Читать книгу Rees Howells - Norman P. Grubb - Страница 29
Die Liebe zu einem Ausgestoßenen
ОглавлениеWenn der göttliche Eigentümer ein Eigentum in Besitz nimmt, hat er ein zweifaches Ziel: intensive Kultivierung und reiche Fruchtbarkeit. War der Boden bis dahin vernachlässigt worden, kann er ihn nur langsam, sozusagen Stück für Stück, kultivieren und fruchtbar machen. Wir werden ihm nun bei der Arbeit auf diesem neuen Stück Ackerland zusehen.
Das erste Ackerstück, das er sich in Rees Howells vornahm, war das Gebetsleben. Rees war es gewohnt, allgemeingefasste Gebete zu beten. Wenn ihn jemand gefragt hätte, ob er wüsste, dass er auf seine Gebete eine Antwort bekommen würde, hätte er nichts darauf zu erwidern gewusst. Jetzt lehrte ihn der Geist: „Der Sinn des Gebets ist die Erhörung. Sieh zu, dass du nichts von dem verlierst, was ich dir gebe.“ Er sagte ihm auch, dass wirksames Gebet geleitetes Gebet sein müsse. Von nun an sollte er nicht mehr für alles Mögliche beten, wie es ihm in den Sinn kam, sondern er hatte sich auch im Gebet vom Heiligen Geist führen zu lassen.
Damit verbunden war auch eine andere wichtige Lektion, und zwar sollte er Gott niemals mehr darum bitten, ein Gebet durch andere zu erhören, wenn er es auch durch ihn selbst erhören konnte. Das schloss auch sein Geld mit ein. Wenn beispielsweise um Geld gebetet wurde, musste er erlauben, dass auch sein eigenes gebraucht wurde. Der Heilige Geist zeigte ihm, dass er, als er noch nicht völlig ausgeliefert war, Gott lang und breit um Mittel für die Missionsfelder und ähnliche Zwecke hatte bitten können, ohne bereit zu sein, dass Gott dieses Gebet durch ihn selbst erhörte. Der Heilige Geist zeigte ihm, dass wir dem Herrn oft „lästig werden mit unserem Gerede“ (siehe Mal. 2,17). All dieses Unechte musste beseitigt und das Wort Gottes ganz praktisch verwirklicht werden.
Das erste Gebet dieser Art, das der Heilige Geist durch ihn betete, war für einen jungen Mann namens Will Battery. Dieser lebte erst seit einigen Jahren in der Gegend und wohnte bei einem Onkel. Nach einer Hirnhautentzündung war er sehr geschwächt. In dieser Zeit hatte der Alkohol Macht über ihn gewonnen und es erging ihm immer schlechter. Die letzten beiden Jahre hatte er keine Nacht mehr im Bett geschlafen, stattdessen hatte er die Nächte im Heizkesselraum der Zinnhütte verbracht. Er war schmutzig und unrasiert. Er trug keine Socken und band nie seine Schnürsenkel zu. Als die Erweckung in dem Gebiet ihren Lauf nahm und Hunderte sich bekehrten, hatte doch niemand Will Battery erreicht. Für diesen Menschen, so stellte Rees Howells zu seinem eigenen Erstaunen fest, drängte ihn der Heilige Geist zu beten. Er sollte ihn hindurchbeten zu Gesundheit und zu seiner Errettung und sollte ihn lieben „nicht mit Worten, sondern mit Tat und Wahrheit“ (1. Joh. 3,18). „Mir selbst wäre es nie in den Sinn gekommen, ihn zu lieben“, sagte er, „aber wenn der Heilige Geist in einen kommt, bringt er die Liebe des Heilands mit sich. Mir war, als ob ich mein Leben für diesen Mann hingeben könnte. Es strömte eine solche Liebe aus mir hervor, wie ich sie nie zuvor gekannt hatte. Menschlich gesprochen wäre er der Letzte gewesen, mit dem ich meine Freizeit hätte verbringen wollen, und die Zinnhütte der letzte Ort, der mich anziehen konnte.“
In seinen freien Stunden machte er diesen Mann zu seinem Freund und verbrachte alle Sonntage mit ihm. Er hatte mehr Freude daran, diesen einen zu gewinnen, als in der Kirche bei den anderen Gläubigen zu sein. Er ging sogar mit ihm im Dorf spazieren, obwohl er sich genierte, wenn sich die Leute nach ihnen umdrehten und ihnen nachstarrten. Doch „der Herr half mir auch da durch“, erzählte er später.
Etwa zehn Tage vor Weihnachten fragte ihn der Heilige Geist, was er sich wünsche, da dies das erste Weihnachtsfest sei, seit er in sein Leben gekommen war. Rees’ Wunsch lag klar auf der Hand: Will Battery sollte gesegnet werden. Aber von diesem Tag an war Battery verschwunden!
„Ich suchte ihn zehn Abende lang, wie eine Mutter ihr Kind sucht. Ich kannte die Wirkungsweise des Heiligen Geistes noch nicht und verstand nicht, dass er mein Vertrauen wollte.“ Dann, am letzten Tag vor Weihnachten, tauchte Battery plötzlich wieder auf. Er kam Rees besuchen. „Ich höre noch heute seine Schritte“, sagte Rees. „Welch ein Jubel war da in mir! Ich hatte bis dahin nicht die leiseste Idee von der Liebe des Heiligen Geistes zu einer verlorenen Seele, bis er es durch mich tat. Was für einen Abend hatten wir da zusammen! Am nächsten Tag hatte ich die Freude, mein erstes Weihnachtsfest zu feiern, seitdem der Heilige Geist in mich gekommen war – und zwar in der Zinnhütte zusammen mit diesem jungen Mann: Acht Stunden verbrachten wir miteinander. Meine Mutter gab mir einen Korb mit weihnachtlichen Speisen für uns beide mit, aber meine Freude war zu groß, als dass ich hätte essen können. Battery bekam alles. Um vier Uhr fragte er mich, ob er mit mir zum Gottesdienst kommen könne. Was für eine Freude war es, mit ihm dorthin zu gehen! Ich hatte ihn nie von mir aus gebeten mitzukommen – in der Befürchtung, ihn vor den Kopf zu stoßen.“
Dieser Mann war einer der schlimmsten Trunkenbolde, und es erregte daher großes Aufsehen, als er während der Erweckungszeit seine Sünde erkannte und in einer Gebetsversammlung die Erlösung in Christus annahm.
Aber das Werk an ihm war nicht in wenigen Wochen oder Monaten getan. Schritt für Schritt wurde er sozusagen emporgehoben, bis Rees ihm eine Unterkunft und Arbeit im Bergwerk besorgen konnte. Aber auch dann gab es noch Entgleisungen. So wurde Rees beispielsweise zu einer ärgerlichen Wirtin gerufen. Will Battery war mitsamt seiner Arbeitskleidung und den Stiefeln zu Bett gegangen! Ohne zu zögern, bat Rees sie, die Bettwäsche auf seine Kosten in die Wäscherei zu geben. Schließlich kam der Tag, an dem die Leute aus der Gemeinde erstaunt sahen, dass Battery ordentlich gekleidet im Gottesdienst saß. Allerdings verstrichen bis zum endgültigen Sieg drei volle Jahre. Erst dann gelang es Rees, seinen Freund dazu zu bringen, dass er zu seiner Mutter, die eine bekehrte Frau war und jahrelang für ihn gebetet hatte, nach Hause ging. „Auf diese Weise“, sagte Rees Howells, „fing ich bei der untersten Stufe an und liebte zunächst einen, und wenn man einen liebt, kann man auch viele lieben, und wenn man viele liebt, kann man alle lieben.“
Der zweite Mensch, für den der Heilige Geist Rees beten ließ, war Jim Stakes, der eigentlich James Thomas hieß. Der Heilige Geist lehrte Rees durch diesen Fall, was „fürstliches Geben“ ist. Darüber sagte er später Folgendes: „Seitdem mein Geld dem neuen Menschen in mir gehört, hat der alte Mensch nicht mehr darüber zu bestimmen. Der neue Mensch in mir ist von Natur aus viel freigebiger als der alte. Der alte hat so lange in Ägypten und später in der Wüste unter dem Gesetz gelebt, dass es schon viel für ihn bedeutete, wenn er den Zehnten gab. Wenn daher der neue Mensch fürstliche Gaben geben möchte, stellt der Heilige Geist zuerst einmal die Realität der Übergabe auf die Probe. Erweist sie sich als echt, werden später keine Konflikte entstehen, wenn es einmal um große Summen geht.“ Die Probe bestand für Rees in der Person von Jim Stakes.
Dieser Mann hatte einen so niederen Charakter, dass über ihn gesagt wurde: „Was Jim Stakes nicht tut, dazu ist auch der Teufel nicht fähig!“ Er war einer der schlimmsten Trunkenbolde, und es erregte daher großes Aufsehen, als er während der Erweckungszeit seine Sünde erkannte und in einer Gebetsversammlung die Erlösung in Christus annahm. Er hatte ein Haus voll Kinder und war durch seine Alkoholsucht in große Armut geraten. Rees war ihm nur ein einziges Mal begegnet, hatte jedoch schon viel von ihm gehört. Eines Morgens, als er sich im Gebet befand, trat dieser Mann plötzlich und ganz unerwartet vor sein geistiges Auge und „stand vor ihm“.
„Ich habe davor nie eine Ahnung von solch einem Kampf um eine Seele in der geistlichen Welt gehabt“, sagte Rees. „Eine Stunde lang war alles, was ich tun konnte, dem Heiligen Geist zu erlauben, durch mich zu beten. Ich erkannte, wie der Teufel ihn angriff, und dass er, wenn er ihn wieder herumbekäme, der Erweckung hervorragend entgegenarbeiten konnte. Ich sah, dass dies ein Kampf zwischen Gott und dem Teufel um diese eine Seele war, und ich sagte dem Herrn, ich wolle alles tun, wenn er ihn aufrechthalten würde.“
Noch am selben Abend stand ein Mann an Rees’ Tür, um ihn zu besuchen. Nie hatte Rees eine größere Überraschung erlebt. Es war Jim Stakes! Er war zwei Meilen hergewandert, weil – wie er sagte – am Vormittag, als er im Bergwerk arbeitete, um zehn Uhr plötzlich Rees Howells „vor ihm gestanden“ habe. Es war dieselbe Zeit, als auch Jim Stakes vor Rees „gestanden“ und sich die Gebetslast auf sein Herz gelegt hatte!
„Sind Sie in Schwierigkeiten?“, fragte ihn Rees. Das traf tatsächlich zu. Er war zwei Jahre mit seiner Miete im Rückstand und am Morgen war der Gerichtsvollzieher erschienen und hatte seine Möbel versiegelt. Bald würden sie abgeholt werden. Zwei Jahre Mietrückstand! Das war eine Menge Geld. Nach kurzem Zögern sagte Rees: „Ich gebe Ihnen das Geld für ein Jahr Miete und ich glaube, ein Freund von mir wird Ihnen die andere Hälfte geben.“ Er ging die Treppe hinauf, um das Geld zu holen. Aber noch ehe er die oberste Stufe erreicht hatte, sprach der Heilige Geist zu ihm: „Hast du nicht heute Morgen zu mir gesagt, dass du alles hergeben wolltest, damit er gerettet würde? Warum gibst du ihm dann bloß die Hälfte? Hat Gott nicht deine ganze Schuld bezahlt und dich befreit?“
Rees Howells drehte auf der Stelle um und lief die Treppe wieder hinunter. Er sagte zu dem Mann: „Es tut mir leid, dass ich Ihnen nur die Miete für ein Jahr geben wollte. Ich soll Ihnen die Miete für beide Jahre geben und alles, was Sie sonst noch brauchen. Ich soll Ihnen so helfen, dass der Teufel diese Situation nicht mehr benutzen kann, um an Sie heranzukommen.“
„In dem gleichen Augenblick, als ich das sagte“, berichtete Rees Howells später, „spürte ich die Freude des Himmels in mir. Es war, als ob irgendetwas in mir aufschnappte, und von da an war Geben für mich stets seliger als Nehmen.“ Die Summe, die er ihm aushändigte, betrug siebzig Pfund.
Anschließend nahm Rees ihn gleich mit zu einem Freund, wo sie zusammen beteten. Unterwegs fragte er ihn, ob seine Frau auch schon bekehrt sei. Hatte sie nicht die Veränderung an ihm gemerkt und war sie nicht froh darüber? „Oh ja“, entgegnete Jim, „das schon! Aber errettet ist sie noch nicht. Sie hat nicht die Kleider, um zu den Treffen gehen zu können.“
Während Rees Howells zuhörte, war es ihm im Geist – so sagte er später –, als ob Kraft zu ihr ausgegangen sei, und er wusste, dass auch sie sich bekehren würde. Am Sonntag darauf ging er sie besuchen und stellte tatsächlich fest, dass der Geist an ihr gewirkt und sie von ihren Sünden überführt hatte. Die „fürstliche Gabe“ hatte sie überwältigt, die Liebe hatte gesiegt. Der Heilige Geist führte sie zum Fuß des Kreuzes. Dort sah sie, dass eine noch größere Schuld für sie bezahlt worden war, zu einem viel höheren Preis, nämlich mit dem kostbaren Blut Christi.
Rees nannte die Errettung dieser Eheleute „den Beginn der Tage Gottes“ in diesem Gebiet, denn in ihrem Haus wurden an jedem Samstag und Sonntag Treffen begonnen, die Rees und seine Freunde leiteten. Viele kamen dorthin, und einige der schlimmsten Typen gaben dort ihr Herz dem Herrn.
Bei dieser neuen Erfahrung des Lebens im Heiligen Geist hatte Rees einen Menschen, dessen Gemeinschaft ihm viel bedeutete – seinen Onkel Dick. Als er von Llandrindod zurückkehrte, sahen durchaus nicht alle Gläubigen die Notwendigkeit der totalen Auslieferung an den Heiligen Geist ein, manche bekämpften Rees sogar. Man hätte denken können, dass von all den Gläubigen der dortigen Gegend Onkel Dick derjenige war, der diese totale Übergabe am wenigsten nötig hatte. Seit sechsundzwanzig Jahren war er Invalide und konnte nur wenige Schritte gehen und höchstens fünf Minuten an einem Stück lesen. Er hatte diesen Zustand als Gottes Willen angenommen und verbrachte täglich mehrere Stunden im Gebet oder ließ sich von einem Familienangehörigen aus der Bibel vorlesen. Vor der Erweckung, als der geistliche Zustand im Land noch sehr niedrig war, hatte er mit vielen anderen um eine Neubelebung gebetet, und seine Freude war groß, als die Antwort eintraf.
Dennoch war er sich seines eigenen Mangels bewusst. Vor der Erweckung hatten nur wenige selbst der Gottesfürchtigsten in den Gemeinden gewusst, dass das ewige Leben ein Geschenk ist und dass sie Gewissheit über die Vergebung der Sünden haben konnten. Die Wahrheit vom Heiligen Geist als einer göttlichen Person, die im Körper des Gläubigen lebt, war auch noch nach der Erweckung den meisten – einschließlich Onkel Dick – verborgen. Er sehnte sich nach mehr Kraft im Gebet, wusste jedoch nicht, wie er sie erlangen konnte.
Vor der Erweckung hatten nur wenige selbst der Gottesfürchtigsten in den Gemeinden gewusst, dass das ewige Leben ein Geschenk ist.
Onkel Dick freute sich über Rees’ Bekehrung, und Rees sah weiterhin zu ihm als zu seinem meistgeschätzten geistlichen Führer auf. So wäre es eigentlich natürlich gewesen, dass er nach seiner Rückkehr aus Llandrindod diesen Onkel als Ersten aufgesucht hätte, um ihm von seiner neuen Erfahrung zu berichten. Aber dieser Besuch war nicht leicht, denn Gott hatte Rees offenbart, dass er seinem Onkel dieses neue Verständnis vom Heiligen Geist nahebringen sollte, und obwohl bisher der Jüngere durch den Älteren gesegnet worden war, es jetzt umgekehrt sein solle.
Onkel Dick war jedoch schon vorbereitet. Als Rees ihm von dem Segen und dem zu zahlenden Preis, nämlich der vollständigen Auslieferung des eigenen Willens ohne jeden Vorbehalt, erzählte, erkannte er dies als das Wort des Herrn und die Wahrheit der Schrift an. Er brauchte drei Wochen zu dieser Übergabe. Bei jedem Besuch, den Rees bei ihm machte, sagte Onkel Dick: „In ein paar Tagen werde ich bestimmt durch sein.“ Und als es dann so weit war, stellte es einen glorreichen Sieg dar. Es war ein Beispiel dafür, dass jemand ausgesprochen gottesfürchtig und treu sein kann und doch den Heiligen Geist nötig hat und dass es ihm durchaus nicht leicht fällt, eine vollständige Übergabe zu vollziehen.
Von da an bestand für viele Jahre eine tiefe geistliche Gemeinschaft zwischen Onkel und Neffen. Onkel Dick wurde Rees’ wichtigster Gebetspartner. Er setzte seine Gebetsarbeit von etwa acht Stunden am Tag weiterhin fort, aber mit diesem Unterschied: Bis zu der Zeit, da der Heilige Geist von ihm vollen Besitz nahm, wurde jede Not, die ihm begegnete, automatisch zu einem Gebetsanliegen. Wie bei Rees wurde daraus aber nun ein Beten unter der Leitung des Heiligen Geistes mit bestimmten Gebetszielen, siegreichem Durchkämpfen und mit eindeutigen Erhörungen.