Читать книгу Taping. Kompakt-Ratgeber - Nora Reim - Страница 7
ОглавлениеGeschichte
Die Geschichte des Tapings ist so vielfältig wie die Farbauswahl der Klebebänder. Geklebt wurde schon vor Tausenden von Jahren, allerdings nicht mit den atmungsaktiven und hautverträglichen Streifen von heute. Vielmehr versorgten die Griechen und Ägypter ihre Verletzten mit einfachen Verbandsmaterialien. Dabei handelte es sich um Stoffstreifen, die in Harz getränkt wurden. Dadurch klebten die Streifen auf der Haut bombenfest. Sobald das Harz trocknete, wurde das Material zäh wie Honig. Wie Sie sich vorstellen können, war das Ablösen eines solchen Verbands eine äußerst schmerzhafte Angelegenheit.
Was den Griechen und Ägyptern seinerzeit fehlte, war der passende Klebstoff: Er sollte einerseits zusammenhalten, was zusammengehört, andererseits musste er so leicht ablösbar sein, dass er auf der Haut keine Spuren hinterließ. Diese Ansprüche stellten eine große Herausforderung für die damaligen Forscher dar.
Im Jahr 1882 gelang einem von ihnen der Durchbruch: Der Apotheker Paul Carl Beiersdorf (1836–1896) entwickelte das sogenannte Guttapercha-Pflaster – ein Meilenstein in der medizinischen Forschung! Aus dieser Mixtur werden inzwischen sämtliche Heftpflaster weltweit hergestellt. Als Klebstoff dient der Milchsaft des malaiischen Guttapercha-Baums (malaiisch, getah = Gummi, percha = Baum). Wird dieser Saft getrocknet, erhält er eine Konsistenz vergleichbar mit Kautschuk. In Verbindung mit einer Mullbinde entsteht daraus eine Substanz, die den Anforderungen eines passenden Klebstoffs gerecht wird: die Guttaplaste.
Dieses Material ersetzte fortan die Verbände mit warmem Pflastermull, der mit Salben bestrichen war. Statt Harz, das zu Hautirritationen führte, hielt Guttaplaste Pflaster künftig an Ort und Stelle. Beiersdorf war so stolz auf seine Entdeckung, dass er sich das Guttapercha Pflaster – das spätere Leukoplast – patentieren ließ und noch im selben Jahr das nach ihm benannte Unternehmen Beiersdorf mit Sitz in Hamburg gründete.
Der New Yorker Chirurg Virgil Pendleton Gibney (1847–1927) erkannte die Bedeutung dieser Erfindung für eine funktionelle Klebetechnik und entwickelte daraus den Gibney-Verband.
Bis dieser die Sport-Welt in Deutschland eroberte, brauchte es jedoch seine Zeit. In den 60er-Jahren kamen mit den US-amerikanischen Truppen die Pflaster ins Land. Wie man die Streifen zur Stabilisierung von Gelenken anlegt, das schaute sich der deutsche Physiotherapeut Hermann Lohfink bei der Football-Nationalmannschaft der USA ab. Sein Kollege, der Taping-Experte Hans-Jürgen Montag, fasste seine Begeisterung für die Bänder damals wie folgt in Worte: »Kein anderer Verband bietet bei sportlichen Aktivitäten eine derart hohe Stabilität und damit einen so sicheren Verletzungsschutz wie der Tape-Verband.«
INFO
KURZDISTANZ-TRIATHLETINANJA KNAPP WURDE IM JAHR 2006 »ZUGEKLEBT«
»Das erste Mal von Kinesio-Taping gehört habe ich bei der Triathlon-Europameisterschaft in Frankreich im Jahr 2006. Der damalige Physiotherapeut der Deutschen Triathlon Union (DTU) hat die Tapes anschließend nach Deutschland gebracht. Da zu diesem Zeitpunkt nur eine begrenzte Anzahl von Fachleuten davon wusste, wurden wir Athleten als »zugeklebt« abgestempelt. Das erste Tape wurde zur Entlastung an meinem unteren Rücken angelegt. Seitdem will ich auf die bunten Pflaster nicht mehr verzichten. Denn ich habe das Gefühl, dass mir die Tapes helfen, wieder schneller fit zu werden und Schmerzen zu lindern. Besonders geholfen haben mir die Bänder als Narben-Behandlung nach einem schweren Radsturz.
Mittlerweile bin ich sogar in der Lage, ein paar Tapes selbst anzulegen. Wie das geht, hat mir ein Physiotherapeut beigebracht. Am Anfang war es nicht ohne, dennoch denke ich, dass man die Klebetechnik mit der Zeit und unter Anleitung lernen kann. Es sieht zwar einfach aus, aber es steckt mehr dahinter, als nur auf die Haut zu kleben – und fertig.
Für mich persönlich finde ich pinkfarbene und blaue Klebebänder als hilfreich. Größe und Stelle sind bei mir relativ flexibel – dort, wo es zwickt und zwackt, wird behandelt. Allerdings wird nicht wöchentlich oder gar täglich geklebt, sondern gut durchdacht, damit die Reize vom Körper verarbeitet werden können. Derzeit trage ich Tapes an den Beinen, um die Beinachse zu korrigieren. Das Klebeband ist dabei so angelegt, dass meine Muskulatur und die Faszien merken, in welche Richtung sie arbeiten müssen.«
INFO
Anja Knapp, hier auf der Zielgeraden beim Kurzdistanz-Rennen in Stockholm, hat kaum eine Stelle am Körper, die noch nicht mit einem Tape beklebt wurde.