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ОглавлениеJOHANNA
Neues Hotel
Johanna legte das Buch wieder beiseite. Diese Männerphantasien sollte sie jetzt ins Amerikanische übersetzen? Einen Fall aus der drögen Provinz?
Schlafen konnte sie noch immer nicht. Anrufen konnte sie auch niemanden, sie kannte offiziell niemanden mehr. Sie war tot. Die echte Johanna war tot, und die ursprüngliche Viola war tot. Die neue Johanna kannte noch niemand.
Schließlich holte sie sich einen Whiskey aus der Minibar, mixte sich einen Drink und legte sich erneut hin.
Zehn Minuten später war sie eingeschlafen.
*
Wider Erwarten wachte sie erst spät auf, gegen halb elf. Draußen toste der Verkehr, lauter als in Berlin, ein Orkan gegen den Lago Maggiore, wo sie zuletzt gewohnt hatte.
Das Hotel war zu eng, zu klein. Johanna machte sich frisch, zog sich ihre Jogging-Sachen an und nahm im Stehen in der Lobby Kaffee und Muffins zu sich. Das Buch hatte sie zusammen mit einer Flasche Wasser mit der Aufschrift Complimentary in ihren Jogging-Rucksack gesteckt.
Sie traf ihre erste Entscheidung für ihr neues Leben. Hier in diesem Schuppen konnte sie nicht bleiben, sie brauchte eine ordentliche Suite mit gutem Frühstück.
Über die 8th Avenue waren es nur ein paar Minuten zum Central Park, den sie von früheren Besuchen her gut kannte. Vor dem Columbus Circle kam sie am Museum of Art and Design vorbei, was sie wehmütig stimmte. Hier hatte sie vor ein paar Jahren zwei ihrer Werke ausgestellt, als Viola Kroll.
Egal. Das was jetzt alles Geschichte. Johanna lief los, sie musste von ihrer alten Geschichte weg und in ein neues Leben hineinlaufen. Sie lief zweimal den Park rauf und runter, auf verschiedenen Wegen. Hier und dort machte sie an Seen und schönen Plätzen halt, sie aß ein Eis und einen Bagel, es war bereits Mittag geworden.
Am Met machte sie nicht halt. Das war jetzt vorbei und vergessen, was sie damals hierhergeführt hatte, auch wenn dort immer noch ein Werk Viola Krolls ausgestellt war.
Auf dem Weg zurück, auf der südöstlichen Seite des Parks, fiel ihr ein Hotel ins Auge, das sie normalerweise sofort genommen hätte; das Pierre, das sie von einem früheren Besuch kannte. Ein für die Stadt klassisches Gebäude, eine Wegmarke, die ins Auge fiel.
Für ihr neues Leben als Übersetzerin war das zu luxuriös, auch wenn es nur für ein paar Tage war. Das würde auffallen, sie würde auffallen.
Zwei Minuten weiter lag ein weitaus unauffälligeres Haus, das Park Lane Hotel.
Johanna trat ein, obwohl sie vom Laufen im immer noch warmen September verschwitzt war. Am Eingang reichte ihr ein aufmerksamer Bediensteter ein kaltes, zusammengefaltetes Tuch; war das ein Zeichen, dass sie hier willkommen sein würde?
Eine Junior Suite mit Blick auf den Central Park würde sie etwas über zweihundert Euro pro Tag kosten, wenn sie zwei Wochen blieb. So lange würde sie für die Wohnungssuche mit Sicherheit brauchen.
Zum Büro war es nicht weit, das konnte sie locker zu Fuß bewältigen. Sie nahm die Suite und ließ gleich ihre Sachen vom Concierge aus dem da Vinci abholen. Sie hatte ihm einen Fünfzigdollarschein in die Hand gedrückt, in Rechnung stellen würde ihr das Hotel den Service trotzdem. Egal. Sie musste frei atmen können.
Im Park Lane konnte sie sich für eine Weile zu Hause fühlen. Johanna duschte, pflegte sich mit den Sets, die im Bad standen, und wartete im Bademantel auf ihre Sachen.
Das dauerte. Da konnte sie in der Zwischenzeit auch ruhig ein wenig weiterlesen.