Читать книгу Alles fließt - Nicole Garos - Страница 8
Mein Name ist Doreen
ОглавлениеIch war schon von klein auf ein sehr “widerborstiges” Kind, wie mir immer gesagt wurde - und je älter ich wurde, um so eigensinniger wurde ich und lernte, das Leben zu nehmen wie es kam und mich durchzuschlagen.
In der Schule, einem Jungengymnasium, wurde ich von meinen Mitschülern und auch von meinen Lehrern respektiert, obwohl ich das einzige Mädchen in der Klasse war, eine Beinschiene tragen musste und humpelte und trotz, dass ich sehr zierlich war.
Ich war ein aufmüpfiges, neugieriges und selbstbewusstes Mädchen. Und ich war eine sehr gute Schülerin und liebte die Schule, wobei meine Glanzleistungen meinem Fleiß, vor allem aber meiner Neugier und meiner Wissbegier zu verdanken waren. Durch meine Verletzungen konnte ich keinen Sport treiben, über viele Jahre nicht schwimmen; so verbrachte ich meine gesamte freie Zeit mit Lesen, wobei schon damals mein Motto war: “Alles was gedruckt ist, ist für mich gedruckt.”
Gleichzeitig hatte ich einen eigenen, manchmal sehr störrischen Kopf. Deshalb wäre ich zweimal fast von der Schule geflogen. Einmal hatte ich eigenwillig für mich entschieden, den gängigen Kleidungsstil für Mädchen abzulegen. Ich schnitt mir die langen Zöpfe ab - und statt des erwarteten Rockes trug ich Jeans und T-Shirt, welche mir meine amerikanische Freundin Judy vermacht hatte. Die Lehrer nahmen meinen Aufzug mit hochgezogenen Augenbrauen hin, doch in der Pause kam es schließlich mit einem Jungen aus der Parallelklasse, der mich hänselte, zur Rangelei.
Wir wurden beide zum Direktor gerufen und ein Verweis von der Schule stand zur Debatte. Am nächsten Tag sollte das gesamte Lehrerkollegium darüber abstimmen. Wir warteten nervös vor der Tür auf das Ergebnis der Abstimmung. Durch die Tür hörte ich meinen Klassenlehrer argumentieren: “Wenn sich unsere Schule erlauben kann, die Schulbeste zu schmeißen, wo kommen wir da hin?“
So kam ich schließlich mit einer schriftlichen Verwarnung und einem Brief an die ‘Eltern’ davon.
Die zweite Abmahnung war weniger dramatisch. Der in der Nachkriegszeit aufkommende Traum eines vereinten Europas begeisterte auch mich - und ich äußerte diese Meinung durch den erworbenen grün-weißen EU-Wimpel, den ich stolz vorne an meinem Fahrrad befestigte und es so auf dem Schulhof abstellte. Da es zu dieser Zeit verboten war, Politisches im Rahmen der Schule zu äußern, wurde ich verwarnt. Ich wurde aufgefordert, den Wimpel zu entfernen, sonst hätte es schwerwiegende Konsequenzen für mich. Ich entschied mich natürlich für die Entfernung des Wimpels. Die Möglichkeit des Schulbesuchs war mir heilig.
Leider musste ich nach dem Tod meiner Großmutter das humanistische Gymnasium verlassen, da meine Schulgebühren unbezahlt blieben. Die Bemühungen meines Klassenlehrers um ein Stipendium für mich führten ins Leere, und ich musste von nun an eine einfache Volksschule besuchen, um meine Schulpflicht abzusitzen.