Читать книгу Frauenfußball - Nils Seydel - Страница 6

Anstoß

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Auf dem Weg von der Bahnhaltestelle zu Lenas Wohnung macht sich mein Handy in der Hosentasche vibrierend bemerkbar. Ich empfange eine Nachricht:

»Hey Süßer, schon gut dabei? Pass auf dich auf, ja? Einen schönen Abend, freu mich auf morgen, dicken Kuss:-)«

Sophie hat mir geschrieben. Jetzt schon. Ich hatte ihr versichert, zweimal bestimmt zurückzuschreiben. Aber so früh schon? Eine Antwort sollte zum jetzigen Zeitpunkt noch warten können. Der Fußweg von der Bahnhaltestelle bis zu Lenas Wohnung sollte nach ihrer Aussage höchstens fünf Minuten andauern. Ben und ich machen 35 Minuten daraus. Zuerst müssen wir noch mal zwecks Bier und Flasche Sekt, die als Geburtstagsgeschenk dienen soll, in einen nahe liegenden Kiosk, in dem uns ein zahnloser Türke freundlich begrüßt. Er ist ganz sympathisch und ich finde es schade, dass er an offensichtlicher Dentalphobie leidet. Gute Zähne sind so wichtig. Ich könnte niemals ein Mädchen küssen, welches schlechte Zähne hat. Ich frage mich, wer unseren Bierverkäufer küsst. Ob er jemals schon mal geküsst wurde. Armer Kerl.

Im Anschluss an den Kölsch-Erwerb muss Ben noch auf Toilette. Auf der Suche nach einer geeigneten Erleichterungsstätte, wird er schließlich in einem Sülzer Vorgarten fündig. Die Fenster des Reihenhauses sind dunkel, so dass auch ich die Gunst der Stunde ergreife und mich dazugeselle. Die Eigentümer des Vorgartens werden sich bald über eine verdorrte Grünfläche wundern. Bevor wir unser eigentliches Ziel dann endlich erreichen, müssen wir noch zweimal falsch abbiegen und einen ebenfalls angetrunkenen Passanten nach dem Weg fragen. Als wir endlich vor Lenas Haustüre stehen, rauchen wir noch eine letzte Zigarette. Begleitet wird das Ritual des Rauchens der letzten Zigarette ehe man klingelt, mit fachmännischen Fußballunterhaltungen. Ben hat nie selber Fußball gespielt, hält sich aber für den größten lebenden Fachmann, der König Fußball unterstellt ist. So wie Ralf Rangnick. Ich hingegen habe jahrelang selber Fußball in der Bezirksliga gespielt, hörte erst mit 15 Jahren auf, als Marihuana, Alkohol und Frauen interessanter wurden, und bin noch immer topaktuell über alle Geschehnisse von der Kreisliga an aufwärts bis hin zur Championsleague informiert. Beim Damenfußball sind wir selbstredend beide Fans der Fortuna. Beim Bundesliga-Fußball der Männer sieht es aber ein klein wenig anders aus. Ben ist Lokalpatriot und bekennender Fan des 1. FC Kölns. Ich des FC Bayerns. Prägung geht über Lokalpatriotismus. Ein Frauenschwarm und einstiger Fußball-Gott machte mich schon als kleiner Schuljunge zum Bayern-Fan: Mehmet Scholl.

»Glaub mir, Mikka! Die Zukunft gehört dem Ersten Fußballclub Köln. Karnevalsverein hin oder her. Das Image der Fahrstuhlmannschaft gehört doch längst der Vergangenheit an! Eine Mannschaft wie der FC gehört zum Standardinventar der höchsten deutschen Spielklasse. Und: Da kommt noch mehr. Allein schon wegen seiner Fans, muss Köln einfach international spielen. Pass mal auf: Ein paar Jahre noch im sicheren Mittelfeld, dann Europa-League und letztlich Championsleague! Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche. Ein ganz normaler Prozess.« Ich höre mir Bens Prophezeiungen - durch den Alkohol geduldet - eine Weile an, ehe ich ihn bei der Ausführung seines Zukunftsplanes für den 1. FC Köln unterbreche und ihn darauf hinweise, dass es bei aller Ruhe und Raffinesse des Trainer- und Managerstabes schwierig werden könnte, sich schlussendlich dauerhaft gegen finanzstärkere Konkurrenten, wie Schalke, Dortmund, Leverkusen oder eben Bayern zu behaupten. Als Ben erneut anfängt und versucht seine Theorie mit schwammigen Argumenten zu unterstreichen, flitsche ich desinteressiert meine Zigarette weg und klingle an der Tür. Er schaut etwas enttäuscht aus der Wäsche, hat die Botschaft aber richtig interpretiert.

»Bayern wird eines Tages noch froh sein, sich Köln-Jäger schimpfen zu dürfen«, spricht’s und trinkt den letzten Schluck seiner Flasche Kölsch. Der Türsummer ertönt und ich drücke die Tür zum Treppenhaus auf. Von einer Party ist nichts zu hören, aber das muss ja nicht gleich was zu bedeuten haben. Nach zwei Etagen Treppensteigen, dass Ben schon wieder den Schweiß auf die Stirn treibt, macht man uns die Wohnungstüre auf und eine leicht angesäuselte und lachende Lena begrüßt uns. Im Hintergrund läuft ruhige Chillout-Musik, die von diversem Gesprächsgemurmel begleitet wird.

»Heeey! Schön, dass ihr da seid! Sorry, wir sind schon ganz schön angetrunken.«

»Heeey!«, erwidere ich. »Alles Gute zum Geburtstag. Macht doch nichts, wir haben auch schon ein wenig was getrunken.« Wow! Lena sieht heute wieder echt heiß aus. Sie trägt ihre Haare offen, was verwegen und rockig aussieht. Dann trägt sie ein schwarzes Top von Fred Perry mit verhältnismäßig weitem Ausschnitt und eine dunkelblaue, verwaschene Jeans mit Löchern in den Knien. Ich wundere mich, wie man sowohl schick und elegant als auch ungemein sportlich und sexy zugleich aussehen kann. Ich umarme sie anlässlich ihres Geburtstages, wobei mir auch noch auffällt, dass sie verdammt gut riecht. Ich glaube ich habe mich gerade verliebt. Nachdem sich Lena aus meiner leicht übertriebenen Umarmung befreit hat, stelle ich ihr Ben vor und dann übergeben wir ihr, noch immer in der Türe stehend, feierlich die Flasche Sekt als außergewöhnlichstes Geburtstagsgeschenk des Tages.

»Ne Kleinigkeit«, tiefstaple ich gekonnt gespielt, während sich Lena bemüht, ein überraschtes und glückliches Gesicht zu machen.

»Ooooh, danke. Das ist ja lieb von euch. Kommt doch erst mal rein und geht durch! Ich stell euch dann den anderen vor.« Lena nimmt uns unsere Jacken ab und schmeißt sie in einen verdunkelten Nebenraum neben dem Eingangsbereich. Die Flasche Sekt stellt sie lieblos zu dem zahllosen anderen Alkoholika in die Küche. Ist aber auch ein blödes Geschenk. Ben und ich gehen den langen Flur entlang durch ins Wohnzimmer.

»Genau, geht schon mal rein!«, ruft uns Lena hinterher. »Ich hol euch noch was zu trinken! Ähm, wollt ihr Bier?«

»Klar, Bier ist gut«, rufe ich halbherzig zurückschauend. Es wird gleich lauter und alles sieht schon ein wenig mehr nach Party aus. Viel los ist aber noch nicht. Im Wohnzimmer angekommen, schauen alle Geburtstagsgäste gespannt in den Eingang, um die neuen Gäste beäugen und begrüßen zu können. Wir werden lediglich beäugt. Die hoffentlich später noch feiernde Gesellschaft sitzt gegenwärtig im Kreis, um einen gläsernen Wohnzimmertisch herum, teils auf dem Sofa, teils auf einem Stuhl oder auch auf dem Boden. Einige Leute stehen auch im Hintergrund, vor der Balkontür oder aber auf dem Balkon selbst. Zum Rauchen. Oder auch nur so. Bei einer ersten Analyse fällt mir auf, dass hier ein ganz deutlicher Männerüberschuss vorhanden ist. Da durften wohl noch andere Freunde einen Freund mitbringen. Einige Leute habe ich schon mal in der Universität gesehen. Keine coolen Leute. Meine Lust schwindet zusehends. Von hinten kommt Lena angespurtet, mit zwei Bieren in der Hand, um sie uns gastfreundlich zu überreichen.

»Hier, lasst es euch schmecken! Übrigens, alle mal aufgepasst: Das hier sind Mikka und äh, Ben. Richtig?«

»Richtig«, schmunzelt Ben, bemüht um Coolness und Gleichgültigkeit. Nachdem wir nun wirklich ausgiebig von allen Gästen begutachtet und nur zum Teil begrüßt werden, stehen Ben und ich noch einige Zeit im Abseits des Raumes. Lena springt unterdessen von Smalltalk zu Smalltalk, schenkt ihren Gästen nach, holt neues Bier und verschwindet hin und wieder draußen auf dem Balkon. Partys können ja noch so gut sein, als Gastgeber hast du in den seltensten Fällen was davon. Oje, diese Hausparty habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. Nur gut, dass wir Bier haben. Okay, es ist noch früh und mittlerweile auch etwas voller geworden. Aber es ist räumlich einfach zu eng, die Leute sind größtenteils männlich oder hässlich, die Musik ist langweilig und irgendwie war die Stimmung bei der Fachsimpelei über Fußball vor der Türe noch mitreißender. Zu allem Überfluss behandelt mich Lena mit einer leichten Prise Ignoranz und das, obwohl ich heute ja wirklich gut aussehe. Oder gerade deswegen? Vielleicht ist das ja ihre Art mir zu zeigen, wie toll sie mich findet. Klingt total plausibel. Ben und ich beginnen wieder zu fachsimpeln. Ich mehr, Ben weniger. Wir beschließen einfach weiter zu trinken. Das mit dem Spaß kommt dann noch. Nach einer gefühlten Ewigkeit und einigen Zigaretten auf dem Balkon, ist es nicht nur aufgrund der räumlichen Kapazitäten ansehnlich voll geworden. Die Stimmung ist in Ordnung, auch wenn noch immer keine stimmungsfördernde Musik läuft. Und Ben und ich fühlen uns immer noch ein wenig ausgestoßen, wie blinde Passagiere auf einer Luxus-Kreuzfahrt in der Südsee. Oder so ähnlich. Niemand nimmt wirklich Notiz von uns. Ich könnte darüber hinwegsehen, wenn sich wenigstens Lena um uns kümmerte. Irgendwie gehören wir bis dato nicht zu den coolen Kids. Oder sind wir etwa zu cool für diese Party? Als ein ganz offensichtlich homosexueller Partygast in hautengen grauen Jeans, schwarzem Shirt mit V-Ausschnitt und violetten Hosenträgern die Musikanlage bedient und Smack my bitch up von The Prodigy laufen lässt, springt die Stimmung endlich um. Manche Leute versuchen nun sogar in der Enge des Raumes zu tanzen. Die Musik ist außerdem echt laut. Wenn ich Nachbar wäre, würde ich mich nun sicherlich bei Lena und ihrem Mitbewohnerinnen beschweren oder zumindest anonym die Polizei benachrichtigen. Letzteres wäre wahrscheinlicher.

»Heeeey«, grölt Ben mit erhobenen Daumen dem vermeintlich schwulen Hobby-DJ entgegen, um ihm seine musikalische Sympathie zu bekunden. Dieser lächelt verlegen, eingekleidet in seiner das Klischee bedienenden Mode, und nickt Ben zu.

»Ich glaub der mag dich«, schreie ich Ben ins Ohr, klopfe ihm auf die Schulter als wollte ich ihm Mut machen, meinen Blick dabei auf den Schwulen gerichtet, bemüht um Augenkontakt. Als dieser zustande kommt, habe ich mein Ziel erreicht. Der Schwule hat angebissen. Ich mache augenzwinkernd eine zeigende Kopfbewegung in Bens’ Richtung und verlasse unter dem Vorwand, dass ich dringend auf Toilette müsse, unverzüglich den Raum. Ben schaut mir fragend hinterher. Mensch, ist das lustig. Die Nacht ist noch zu jung, um Trübsal zu blasen. Ich muss zu Lena.

Ich finde sie nach nur wenigen Schritten in der Küche. Lena sieht noch immer umwerfend aus und unterhält sich gerade mit einem Pärchen. Er ist sicherlich nicht älter als 22, ist schlank, trägt hellblaue Baggy-Jeans und ein weißes T-Shirt von Karl Kany. Auch die schwarze und schrägsitzende Netzkappe mit NY-Schriftzug darf an diesem Abend nicht fehlen. Das Mädchen in seinem Arm ist die Wortführerin der Unterredung. Sie sieht älter aus als er, ist echt fett und komplett in schwarz gekleidet, weil schwarz ja schließlich schlank macht. Um die Illusion perfekt zu machen, sind ihre Klamotten nicht nur schwarz, sondern auch einen Hauch zu körperbetont, was in der Folge das ein oder andere Bauch- und Pospeckröllchen offenbart. Ich denke, dieses Pärchen könnte optische Vorteile voneinander ziehen, wenn sie ihre Outfits einfach tauschen würden. Alle drei haben kein Getränk mehr in der Hand. Ich schnappe mir also spontan aus einem in der Ecke stehenden Bierkasten vier Kölsch und eine noch unangebrochene Tüte Paprika-Chips und stelle mich, nachdem ich die Flaschen per Feuerzeug allesamt geöffnet habe, lächelnd und bemüht nicht allzu betrunken zu wirken, in die Runde dazu.

»Halloooo«, platze ich in die Unterhaltung hinein. »Was zu trinken? Haut rein!«

»Hey Mikka«, anwortet mir Lena. »Danke dir. Das sind Sarah und Torsten. Die kenn ich schon seit der Grundschule in Viersen, müssen jetzt aber auch wieder los, weil die Bahn ja fährt.« Das ist natürlich schade, dass die Bahn ja fährt. Trotzdem nehmen beide dankend die Flasche Bier entgegen und stoßen mit Lena und mir an. Beide sind wirklich nett, was ich nicht erwartete. Ich darf mich nicht immer von meinen oberflächlichen optischen Eindrücken leiten lassen. Und auch Lena wirkt nun gar nicht mehr so ignorant und scheint tatsächlich erfreut zu sein, dass ich zu ihr gekommen bin. Vielleicht liegt es aber auch lediglich an der berauschenden Wirkung der konsumierten alkoholischen Substanzen. Sarah redet sehr viel und auch sehr schnell und ich ertappe mich dabei, dass ich ihr gar nicht zuhöre, ihr bei Augenkontakt aber zunicke, um ihr mein Interesse und Verständnis zu bekunden. Zu oft schweift mein Blick hinüber zu Lena. Verdammt, sie ist so schön. Die Tüte Chips hat Sarah nun auch aufgemacht. Jeder von uns greift ein paar Mal hinein, Sarah ein paar Mal mehr, und dann sagt sie einen der häufigsten und dümmsten Sätze, die früher oder später immer beim Chips essen fallen müssen:

»Boa, wenn man einmal angefangen hat, ne? Dann kann man nicht mehr aufhören.« Ich kann Sarah ja gut verstehen. Ich könnte auch schon wieder in die Tüte hineingreifen, aber wenn man sich die figürlichen Attribute von ihr anschaut, könnte man meinen, sie habe schon als Kleinkind einmal angefangen, nur niemals wieder aufgehört. Lena, Thorsten und ich sind verbal sehr zurückhaltend und nehmen unterm Strich gar nicht an der Unterredung teil. Irgendwann während Sarahs Monologs, der nun ihrem vermeintlichen Abschiedszenario angehört, bemerke ich, dass sich Lena an mich anlehnt. Vermutlich nur um sich abzustützen, was mich aber so sehr überrascht, dass mir fast meine Flasche Bier aus der Hand fällt. Ich überspiele meinen Fauxpas und setze zum Konter an, indem ich meinen Arm um ihre Taille lege. Sehr gewagt, aber sie lässt es geschehen. Krass. Ich muss mich ja auch irgendwie abstützen. In diesem Augenblick schaut es so aus, als würden sich zwei Pärchen gegenüberstehen. Sarah und Thorsten, Lena und Mikka. Arm in Arm. Für ungefähr fünf Sekunden. Danach müssen Sarah und Torsten wirklich gehen, weil die Bahn ja jetzt hoffentlich tatsächlich fährt. Lena begeleitet sie zur Tür. Ich warte derweil angelehnt im Türrahmen der Küche, meinen gläsernen Blick in den Flur gerichtet. Ich winke Sarah und Torsten noch zu und bin froh, dass sie nun weg sind, denn wenn ich jetzt schnell genug handle und die Situation nicht fehlinterpretiere, habe ich Lena für mich allein. Sie schließt die Haustüre, dreht sich um und kommt leicht torkelnd auf mich zu. Yes. Lena gibt mir einen freundschaftlichen Fausthieb auf die Schulter.

»Sag mal, wie läuft’s eigentlich bei dir in der Uni? Ich find das voll schade, dass wir uns so selten sehen.«

»Ja, läuft ganz gut. Da kann ich mich nicht beklagen. Also… ich bin selten da. Im Grunde sehen wir uns ja gar nicht mehr, weil du immer andere Veranstaltungen belegen musst, die ich noch gar nicht belegen darf. Du bist da als Mädchen, glaub ich, etwas engagierter und ziehst das mit deinem Studium echt konsequent durch.«

»Ach Quatsch, ich hab in einigen Klausuren einfach tierisch Schwein gehabt.«

»Nee, das glaub ich dir nicht. Aber komm, trinken wir einen auf deinen Geburtstag.« Lena ist mir überhaupt nicht mehr abgeneigt, ganz im Gegenteil: Das scheint genau in ihren Plan zu passen. Sie will sich abschießen. Und zwar gemeinsam mit mir! Die Folgezeit des Abends gehört sie nun mir allein. Wir verscheuchen ein paar Gäste und nehmen am Küchentisch Platz, trinken Jägermeister, Sekt und Bier im Wechsel und synchron und lachen viel. Mittlerweile darf auch in der Wohnung geraucht werden, von daher zünde ich mir vereinzelt eine Zigarette an, ohne zu vergessen auch Lena regelmäßig eine anzubieten. Eigentlich raucht sie nicht. Ähnlich wie ich. Nur auf Partys und anderen Gelegenheiten lässt man sich auf gesundheitlicher Ebene ein wenig gehen. Nach und nach verabschieden sich Gäste bei Lena und irgendwann ist es zumindest in der Küche auffällig leer geworden. Wir sitzen uns derweil nicht mehr gegenüber, sondern haben die Platzkonstellationen nach diversen Toilettengängen immer wieder gewechselt. Wir sitzen nun nebeneinander.

»Komm Mikka! Lass uns Brüderschaft trinken!« Brüderschaft trinken. Das ist so eine Erfindung pubertierender Teenager. Auf diese Weise hat man die moralische Erlaubnis jeden Jungen und jedes Mädchen unabhängig von ihren oder des eigenen Beziehungsstatus zu küssen. Selten bleibt es dabei beim »brüderlichen« Küsschen. Ein Geniestreich der dauergeilen Jugend. Lena füllt unsere klebrigen Pinnchen mit tiefgekühltem Jägermeister wieder auf, nimmt beide Gläser in die Hand und guckt mich erwartungsvoll an.

»Du, Lena. Ich weiß nicht, ob das so ne gute…«

»A, a, a«, unterbricht sie mich. »Ich habe Geburtstag und werd ja noch mit einem guten Freund Brüderschaft trinken dürfen. Jetzt sei mal nicht so!« Ich zweifle einen kleinen Moment, ob ich das wirklich möchte. Ich wollte ja nichts anderes, aber nun bekomme ich Lampenfieber. Aber solang sie nur mit »einem guten Freund« Brüderschaft trinkt, muss alles in Ordnung sein. Dann passiert nicht mehr.

Wir stoßen an und überkreuzen unsere Arme, um im Anschluss daran in eingehakter Position und brüderlicher Verbundenheit den süßlich bitteren Alkohol hinunterzuspülen. Lena schüttelt sich. Ich nicht. Dafür bin ich viel zu aufgeregt und in viel zu großer Erwartung auf das, was nun folgen soll. Wir stellen beide unser Schnapsglas auf den Tisch und schauen uns in die Augen. Mein Gott, sie ist so wunderschön. Ihre Haut ist absolut rein. Keine Pore, kein Makel, kein gar nichts. Fast wie eine Puppe. Ihre Haut scheint immun gegen Alkohol, Nikotin und schlechtes Essen zu sein. Ich starre sie bewundernd an, dann schließt Lena ihre Augen und nähert sich meinem Gesicht. Meine Augen bleiben geöffnet und ich starre Lena in die wunderschöne Gesichtspartie, auf ihren wunderschönen Mund, der mir langsam näher und näher kommt. Dann schließe ich auch meine Augen. Mein Herz fängt an schneller zu schlagen und unsere Lippen berühren sich. Ihre Lippen sind weich wie Butter. Wie solche Butter, die bei einem sommerlichen Frühstück in der Natur von der morgendlichen Kraft der Sonne angewärmt wird. Die Illusion wird nur durch die fiese Jägermeister-Note auf unseren Lippen gestört. Als ich gerade beginne, ähnlich wie die Butter in der Morgensonne, dahinzuschmelzen, zieht Lena ihren Mund überraschend schnell wieder zurück und fragt mich, ob wir nicht noch was rüber zu den anderen gehen wollen. Ein bisschen tanzen oder so. Ein bisschen tanzen also.

Das war alles? Ein kleines unbedeutendes Küsschen im Zeichen der Brüderschaft. Echt jetzt? So sagt es die gängige Kuss-Regel des Rituals. Ich lag ihr auf dem Präsentierteller und sie nimmt die Möglichkeit trotz der Unmengen an konsumiertem Alkohol nicht wahr? Oder gerade deswegen? Scheiß Alkohol. Es ist mir fast ein wenig peinlich, da wirklich mehr erwartet zu haben. Insgeheim zumindest. Die Möglichkeit hätte ja bestanden. Also hey, das Anlehnen, das Abschießen, das Brüderschaftstrinken. Der jugendliche Freischein zum Knutschen versagte. Die Mission schlug fehl.

»Klaro, lass mal rüber gehen«, versuche ich zustimmend zu wirken. In diesem Moment fällt mir ein, dass ich gar nicht mehr nach Ben gesehen habe. Fast schon fühle ich mich wie Michael, der durch seine blöde Freundin seine Freunde vernachlässigt. Ich habe Ben vor Stunden mit dem Schwulen alleine gelassen. Er hätte ja auch mal rüberkommen können. Lena torkelt vor mir her, auf dem Weg durch den langen Flur in Richtung des Wohnzimmers, aus dem gerade hörbar das neue Album von Franz Ferdinand läuft. Endlich gute Musik. Sie dreht sich kurz um und lächelt mich verführerisch an. Sie weiß, wie sie mich verrückt machen kann. Wie soll ich das denn jetzt wieder deuten? Mann, hör auf zu lächeln! In der Türe zum Wohnzimmer bleibt sie stehen, schaut kurz hinein und dreht sich dann wieder zu mir.

»Ist dein Freund eigentlich schon weg?«

»Äh, ich weiß nicht. Ich denke nicht, warum?«

»Hab den gar nicht mehr gesehen. Naja, egal.« Sie lächelt mich schon wieder an. Ganz klar und unverkennbar. Wenn ich von ihr so angelächelt werde, ist es natürlich egal, wo sich gerade Ben herumtreibt, da hat sie Recht. In diesem Falle ist eigentlich alles egal. Als ich auch etwas schwankend auf ihrer Höhe angekommen bin, nimmt sie meine Hand und weist mich in ein Nebenzimmer. Es stellt sich als ihr Zimmer heraus. In einer Ecke brennt ein kleines Standlicht. Sie schubst mich auf ihr Bett, beugt sich zu mir über und küsst mich ohne jede Vorwarnung in einer derartigen Intensität, wie ich sie lange nicht mehr erlebt habe. Das alles passiert in Zeitlupe und doch so schnell, dass ich gar keine Möglichkeit eingeräumt bekomme, über die moralische Lage dieser Situation nachdenken zu können. Erst als sie aufhört mich zu küssen und damit beginnt ihr Top auszuziehen, schaffe ich es, über meinen eigentlich festen Beziehungsstatus nachzudenken. Ist das das Richtige, was ich hier gerade tue oder vielmehr mit mir tun lasse? Wohl kaum. Meine Sinne entfalten sich. Mir fällt auf, dass es in ihrem Zimmer angenehm kühl ist und es sehr wohlriechend duftet. Brannten hier etwa Räucherstäbchen? Hat das Lena etwa geplant, dass wir hier zur späteren Uhrzeit landen würden? Ihr Zimmer ist aufgeräumt und an der Wand hängen Werbeplakate von H&M mit metrosexuellen Männern und sehr dünnen und lasziv dreinschauenden Frauen. Ihr Bett ist weich und die weiße Bettwäsche ist farblich zum Rest der Einrichtung ihres Zimmers abgestimmt. Lena hat sich von ihrem Oberteil erleichtert. Sie sitzt mit weißem BH auf mir drauf. Ich richte mich umständlich auf und muss dabei unsicher wirken, weil ich gerade nicht weiß, ob ich sie umarmen, weiter küssen oder doch lieber das Gespräch suchen sollte. Lena erkennt mein Zögern und nimmt mir die Entscheidung entschlossen ab. Sie drückt mich fest an sich, küsst mich erneut, aber die leidenschaftliche Explosion ist zu einseitig. Ihre Hand landet in meinem Schritt, aber da regt sich gerade gar nichts. Nach gefühlten zehn Minuten Rumgeknutsche drücke ich Lena sanft von mir und schaue sie um Verständnis ringend an.

»Lena, stopp mal! Ich kann das glaub ich nicht.«

»Warum nicht?«, haucht sie mir ins rechte Ohr.

Sie will mich schon wieder küssen und öffnet dazu ihren zuckersüßen Mund zur Hälfte.

»Weil… ich muss nach Ben schauen.«

Oh Mann, bin ich betrunken. Ich versuche gerade tatsächlich Lena eine Abfuhr zu erteilen, weil ich nach Ben schauen muss? Sie guckt mich irritiert an.

»Was musst du?«

»Nein«, sage ich. »Ben ist… egal! Ich… ich kann das nicht, weil… Lena, ich hab ne Freundin.«

Das war ehrlich, aber irgendwie auch blöd jetzt. Obwohl mich gerade ein wenig Stolz erfüllt.

»Das ist nicht dein Ernst!«

»Ähm…«

»Na super.«

»Ja…also«, versuche ich mich zu erklären, »aber ich find dich echt super… schon immer und keine Ahnung.« Lena wirkt enttäuscht und auch etwas sauer, lässt aber keineswegs locker. Etwas trotzig will sie da wohl was zu Ende bringen und überrascht mich aufs Neue.

»Und ich finde dich auch echt super!« So ein supergeiles Miststück. Wieder versucht sie mich zu küssen. Diesmal schafft sie es, ehe ich dann aber doch wieder unterbreche und erneut ansetze. Gott, ist das eine absurde Situation.

»Nee, ehrlich. Ich kann… ähm, meiner Freundin nicht fremdgehen.«

»Du bist deiner Freundin schon längst fremdgegangen.« Hammer. Lena spielt mit gezinkten Karten. Dieses Luder. Je nach Interpretation kann sie da Recht haben, aber das muss ich erst in Ruhe und klarem Kopf in neutraler Umgebung prüfen. Wieder will sie mich küssen. Sie macht gerade vor nichts Halt. Erst lasse ich es zu, aber dann stoppe ich sie ein weiteres Mal. Hilfe, ist das doof.

»Lena, ich kann das echt nicht. Es tut mir Leid.« Es sollte der letzte Abwehrversuch gewesen sein. Um Lenas dritten Angriff abzuwehren, fehlt mir schließlich die Kraft. Und letztlich vielleicht auch die Überzeugung. Lena ist der Hammer. Ich fühle mich wie die Abwehr einer Mannschaft in einem Spiel auf ein Tor. Ich konnte dem gegnerischem Sturm 88 Minuten lang Paroli bieten, aber nun ist der Knoten geplatzt und die Kraftreserven der tapfer kämpfenden Außenseiter-Abwehr aufgebraucht. Ich gehe gesenkten Hauptes unter anerkennenden Applaus treuer Fans als Verlierer vom Platz. Mit dem Unterschied, dass es sich hierbei ganz gut anfühlt. Verdammt! Wir ziehen uns gegenseitig aus und schon bald küsst mich Lena am Hals, auf der Brust und überall. Dass das mit Lena nach dem verwirrenden Beginn des Abends derart endet, hätte ich niemals gedacht. Wobei ich es mir ja irgendwie auch gewünscht habe. Nun ärgere ich mich. Zumindest ein klein wenig. Lenas sexuelle Entschlossenheit sorgt dafür, dass ich bald alles um mich herum vergesse. Sie hat wirklich überall eine makellos reine und weiche Haut. Nicht nur in ihrem Gesicht. Ihre Brüste sind fest, ihr Intimbereich minutiös rasiert und mittig auf kleinste Stoppeln gestutzt. Sie stöhnt leise vor Erregung, als ich sie mit meinen Fingern berühre. Ich spüre ihren Atem an meinem Ohr. Ehe ich mich versehe, streift sie mir ein Kondom über und setzt sich auf mich. Wo hat sie bitte so schnell das Kondom her? Und wie hat sie es geschafft, dass ich nun doch eine Erektion bekommen habe? Wir schlafen ein ganzes Weilchen miteinander, soweit ich das in diesem Zustand alkoholischer und sexueller Ekstase überhaupt noch abschätzen kann. Lena stöhnt mal lauter, mal leiser und bewegt sich meisterlich im ruhigen Rhythmus. Dann kommt sie, etwas zeitverzögert auch ich. In Anbetracht der Sauferei war das eine megagute Leistung von mir. Lena sieht zufrieden aus. Ihre blonden Haare sind leicht zersaust, ihre Wangen rot. Ich liege auf ihr und wir sind beide außer Atem. Ich schwitze und höre wie mein Herz zum Hals schlägt. Kopfschmerzen machen sich breit.

»Wenn du magst, kannst du hier schlafen. Ich würde mich jedenfalls echt freuen.« Sie umarmt mich und küsst mich schon wieder. Nicht, dass sie denkt, wir wären jetzt ein Paar. Für manche Mädchen ist man nämlich schon zusammen, wenn man miteinander schläft. Bitte nicht. Dann hätte ich Stand Jetzt zwei Freundinnen. Lena umklammert meinen Oberkörper und lässt mich gar nicht mehr los. Ich versuche mich dennoch vorsichtig aus ihrem Griff zu lösen.

»Lena, das geht zu schnell. Ich würde gerne bei dir übernachten, aber ich muss echt… nach Ben schauen.« Ben erscheint mir in diesem Moment als der einzige Joker, den mir das Schicksal zur Auswahl gestellt hat. Ich muss hier nur noch glimpflich aus dem Zimmer raus kommen. Alles Weitere kann ich morgen in Ruhe und im nüchternden Kopf klären.

»Ich kann den nicht alleine lassen«, ergänze ich. »Der ist ja nur wegen mir mitgekommen. Ich ruf dich morgen an, okay?« Lena zeigt endlich Verständnis, indem sie mir nicht antwortet und schlagartig einschläft. Ich steige aus dem Bett, entsorge das Kondom im Taschentuch eingewickelt im Mülleimer, ziehe mich wieder an und versuche meine Haare, vor dem Spiegel stehend, weitestgehend wieder in Form zu bringen. Sie sehen total scheiße aus. Dem Schäferstündchen mit Lena waren sie trotz guter Vorbereitung nicht gewappnet. Ich gebe ihr zum Abschied noch einen väterlich anmutenden Kuss auf die Stirn und decke sie zu. Wenn ich ein Arschloch bin, bin ich zumindest ein gut Erzogenes. Als ich aus ihrem Zimmer rauskomme, fühle ich mich frei und viel wohler als noch zuvor. Die Party scheint inzwischen endgültig zu Ende zu sein. Es gibt kein Bier mehr, also schnappe ich mir eine halbvolle Flasche Sekt, die auf einer Kommode steht und schlendere damit ins Wohnzimmer. Es läuft keine Musik mehr, stattdessen der Fernseher mit einer vermeintlichen Wiederholung des Freitagabendfilms auf RTL 2 mit Jean Claude van Damme. Davor auf dem Sessel lümmelt sich ein colatrinkender Junge, den ich wissentlich ignoriere, weil er nicht Ben ist. An der Ikea-Wanduhr erkenne ich, dass wir 4.20 Uhr haben. Auf dem Balkon sehe ich noch zwei Jungen, die sich gerade scheinbar eine Tüte rauchen. Sie kichern wie junge Hühner. Und am Esstisch schläft ein alternatives und komatös wirkendes Mädchen mit Dreadlocks. Ihr Kopf liegt mit der rechten Wange platt auf der Tischplatte, ihre Arme ausgestreckt daneben. Wie witzig. Die hab ich vorher noch gar nicht gesehen. Sie hält noch eine selbst gedrehte und noch unangezündete Zigarette in der linken Hand, die ich ihr bald entwendet habe und sie zu meinem Eigen ernenne. Ich schaue mich erneut im Raum um. Ja, die Party ist zu Ende, die Party ist tot. Ich verlasse das Wohnzimmer und gehe in die Küche. Auch die ist leer.

»Beeeeen«, rufe ich. »Beeeeen! Du wirst doch nicht mit der Tucke abgehauen sein?« Ich bekomme keine Antwort. Ben ist nicht mehr hier. Ich entscheide mich kurzerhand zu gehen. Ist er selber Schuld, hätte ja auch mal nach mir schauen oder eine Nachricht schreiben können. Dann wäre vielleicht auch alles anders gekommen. Eigentlich ist das alles Bens Schuld. Blöder Penner!

Ich öffne die Türe jenes Zimmers, in das Lena zu Beginn des Abends unsere Jacken geworfen hat. Im Halbdunkel finde ich meine dunkelbraune Lederjacke auf dem Boden liegend. Na toll. »Sehr fürsorglich, Frau Lena«, lalle ich zu mir selbst.

»Mikka?«, höre ich aus einer dunklen Ecke in einer männlichen Klangfarbe. Ich schrecke zurück und betätige reflexartig den Lichtschalter neben der Tür. Ich traue meinen Augen nicht. Was ich sehe, kann doch echt nicht wahr sein. Ben liegt nackt im Bett. Zumindest ist er oben herum nackt. Der Rest ist glücklicherweise zugedeckt. Das wird wohl das Zimmer einer von Lenas Mitbewohnerinnen sein. Denn die potentielle Mitbewohnerin liegt ebenso nackt und tief schlafend neben ihm, und ist nicht zugedeckt. Hast du brav gemacht, Ben. Präsentier mir ruhig deine nächtliche Eroberung. Vermutlich erwartet er jetzt noch Applaus. Doch den bekommt er nicht. Seine spontane Sexualpartnerin liegt auf dem Bauch, hat eine ansehnliche Figur und ein kleines Herzchen-Tattoo auf dem linken Schulterblatt. Der eine Arm hängt aus dem Bett. Sie atmet laut.

»Alter, ich wusste nicht, dass die Tucke von vorhin nackt so gut aussieht.« Mein spontaner Witz, der mich selbst zum Schmunzeln bringt, wird von Ben nicht verstanden, denn er lacht nicht. Er richtet sich schwerfällig auf und sitzt nun gerade im Bett. Ein lächerlicher Knutschfleck schmückt seinen speckigen Hals. Und auch seinen haarigen, dicken Bauch. Das sieht komisch aus. Ich kriege das Grinsen nicht mehr aus meinem Gesicht. Der Alkohol, das Intermezzo mit Lena, Bens Anblick. Ich bin gerade emotional total überfordert.

»Ey komm, mach das Licht wieder aus. Die Tucke, mit der du mich verkuppeln wolltest, war übrigens der Cousin von deiner Lena und - by the way - überhaupt nicht schwul. Und er ist außerdem ein guter Freund von Tessa.«

»Wer.. ist Tessa?«, frage ich und wanke ein wenig, weswegen ich mich an der Türe festhalten muss. Dabei nehme ich noch einen tiefen Schluck aus der Sektflasche und schlabbere mir die Brust voll. Ich muss gerade echt fertig und kaputt aussehen. Ben nickt mit dem Kopf hinter sich:

»Das ist Tessa.« Die Botschaft ist angekommen, heute geht’s allein nach Hause. Ich zwinkere Ben zu, mache das Licht wieder aus, verlasse das Zimmer und schließe die Tür. Ich stehe allein im Flur und rühre mich für eine kurze Zeit nicht, um nachzudenken und um die räumliche Atmosphäre in mir aufzusaugen. Die Luft ist nebelig von der Qualmerei. Die weißen Flurwände sind im unteren Drittel dreckig. Vermutlich von jenen Partygästen, die an die Wand angelehnt ihre Hosen rieben und ihre Füße abstützten. Leises Gegacker der kiffenden Jungs drängt vom Balkon aus herein. War doch irgendwie eine fette Party. Da kann ich später meinen Enkeln noch von erzählen. Schwankend zünde ich mir die vorhin erworbene Zigarette an. Sie schmeckt nach Gras. Ich schaue auf mein Handy, das den ganzen Abend in meiner Hosentasche lautlos vor sich hin lebte. Drei neue Nachrichten und zwei Anrufe in Abwesenheit. Von Sophie.

»Ups«, rutscht es mir laut heraus und packe mein Handy samt ungelesener Nachrichten von Sophie wieder ein. Ich bin ja so ein Idiot. Ich bestelle über Lenas Festnetz-Anschluss ein Taxi, da lass ich mich nicht lumpen. Die halbe Flasche Sekt kann ich aber nicht mehr trinken, dafür haut die selbst gedrehte Zigarette gerade zu sehr rein. 35 Minuten später liege ich mit mehrfach entleertem Magen, dafür aber noch immer bekifft und total betrunken, allein im Bett.

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