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1.4Kritik: Segen und Fluch

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Kritik ist wichtig und kann doch auch verletzen, wenn sie nicht konstruktiv formuliert ist. Ich kenne das aus beiden Perspektiven: als Fotografin, deren Fotos kommentiert werden, und als Inhaberin eines Bildarchivs, die andere Fotografen beurteilen und manche davon leider auch ablehnen muss.

Der richtige Umgang mit negativer Kritik ist immer wichtig, sonst verlierst du schnell den Spaß an dem, was du tust. Kritik muss weiterbringen, darf aber nicht verletzen. Wo auch immer du deine Fotos zeigst und egal, ob es ein Hobby ist oder du Geld damit verdienst: Versuche, jede Kritik nüchtern von außen zu betrachten, und filtere das Nützliche für dich heraus. Bleibe dabei immer sachlich und suche eine gewinnbringende Lösung. Bist du – wie ich – ein sehr impulsiver Mensch, schlafe eine Nacht darüber und lasse den Kommentar erst mal »sacken«, bevor du zu emotional wirst und die Antwort bereust. Das schafft Abstand. Wenn jemand dein Foto kritisiert, dann ist das nicht schlimm. Frage nach den Gründen und schau, ob derjenige mit seiner Kritik nicht sogar ein bisschen Recht hat. Heute schmeckt das vielleicht noch etwas bitter, morgen kannst du dich dadurch aber verbessern.

Natürlich ist der Umgang mit Kritik vor allem im gewerblichen Bereich wichtig. Wenn ein Kunde unzufrieden ist, lautet mein Motto: Finde eine Lösung. Dabei sollte man immer höflich bleiben, auch wenn es mitunter schwerfällt. Es gibt immer irgendwann einen ersten Fall: Dabei reicht schon ein kleines Missverständnis oder jemand hat einen schlechten Tag. Die Lösung sollte ein zufriedener Kunde sein. Ich biete in solchen Fällen meist Nachbesserung oder einen Preisnachlass an. Die Kritik sollte dabei natürlich berechtigt und nicht ganz aus der Luft gegriffen sein. Letztlich bist du Dienstleister und jeder zufriedene Kunde bringt wieder neue Kunden. Ein verärgerter Kunde kann dir und deinem Image aber sehr schaden. Auch mir ist es nicht immer gelungen, alle Kunden durchweg glücklich zu machen, aber sich darum zu bemühen, ist ein guter Anfang. Auch wenn die Fotografie viel Kunst enthält, sehe ich mich doch als Dienstleister für meine Kunden. Dabei spielt es für mich auch keine Rolle, ob ich für einen Großkunden einen Auftrag abwickele oder den Dackel meines Nachbarn kostenlos fotografiere.


1/160 Sek. | f/11 | ISO 160 | 75 mm

Der wunderschöne Fideo in Aktion

Der Punkt Kritik ist mir vor allem wichtig, weil ich im Laufe der letzten Jahre mitbekommen habe, wie Social Shaming auch in der Welt der Fotografie angekommen ist. Es herrscht mitunter ein starker Konkurrenzkampf auf diesem Gebiet. Ich finde es sehr schade, dass viele Fotografen deshalb den Spaß daran verloren haben, ihre Fotos offen zu zeigen. Manche haben sich sogar von der Fotografie zurückgezogen. Die Beweggründe für negative Kritik sind dabei nicht immer klar erkennbar. In dem Moment, wo ich meine Fotos offen zeige, muss ich damit rechnen und mache mich angreifbar.

Es gibt übrigens kaum ein Motiv, das nicht kritisiert werden könnte. Viele Menschen begeben sich dafür einfach zu gern auf Fehlersuche, und glaube mir: Auch in deinen Bildern steckt irgendetwas, das man kritisieren kann. Auch wenn es aus technischer Sicht nichts zu beanstanden gibt, könnte das Motiv anderweitig umstritten sein: Demnach dürfte ich Personen nie ohne Schutzkleidung am Pferd fotografieren. So müsste man schon Reitstiefel und einen Helm tragen, wenn man nur in die Nähe des Pferderückens kommt. Und ein Hund dürfte niemals in der Heidelandschaft sitzen (auch wenn du ihn auf dem Weg ablichtest). Selbstverständlich solltest du auch keine kupierten oder umstrittenen Hunderassen fotografieren. Aber je weiter man das denkt, desto schwieriger wird es, überhaupt noch Menschen mit der Arbeit glücklich zu machen.


1/250 Sek. | f/3.5 | ISO 500 | 116 mm

Sarah und Quinny

Ein bisschen muss man sich also davon frei machen, unantastbar sein zu wollen, und einiges einfach humorvoll hinnehmen. Auch hier gilt: Nimm mit, was dich weiterbringt, blende aus, was dich verletzt. Kritik sollte dich immer stärker machen. Außerdem kannst du dir in Erinnerung rufen, dass du mit vielen, vielen anderen im gleichen Boot sitzt – das tröstet doch.


In diesem Sinne: Man sollte sich nicht immer so ernst nehmen. Dieser hübsche Kerl hatte mich zum Fressen gern.

Es ist jedoch schade, wenn man gar keine Kritik zulässt, selbst dann nicht, wenn sie nett geschrieben und begründet ist. In meinem Bildarchiv bewerben sich jährlich viele tolle Fotografen. Ich würde am liebsten jedem einen Platz geben, denn egal, wie die Qualität der Bilder auch ist, es steckt immer viel Herzblut darin. Leider können wir nur begrenzt Plätze vergeben, daher muss ich manchmal auch Absagen formulieren. Mir fällt es nie leicht, aber ich hoffe, dass mein Gegenüber von einer offenen und nett kommunizierten Kritik etwas für sich mitnehmen kann. Es ist zum Glück nicht immer so, aber ich stoße dabei manchmal auf Unverständnis und ernte böse Worte. Dabei habe ich selbst vor mehr als zehn Jahren bei einer Agentur angeklopft und eine kurze Antwort erhalten, die mich sehr gepusht hat: »Alle Bilder zu dunkel, sonst gerne«. Damals hatte ich kein Tool zur Monitorkalibrierung und gar nicht bemerkt, dass alle Fotos ein bis zwei Blenden zu dunkel aufgenommen waren. Die Antwort hat mich also weitergebracht. Wenn wir als Bildarchiv-Team dem Bewerber eine Absage erteilen mit der Begründung, dass alle Fotos etwas zu dunkel, zu stark oder nicht sauber bearbeitet sind, dann sollte ihn das – wenn es in dem Moment vielleicht auch bitter ist – weiterbringen. Das jedenfalls ist das Ziel der Begründung.

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