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ОглавлениеKapitel 7
Ein Dorf, das von der Erweckung unberührt geblieben war
Etwa eine halbe Meile von Jim Stakes’ Zuhause entfernt lag ein Dorf, in dem es weder einen Gläubigen noch irgendeinen Ort gab, an dem Gottesdienste stattfanden. Zur Zeit der Erweckung hatte man auch dort mit Gebetsversammlungen angefangen, aber sie hörten bald wieder auf. Nachdem Jim Stakes und seine Frau so gesegnet worden waren, sagte Gott eines Tages zu Rees Howells: „Da es dir solche Freude gemacht hat, diesen beiden zu helfen, würdest du da nicht gern einem ganzen Dorf helfen wollen? Doch dafür hast du zuerst noch eine Lektion zu lernen: Du musst der erste Leidende sein.“ Das bedeutete, dass er wie ein Vater sein sollte, der als Erster in seiner Familie leidet, oder wie ein guter Hirte, der sein Leben für die Schafe hingibt.
Der Heilige Geist zeigte ihm, dass Gott den Platz des Sünders einnahm, indem er seine Sünden, Krankheiten und Lasten trug. Außerdem gab er dadurch, dass er in jenes Dorf ging, dem Geist die Möglichkeit, die Liebe des Heilands durch ihn auf praktische Weise zu zeigen. Diese Leute hatten während der Erweckung die besten Predigten gehört, und sie hatten sie unberührt gelassen. Nun aber nahm der Heilige Geist seinen Diener dorthin, damit er der erste Leidende sein würde, und jeder, der in Bedrängnis war, sollte ein Anrecht auf ihn haben und sich an ihn wenden, damit er seiner Not abhelfe. Also machten sich an einem Sonntagmorgen Rees Howells, sein Freund Johnny Lewis, Elizabeth Hannah Jones – die spätere Ehefrau von Rees Howells – und andere junge Gläubige, die sich ihm angeschlossen hatten, auf den Weg und besuchten das Dorf. Nie zuvor hatten sie so etwas gesehen. Bierfässer standen im Freien, und die Leute tranken und spielten und vertrieben sich mit sinnlosen Dingen die Zeit. Der Ort war berechtigterweise mit dem Namen Höllenfeuersiedlung belegt worden, doch Rees Howells sagte später: „Ich hatte nur einen Gedanken: dass nun der Heilige Geist dorthin ging und dass er die Macht hatte, Teufel auszutreiben und Sünden zu vergeben.“
„Ich hatte nur einen Gedanken: dass nun der Heilige Geist dorthin ging und dass er die Macht hatte, Teufel auszutreiben und Sünden zu vergeben.“
Und genauso zeigte es sich schon in der ersten Familie, die sie besuchten. Die Frau des Hauses wollte nicht, dass ihre Besucher von ihrem sonntäglichen Brotbacken erfuhren. Sie ließ lieber das Brot im Ofen verbrennen. Als Rees davon hörte, ging er zurück und sagte ihr, dass er den Schaden begleichen wolle, den er verursacht hatte, und legte Geld auf den Tisch.
Eine gute Tat hat Flügel. Die Dorfbewohner erkannten sehr bald, dass diese Gruppe junger Leute, die alle selbst in der Zeche oder im Geschäft arbeiteten, mit mehr als nur Worten kamen. Die Frau stellte ihr kleines Haus für Treffen zur Verfügung. Sie und ihr Mann, die beide Trinker waren, bekehrten sich als Erste, und die Frau entwickelte sich zu einer der treuesten Gläubigen im Dorf.
Der Heilige Geist machte Rees Howells klar, dass er vor diesen Leuten „die Bibel ausleben“ musste. Da sie andere Kleidung hatten als er, sollte er sich von nun an einfacher und damit hier unauffälliger anziehen. Aus Amerika hatte er eine goldene Uhr mitgebracht und auch jedem seiner Brüder und Schwestern ebenfalls eine geschenkt, aber jetzt sollte er seine nicht mehr tragen.
„Wenn du der erste Leidende bist, darfst du nicht etwas an dir haben, das diese Leute nicht haben können“, sagte Gott zu ihm. Beinahe jeder in diesem Dorf litt Mangel, und der Geist erinnerte ihn an die Bergpredigt: „Gib dem, der dich bittet.“ – „Wer auch immer in Not sein mag, hat ein Anrecht auf dich“, sagte er. „Du hast mir alles gegeben, was du hast, und ich sage dir, es ist alles für die Menschen: Sie haben genauso viel Recht darauf wie du selbst.“
Ein entscheidender Augenblick kam, als der Herr seine Hand auf den Anführer unter den Trinkern legte. Rees betete lange Zeit für ihn und bat um eine Gelegenheit, an ihn heranzukommen. Dieser Mann konnte zwar die Liebe Gottes sehen, wie sie sich an anderen erwies, er selbst hatte sie aber noch nicht erfahren. Die Gelegenheit kam.
Er war in eine unangenehme Sache außerhalb des Dorfes verwickelt und der Fall sollte vor Gericht kommen. Da sagte Gott zu Rees: „Jetzt ist deine Gelegenheit da. Biete ihm an, die Angelegenheit für ihn zu regeln.“ Also besuchte er den Mann zu Hause und fragte ihn: „Würde es Sie entlasten, wenn die Sache außergerichtlich geregelt werden könnte? Wenn die Gegenseite mit einem Ausgleich einverstanden ist – wäre es Ihnen recht, wenn ich die Ersatzleistung übernähme?“
Der Mann war sprachlos. „Er war ganz und gar ein Mann“, sagte Rees Howells. „Bloße Worte konnten bei ihm nichts ausrichten. Als er aber die Liebe Gottes auf diese Weise zu sich kommen sah, wurde er an einem empfindlichen Punkt getroffen und brach zusammen. Er bekannte, schuldig zu sein, und fing an, die Gottesdienste zu besuchen. Seine Liebe für einen war spürbar.“
Es dauerte nicht lange, da konnte man über ein Dutzend Bekehrte zählen und regelmäßige Zusammenkünfte beginnen. Auch eine Sonntagsschule wurde angefangen und die „Band of Hope“ gegründet. So viele der Dorfbewohner gingen nun nicht mehr in die Pubs und nahmen den Herrn an, dass diese „Band“ von freiwilligen Laienevangelisten den Eindruck gewann, sie sollten ihre ganze Zeit dieser Aufgabe widmen. Sie hatten fünf Treffen in der Woche und besuchten an den übrigen Abenden die Leute zu Hause. Das Werk des Geistes breitete sich weit über das Dorf hinaus aus, und bald gab es in der ganzen Nachbarschaft Bekehrte. Sie erfuhren eine solche Kraft im Dienst, dass man zu sagen pflegte: „Wenn Rees Howells ein Haus besucht, werdet ihr sehen, dass sich dort bald jemand bekehrt!“
Rees Howells verdiente sich seinen Wochenlohn im Kohlebergwerk und hatte auch sonst noch einige Ersparnisse, aber bei diesem Tempo erkannte er, dass sein Geld bald zu Ende gehen würde. Da zeigte ihm der Geist zwei Dinge: ein Gebot und eine Verheißung. Dem reichen Jüngling hatte der Herr geboten: „Verkaufe alles, was du hast, und gib es den Armen (…) und komm, folge mir nach (…)!“ (Mk. 10,21). Und denen, die ihm nachfolgten, hatte er verheißen: „Es ist niemand, der Haus oder Brüder oder (…) Äcker verlassen hat um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der nicht hundertfach empfängt, jetzt in dieser Zeit (…)“ (Mk. 10,29–30). Rees begriff, dass Gott ihm sagte, wenn er ein Pfund hergab, würde er hundert Pfund bekommen. Konnte das wahr sein? Wenn es so war, dann konnte er zuversichtlich dem Tag entgegenblicken, an dem es bei ihm zum Äußersten kam. Aber war es wirklich wahr? Das war es, was ihn momentan beschäftigte – nicht die Tatsache, kein Geld mehr zu haben, sondern die Möglichkeit, es durch die Verheißungen ersetzt zu bekommen. Konnte dieser Austausch wirklich stattfinden und er das Hundertfache empfangen? Dann kam der Tag, an dem er an sein letztes Geldstück gelangte. Da sagte ihm der Heilige Geist: „Lass das Sicherungsseil los und ergreife die Verheißungen.“ Es war ein eindeutiger Ruf, sich von da an allein auf Gott zu verlassen. Aber es ist immer leichter, von solchen Dingen zu reden, als sie tatsächlich zu tun. Es war viel leichter gewesen, hundert Pfund aus der Fülle heraus zu geben, als sich von diesem letzten einen Pfund zu trennen und ans Ende seiner Ersparnisse zu kommen – zum ersten Mal in fünfzehn Jahren. „Oh, wie der Teufel mich da bemitleidete! Was für Argumente brachte er nicht alles vor!“, erzählte Rees. „Er sagte mir, es wäre ein Schritt im Dunkeln, und wenn irgendeine Tagung oder dergleichen stattfinden würde, wäre ich nicht in der Lage, hinzugehen, wenn ich nicht ein Pfund zurückgelegt hätte. Aber der Heilige Geist zeigte mir, dass Gott bestimmt auch die Mittel dazu bereitstellen würde, wenn es sein Wille war, dass ich irgendwohin ging. Die Gefahr lag vielmehr auf der anderen Seite! Denn solange ein Mensch Geld hat, kann er gehen, wohin er will, ohne Gott vorher zu fragen – so wie Jona, der es sich leisten konnte, sein Ticket für das Schiff zu bezahlen, um von Gott wegzulaufen! Tatsache ist: Wir können niemals wirklich Leibeigene sein, bevor Gott nicht unsere Mittel kontrolliert.“
Also wagte er den Sprung und erfuhr die glückliche Wahrheit, dass seine Not Gottes Gelegenheit war. Seine Augen wurden für die Wahrheit geöffnet, dass er einen Anspruch an Gott hatte für alles, was er nicht selbst bereitstellen konnte. Genauso sicher, wie der Geist ihm sagte, dass die Leute jenes Dorfes einen Anspruch auf sein Geld zur Stillung ihrer Bedürfnisse hatten, so verstand er jetzt, dass er einen Anspruch auf Gottes Mittel hatte, seine eigenen zu decken. In der ersten Woche betrug sein Bedarf 2 Pfund, und er konnte dem Herrn im Gebet sagen, dass er nicht zu ihm gekommen wäre, wenn er selbst so viel hätte. „Ich bat Gott darum – und es kam. Was für eine Freude war es für mich zu wissen, dass ich mit den begrenzten Mitteln des Menschen Schluss gemacht hatte und mich stattdessen auf die unbegrenzten Mittel Gottes einzustellen begann! Die Verheißungen Gottes waren an die Stelle des Bankkontos getreten und wurden sozusagen bare Münze für mich. Ich brauchte nun nicht mehr meine Schätze bei mir zu tragen, wohin auch immer ich ging, denn ich wusste, wo der Schatz war und wie ich an ihn herankam.“
Die größte Prüfung stellte sich ihnen in dem Dorf, als es wegen eines Streiks erneut zum Streichen von Schichten kommen sollte. Das letzte Mal hatte dieser Zustand acht Monate lang gedauert und war mit schlimmen Entbehrungen für die arbeitende Bevölkerung verbunden gewesen. Rees Howells stellte fest, dass es diesmal ebenso lang dauern konnte. Als diese Not anfing ihn zu belasten, fragte der Herr ihn, ob er dem Heiligen Geist erlauben wollte, durch ihn für die Leute des Dorfes das zu tun, was er selbst für seine eigene Familie tun würde. Die Bibel hatte Brot und Wasser als gesichert zugesagt. Würde er dieses Versprechen dem Dorf geben und ihnen Brot, Käse, Tee und Zucker bringen? Er wusste, dass die beiden Einkaufsläden ihm einen Kredit gewähren würden, wohingegen sie keinem der Dorfbewohner einen solchen einräumen würden. Würde er bis auf hundert Pfund gehen? Es war eine ungeheuerliche Herausforderung. Wie konnte er so etwas tun? Erst am Sonntagabend, kurz bevor der Schichtenwegfall in Kraft treten sollte, entschied er sich. Am Abend während des Treffens verkündigte er ihnen dann: „Die Kurzarbeit kann neun Monate dauern, aber keiner von euch wird Mangel haben an dem, was Gott zugesagt hat. Keiner von euch braucht Sorge oder Angst zu haben.“ Der Segen, den sie an jenem Abend erfuhren, war so groß, so sagte er, dass sie die Versammlung schließen und ins Freie gehen mussten. „Es war, als ob der Gesang bis in den Himmel aufstieg und die Engel zu uns herunterlockte, um mit uns zusammenzukommen.“
Am nächsten Morgen begegnete er einem bekannten Agnostiker, der sofort über die Kirche zu schimpfen begann und sie als unnütz bezeichnete. Außerdem wetterte er gegen die verantwortlichen Leute des Bergwerks hinsichtlich ihrer neuerlichen Maßnahme der Schichtenstreichung. „Nun, was werden Sie für die Betroffenen in ihrem Elend tun?“, fragte ihn Rees Howells. Und dann erzählte er ihm, wie Gott ihn dazu bewegt hatte, den Leuten am Abend zuvor ein Versprechen zu geben. Der Mann war sprachlos vor Staunen. Dies war ein Christentum, gegen das es keinen Einwand gab. Bevor er sich wieder fassen konnte, kam der Zeitungsjunge mit der Neuigkeit vorbei, dass die Sache inzwischen beigelegt sei.
In den folgenden drei Jahren ging Rees Howells nach der Arbeit Abend für Abend in jenes Dorf. Den Weg musste er immer zu Fuß zurücklegen. Eines Abends, als er wieder einmal bei strömendem Regen völlig durchnässt nach Hause kam, bemerkte sein Vater: „Bei diesem Wetter wäre ich nicht für zwanzig Pfund dorthin gegangen“, worauf Rees antwortete: „Für zwanzig Pfund wäre ich auch nicht gegangen!“