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II

Am Nachmittag des folgenden Tages klingelte ich, eine Flasche Wein und ein Brot in den Händen, an dem schmiedeeisernen Tor vor dem Haupteingang des Nachbarhauses. Ich folgte keinem besonderen Plan, doch in einer fast schlaflosen Nacht war mir klar geworden, dass ich dort in dem fremden Garten mehr gespürt hatte als nur momentane Erregung. Irgend etwas an beiden Frauen zog mich an, und mir war klar geworden, dass ich beide unbedingt kennenlernen wollte, wie auch immer die Sache ausging. Dabei machte ich mir kaum Gedanken, wie ich dem Gatten beziehungsweise Vater begegnen sollte. Gegen einen netten Nachbarn hatte er sicher nichts einzuwenden, und mehr als ein gut nachbarschaftliches Verhältnis durfte ich auch nicht erwarten.

Die Sprechanlage war neu installiert.

"Ja bitte?" kam eine kühle Stimme aus dem Lautsprecher, die ich weder der Mutter noch der Tochter zuordnen konnte.

"Hallo, ich bin Ihr Nachbar zur Rechten, aus dem Bungalow. Ich wollte nur mal kurz Hallo sagen, falls es nicht stört."

"Oh ... nein ... einen Moment!" antwortete die Stimme, nun schon um einiges freundlicher. "Ich öffne das Tor. Kommen Sie zum Eingang. Ich brauche nur eine Minute."

Der Summer ertönte. Ich drückte das schwere Tor auf und ging auf den Hauseingang zu. Wie war mir entgangen, dass hier alles neu war? Das Tor hatte nicht mehr gequietscht, das hohe Gitter zur Straße glänzte frisch gestrichen; der Kies vor der Garage war ebenso neu wie die Platten auf dem Weg zu Haustüre. Ich grübelte noch, ob mir irgendwann einmal Baumaterial oder der Wagen eines Handwerkers aufgefallen war, als die schwere, massive Holztüre geöffnet wurde.

Vor mir stand eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, die ich am vergangenen Abend ganz sicher nicht gesehen hatte. Dies und ihre eigenartige, ja faszinierende Erscheinung ließen mich für einen Moment innehalten.

"Was ist? Kommen Sie doch herein! Oder wollten Sie gar nicht ...?"

"Äh, doch," fasste ich mich und trat auf sie zu.

Das Mädchen - oder die junge Frau - mochte um die zwanzig Jahre alt sein. Sie war so groß wie ich, schlank, fast dünn, mit schmalen Hüften, zarten Gelenken, einem hohen, schmalen Schädel und einem interessanten, ausdrucksstarken Gesicht, das durch hohe Wangenknochen und vor allem ihre hellgrauen, leuchtenden Augen geprägt war. Ihre Haut war ungewöhnlich blass, die langen Haare tiefschwarz oder schwarz gefärbt. Sie trug ein schwarzes, fast bodenlanges Samtkleid, dessen tiefer Ausschnitt so flach auf der Brust lag, dass man von der Erhebung eines Busens kaum sprechen konnte. Sie schien ungeschminkt bis auf eine kräftige, schwarze Umrandung der Augen, ergänzt durch mehrere Piercings an verschiedenen Stellen ihres Gesichts.

Sie streckte mir eine schmale, zarte Hand entgegen, die übrigens in den schönen, schlanken Füßen ihre Entsprechung fand, die barfuß unter dem Kleid hervorschauten.

"Johanna ..." und der Nachname, der auf dem Klingelschild stand. Für eine so zart wirkende Hand war der Händedruck angenehm fest.

"Robert ...", stellte ich mich meinerseits vor. "Ich wohne in dem Bungalow nebenan. Ich habe gesehen, dass hier wieder jemand eingezogen ist. Da dachte ich, ich schau einfach mal vorbei, sage hallo und bringe eine Kleinigkeit zum Einzug ..."

Ich hielt ihr meine beiden Mitbringsel hin.

"Oh, das ist sehr freundlich. Aber kommen Sie doch erst einmal richtig herein!"

"Nur, wenn ich nicht störe!"

"Aber nein. Meine Freundin und ich sind am Auspacken, aber das wird so oder so noch eine ganze Weile dauern ..."

"Ihre Freundin ...?" fragte ich zögernd. Ich konnte schlecht direkt nach der Frau fragen, die ich am vergangen Abend gesehen hatte. "Sie wohnen ... zusammen ...?"

"Manchmal," meinte Johanna mit einem leichten Lächeln. "Sie möchten natürlich wissen, wer hier eingezogen ist? Nur meine Familie ... also meine Mutter, meine Schwester und ich. Meine Freundin wird nicht ständig hier sein."

"Ach, so war das nicht gemeint! Ich bin wirklich nur ... ein wenig neugierig," gab ich grinsend zu.

"Versteh ich. Aber kommen Sie doch! Setzen wir uns in den Salon."

Sie nahm mir die Geschenke ab und ging vor - einen vertrauten Weg, wie ich hätte annehmen können, doch es schien ein ganz anderes Haus als das meiner ehemaligen Nachbarn.

Jahrelang war ich in diesem Haus ein- und ausgegangen, selten zwar durch den Vordereingang; doch insgesamt hatte ich Räume und Einrichtung fast so gut gekannt wie in meinem eigenen Haus. Natürlich hatte sich der Grundriss nicht wirklich geändert. Räume, Türen, Fenster, die Treppe und andere Bauelemente waren am gleichen Platz wie zuvor. Völlig verändert dagegen war das Dekor. Während mein Nachbar helle Farben und offene, sparsam möblierte Räume über alles geschätzt hatte, war die Einrichtung jetzt ... viele hätten es wohl altertümlich, sogar "düster" genannt, doch ich fand das Ergebnis zu reizvoll und zu vielseitig, um es als Verschlechterung zu empfinden.

So hatten die neuen Eigentümer die dunkle Holztäfelung der Diele wieder frei gelegt, die mein Nachbar irgendwann mit hellen, stoffbespannten Platten verkleidet hatte. Überall auf kleinen Tischen oder dem Boden sah ich Lampen oder Kerzenleuchter, die bei Nacht hier kein sehr helles, aber ein angenehmes Licht spenden würden. Die Wände der Wohnräume waren zuvor weiß oder hell gestrichen und bis auf einige teure Originalabzüge berühmter Fotografen fast leer gewesen. Nun waren sie mit seidig glänzenden, wie Stoff wirkenden Tapeten in dunklen, warmen Farbtönen bespannt oder von Bücherregalen verdeckt, die bis zur Decke reichten; zahllose Bücher waren teilweise schon eingeräumt, teilweise warteten sie noch in Kisten, die sich vor den Regalen stapelten.

Die Villa besaß im Erdgeschoss dreieinhalb Wohnräume, ein Speisezimmer und die Küche. Früher hatte hier überall derselbe, elegante, kühle Stil geherrscht, geprägt durch eine spärliche Einrichtung mit wenigen ausgesuchten Designermöbeln. Nun präsentierten sich die Räume in geradezu anachronistischer Üppigkeit, und jeder besaß eine andere Farbgebung und Atmosphäre.

Der Salon, in den Johanna mich zuerst führte, war der zentrale Wohnraum. Jetzt war er mit fast orientalischer Pracht und Verspieltheit eingerichtet. Die Tapete zeigte einen dunklen Goldton. Zwei echte Perserteppiche in passenden Farben lagen auf dem frisch versiegelten, dunklen Parkett. An den Seitenwände zogen sich neben und auch über den breiten Durchgängen in die Nachbarräume die erwähnten Bücherregale fast bis zur Decke; die Rückwand wurde von einem ausladenden, antiken Vitrinenschrank beherrscht. Es wäre eine schamlose Untertreibung gewesen, "Sitzgruppe" zu nennen, was den größten Teil des Raums einnahm - eine Sitzlandschaft aus mehreren breiten Couchs, die in S-Form aufgestellt waren. Auf den Sitzflächen, den Lehnen und auch auf dem Boden lagen überall große, dicke Kissen. Die Stoffe waren, in vollendeter Harmonie zu Wand und Teppichen, in Gold- und dunkleren, glänzenden Brauntönen gehalten, und vollends zu einem Raum wie aus Tausendundeiner Nacht wurde er durch die schweren, bauchigen Übervorhänge an den hohen Fenstern und Terrassentüren sowie einer passenden Stoffbahn, die sich von der Decke herabwölbte und dem Salon etwas von der Atmosphäre eines von Hollywooddesignern entworfenen Fürstenzeltes gaben.

Johanna bot mir einen Platz an und fragte, ob ich etwas trinken wolle. Ich bat um ein Glas Saft oder Wasser. Es stellte sich heraus, dass der Kühlschrank in der Küche leer war. Johanna entschuldigte sich; sie müsse in den Keller gehen und erst einmal schauen, wo der Lieferant die Getränke in dem Einzugschaos abgestellt habe.

***

Ich entspannte mich und ließ die neue Atmosphäre dieses doch so vertrauten Hauses auf mich wirken. Noch war manches unklar. Offenbar hatte ich es mit einem reinen Frauenhaushalt zu tun; von einem Partner oder Vater war eben keine Rede gewesen. Die Information, Johanna sei mit Mutter und Schwester hier eingezogen, hatte ich unwillkürlich mit den mir bereits bekannten beiden Frauen ergänzt, doch auch das konnte ein Irrtum sein. Die Zahl und auch die Art der Bücher ließen mich darauf schließen, dass meine neuen Nachbarn von ganz anderem geistigen Horizont waren als ihr Vorgänger und seine Frau. Außer der - allerdings beeindruckenden - Kollektion von Fotobänden hatte ich früher hier nie eine Bücher in größerer Zahl gesehen.

So wie ich saß, mit dem Rücken zum Speisezimmer, konnte ich durch die offenen Doppeltüren in zwei weitere Räume auf der Gartenseite der Villa sehen. Der direkt angrenzende Raum war in grüne Töne gehalten wie dieser hier in Gold und Braun. Der dritte, deutlich kleinere Raum war der dunkelste von allen, da er nur durch ein Fenster Licht erhielt. Seitlich stieß der Raum an die Garage, die scheinbar irgendwann nachträglich dort angebaut worden, denn wir hatten einmal beim Renovieren die Spuren eines zugemauerten Fensters dort gefunden. Seine Farben waren, soweit ich es von hier aus sehen konnte Silbergrau und Schwarz.

Und dort, hinter dem zweiten Durchgang, nahm ich auch plötzlich eine Bewegung wahr. Ich sah einen Schatten halb im Türrahmen auftauchen und wieder verschwinden, und dann hörte ich auch Geräusche - das Schaben von Kartons und dazu ein leises metallisches Klirren. Im ersten Moment erschrak ich fast etwas, doch dann fiel mir die Freundin ein, die ja hier irgendwo sein musste. Und ich sollte auch nicht lange zu warten haben, bis sich das Rätsel lüftete ...

Ein oder zwei Minuten vergingen. Dann hörte ich dumpfes Geräusch und gleich darauf einen saftigen Fluch, der in meinen Ohren noch an Wirkung gewann, da ihn eine sehr helle, jung klingende Mädchenstimme ausstieß.

Dann kam sie um die Ecke und geradewegs auf mich zu ...

... und ich war mehr als froh zu sitzen. Wenn mich auch mein Erlebnis von gestern abend, die Einrichtung des Hauses oder das Äußere von Johanna auf Einiges vorbereitet hatten - die Freundin übertraf es bei weitem!

Sie war so groß und ebenso schlank wie Johanna, eigentlich wirklich mager und knochig zu nennen. Das sah ich auf den ersten Blick. Denn sie war praktisch nackt. Das Klirren, das ich gehört hatte, kam von den Ketten, die sie neben einigen Lederbändern zur Befestigung als einzige "Kleidung" trug. Um ihre Hüfte, um die Brust und den Hals war je eine Kette gewickelt, andere liefen nach oben und unten, über die Schultern und unter dem Schambein hindurch. Doch die Ketten waren längst nicht das einzige Metall; ich sah Piercings an allen möglichen Stellen von den Brustwarzen bis hinunter zu den Schamlippen, die sich zwischen zwei Ketten kahl rasiert und nackt hervorwölbten. Sie besaß ein hübsches, junges Gesicht, das allerdings momentan im Zorn verzerrt war. Fast keine Überraschung mehr war die passende Haartracht: Sie bestand aus einem schmalen, relativ kurz geschnittenen, pink und schwarz gefärbten Irokesenkamm auf dem ansonsten völlig kahl geschorenen Schädel.

Das Verblüffende, ja Surreale dieser Erscheinung wurde noch unterstrichen von der entspannten Selbstverständlichkeit, mit der die junge Frau auf mich zu trat.

"Du bist dieser Nachbar, hm?" begrüßte sie mich, nicht unfreundlich, doch mit einer leise mitschwingenden Ungeduld. "Weißt du, wo Johanna steckt?"

"Ähm ..." meinte ich lahm. Ich hatte immer angenommen, es sei eine bloße Metapher, wenn es einem die Sprache verschlug. Jetzt merkte ich, dass dies ein Irrtum war.

"Sie ... ich glaube ... sie wollte ... in den Keller," stotterte ich.

"Na toll! Kannst du mir mal eben helfen? Ich pack das alleine nicht. Dieses Ding ist viel zu schwer, und ich ... äh, ach so, ich bin die Nina!"

Sie streckte mir eine Hand entgegen. Langsam setzte mein Denken wieder ein.

"Natürlich, klar!" meinte ich, stemmte mich aus der bequemen, aber tiefen Sitzposition empor und ergriff ihre Hand.

"Robert," stellte ich mich vor. Ihre Hand war schmal, doch lang und kräftig, und als ich schon loslassen wollte, packte sie noch einmal zu.

"Du hast einen angenehmen Händedruck," sagte sie, lächelte mich kurz an und ließ dann meine Hand los.

Ich folgte ihr in den kleinen, silbern und schwarz eingerichteten Raum. Auch hier reichten die Bücherregale bis zur Decke, also in eine Höhe von gut über drei Metern. Vor einem stand eine hohe Leiter, und am Fuß der Leiter ein großer Korb voller Bücher. Nina deutete auf den Korb.

"Der da! Der muss da rauf! Man kann ihn festmachen oben. Siehst du diese Haken? Die kann man an der Leiter einhängen. Aber ich krieg ihn so voll nicht rauf, und dann muss ich für jedes Buch einzeln rauf und runter ..."

"Gut, dann wollen wir's mal gemeinsam versuchen. Steig du hoch und schau, dass die Haken richtig eingehängt werden. Ich werd den Korb schon hoch genug bekommen."

Sie tat, wie ich ihr gehießen hatte, und ich machte mich bereit, den Korb emporzuwuchten. Dabei war ich fast dankbar, mich auf eine so einfache, praktische Aufgabe konzentrieren zu können. Sie lenkte mich wenigstens teilweise von der Wirkung ab, die die pure sexuelle Ausstrahlung der jungen Frau auf mich hatte.

Das Anheben und Einhängen des Korbes erwies sich schwieriger als gedacht. Er war nicht nur sehr schwer, sondern auch ungleichmäßig gepackt. Und er war nicht wirklich für solche Aufgaben vorgesehen; es war ein einfacher Wäschekorb, und zum Einhängen dienten zwei Haken, die wie Fleischerhaken aussahen und lose an seiner Seite herabhingen. Den ersten konnte Nina relativ rasch einhängen, doch der zweite verrutschte und drohte herauszufallen. Bei dem Versuch, den Haken zu erwischen, verlor sie selbst das Gleichgewicht. Ich fing sie auf, musste nun die Leiter mit meinem Körper stützen, hielt mit einem Arm den Wäschekorb und mit dem anderen Nina selbst, die sich nach vorn beugte, um den zweiten Haken zu befestigen. Dabei drückte sie sich gegen mich - ihre Scham genau auf mein linkes Ohr.

"Ah, ihr kennt euch schon!" hörte ich die dunkle, kühle, jetzt leicht belustigt klingende Stimme von Johanna aus der Richtung des Durchgangs.

Nina vollendete ihre Aufgabe, den Korb fertig einzuhängen, ohne sich im Geringsten an der Position meines Ohres oder der Anwesenheit ihrer Freundin zu stören.

"So! Kannst mich loslassen," meinte sie in einem Ton ruhiger Selbstverständlichkeit, als hätte ich ihr beim Bergwandern an einer rutschigen Stelle die Hand gereicht.

Johanna gab mir das große Glas Apfelsaft, das sie mitgebracht hatte. Dann gingen wir alle drei zurück in den goldfarbenen Salon und setzten uns, ich auf meinen ursprünglichen Platz, die beiden jungen Frauen auf die Couch gegenüber.

Ein wenig verwundert über Johannas Reaktion war ich schon, wenn auch in einem positiven Sinn. Sicher war die Situation eben eindeutig und harmlos gewesen, harmlos zumindest, wenn man davon absah, in welcher "Kleidung" Nina ihre Arbeit verrichtete. Dennoch wären wohl nicht viele Menschen wie Johanna so völlig locker und ohne den geringsten Kommentar darüber hinweg gegangen. Ebenso ungewöhnlich und durchaus angenehm empfand ich die natürliche Art, in der beide mit mir umgingen, einem Mann, der wohl sicher im Alter ihrer Väter war. So nahm Johanna ohne Zögern an, als ich auch ihr das Du anbot.

Ich erzählte kurz das Nötigste über mich und erwähnte auch die gute Nachbarschaft, die hier früher gepflegt worden war. Johanna nahm diese Informationen interessiert und freundlich auf, sagte oder fragte dazu jedoch recht wenig. Anders Nina; sie nahm sehr lebhaft Anteil an dem, was ich erzählte, und stellte vor allem zu meiner gescheiterten Ehe einige interessierte Rückfragen, dabei so direkt und offen, als seien wir gute, alte Bekannte.

Im Gegenzug erfuhr ich einiges über die Verhältnisse meiner neuen Nachbarinnen. Die Mutter namens Larissa und die jüngere Schwester Nathalie, eine Halbschwester von Johanna, waren tatsächlich die beiden Frauen gewesen, die ich am Vorabend beobachtet hatte. Dies fand ich heraus, indem ich wie beiläufig nach Besuchern am vergangenen Abend fragte. Jetzt waren die beiden zum Einkaufen gefahren, und Johanna erwartete sie erst am späteren Nachmittag zurück.

Johannas Vater schien bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen zu sein, doch sie streifte das Thema so kurz und betont beiläufig, dass ich nicht weiter nachfragen wollte. Auch von anderen Männern, die vielleicht zu diesem Haushalt gehörten, war nicht die Rede. Johanna erwähnte zwar kurz einmal einen Freund der Mutter, doch das schien eher eine Art Mentor zu sein. Ihre Verbindung bezeichneten Johanna und Nina als "verrückte Freundschaft", ließen sich jedoch nicht auf irgendwelche Festlegungen ein und meinten, ich würde es mit der Zeit schon noch verstehen. Beide waren gerade mit dem Abitur fertig geworden und momentan unschlüssig, ob sie studieren oder "einfach nach London ziehen und erstmal die Sau rauslassen" sollten, wie Nina es zusammenfasste. Die Familie lebte jedenfalls von einer Erbschaft der Mutter, und zwar offenbar so gut, dass der Kauf oder die Miete eines Apartments in London für die beiden keine nennenswerte Belastung darstellte.

Eine weitere Überraschung stand mir bevor, als ich nach dem Beruf der Mutter fragte.

"Larissa ist eine Hexe," antwortete Johanna mir, in einem Ton, als spreche sie von einer Anwältin oder Ärztin. Ich erwiderte nichts und machte mir klar, dass ich es mit zwei jungen Damen zu tun hatte, die es offenbar faustdick hinter den Ohren hatten. Einen Mann in meinem Alter anzumachen, zu irritieren, in Verlegenheit zu bringen oder zu foppen, war für die beiden vermutlich eine ihrer leichtesten Übungen, und ich wollte mir nicht die Blöße geben, darauf allzu offensichtlich einzugehen.

Ohnehin musste ich während des Gesprächs meine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht entweder mit einem Speichelfaden am Mund dazusitzen oder mir gleich die Hose zu öffnen und einen runterzuholen.

Nina hatte sich an Johanna gelehnt, streichelte und zupfte immer wieder an ihr herum, küsste sie auf den Hals, die nackten Schultern oder knabberte an ihrem Ohr. Zwischendurch rückte sie nicht nur öfter ihre Ketten zurecht, sondern streichelte sich auch selbst den Oberkörper, die flachen, kaum merklich vorstehenden Brüste und auch ganz beiläufig die gut entwickelten, ständig leicht erregt hervorgewölbten Schamlippen.

Johanna dagegen blieb äußerlich ruhig. Ich hatte den Eindruck, sie beobachtete vor allem meine Reaktionen, doch das konnte auch täuschen. Irgendwann legte sie jedoch die linke Hand zwischen Ninas Beine und begann, sie dort leicht zu streicheln, bis Nina schließlich nicht mehr anders konnte und leise wohlig zu stöhnen begann.

"Soll ich nicht lieber jetzt gehen?" überwand ich mich zu fragen.

Die beiden schauten sich kurz, lächelten und meinten dann wie aus einem Munde: "Nein, nein, bleib ruhig da! Du störst uns nicht."

Ich blieb. Allerdings wurde die Hand wieder weggezogen, und das Gespräch verlief weiter im Allgemeinen. Ich steuerte ein paar Anekdoten von meinen geschäftlichen Besuchen in London bei, und mit der Zeit gelang es mir sogar, das Ungewöhnliche und äußerst Erregende der Situation ein Stück weit zu verdrängen.

Schließlich wollten die beiden Mädchen mit dem Auspacken weitermachen, und es wurde beschlossen, dass ich gegen Abend noch einmal vorbeischaute, wenn die Mutter und die Schwester wieder da seien.

Die Göttin nebenan

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