Читать книгу Feigling oder Führungskraft? - Nicole Pathé - Страница 21
Einmal Feigling heißt nicht immer Feigling
ОглавлениеWie agieren nun Feiglinge und Führungskräfte im Unternehmen? Zunächst einmal die frohe Botschaft: Einmal Feigling heißt nicht immer Feigling! Wenn jemand erkennt, welchen Preis er für feiges Verhalten zahlt, entsteht dadurch oft der Wille zur Veränderung.
So war es auch bei Herrn Anders. Er leitete bereits zwei Jahre den Aus- und Fortbildungsbereich eines Versicherungskonzerns. Zuvor hatte er im selben Unternehmen unterschiedliche Funktionen im Vertrieb ausgeübt, sodass ihm die Position in der Zentrale eine andere Perspektive und eine neue Aufgabenstellung bot. Herr Anders war von seinem Vorgesetzten auf die Stelle angesprochen worden und hatte bereits nach dem ersten Gespräch zugesagt. Einziger Wermutstropfen war die räumliche Entfernung zu seinem Wohnsitz und seiner Familie. Der neue Arbeitsplatz lag 450 Kilometer von seinem Heimatort entfernt.
Herr Anders entschloss sich, zunächst zu pendeln und nur an den Wochenenden nach Hause zu fahren. Er und seine Frau hatten vereinbart, dass die Familie an den neuen Arbeitsort umziehen würde, sobald Herr Anders in der neuen Aufgabe Fuß gefasst hatte. Dies war bereits nach drei Monaten der Fall und die Familie begann, die künftige Wohnsituation zu planen. Herr Anders und seine Frau kauften ein Grundstück an seinem neuen Wirkungsort und die Baumaßnahmen begannen. Bis zum Beginn des neuen Schuljahres wollten sie umgezogen sein, um ihren beiden Kindern den Start am neuen Gymnasium zu erleichtern.
Drei Monate vor dem geplanten Umzug bat der Vorstand Herrn Anders zu einem Gespräch. Er sei sehr zufrieden mit dessen Leistung und daher würde bereits eine neue Aufgabe an einem anderen Einsatzort auf ihn warten. »Da brauche ich Sie unbedingt und zähle auf Sie.« Dieses Angebot könne jedoch erst später genau benannt werden, da die Stelle aktuell noch besetzt sei. Daher wäre der Gesprächsinhalt selbstverständlich vertraulich und man bitte ihn gleichzeitig um Geduld. »Ich komme auf Sie zu, sobald sich die Dinge entsprechend konkretisiert haben und ich Ihnen Näheres dazu sagen kann.« Mit diesen Worten verabschiedete der Vorstand Herrn Anders.
»Es wäre ja verrückt, die ganze Familie umziehen zu lassen, wenn ich bald an einen anderen Standort versetzt werde«, dachte er und seine Frau teilte seine Sichtweise. Sie verkauften daraufhin das noch nicht ganz fertiggestellte Haus und lebten weiter damit, dass die Familie sich nur am Wochenende sehen konnte. Es war ja schließlich nur noch eine Frage der Zeit … Herr Anders wartete und sprach mit niemandem über das Gespräch mit seinem Vorstand. Als nach einem Jahr immer noch nichts passiert war, machte sich eine immer stärkere Unzufriedenheit in Herrn Anders breit. Die Belastung der Wochenendpendelei war ihm inzwischen anzumerken. Niemand verstand so recht, warum der Familienmensch Anders immer noch nicht mit seiner Familie zusammenwohnte. Die Situation hatte längst auch zu familiären Spannungen geführt. »Du hast gesagt, es ist nur vorübergehend und dann wohnen wir wieder unter einem Dach!«, waren die Worte seiner Frau und der Kinder.