm bei der Verschönerung von Roberts fahrbarem Untersatz zu.

Als er fertig ist, macht er einen Schritt zurück, breitet die Arme aus und ruft begeistert „Tadaaa!“

Sirko und ich glotzen blöd auf das riesige weiße A, das sich uns präsentiert.

„Bist du total bescheuert?“, brüllt Robert, stürzt auf sein Auto zu und reißt den unschuldigen Buchstaben mit brachialer Gewalt wieder herunter.

Ich blinzle verwirrt, Sirko verzieht das Gesicht in echter Verwirrung und Olaf läuft rot an. „Jetzt hör mal!“, versucht er sich in lahmem Widerstand. „Hättest auch einfach sagen können, wenn es dir nicht gefällt. Ich wusste ja nicht, dass du so eitel bist.“ Bockig steckt er die Fäuste in die Hosentaschen.

„Eitel?“, ereifert sich Robert. „Eitel?“

„Nicht so laut!“, ermahnt Sirko die beiden Streithähne mit einem ängstlichen Blick auf die umliegenden Fenster. „Die Leute schlafen noch.“

Robert atmet einmal tief durch und flüstert dann aufgebracht weiter: „Hast du überhaupt eine Ahnung, was das bedeutet?“

Olaf zuckt unschuldig die Schultern. „Klar. Anfänger. Meine Mutter hat auch so ein A hinten drankleben. Schon seit Jahren.“

„Anfänger! Anfänger!“, regt sich Robert erneut auf. Man kann ihm förmlich ansehen, wie schwer es ihm fällt, die Stimme nicht wieder zu erheben. „Auf der Fahrerseite, ja, aber doch nicht auf der Beifahrerseite, wo du es hingeklebt hast.“, weist er Olaf zurecht.

„Nicht?“, fragt der verlegen.

„Ist doch egal, auf welcher Seite das klebt.“, versuche ich, Olaf beizuspringen. „Er hat es doch nur gut gemeint.“

„Wohnt ihr denn alle hinterm Mond?“, keucht Robert nun und schlägt sich mit der Hand vor die Stirn. „Es ist ganz und gar nicht egal, wo es klebt. Ein A auf der Beifahrerseite steht für Ausreiseantrag. Wenn die Bullen mich damit sehen, gibt das zwei Jahre, mindestens!“

Uns fällt allen dreien die Kinnlade herunter. „Was du immer alles weißt.“, murmelt Olaf verlegen. „Tut mir echt leid. Das kann doch keiner ahnen.“ Hilfesuchend blickt er sich zu Sirko und mir um und wir nicken zustimmend.

Etwas versöhnter führt uns Robert einmal um den Wagen herum und erklärt uns die für Nicht-Führerschein-Besitzer wichtigen Details. Als er uns endlich alle Einzelheiten des Fahrzeugs inklusive der Zierstreifen ausführlich vorgestellt hat, dürfen wir uns in die Pappkiste zwängen. Olaf und ich landen auf der Rückbank, weil Sirko „der mit den längsten Gräten“ ist, wie uns Robert seine Platzeinteilung erklärt.

„Hinten ist eh bequemer.“, raunt mir Olaf zu und packt seinen dicken Hintern auf den Großteil der Rückbank. „Da kannst du dich zurechtruckeln, wie es dir passt, ohne dass sich ein beschissener Gurt in deinen Hals gräbt.“ Mit einer unmissverständlichen Geste seiner Hand unterstreicht er seine Worte.

Ich quetsche mich neben ihn und versuche, meine Beine in dem engen Zwischenraum vor der Rückbank so zu platzieren, dass der Kopf nicht die ganze Fahrt über zwischen den Knien klemmt und schaue Robert über die Schulter. „Wie ist dein Onkel eigentlich an das Museumsstück gekommen?“, frage ich neugierig. „Ich dachte, die sind voll begehrt.“

Robert spielt am Choke herum und dreht den Zündschlüssel. Einen Moment lang hören wir nur das typische Schleifgeräusch, dann plötzlich bäumt sich das Gefährt auf und stößt ein martialisches Klappern aus. Robert geht voll aufs Gas und lässt den Motor brummen, bis er eine nahezu einheitliche Klanghöhe erreicht hat. Behutsam schiebt er den Choke zurück und wir rollen los in unser erstes großes Abenteuer.

„Der war total Schrott.“, beantwortet Robert meine Frage, als ich schon gar nicht mehr damit rechne. „Keiner hat sich rangetraut. Mein Onkel hat gesagt, dass der bestimmt schon 10 Jahre auf dem Schrottplatz rumgestanden hat, aber sie wollten ihn nie zerlegen, weil er so traurig dagestanden hat. Und das war ein Glück, weil er ihn ja doch noch zum Laufen gebracht hat.“

„Hat echt was drauf, dein Onkel.“ Am Fenster fliegt im Licht des anbrechenden Tages das verschlafene Karl-Marx-Stadt vorbei. Die wenigen Autos am Straßenrand parken gemütlich vor sich hin, in den braun verputzten Häusern sind erst wenige Lichter an. „Warum sind wir nochmal so früh aufgestanden?“, werfe ich die Frage in den Raum, die mir weder Sirko noch Olaf beantworten konnten.

„Weil wir rechtzeitig da sein wollen.“, gibt Robert die glasklare Antwort.

„Na, dann zeig mal, ob dein Trabi so viel drauf hat, wie dein Onkel!“, fordere ich Robert auf.

„Hältst du mich für total bescheuert?“, fragt Robert und schenkt mir durch den winzigen Rückspiegel einen genervten Blick. „Ich habe seit zwei Wochen einen Führerschein und seit vorgestern ein Auto und jetzt soll ich hier durch die Stadt heizen? Willst du, dass ich gleich wieder nur Fahrrad fahren kann?“

„Nein,“ räume ich ein und glotze auf die vorbeiziehenden monotonen Fassaden der bruchreifen Altbauten an der Leipziger Straße. Küchwald, Naturforscherstation und Borna ziehen an mir vorbei und dann haben wir endlich die Autobahn erreicht.

Jetzt geht Robert doch voll aufs Gas. Der Motor dröhnt uns um die Ohren und übertönt selbst Olafs seliges Schnarchen neben mir. Der batteriebetriebene Mono-Kassettenrekorder Marke mira auf Sirkos Schoß versucht, dem Tuckern Steppenwolfs „Born to be wild“ entgegenzusetzen, bis zu uns auf die Rückbank dringt aber nur ein schwacher Basslauf vor. „Auf nach Gera!“, brüllt Robert über das Motorengeräusch hinweg. Sirko und Olaf schrecken kurz aus dem Schlaf auf, sonst ist bis jetzt wenig von Abenteuer und Eroberung der Welt zu spüren. Irgendwie hatte ich mir so eine Konzertreise aufregender vorgestellt.

Das rhythmische Poltern der Teerstreifen zwischen den Platten der Autobahn lullt mich schnell ein. Ich fühle mich an Zugfahrten mit der Reichsbahn erinnert. Auch dort geben die Räder mit ihrem Holpern über die Schweißnähte den inneren Rhythmus des Zuges vor. „Ga-gang. Ga-gang. Ga-gang.“ Ich schließe die Augen und lasse mich von der Eintönigkeit des Rhythmus in einen angenehmen Halbschlaf versetzen, nichts ahnend, dass dieser Tag mein ganzes Leben verändern wird.

„Tilo?“

„Meinst du, er hat einen Hörschaden oder so was?“

„Keine Ahnung. Vielleicht ist er schon tot.“

„Irgendwie sieht er komisch aus, so als hätte er eine Vision oder sowas gehabt!“

„Vision? So ein quatsch. Der ist zugedröhnt. Ich frag mich, wo er den Stoff hergekriegt hat.“

„Quatsch. Der ist einfach nur weg. TILO!“

Ich höre jedes einzelne Wort, das meine Freunde wechseln, allein es ist mir unmöglich, darauf zu reagieren. Wie paralysiert stehe ich vor der kleinen Bühne, auf der sich mit Ausnahme einiger Fusselknäuel schon seit einiger Zeit nichts mehr bewegt und starre mit weit aufgerissenen Augen an die Stelle, an der bis vor einer halben Stunde dieses schwarzhaarige Wesen aus einer anderen Dimension mit ihrer Stimme Emotionen in mir wachgerufen hat, die ich vorher nicht für möglich gehalten hatte.

„Du, das Konzert ist zu Ende.“ Ich spüre, wie mir einer meiner Freunde die Hände auf die Schultern legt und versucht, mich von der Bühne wegzudrehen. Wie ein Baum gegen den Sturm stemme ich mich mit aller Gewalt gegen diesen Versuch, mich aus meiner derzeitigen Position zu entfernen. Ich will für immer hier stehen bleiben, für immer diese unglaubliche Eruption aus Aggression, Tempo und Lautstärke spüren, die mich wie eine Flutwelle überrollt und in magische Gefilde mitgerissen hat.

„Kann es sein, dass er voll in Kerstin verschossen ist?“, höre ich Robert über meinen Zustand spekulieren.

„Kerstin?“, fragt Ole verwundert.

„Na, die Sängerin.“, erwidert Robert, so als müsste allen klar sein, dass dieses schwarzhaarige Energiebündel auf der Bühne nur Kerstin geheißen haben konnte.

„Die mit der Lederjacke?“, vergewissert sich Olaf, der gerade offenbar etwas schwer von Begriff ist. Wer könnte es ihm verdenken, nach diesem Erlebnis.

„Hast du noch eine andere Sängerin gesehen?“, fragt Robert genervt.

„Nee.“, muss Olaf eingestehen.

„Los, wir müssen hier raus!“, mischt sich Sirko in die Diskussion ein. „Die Ordner räumen schon die Stühle vor.

„Und wie kriegen wir Tilo zum Auto?“, fragt Olaf mit leicht weinerlichem Unterton.

„Zur Not müssen wir ihn eben tragen.“, unkt Robert und packt mich am Arm. Ich spüre einen Stoß in den Rücken und ein zweites Paar Hände, dass meinen anderen Arm umkrallt. Gegen eine solche Übermacht bin ich chancenlos, deshalb lasse ich mich nach einem kurzen Gerangel anstandslos von meinen Freunden abführen. Auch, als wir schon vor der Tür stehen, dröhnt das wuchtige „Run for your live“ immer noch in meinem Kopf nach. Ich spüre genau, dass mein Leben eine neue Wendung genommen hat. Ein einziges Konzert hat ausgereicht. Ich bin infiziert, unheilbar verliebt in diese Musik und es wird für mich kein Entkommen geben. Ich spüre alle Anzeichen einer Sucht, wie sie uns im Staatsbürgerkundeunterricht erläutert wurden, als es um die Drogensüchtigen am Westberliner Bahnhof Zoo ging. Ich muss diese Musik wieder hören, ich will dieses Vibrieren im Magen wieder spüren und ich will meinen Kopf schütteln, hin und her, hin und her.

„Scheiße, war das geil!“

Lauter Jubel, der die Musik aus dem Kassettenrekorder auf Sirkos Schoß übertönt, schallt als Antwort auf meinen Ausbruch durch den Trabi. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die anderen vor allem feiern, dass ich nach über einer Stunde überhaupt wieder einen Ton von mir gegeben habe, oder ob sie mir in meiner Analyse des Konzerts recht geben.

„Warum haben wir vorher noch nie etwas von Blitzz gehört?“, wundert sich Olaf neben mir.

„Weil ihr euch nie drum geschert habt.“, lautet Roberts lakonische Antwort.

Wir rollen gemütlich über die spärlich befahrene Autobahn zurück nach Karl-Marx-Stadt. Da es dunkel ist, können wir außerhalb der Lichtkugel, die der Scheinwerfer auf die Platten vor uns wirft, nichts erkennen. So sind das Dröhnen des Motors, das monotone Poltern der Räder und der Lärm aus dem mira unsere einzigen Begleiter.

„Warum sind wir eigentlich so zeitig losgefahren?“, greift Sirko eine Frage auf, die wir Robert schon seit Tagen gestellt haben und die auch mich die ewig langen Stunden in Gera umgetrieben hat. Mag sein, dass man in diesem Kaff toll wohnen kann, aber für einen Besucher, der früh um sechs Uhr ankommt und auf ein Konzert wartet, das erst am Abend beginnt, ist es die Hölle. Zu behaupten, dass dort absolut nichts los ist, wäre die Untertreibung des Jahrhunderts.

„Wegen der Überwachung.“, knurrt Robert und fixiert weiter mit starrem Blick die Autobahn vor sich.

„Überwachung?“, hakt Olaf nach.

„Klar.“, gibt Robert seinen Versuch, das Thema auszusitzen, genervt auf. „Heavy Metal ist keine von den staatlichen Kulturorganen anerkannte Kunstform. Deshalb werden Besucher der Konzerte überwacht. Und das betrifft auch die Anreisewege. Darum sind wir schon nach Gera gefahren, als noch keiner damit rechnen konnte.“

„Aber auf dem Konzert hat man uns doch trotzdem überwacht?“, vergewissert sich Sirko verwirrt.

„Klar, aber da konnten sie nicht nachvollziehen, wo wir herkommen. Weil sie uns bei der Anreise ja noch nicht registriert hatten.“, kontert Robert lachend.

„Und bei der Abreise?“, führe ich Sirkos Gedankengang besorgt weiter.

Robert zuckt ergeben die Schultern. „Sie können ja nicht alle Konzertbesucher überwachen. Wenn wir Glück hatten, sind wir in der Menge, die das Clubhaus verlassen hat, nicht weiter aufgefallen.“

„Drei Leute, die einen vierten durch die Gegend tragen?“, gibt Olaf zu bedenken.

„Das war in der Tat bescheuert, Tilo.“, räumt Robert eine Schwachstelle in seinem Plan ein. „Naja, egal. Irgendwann hätten sie uns sowieso auf dem Radar gehabt.“

„Auf dem Radar?“, japst Olaf. „Weil wir auf einem Konzert waren?“

„Genau.“, bestätigt Robert erstaunlich gelassen seine Befürchtungen. „Aber das war nicht irgendein Konzert.“ Er nimmt eine Hand vom Lenkrad und hebt den Zeigefinger. „Das war ein Blitzz-Konzert.“

Sirkos „Jaaaaa?“ hängt eine Zeitlang in der Luft, bis sich Robert zu einer Erklärung bemüßigt fühlt.

„Sie sind die Speerspitze des Metal in der DDR. Die haben sogar schon in Berlin in der Seelenbinderhalle gespielt.“

Jetzt bin ich doch beeindruckt. Nicht, dass ich jemals in Berlin gewesen wäre oder mir eine klare Vorstellungen von den Ausmaßen der Seelenbinderhalle machen könnte, doch allein der Name klingt ergreifend.

„Wo hast du eigentlich die Mukke her?“, fragt Sirko und klopft auf den Kassettenrekorder, aus dem mir unbekannte Lieder dröhnen, die ähnlich wie die klingen, die auf dem Konzert gespielt wurden.

„Tapetrading.“, wirft Robert einen weiteren mir unbekannten Fachbegriff in den Innenraum des Trabant.

„Aha!“, entfährt es Olaf bewusst tonlos.

Robert seufzt ergeben. „Du hast eine Kassette mit Metal-Musik. Die überspielst du ein paarmal auf leere Kassetten und nimmst sie mit zu einem Treffpunkt, zu dem andere Leute Kassetten mit anderer Musik mitbringen. Dann tauschst du die Kassetten und hast neue Musik.“

„Das heißt, du musst eigentlich nur eine Kassette haben, auf der etwas neues drauf ist, und dann kannst du dir eine ganze Sammlung durch Tauschen aufbauen?“, bohrt Sirko, unser Superhirn, nach.

„So in etwa.“, stimmt ihm Robert zu. „Aber besonders begehrt sind natürlich immer die neuesten LPs aus dem Westen.“

„Ich will so was auch.“, rufe ich.

Sirko und Olaf drehen sich zu mir um und schauen mich verwundert an, doch Robert grunzt nur zustimmend. „War mir klar. So ein Konzert ist wie eine Droge.“

„Keine Ahnung.“, muss ich meine Unkenntnis auf diesem Gebiet einräumen. „Aber es war so geil.“

„Machst du sowas öfter?“, will Olaf von Robert wissen.

„Bisher ging es ja nur, wenn mich jemand mitgenommen hat oder ich mit der Schwalbe hingekommen bin. Aber jetzt,“ er klopft liebevoll auf das Armaturenbrett seines Trabant, „bin ich ja beweglich.“

„Dann kannst du das jetzt jedes Wochenende haben?“, hake ich, vom Konzertfieber gepackt, nach.

„Klar!“, bestätigt er mit einem wohligen Schnurren in der Stimme.

„Ich will das auch!“, wiederhole ich meinen Gefühlsausbruch. „Ich will das öfter! Ständig! Immer!“

Ich kann Roberts Grinsen im Spiegel sehen.

„Kannst du haben. Vielleicht nicht immer, aber ich mache dir eine Kassette zurecht.“

„Und die Konzerte?“, fragt Olaf, der durch mein Interesse angefeuert zu sein scheint.

„Gibt es so oft es geht.“, verspricht Robert und biegt von der Autobahn ab.

„Und zwischendurch?“, frage ich.

„Hast du doch die Kassetten.“, ruft mir Sirko in Erinnerung.

„Wisst ihr was?“, fragt Olaf aufgeregt.

Wissen wir natürlich nicht, deshalb antworten wir ihm mit erwartungsfrohem Schweigen.

„Warum gründen wir nicht eine Band?“

Wir schweigen immer noch, diesmal aber eher nachdenklich.

„Kann überhaupt jemand ein Instrument?“, erwidert Robert skeptisch.

„Tilo kann Gitarre.“, ruft ihm Olaf in Erinnerung. „Und Sirko auch ein bisschen. Naja, und ich hab doch im Fanfarenzug mal getrommelt.“, fügt er etwas kleinlaut hinzu. „Das krieg ich bestimmt hin.“

Wider Erwarten ist Robert, der sonst bei unseren Vorschlägen immer ein Haar in der Suppe findet, einverstanden. „Gut, dann lerne ich eben Bass spielen. Kann ja nicht so schwer sein.“

„Du kannst übrigens die Leipziger Straße durchfahren und dann rüber ins Heckertgebiet.“, unterbreche ich unsere Zukunftsplanung für einen kurzen Verkehrshinweis.

„Wo willst du denn hin?“, fragt Robert verwundert.

„Wir sind heute umgezogen.“, tue ich ein Geheimnis kund, von dem ich auch erst vor ein paar Tagen erfahren habe.

„Ihr seid umgezogen und du warst nicht dabei?“, fasst Olaf die Situation zusammen. „Das ist stark.“

„Wohin?“, will Sirko wissen.

„Baugebiet 8.“, gebe ich eine nähere Lagebeschreibung.

„Das alte Dreckloch.“, kommentiert Robert fachmännisch.

„Sag mal, wechselst du dann die Schule?“, fragt Sirko besorgt.

„Ach Quatsch!“, gebe ich mich locker, obwohl diese Sorge mich auch umtreibt, seit ich von dem Umzug ans andere Ende der Stadt erfahren habe. „Nicht in der zehnten Klasse.“

„Bevor die im Schulamt mitbekommen haben, dass ihr umgezogen seid, ist sowieso Winter. Da brauchst du dir keine Sorgen machen.“, versucht Olaf, uns zu beruhigen. Er muss es wissen. Sein Vater arbeitet bei der Stadtverwaltung.

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