Читать книгу SPQR - Der Fluch der Mumie - Norbert Wibben - Страница 9
Wiederkehrende Bilder
ОглавлениеSeit der ersten Nacht vor vielen Jahren wiederholt sich die beängstigende Bildersequenz in unregelmäßigen Abständen. Die mit Binden umwickelte Gestalt, die den Jungen zu fassen versucht, ist schon fast vergessen, doch dann erscheint sie dem Jugendlichen erneut. Er hat sich im Internet umgeschaut und Berichte über die Grabungen im Tal der Könige gelesen. Sollten die das ausgelöst haben?
Sobald er die Worte: »Du Dieb!«, vernimmt, rieselt ein Schauer den Rücken des Schlafenden hinab. Die gedämpfte Stimme veranlasst ihn, zu stöhnen. Seine Beine bewegen sich, als wolle er davonrennen. Die unheimliche Figur nähert sich allmählich.
»Du hast meinen Schatz gestohlen. Gib ihn zurück«, erklingt die drohende Forderung. »Ich werde dir überallhin folgen! Und ich werde dich kriegen, dann sollst du den Raub büßen!«
Der Text scheint der gleiche wie zuvor zu sein. So kommt es dem jungen Mann jedenfalls vor, sobald er wach ist. Er grübelt gelegentlich darüber, ob er von der Traumsequenz in jeder Nacht gequält wird. Sein Eindruck, dass das nicht der Fall ist, liegt vermutlich daran, dass er manchmal einfach nicht träumt. Zumindest, soweit er sich nach dem Aufwachen erinnern kann.
Das Alter, des im Traum Gejagten, ist unverändert bei fünf Jahren geblieben. Das deutet darauf hin, dass ein in der Vergangenheit liegendes Ereignis der Grund für das Erscheinen dieser Bilder ist. Doch was mag das gewesen sein? Die Gegend, in der der Verfolgte vor der Mumie zu fliehen versucht, kommt dem Jugendlichen heimatlich vor. Ob das daran liegen mag, dass er sie inzwischen vielleicht doch unzählige Male gesehen hat? Oder ist die Ursache einfach darin zu sehen, dass er aus Ägypten stammt und sich die Sequenz offensichtlich in einem nordafrikanischen Land abspielt?
Der Jugendliche schließt die Augen und sieht erneut die Bildersequenz in seinem Kopf. Er stellt erschauernd fest, dass der Verfolger allmählich aufholt. Wie soll er ihm entkommen können?
Der Wüstensand behindert ihn in seiner Flucht. Wird er seinen schwindenden Vorsprung wieder ausbauen können, sobald er nur erst die große Düne erklommen hat?
Der Jugendliche sieht im Traum die nächstfolgenden Bilder voraus. Doch obwohl er dadurch die kommende Situation vorausahnt, kann er deren Verlauf nicht beeinflussen. Deshalb gibt der heiße Sand wie stets zuvor unter den Füßen des Jungen nach. Die Sandalen finden keinen Halt in dem pulverigen Untergrund. Er rutscht langsam und beständig zurück. Wird die Mumie ihn in wenigen Momenten zu fassen bekommen?
Voller Zuversicht frohlockt diese: »Jetzt habe ich dich!«
Im gleichen Augenblick, da ihre weit vorgestreckten Hände gierig nach dem Verfolgten greifen, beginnt die Gestalt jedoch zu straucheln und rollt die Sanddüne hinab. Der Junge wendet sich erleichtert ab. Er versucht sein Heil auf allen vieren und gelangt auf diese Weise mühsam, aber schließlich erfolgreich, bis zur Kuppe hinauf. Aufatmend wirft er einen Blick zurück. Doch wohin er auch schaut, die grässliche Mumie ist nirgends zu entdecken.