Читать книгу SPQR - Der Fluch der Mumie - Norbert Wibben - Страница 7
Schwieriger Start
ОглавлениеLuke berichtet während der Schulzeit, dass Remus noch kurz vor dem Dunkelwerden heimgekehrt war, jedoch bereits früh morgens erneut davongeflogen ist. Als sie sich am Nachmittag treffen, ist er noch nicht zurück. Die Freundinnen vertrösten den Jungen, dass der Vogel mit Sicherheit wiederkommen wird. Er ist in den vergangenen Wochen immer mal wieder über längere Zeit verschwunden, aber dann doch spätestens gegen Abend heimgekehrt, so wie gestern.
Britta, Emma und Luke widmen sich heute der Gestaltung ihrer Internetseite. Es stellt sich als unmöglich heraus, den ursprünglich gewünschten Domainnamen »SPQR – Vier Freunde« zu realisieren. Die Leerzeichen werden bei der Registrierung nicht akzeptiert. Nachdem sie diese weggelassen haben, erfahren sie, dass die Domain mit der Endung ».de« bereits vergeben ist. Deshalb probieren sie unterschiedliche Kombinationen. Die Angaben auf der Visitenkarte dienen als Basis, wobei sie darauf achten, dass der Name nicht zu lang wird. Schließlich sind sie mit »SPQR-Detektive« erfolgreich.
Nun beginnen sie voller Eifer mit der Gestaltung. Sie legen eine Hauptseite und mehrere Unterseiten an, die durch Anwahl entsprechender Buttons aufgerufen werden. Auf der Begrüßungsseite erläutern sie die Bedeutung ihres Namen, wobei »R« auch hier mit »Rabe« erklärt wird.
In einer Unterrubrik listen sie ihre bisherigen detektivischen Tätigkeiten und Erfolge in nüchternen Fakten auf. Sie überlegen lange, ob sie einen Link zu den Zeitungsartikeln im Onlinearchiv der Tageszeitung hinzufügen sollen. Dadurch wollen sie einen objektiven Bericht über ihre Aktivitäten darstellen. Nach einem Hinweis von Emma nutzen sie anstelle der Verlinkung die eingescannten Artikel. Ein Verweis zu anderen Internetseiten birgt das Risiko, dass dieser eines Tages ins Leere läuft, sollte dessen Betreiber etwas an der Struktur seines Internetauftritts verändern.
In dem rechtlich erforderlichen Impressum geben sie »Remus’ Prätorium, Gutshof 4« als Adresse an.
Auf der Homepage findet das bereits auf der Geschäftskarte als Logo genutzte Bild des Kolkraben Verwendung. Zur Erhöhung der Attraktivität wird es hier zusätzlich animiert. Beim ersten Aufrufen der Seite fliegt der Rabenvogel umher, bevor er auf einem seitlich angeordneten Ast landet und den Besucher mit klappernden Augendeckeln begrüßt. Sein großer Schnabel deutet abwechselnd auf die Button, die durch Anklicken zu den entsprechend benannten Unterseiten führen.
Die jungen Detektive beschreiben in einem kurzen Text, weshalb sie für die Lösung unterschiedlicher Rätsel geeignet sind.
Sie heben ihre Kenntnisse der römischen, englischen und skandinavischen Historie hervor. Diese ermöglichten es, den Ursprung der gefundenen Münze zu erkennen und letztlich den gesamten Silberschatz aufzuspüren.
Sie weisen auch darauf hin, dass ihnen sämtliche Teilgebiete der Naturwissenschaften geläufig sind. Dass sie damit kaum mehr als ihr schulisches Wissen anführen können, schieben sie als nicht so wichtig einfach zur Seite. Sie argumentieren schließlich keinesfalls, dass sie in ihren jungen Jahren diese Gebiete an einer Universität studiert haben, was jedem Besucher ihrer Homepage klar sein muss. Sie fügen eindeutig zutreffend hinzu, dass ihre besonderen Vorlieben und Fähigkeiten die aktuellen Informationstechniken betreffen.
Die Internetseite soll potenzielle Kunden zur Kontaktaufnahme anregen. Dafür bieten sie zwei Möglichkeiten an. Die erste ist eine E-Mail-Adresse, wie das auch auf anderen Seiten üblich ist. Zusätzlich wird ein spezielles Formular angeboten, in dem Angaben zu dem zu lösenden Problem gemacht werden können.
Nach mehreren Testläufen geht die Homepage schließlich online. Das Herzklopfen der drei Freunde ist in dem Moment größer als erwartet. Von da an heißt es abwarten und sich in Geduld üben.
Sie machen sich nicht vor, dass ihnen die Aufträge nur so zufliegen werden. Woher sollen mögliche Kunden auch von ihrer Existenz und dem Angebot wissen. Dass sie jedoch derart lange auf eine Reaktion warten müssen, hätten sie nicht gedacht. Nach Wochen vergeblichen Ausharrens zweifeln sie allmählich, dass sie auf diese Art an eine neue Aufgabe kommen. Beim Lösen eines Rätsels ein Abenteuer zu erleben, rückt in weite Ferne.
Der Jahreswechsel verläuft unerwartet mild. Mit Beginn des Februars sinken die Temperaturen zwar bis auf fünf Grad, doch Frost gibt es auch in den kommenden Wochen nicht. Ablenkung durch Schlittschuhlaufen fällt deshalb weg, obwohl sie das für diesen Winter auf dem See des Gutsgeländes beabsichtigt hatten.
Die anfängliche Aufregung über ihre Internetseite ist einer großen Enttäuschung gewichen. Emma ruft die Statistiken ihrer Homepage auf. Die Anzahl der Zugriffe ist kaum erwähnenswert. Sie überlegen, wie sie eine höhere Aufmerksamkeit auf die Seite lenken könnten. Ihr Taschengeld zu nutzen, um Anzeigen in der Tageszeitung zu platzieren, fällt weg. Sie wollen zwar ihren detektivischen Spürsinn anbieten, haben sich aber bisher keine Gedanken über ein mögliches Honorar gemacht. Das noch nicht verdiente Geld für Werbezwecke einzusetzen, entfällt aus rein wirtschaftlichen Gründen. Lukes Vater Rufus hat ihnen dargelegt, was sogar ein kleineres Inserat kostet. Somit würden sie erheblich mehr einsetzen, als sie aus aktueller Sicht jemals wieder zurückerhalten würden. Als Folge wären sie für Wochen, wenn nicht Monate völlig blank.
Sie hatten gehofft, dass auch ohne Werbung schnell Interesse an ihrem Angebot zur Lösung kniffliger Aufgaben aufflammen würde. Wie nicht anders zu erwarten, ist Britta diejenige von ihnen, die eine neue Idee hat.
»Wir sollten in den sozialen Medien für uns werben. Das kostet uns außer Zeit nichts. Davon haben wir ja mehr als genug. Es bedeutet zwar einen nicht zu verachtenden Pflegeaufwand, der aber wohl nicht so aufwändig sein wird. Wir könnten an der Stelle auch einen Link zu dem Kontaktformular platzieren. Mit etwas Glück bekommt die Seite viele »Likes« und wird geteilt, wodurch die Reichweite schnell vergrößert wird.«
Obwohl Emma sonst für neue Möglichkeiten offen ist, lehnt sie genau das in diesem Fall ab.
»Der erste Aufwand ist gering, das stimmt. Der folgende, der sich insbesondere aus der Notwendigkeit ergibt, ständig Änderungen einzupflegen, sollte uns aber davon abhalten. Es gibt kaum Schlimmeres, wie wenn sich bei einem derartigen Auftritt keine Neuerungen ergeben. Einmalig Informationen zu veröffentlichen, so wie bei der Homepage, wirkt nicht. Das ist sogar kontraproduktiv! Wir müssten täglich, eher noch mehrfach am Tag, neue Bilder und Fakten posten. Es ist am wirkungsvollsten, wenn laufend Fotos und durchaus auch kurze Filmaufnahmen der aktuellen Tätigkeiten dort erscheinen, sozusagen als Livestream. So etwas zieht Leute an und fesselt sie. Das ist uns jedoch unmöglich, wenn wir keine Aufträge vortäuschen und für deren Lösung Geschichten erfinden wollen. Und das, glaube mir, wäre unser Ende!«
Eine Scheinwelt aufzubauen, kommt für die Mädchen und den Jungen nicht infrage. Sie sind in der Zeitung als durchaus erfolgreiche Helfer der Polizei bei der Ermittlung und Wiederbeschaffung verschwundener Stücke des ehemaligen Schatzfundes genannt worden. Doch das ist im vergangenen Jahr gewesen. Seitdem gibt es keine weiteren Berichte. Woher sollten sie dann Stoff für glaubwürdige Ereignisse nehmen?
»Wir legen unsere Visitenkarten an ausgesuchten Orten aus! Ich schlage vor, damit bei der Kriminalpolizei anzufangen.« Brittas grünliche Augen leuchten. Es ist offensichtlich, sie ist von ihrer neuen Idee begeistert. »Na, was sagt ihr?«
Die Freunde nicken. Sie halten große Stücke auf Kommissar Clas Hinnerk und seine Kollegin Inge Husmann von der Kripo Wismar. Doch welchen Grund sollten die Polizeibeamten haben, die Karten auszulegen? Auch wenn sie nicht darauf hoffen, bei der Klärung eines Kriminalfalls in die Arbeit der Kriminalbeamten einbezogen zu werden, spielen sie dennoch mit diesem Gedanken. Ein verschwundener Ring, ein vergessenes Handy oder Ähnliches wären ihrer Meinung nach als Aufgabe angemessen. Die drei würden sozusagen das im vorigen Jahr von der Kripo für einige Schüler durchgeführte Praktikum fortsetzen und dadurch die Beamten entlasten. Die Kriminalkommissare nehmen wie erhofft die Karten an, machen den Freunden jedoch ansonsten keine Hoffnung.
»Falls euch bei den Ermittlungen etwas passieren sollte, würden wir uns das ein Leben lang vorwerfen, von euren Eltern und unseren Vorgesetzten ganz zu schweigen!« Die Kripobeamten haben sie wohlwollend lächelnd, aber bestimmt verabschiedet.
Weil bis zum Beginn des Frühjahrs immer noch kein Auftrag in Sicht ist, entscheiden sich die Freunde, ihre Visitenkarten in den verschiedenen Geschäften der Innenstadt zu verteilen. Sie teilen sich auf und erledigen das an einem Nachmittag, wobei der Junge die umliegenden Orte mit seinem Mofa abfährt. Rufus Quint nimmt mehrere mit in die Redaktion der Tageszeitung. Aurelia Peter, Emmas Mutter, verspricht, eine Handvoll im Sekretariat der Universität auszulegen.
Lydia Schmitt, die Mutter von Britta, arbeitet als Altenpflegerin. Sie verteilt einige Exemplare an die Bewohner ihres Pflegeheims. Gerade von denen erhoffen sich die Freunde ihren ersten Auftrag. Auch wenn manche von den älteren Menschen die Kärtchen bereits nach wenigen Minuten verständnislos anschauen werden, weil sie unter Alzheimer und ähnlichen Krankheiten leiden, könnten sie in Einzelfällen doch Hilfe benötigen. Die jungen Detektive bieten ihre Tätigkeit für die Altenheimbewohner sogar kostenlos an, aber auch das bleibt ohne Erfolg.
Seit den von Britta, Emma und Luke im vergangenen Jahr erlebten Abenteuern sind inzwischen Monate verstrichen. Die Aufregungen um die unversehrte Rückkehr von Gisbert und Jens, genauso wie über den Fund des letzten Stückes aus dem Silberschatz, sind längst vergessen, ebenso wie die Berichte in der Zeitung.
Die Freunde treffen sich trotz ihres enttäuschenden Internetauftritts täglich in ihrem Haus, das sie Remus’ Prätorium getauft haben. Doch seit Beginn des Frühjahrs häufen sich die Tage, an denen der Namensgeber nicht bis zum Einbruch der Nacht heimkehrt.
Es ist später Abend. Von dem Kolkraben ist bisher nichts zu sehen oder hören. Luke sitzt grübelnd in seinem Zimmer und ist drauf und dran, durch seinen Vater einen Aufruf in der Zeitung zu veröffentlichen. Das dafür benötigte Geld würde er gerne vom Sparbuch bereitstellen. Nach kurzem Nachdenken ist er überzeugt, dass es eine vermutlich bessere Möglichkeit gibt. Er startet seinen Computer und ruft die Homepage der jungen Detektive auf.