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Kapitel 7

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Während unser Kuss intensiver wird, fahren seine Hände abermals unter meinen Pullover. Diesmal verweilen sie jedoch nicht an meinem Bauch, sondern gleiten erst nach hinten, dann über meinen Rücken nach oben und schließlich nach vorne zu meiner Brust. Ich halte den Atem an, während er ein Bein zwischen meine schiebt und seinen Oberschenkel gegen meinen Schritt drückt.

Dann streifen seine Finger den Ring in meiner linken Brustwarze und ich keuche auf, als ein kleiner Stromstoß direkt in meinen Schwanz fährt. Er stutzt und zieht sich ein paar Zentimeter zurück, um mich anzusehen.

»Das ist unerwartet. Unerwartet, aber sexy.« Er spielt mit dem Ring, bis mir ein weiteres Keuchen entfährt – was keine fünf Sekunden dauert. Mein Schwanz pocht. »Bist du da empfindlich?«

»Sehr«, ächze ich und lege stöhnend den Kopf in den Nacken, als er etwas fester an dem Ring zieht.

»Sehr sexy.«

Seine Stimme ist so rau und dunkel, dass ich mich kaum auf seine Worte konzentrieren kann, nur auf ihren Klang. Vor allem, weil er nicht aufhört, an dem Piercing zu zupfen. Oh Gott. Mein Schwanz ist so hart, dass es beinahe schmerzt, und meine Pants fühlt sich an seiner Spitze feucht an.

»Wirklich sehr sexy.«

Kurzerhand packt er den Saum meines Pullovers und zieht ihn mir mitsamt T-Shirt über den Kopf. Ich habe keine Ahnung, wo beides landet, und es ist mir auch egal, als er sich vorbeugt und das Piercing mit seinen Lippen umschließt.

Lust explodiert in meinem Unterleib und wird weiter angefacht, als er meine andere Brustwarze zwischen den Fingerspitzen zwirbelt. Dazu reibt er sich an mir, sodass ich seine Erektion an meinem Oberschenkel spüre. Aber die Bewegung durch die Jeans hindurch ist nicht genug. Hitziges Verlangen tobt durch meinen Körper, ohne ein Ventil zu finden.

Mit einem unterdrückten Stöhnen umklammere ich die Kante des Schreibtischs. Die Erregung treibt mich auf die Zehenspitzen und dadurch seinem himmlischen Mund näher.

Fass mich an. Fass mich bitte an.

Die Worte kreisen durch meinen Kopf. Das Pochen in meinem Schwanz ist mittlerweile so heftig, dass ich kurz davor stehe, ihn zu packen und...

Der Gedanke löst sich in verschiedenen, leidenschaftlichen Bildern auf, wie er und ich weitermachen könnten, die allesamt darin enden, dass er sich tief in mir versenkt. Ich weiß nicht, ob ich irgendjemanden schon mal so sehr gewollt habe, aber gerade kann ich an nichts anderes denken. Er erregt mich ins Unermessliche. Reizt mich bis ins Unerträgliche. Wenn er nicht bald weitermacht... weitergeht... jetzt, schnell... verliere ich den Verstand.

Als hätte er meine Gedanken gelesen, zieht sich seine flinke Zunge zurück und er streicht mit beiden Händen über meine Brust und meinen Bauch nach unten zum Bund meiner Jeans.

Ja. Ja!

Mir ist gar nicht aufgefallen, dass ich die Augen geschlossen habe, bis ich plötzlich unerwartet seine Lippen an meinen spüre.

»Du darfst übrigens gerne mitmachen.«

Blinzelnd öffne ich die Lider. »Hm?«

»Fass mich an.«

Meine Gedanken aus seinem Mund zu hören, lässt mich aufkeuchen. Unter das erregende Gefühl mischt sich allerdings auch Scham. Ich bin nicht nur furchtbar aus der Übung, sondern auch verflucht egoistisch.

»Oh, ähm... ich dachte...«

Ich weiß nicht, was ich gedacht habe. Unvermittelt fällt mir auf, dass er im Gegensatz zu mir noch komplett bekleidet ist. Sogar seine dicke Rollerjacke trägt er noch.

Seine Lippen streifen meine. »Es sei denn, du stehst drauf. Dann belassen wir's dabei.«

Ich komme nicht dazu nachzufragen, was genau er meint, denn da hat er endlich meine Hose geöffnet und umfasst meinen Schwanz mit festem Griff.

Der Laut, der mir entfährt, klingt viel zu hoch. Wieder treibt es mich auf die Zehenspitzen. Ich kralle eine Hand in den groben Stoff seiner Jacke. Keine Ahnung, ob er mir entgegenkommt oder ich ihn an mich ziehe, aber auf einmal reibt ebendieser Stoff über meine überhitzte Haut, über meine überreizten Brustwarzen.

So, so gut.

Er fängt mein Stöhnen mit seinem Mund auf und lässt meinen Schwanz gerade im richtigen Moment los, bevor ich unkontrolliert in seine Hand stoßen kann. Mein Anus zieht sich zusammen. Ich will ihn in mir spüren, mit jeder Faser meines Körpers. Langsam bin ich an dem Punkt angelangt, an dem mir alles egal ist, solange ich nur kommen darf.

Er dreht mich um und drückt mich mit seinem Gewicht gegen und halb über den Schreibtisch. Ich schaffe es gerade noch, die Tastatur zur Seite zu schubsen, da zerrt er mir bereits Jeans und Pants über den Hintern und schiebt beides bis zu meinen Knöcheln hinunter.

Ein kühler Luftzug streift meinen nackten Hintern und meinen steil in die Luft ragenden Schwanz. Die Eichel liegt frei und glänzt feucht. Vor mir erstreckt sich der dunkle Co-Working-Space. Ich habe denselben Blick auf ihn wie sonst, wenn ich von meiner Arbeit aufsehe. Zwar steht dieser Schreibtisch in einer Nische, aber Verstecken wäre unmöglich, sollte jetzt jemand reinkommen.

Doch ich bin allein. Abgesehen von dem unglaublichen Mann hinter mir. Dem sexy Pizzaboten. Der gerade seinen heißen Mund in meinen Nacken drückt, seinen Unterleib an meinen Hintern presst – und erneut mit seinen Händen meine Brustwarzen sucht.

Ich ringe nach Luft und suche auf der Schreibtischoberfläche nach Halt. Sämtliche Nervenenden scheinen Funken zu sprühen.

»Nicht«, bringe ich atemlos hervor und versuche, seinen unbarmherzigen Fingerspitzen zu entkommen. Dabei schiebe ich ihm gleichzeitig meinen Po entgegen, der an seinem rauen Jeansstoff reibt. Ein teuflischer Zwiespalt. »Kann nicht mehr.«

Sein Atem geht schwer an meinem Ohr und schickt mir wohlige Schauer über den Rücken abwärts. Eine Sekunde lang wirkt es, als wollte er etwas sagen, aber dann zieht er seine Hände zurück. Folie knistert. Schwach regt sich in mir die Sorge, ob er an Gleitgel denkt, aber meine Geilheit überwiegt. Ich drücke den Rücken durch und präsentiere ihm meinen Hintern.

Mach. Mach, mach!

Er denkt ans Gleitgel. Als er mit einem Finger in mich eindringt, schmelze ich beinahe auf dem Schreibtisch dahin. Das dumpfe Ziehen ist nichts gegen die Leidenschaft, die er in mir auslöst. Es ist so lange her – so lange her – und das hier ist so verdammt gut, dass ich es kaum erwarten kann, zu kommen, doch gleichzeitig will ich nicht, dass es zu schnell vorbei ist.

Als er einen zweiten Finger hinzunimmt, stelle ich mich wieder auf die Zehenspitzen, und als er mich mit drei Fingern bearbeitet, sehe ich Sterne. Mein Schwanz fühlt sich so hart und vernachlässigt an, dass ich nicht anders kann, als ihn zu umfassen und zu reiben.

»Gut.« Ein langgezogenes Stöhnen direkt an meinem Ohr. »Mach genauso weiter.«

Ich würde gerne antworten. Irgendwas. Aber ich bin voll darauf konzentriert, nicht zu kommen. Und doch zu kommen. Meine Hand wird schneller. Ich stöhne.

Das Klirren einer Gürtelschnalle. In dem verlassenen Büroraum gleicht das Geräusch dem Beginn eines feuchtfröhlichen Polterabends. Wieder knistert Folie. Ich pumpe mich weiter. Lusttropfen benetzen meinen Schwanz und meine Hand. Ich kneife die Augen zusammen.

»Oh Gott...«

Ich spüre seinen Schwanz an meinem Hintern. Einen Moment später ist er in mir. Gleitet weiter. Verharrt tief in mir. Ich folge seiner Bewegung und lasse mich treiben, halb auf die Tischplatte gedrückt. Meine Erektion zuckt in meiner Hand, mein Hintern pocht. Es fühlt sich unglaublich an, von ihm ausgefüllt zu werden. Sekundenlang verharren wir so. Alles andere verblasst.

Dann, wie auf ein stummes Signal, fangen wir beide gleichzeitig an, uns zu bewegen – er in mir, ich mit ihm und meine Hand im Rhythmus seiner Stöße. Seine Hände liegen auf meinen Hüften, bis er mit einer über meinen nackten Rücken nach oben in meinen Nacken streicht und mich dort fester packt. Er drückt meinen Oberkörper weiter nach unten, sodass ich ihm mein Becken automatisch weiter entgegenschiebe.

Wir stöhnen beide auf, als er meine Prostata trifft. Meine Hoden ziehen sich zusammen, meine Beine zittern. Während mein rasendes Herz glühend heiße Lust auf der Jagd nach Befriedigung durch meine Adern pumpt, werden die Bewegungen meiner Hand an meinem Schwanz fahriger. Es dauert höchstens noch Sekunden, doch er beschleunigt das Ganze sprunghaft, indem er erneut an meinem Brustwarzenpiercing zupft.

Obwohl er sich so lange angebahnt hat, überfällt mich der Orgasmus aus dem Hinterhalt. Überreizte Nerven schicken das erlösende Kribbeln von meiner Brustwarze direkt in meine Hoden. Mein Schwanz pulsiert. Sperma läuft über meine Hand und spritzt über die Oberfläche des Schreibtischs. Blut rauscht so laut in meinen Ohren, dass ich erst nach einigen Sekunden höre, wie sich sein herrlich dunkles Stöhnen mit meinem vermischt.

Als der Rausch endlich nachlässt, fühle ich mich geistig und körperlich völlig erschöpft. Ein warmes Glühen hüllt meinen Körper ein und hält das befriedigte Summen in mir.

Erst nach einer Weile, als meine Beine unangenehm zu kribbeln anfangen, geht mir auf, dass ich inzwischen ganz auf der Tischplatte liege und das warme Glühen von ihm verursacht wird. Besser gesagt von seinem nach wie vor dick eingepackten Körper, der auf mir liegt. An meiner hypersensiblen Haut spüre ich den groben Stoff seiner Rollerjacke und Jeans und plötzlich wird mir überdeutlich bewusst, dass ich wirklich gar nichts mehr anhabe, während er voll bekleidet ist.

Er hat lediglich seine Hose geöffnet.

Der Gedanke schickt einen schwachen Impuls der Erregung durch meine Zellen, als ich mir vorstelle, wie wir wohl gerade aussehen.

Gleich darauf überkommt mich Scham, als ich mir vorstelle, was er jetzt wohl von mir denkt.

Er. Der Pizzabote.

Gott. Ich kenne nicht mal seinen Namen.

Ich habe mit einem völlig Fremden auf einem Schreibtisch in einem Co-Working-Space geschlafen. Dort, wo vernünftige Leute normalerweise arbeiten. Wo ich normalerweise arbeite. Wo ich verdammt viel zu arbeiten habe.

Und eigentlich haben wir nicht mal miteinander geschlafen. Wir haben gevögelt. Heftig gevögelt. Und sein Schwanz steckt noch immer in mir.

Es fühlt sich an wie eine Lawine, als mein Kopf von Sex wieder auf Denken umschaltet. Halbherzig versuche ich, mich dagegen zu wehren, weil sich die letzten Minuten – oder Stunden? – so herrlich unbeschwert angefühlt haben, aber ich bin zu erschöpft, um die Gedanken aufzuhalten.

Das Gewicht verschwindet von meinem Rücken. »Scheiße«, krächzt er, bevor er sich räuspert. »Tut mir leid, ich wollte dich nicht zerquetschen.«

Ich stöhne auf, als er aus mir herausgleitet und einen Schritt von mir weg macht. Mein Hintern pocht. Kühle Luft streift über meine erhitzte Haut und beschert mir eine Gänsehaut der unangenehmen Sorte. Für gewöhnlich ist die Temperatur im Co-Working-Space gut reguliert – für gewöhnlich halten sich die Mieter aber auch nicht spätabends splitterfasernackt und total verschwitzt hier auf.

Ich schließe die Augen. Und jetzt? Mir ist bewusst, dass ich ihm immer noch meinen blanken Hintern entgegenhalte, aber ich habe keine Ahnung, wie es jetzt weitergeht. Diese Situation ist so völlig fernab meiner Komfortzone, dass mir schlicht die Anleitung dazu fehlt. Tatsächlich frage ich mich gerade, während die Wonne des Orgasmus viel zu schnell verblasst, ob das überhaupt ich gewesen bin, der gerade den Pizzaboten auf einem Schreibtisch gevögelt hat.

Vielleicht bin ich bei der Arbeit eingeschlafen und träume nur.

Eine warme Hand auf meinem Rücken lässt mich erschauern. »Hey. Alles okay bei dir?«

Mein Herzschlag, der sich gerade wieder normalisiert hat, stockt.

Doch kein Traum.

Ich atme ein paarmal tief durch, bevor ich mich aufrichte – zu schnell. Meine Beine fühlen sich zu wackelig an, um mein Gewicht zu tragen, und kurz tanzen schwarze Punkte vor meinen Augen. Die verdammte Hose um meine Knöchel macht es nicht besser. Mit wird schwindelig.

»Whoa. Langsam.«

Er packt mich und drückt mich auf den Schreibtischstuhl. Ich will noch protestieren, aber da berührt mein Hintern auch schon die stoffüberzogene Sitzfläche. Mist. Hoffentlich hinterlasse ich keine Spermaflecken oder sonstige verräterische Zeichen.

»Hier. Trink was.«

Wie einem Invaliden legt er meine Finger um ein Wasserglas. Einem Invaliden, dem er offensichtlich gerade das Hirn rausgevögelt hat. Hitze steigt mir ins Gesicht. Ich kann ihm nicht in die Augen sehen, also starre ich auf die unruhige Oberfläche des Wassers in meiner Hand.

»Danke. Geht schon.«

»Und ich wollt gerade noch einen Spruch machen, wie heftig das eben war. Jetzt weiß ich nicht, ob ich mich geschmeichelt fühlen soll, dass du dich kaum auf den Beinen halten kannst.«

Er geht in die Hocke und sucht meinen Blick. Ich schlucke und sehe ihn an, weil es lächerlich wäre, den Kopf zur Seite zu drehen. Er wirkt... nach wie vor unfassbar anziehend auf mich. Und befriedigt.

Ich meine – besorgt. Er wirkt besorgt. Keine Spur von Schadenfreude oder Spott.

»War es zu heftig?«

»Was? Nein. Es war...« Unvergesslich gut.

Er grinst leicht, als hätte er meine Gedanken gelesen. »Fand ich auch. Das war eine echte Überraschung.« Er nickt zu meinem Piercing, dann reißt er die Augen auf. »Ah, verdammt. Dir ist bestimmt kalt.« Er steht auf, zieht sich die Rollerjacke aus und breitet sie wie eine Decke über mir aus.

»Nicht. Da ist doch überall...« Zu spät. Der von seinem Körper erwärmte Stoff schmiegt sich an mich. »... Sperma.«

Er zuckt die Schultern. »Die kann man waschen. Außerdem ist mir gerade ziemlich warm.« Er zupft am Kragen seines grauen Sweatshirts und zwinkert mir zu, sodass ich verlegen den Blick abwende.

Klar ist ihm warm. Er hat deutlich mehr Arbeit geleistet als ich. Noch dazu angezogen wie ein Inuit.

»Hey, alles cool. Ich hab das zwar nicht erwartet, als ich dich zum ersten Mal gesehen hab, aber es war trotzdem geil. Du warst ziemlich... hungrig.«

Obwohl ich das Lächeln aus seiner Stimme heraushöre, verstecke ich mich hinter meiner Hand. »Oh Mann.«

Er lacht leise, aber es klingt immer noch nicht gemein. »Ist doch okay. Ich beschwer mich sicher nicht. Aber apropos Hunger. Ich hol mal schnell die Pizza, dann kannst du dich anziehen.« Seine Schritte entfernen sich.

Ich lasse die Hand sinken und sehe ihm nach. Die klobige Rollerjacke hat seine athletische Statur größtenteils verborgen, aber was sie angedeutet hat, bestätigt sich nun. Ein großer, sportlicher Mann mit Schultern, die zwar nicht so breit sind wie Kevs, aber nichtsdestotrotz einen attraktiven Kontrast zu den schmalen Hüften bilden. Lange Beine. Ein sensationeller Hintern.

Ich ertappe mich beim Seufzen. Kopfschüttelnd stelle ich das Wasserglas aufs Regal hinter mir, lege die Rollerjacke beiseite und stehe auf.

Es ist völlig albern, dass er mir nach allem, was eben zwischen uns gelaufen ist, Privatsphäre beim Anziehen verschaffen will.

Es sei denn, er meint es nur gut, weil ich mich aufführe wie ein Trottel. Ist wahrscheinlich auch der Grund, warum er noch bleibt. Er will sichergehen, dass ich nicht doch noch umkippe, sonst könnte er sich einfach seine Jacke schnappen und gehen.

Mit einem Taschentuch beseitige ich das Sperma von meinem Körper, das noch nicht getrocknet ist, und kontrolliere die Sitzfläche des Stuhls. Keine Flecken. Zum Glück.

Ich ziehe Pants und Jeans wieder hoch. Zu Hause muss ich dringend duschen. Dann sehe ich mich um und finde meinen Pullover und das T-Shirt eine gute Wurfweite neben dem Schreibtisch am Boden.

Während ich beides aufsammle, fällt mir der Mülleimer unter dem Tisch ins Auge. Ich spähe hinein und entdecke das verknotete Kondom sowie zwei Folienverpackungen zwischen einigen weggeworfenen Notizen und der Verpackung des Sandwichs, das ich mir irgendwann heute Nachmittag aus dem Automaten gezogen habe.

Kurz ringe ich mit mir, ob ich die verräterischen Überreste in einer Mülltonne draußen entsorgen oder gleich die ganze Mülltüte mitnehmen soll, als seine Schritte durch den Co-Working-Space zurückkehren.

Um nicht wie ein noch größerer Vollidiot rüberzukommen, richte ich mich schnell auf. Dabei fällt mein Blick auf den Schreibtisch. Scheiße. Überall Spermaflecken. Sogar auf der Tastatur. Und der Flyer von Tonis Trattoria hat auch Einiges abbekommen. Wenn ich noch das hinzuzähle, was auf meinem Körper gelandet ist, ist das verdammt viel Sperma für einen einzelnen Orgasmus.

»Die ist inzwischen natürlich kalt.« Unbekümmert wirft er die Schachtel mitten auf den Schreibtisch, sodass der Flyer zu Boden segelt. »Aber wie gesagt, sie schmeckt auch kalt. Allerdings gehör ich sowieso der Fraktion an, die auf kalte Pizza steht, also...« Er zuckt die Schultern.

»Hm.« Ich bücke mich, um den Flyer aufzuheben, und klappe dann den Karton auf. Salami. Beim letzten Mal hatte ich eine Prosciutto mit Champignons. Ich bin nicht besonders experimentierfreudig. Mit den Standards macht man meistens nichts falsch. »Willst du auch?«

Er grinst. »Dachte schon, du fragst nie. Ich bin am Verhungern.«

Ich mache eine einladende Handbewegung. »Greif zu.«

Er schenkt mir ein dankbares Lächeln und schnappt sich eins der vorgeschnittenen Achtel. Nachdem er mir vor wenigen Minuten noch so nahe gewesen ist, fühlt es sich nun höchst seltsam an, dass der Schreibtisch zwischen uns steht.

Eigentlich fühlt sich die ganze Situation seltsam an. Was schreibt das Protokoll für derartige Quickies vor? Wobei... Quickie? Unauffällig versuche ich, einen Blick auf meine Armbanduhr zu werfen. Heilige Scheiße. Mittlerweile ist es Viertel nach elf. Wann ist er unten vor der Eingangstür aufgetaucht?

»Ich weiß, so was fragt man normalerweise vorher, aber wie heißt du überhaupt?«

»Anton.«

»Anton«, wiederholt er nickend und mustert mich kurz. »Du kommst aber nicht aus Tirol, oder?« Noch bevor ich den Mund aufmachen kann, schüttelt er den Kopf und gestikuliert mit seinem Pizzastück. »Scheiße, vergiss es. Das war superflach. Schätze, du machst mich immer noch nervös.«

Mir klappt die Kinnlade runter. »Ich mache dich nervös?«

»Klar. Ist dir das noch nicht aufgefallen?«

»Ich, äh... nein?«

»Nein oder nein?«

»Nein.« Er verwirrt mich. »Es ist mir nicht aufgefallen.«

»Gut.«

Er zögert. Für den Bruchteil einer Sekunde sieht er mich abwartend, fast auffordernd an. Ich stehe ihm mit meinem Pizzastück in der einen und dem vollgesauten Flyer in der anderen Hand gegenüber und kann ihn nur ansehen. Ich fühle mich immer noch zu ihm hingezogen. Er hat etwas an sich, das mich fesselt, und das geht weit über seine hübschen Augen und das sexy Lächeln hinaus – auch wenn Letzteres gerade eher verunsichert wirkt.

Er räuspert sich. »Ich bin übrigens Chris.«

»Oh. Klar.« Idiot. Ich hätte ihn ja auch mal selbst fragen können. »Hi.«

Eine merkwürdige Stille breitet sich zwischen uns aus. Ich weiß nicht, ob er erwartet, dass ich noch etwas sage, aber ich fühle mich fast dazu gedrängt. Ich will nicht, dass er sich plötzlich umdreht und geht, einfach so. Trotz der befremdlichen Stimmung genieße ich seine Gesellschaft.

»Du bist also nicht der, äh... namensgebende Toni.« Ich schwenke den Flyer.

»Zum Glück nicht. Toni sieht aus wie ein Bierfass und isst seine Pizzen fast so gerne selbst, wie er sie backt.«

»Du siehst definitiv nicht wie ein Bierfass aus.«

»Das ist dir aufgefallen – trotz Rollerjacke und obwohl du mich kaum angefasst hast?« Er grinst mich frech an. »Süß, dass du immer noch rot wirst.«

Diese verdammte Hitze in meinen Wangen. Ich lege den Flyer auf den Schreibtisch und reibe mir übers Gesicht, aber vermutlich macht es das nur schlimmer.

»Wow, der hat ja ganz schön was abgekriegt.« Er tippt auf den Flyer, während er sich den Rest seines Pizzaachtels in den Mund schiebt.

Der Themenwechsel wirkt etwas bemüht, als wüsste er auch nicht so ganz, wie er den Absprung schaffen soll. Mache ich es ihm so schwer? Oder will er vielleicht auch noch nicht gehen?

»Ja. Nicht schlimm. Inzwischen ist die Nummer in meinem Verlauf gespeichert. Und um die Fotos ist es eh nicht schade.«

Das hört sich an, als würde ich mangels eines Gesprächsthemas übers Wetter referieren. Ich versuche mir vorzustellen, wie Joscha oder Kev sich in so einer Situation verhalten würden, aber wahrscheinlich hätten sie es gar nicht erst so weit kommen lassen, dass es merkwürdig wird.

Chris neigt den Kopf. »Wie meinst du das?«

Oh, verflucht. »Ich wollte damit nicht sagen, dass sie schlecht sind, weil du auf den Fotos bist«, sage ich schnell. »Das bist doch du, oder?«

Er nickt. »Sieht man das nicht?«

»Na ja. Nicht wirklich. Die Bilder haben eine grauenhafte Qualität. Ehrlich gesagt sieht der ganze Flyer aus wie von einem Kindergartenkind zusammengeschustert.«

Er hebt die Augenbrauen an. »Einem Kindergartenkind. Okay.« Sein Gesichtsausdruck wird nachdenklich. »Das wirft jetzt ein ziemlich seltsames Licht auf das, was wir hier gerade auf deinem Schreibtisch getrieben haben.«

In meinem Magen flattert es nervös. »Hm?«

»Ich bin nicht nur auf den Fotos drauf, ich hab sie auch gemacht. Den Flyer auch.«

Oh.

Ich erstarre. Mist. Scheiße. Warum konnte ich nicht einfach die Klappe halten? Wahrscheinlich ist der Flyer sein ganzer Stolz.

»Ähm, ich... das... der Flyer hat ja keinen Einfluss auf die Qualität der Pizza, aber es wirkt etwas... äh...« Ich kann unmöglich unprofessionell sagen. »Du hast dir bestimmt sehr viel Mühe gegeben. Und das sieht man auch. Auf den zweiten Blick. Oder den dritten. Und eigentlich ist es auch egal, weil...« Ich breche ab, als Chris zu lachen anfängt.

»Alles cool, entspann dich. Das Ding sieht wirklich nicht besonders gekonnt aus. Aber es hat Spaß gemacht. Hättest mal sehen sollen, wie ewig ich mit dem Selbstauslöser der Handykamera herumhantiert hab, bis ich zumindest einigermaßen auf dem Foto drauf war. Ist im Fahren gar nicht so einfach.«

Eine Handykamera. Ich wusste es. Trotzdem traue ich seinem unbeschwerten Lachen nicht ganz.

»Du bist nicht sauer?«

»Quatsch. Der Flyer erfüllt seinen Zweck, das reicht. Toni wollte gerade neue drucken lassen und ich hab mich angeboten, das Ding etwas aufzupolieren.«

Wenn er das Aufpolieren nennt, kann der Flyer zuvor nicht mehr als ein Fresszettel gewesen sein.

»Du hast dich einfach so hingesetzt und den Flyer...« Das Wort kommt mir nur schwer über die Lippen. »... designt?«

»Klar. Wieso nicht?«

Weil er offenbar keinerlei Qualifikation hat, geschweige denn wusste, was er tut. Weil unter diesen Voraussetzungen zwangsläufig etwas dabei herauskommt, das minderwertig ist. Weil die Wahrscheinlichkeit, zu versagen, tausendmal höher ist als die, Erfolg zu haben.

Ich räuspere mich. »Nur so. Das ist mutig.«

»Mutig? So würde ich's nicht nennen. Es war einen Versuch wert und hat mich immerhin ein Wochenende lang beschäftigt.« Er grinst, als wäre das eine besondere Leistung. Offenbar hat er abseits vom Pizzaausliefern nicht viel zu tun.

Ich schiebe mir den letzten Rest meines Achtels in den Mund. Wieder senkt sich Schweigen über uns. Ich warte darauf, dass Chris sich seine Jacke schnappt und geht, weil ihn nichts mehr hier hält, nachdem er sein Pizzastück aufgegessen hat und ich ihn obendrein beleidigt habe.

Doch stattdessen wippt er auf seinen Fußballen auf und ab, sieht sich im Co-Working-Space um und schaut mich gelegentlich mit einem Blick an, den ich nicht zu deuten weiß, der jedoch ein warmes Glühen in meinem Bauch und tiefer auslöst.

Am liebsten würde ich ihn nach seiner Handynummer fragen. Nach einem richtigen Date, mit Sex oder ohne. Ich könnte ihn auf eine Pizza einladen. Andererseits – habe ich das nicht gerade getan? Klingt es notgeil, wenn ich ihm sage, dass ich ihn wiedersehen möchte? Immerhin hat ihm der Sex scheinbar auch gefallen... Wir könnten auch nur miteinander schlafen, ohne zu reden. Oder nur reden ohne Körperkontakt. Quasi so wie jetzt.

Also doch eher nicht reden und nur Sex?

»Also«, sagt er gedehnt, »ich denke, ich geh dann jetzt.«

Mein Herz sinkt. »Okay.«

»Okay.«

Es hört sich fast an, als würde er seufzen, als er nach seiner Jacke greift und sich umdreht.

In meiner Brust zieht sich etwas schnell und heftig zusammen. Hab ich ihm eigentlich schon gesagt, wie gut ich das eben fand? Dass er so locker mit allem umgegangen ist und so cool auf alles reagiert hat? Scheiße, ich sollte wirklich...

Ich will gerade den Mund aufmachen, als er sich noch mal umdreht.

»Okay, nein, so kann ich nicht gehen.« Er kommt zurück an den Schreibtisch und fährt sich durch die dunklen Haare. »Ich sag's jetzt einfach. Als ich dich vorhin angerufen hab, hab ich meine Nummer mitgeschickt. Von meinem privaten Handy. Normalerweise ist die unterdrückt, aber...« Er holt tief Luft. »Was ich damit sagen will: Du hast meine Nummer und musst nicht jedes Mal Pizza bestellen, wenn...« Ein schiefes Lächeln. »... wenn du hungrig bist. Oder Appetit hast. Oder auch einfach nur so.«

»Einfach nur so?«

»Ja.« Er macht eine unbestimmte Handbewegung. »Falls du dich noch mal treffen willst. Hier oder woanders. Weil ich dich gerne wiedersehen würde.«

»Ich dich auch.« Die Worte verlassen meinen Mund schneller, als mein Kopf sich einschalten kann, und klingen daher etwas atemlos.

In seinen Augen leuchtet etwas auf. »Wirklich?«

»Ähm, ja?«

»Ja oder ja?«

Sein Grinsen ist so ansteckend und das Glücksgefühl in meinem Bauch für einen Moment so groß, dass ich einfach lachen muss.

»Ja!«

Herz gegen Vernunft

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